den Schauplatz seiner schönen Träume vor sich zu sehen. Vollstaunenden Entzückens deutete es mit der Hand auf die gelbenBlumen, die wie Strahlenbüschel aus der Erde schössen, auf eineSchafherde, die am Rande des freien Platzes hinging, und auf dieHolzhütte, an die ein paar Männer Feuer anzulegen beschäftigtivaren.„Ist da meine Mutter?" fragte eS. Der Turmwart undseine Frau weinten und vermochten nur zu nicken; laut schluchzendsahen sie der kleinen weihen Gestalt nach, wie sie unsicherenSchrittes, zaghaft und feierlich, über das Gras hinging und in derqualmenden Hütte verschwand.Huq der MrtfcKaftsgefcKicKteder Oper.Die Oper ist kein Volksgewächs wie das Drama, sondern dasverwöhnte Luxusgeschöpf freigebiger Fürstenlaune und einer üppigenKultur. Daher spielt das Geld hier eine höchst wichtige Rolle. Nichtwie in de» alten Mysterien« und Fastnachtsspielen treten ein paarwackere Bürger zusammen, um ohne viel Kosten ihr Stück zu agieren,sondern dieser blendende Zwitter aus Gesang, Musik und Tanz,diese Feerie von Ausstattungspracht und Dekorationswundern, dieserTummelplatz größenwahnsinniger Kastraten, leidenschaftlicher Prima«donncn und berühmter Tänzer macht ungeheure Aufwendungen not-wendig, verschlingt Millionen. Den»metallischen Unterklang" derOperngeschichte, der in diese»Kunst der Widersprüche" nicht seltendie grellsten Disharmonien hineingellt, betont Prof. Oskar Vie inseinem großen Werk»Die Oper", das er im Verlag von S. Fischer,Berlin, soeben erscheinen läßt und in dem er die Entwickelung unddie Hauptwerke dieser faszinierendsten aller Theaterkünste an unsvorüberziehen läßt.Die Fürsten und die Höfe waren es, die zuerst dem spätenKinde des Dramas, der Oper, diesem glänzenden Phönix, Pracht-volle Rester bauten. Nur in Italien, in ihrer Heimat, war fie undblieb sie eine eigentliche Vollsliebhaberei. Nach den ersten Ver«suchen in den Palästen der Adligen wird im alten Venedig schon1S37 das früheste Opernhaus San Cassiano gegründet, 1639 folgtdie Oper S. Giovanni e Paolo, 1641 S. Mosö; sie werden immernach den naheliegenden Kirchen benannt. Bis 1699 werden 18 Opern«theater errichtet, wovon 8 mitunter gleichzeitig bestehen. Die Leutesitzen mit Wachskerzen über den schön gedruckten Textbüchern,die heute— mit ihren Wachsflecken— bibliophile Kostbarkeiten ersten Ranges sind, und fühlen sich im Theaterganz zu Hause. Diese enge Beziehung führt dann zu den erstenAbonnements. Die Mailänder Oper, die berühmte Scala, hatim 18. Jahrhundert einen Stamm von 39 Edelleuten als Sub-flribenteu; die übrigen Plätze werden vermietet. In Deutschlandentsteht eine solche bürgerliche Oper mit Abonnenten in Hamburg;der Subskribent zahlt dort 1727 25 Taler. Aber die Hamburgerwollen mit den Fürsten wetteifern; fie geben 15(XX) Taler für dieDekoration eines Salomotempels aus— ihr angestellter Komponist, der berühmte Telcmann, erhielt nur 360 Taler— und so ist derKrach bald unvermeidlich.Wie die Oper ihre Kinderstube in den italienischen Adelspalästengefunden hatte, so bleibt auch weiter hauptsächlich ihre Pflege dem aristo«kratischen Mäcenatentum vorbehalten. Auf Priattheatern wird siebis ins 19. Jahrhundert hineingegeben. Auch reiche Grandseigneurskönnen sich solchen LuxuS leisten; so fand z. B. beim FürsienLobkowitz 1809 eine italienische Aufführung von Paers.Camilla"statt, bei der der Fürst selbst den Schlohvogt gab und sein eigenesOrchester spielte. Im allgemeinen aber war die Oper die eigentlicheLiebhaberei der Herrscher. Leopold I. komponiert fast zujeder seiner Wiener Opern ein paar Nummern hinzu; sein SohnKarl VI. stellt sich an die Spitze des Orchesters und dirigiert die»Elisa" von i|ux. Friedrich II. von Preuhen begleitet die zu enga«gierenden Sänger häufig beim Probesingen, fitzt bei der Auf«führung hinter seinem Dirigenten uitd verfolgt mit ihm diePartitur. Solche Opernfreunde waren denn auch bereit, die größtenOpfer jju bringen. In Dresden betrugen 1713 die Ausgaben fürdie italienische Oper über 45 000 Taler, wovon ein Virtnosenpaar,Letti und seine Frau, 10(XXI erhielten. Der berühmte Hasse undseine Gattin, die große Sängerin Faustina Bordoni, werden mit6S(X1 Talern Jahresgehalt und Reiseurlaub nach Dresden berufen.Der Glanz des gesellschaftlichen Lebens, den der Fürst in den Opern«Vorstellungen konzentriert, mutz einen kostbaren Rahmen haben.DaS Berlmer Opernhaus ist das bestbeleuchtete. I» Pest kommtauf den Platz 40(X) M. Baukosten. DaS Wiener Opernhaus kostet10 Millionen, daS Pariser 30 Millionen. Auch als»ach einemlangen Kampf gegen den Fülsteneinfluß im 19. Jahrhundert daszahlende Publikum in der Wirtschaftsgeschichte der Oper der ent-scheidende Faktor wird, opfert es für keine andere Schaustellung sogroße Summen.Bei den Hossestspielen war zunächst die B ü h n e n a u s st a t t u n gmit ihren Maschinen und verblüffenden Szenenwundern das teuerstegewesen. Dann folgt die Steigerung der A u s g a b e n für S ä n g e rund Dirigenten. Eine altitalienische Primadonna erhält ungefähr1000 M. für die Karnevalsaison. Der Kastrat Farinelli wird vonPhilipp V. von Spanien sür 50 000 Ar. jährlich angestellt, ihm jedenAbend zur Erheiterung seines Gemüts dieselben vier Arien vorzu«i. Der Kastrat Caffarelli, der Ludwig XV. Vorschriften Werdie Geschenke machen durste, die er ihm zu geben habe, kaust sichvon seinen Ersparniffen ein Herzogtum. In den Zeiten der Paris-Londoner Glanzoper steigen die Gagen ungeheuer. Rubini, der erstein Schneider und dann der berühmteste Tenor, der Caruso seinerZeit war, erhält in London 156 000 M. die Saison. TitienS inNeapel 1862 für 8 Ausführungen 16 000 M. Die Giulia Griftbekam schon für einen Abend 4000 M. und Caruso erhält heut«mehr als 10 000 M. Sehr laugsam stiegen die Dirigenten.Noch 1853 hat der erste Kapellmeister von Drurylane 160 M.monatlich, Costa bezieht 1875 schon 1000 M. und Richard Straußbekam für die Leitung der.Elektra" in Covent Garden ein kleinesVermögen; die füns Londoner ,Elekwa"-Ausführungen kostete»über 150 000 M. Am spätesten setzen sich die Autoren anden reich beladenen Tisch der Oper. Nach einer altenStatistik über das Theater in Bologna belief sich da»Verdienst des Komponisten Jommelli bei 27 Aufführungen seinerOper„Eumene" auf 900 Lire, das deS Sängers Appiani auf 3400.Es galt schon als ein Riesenhonorar, wenn das altvenezianischeTheater S. Cassiano Cavalli sür eine Oper ungefähr 2500 Frankzahlte. Der große Metastasio erhielt als Hospoet in Wien 600LoutS-d'or. Gluck jährlich 2000 Gulden. Als der Opern-GroßunternehmerBarbaja dem Rossini für zwei Opern 12 000 Lire versprach, galt daSfür ein ungeheures Angebot. Doch Meyerbeer setzte dann dieTanfiemebeteiligung durch und nun wurde daS bisher übliche Opern«Honorar von 50 bis 100 Talern lächerlich. Richard Strauß' Verlags-einnähme, die Tantieme nicht miteingerechnet, beträgt das Fünf«fache. Während man 1700 die Pariser Oper mit einer Ärmenabgab«belastete und ihr dafür die Einnahmen der Opernbälle gab, bedarfheute wohl jedes große Operninstitut trotz der gewaltig gestiegenenBillettpreise namhafter Zuschüsse.kleines feuilleton.Orchideen-Ausstellung. Seit dem Freitag find im Abgeord-netenhause in der Prinz-Albrecht-Straße abermals Tausende vonOrchideenblüten zu einer Schau vereinigt, die am Sonntag zumletzten Male besichtigt werden kann. Diese Ausstellungen, die dieDeutsche Gartenbau-Gesellschast veranstaltet, folgen einander, undsie gleichen einander auch nicht wenig. Immerhin bietet die gegen-wärtige Schaustellung etwas Neues, denn fie zeigt nicht bloß, wiediese Tropenkinder blühen, sondern auch, wie sie werden. Aeußerstunscheinbar find die Samen dieser Pflanzen, die wir hier in Glas-röhrchen(aus der Sammlung des Geheimrats Hammerschmidt) wieein feines Pulver vor uns liegen sehen. Aus den Standortendieser exotischen Pflanzen, die in der Regel auf der Borke vonBäumen hoch über dem Erdboden loachsen(ohne aber Schmarotzerzu sein), vermag der Wind diese feine» Samen weithin zu ver«breiten. Daß diese Pflanzen trotzdem nur selten in Menge auf«treten, hängt nicht bloß mit ihren besonderen Ansprüchen an denStandort, sondern mit noch weitergehenden an einen bestimmtenLebensgefährten zusammen. Die aufgekeimten Pflänzchen entwickelnsich nur dann weiter, wenn sie mit bestimmten Pilzen zusammen-treffen. Beide gehen dann eine enge Lebensgemeinschaft ein, undsehr wahrscheinlich sind es in erster Linie die benötigten Stickstoff-Verbindungen, die der Pilz der Orchidee fabriziert.In der Ausstellung kann man verfolgen, wie diese Entdeckungverwertet wird. Ganz wie bei Bakterien wird der Pilz in Rein-kulturen gezüchtet, und auf dem mit dem Pilz infizierten Unter-grund werden die Orchidecnsamen ausgesät. Mau kann alleStadien bis zur blühenden Pflanze verfolgen, ohne die Mühe zuerkennen, die der Gärtner hat, bis diese teils bizarren, teils wunder-vollen Kinder Floras sich ihm lohnend entfalten— oft vergehenviele Jahre darüber.Neben dem Gros der Cattleyen, Cipripedien und anderen häu«figen Formen sieht man, wie alljährlich, auch neue Farben undneue Formen. Wohl die merkwürdigste aller dieser Blüten ist eine,die ganz allein zwischen anderen steht, fast unauffällig verborgen.Sie hat die Form eines fliegeichcn Schnietterlings und auch dielangen Fühler fehlen nicht. Sie versetzt den Beschauer in richtig«Märchcnstimmung.... L. L.Volkswirtschaft.Die Herrschaft des indischen Tees. Die Zeiten,in denen der chinesische Tee eine Alleinherrschaft auf dem Welt-markt ausübte, sind längst vorüber, und gar der Karawanentee,der noch vor einigen Jahrzehnten Königsberg zu einem der wich«tigstcu Teehandelsplätze Europas macht«, ist in seiner Bedeutungweit gesunken. Es wäre auch ein Irrtum zu glauben,das alles, was chinesischer Tee heißt, sofern es überhaupt wirk«lich aus China kommt, von besonderer Güte ist. Auch dieChinesen selbst begnügen sich, von den oberen Zehntausend ab«gesehen, mit recht minderwertigen Sorten und gebrauchen sogarmancherlei Ersatzmittel, die voi» anderen Pflanzen stammen.Immerhin ist der Teeverbrauch in China ein so großer, daß schondadurch der Ausfuhr besfimmte Grenzen gezogen sind. Britisch-Indien, das erst vor 40 Jahren in die Reihe der tecerzeuaendenLänder eingetreten ist, hat China in der für den Weltmarkt»er-fügbaren Produktion bereits weit überflügelt, namentlich wenn dieInsel Zehlon eingerechnet wird. Im letzten Jahrzehnt ist di«