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Gewalt indianischer Masken scheint Picasso angetrieben worden zu sein, eine verblüffende Plastik zu suchen. So kam er dazu, den menschlichen Kopf in tubische Formen aufzulösen. Die Absicht ist deutlich, das Gelingen bleibt höchft probelematisch. Einige der hier hängenden Bilder sind eigentlich nur abstrakte Formeln; ich vermag fie weder zu verstehen noch zu erfühlen. Pechst ein, der auch ein Italienfahrer geworden ist, steigert nachweisbar sein Handwerk. So kommt er ganz automatisch zur Größe des Wandbildes. Er erobert, mit Naturformen bauend, den Raum. Das war von jeher das Gesetz des Monumentalen. Kokoschka ist eine solcherart entgegengesette Persönlichkeit; er ist ein Fanatiker der Psychologie, ein zäher Analytiker, ein glühender Durchforscher des Seelischen. Es drängt ihn zur Miniatur, zur Runenschrift; daher kommt es, daß seine Bilder barod und im besten Sinne parador wirken. Robert Breuer.
Kleines feuilleton.
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zwei Jahrhunderte erstrecken, haben ihn erkennen lassen, daß es periodische Klimaschwankungen mit einer mittleren Periodenlänge von rund 35 Jahren gibt, die sich deutlich voneinander abheben. Für Berlin und Norddeutichland, wohl überhaupt für ganz Mitteleuropa , bildeten die Jahre 1700, 1740, 1775, 1815, 1845 und 1880 die Zentren der talt- feuchten, die Jahre 1720, 1760, 1795, 1830 und 1860 die Zentren der warm- trockenen Periode. Schon heute fann man sagen, daß das legte Zentrum der warm- trodenen Periode das Jahr 1900 gewesen ist, und daß wir dem nächsten Zentrum der falt- feuchten Veriode nicht mehr fern sind, das etwa um das Jahr 1915 zu erwarten ist. Wir dürfen uns deshalb nicht wundern, wenn jetzt schon seit einer Reihe von Jahren die Sommer fühl und naß, die Winter ebenfalls fehr regenreich und daher mild sind. Wenn wir erst die gegenwärtige feucht- fühle Periode, die man auch die der Veränderlichkeit nennen fann, überwunden haben, so werden wir auch wieder einer trocken- warmen Periode mit mehr beständigem Wetter entgegengehen, einer Periode, deren Höhepunkt freilich erst um das Jahr 1930 zu erwarten sein dürfte.
Völkerkunde.
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Auf den Inseln der Zauberer. In der Beringstraße , etwa gleich weit vom asiatischen Kap Deschnow wie von der Nordmestspike Amerikas , liegt eine unter dem Namen Diomedesinseln bekannte Gruppe von drei Jnseln. Bering sah sie 1728 zuerst; der russische Forscher Gwosdem untersuchte sie 1832, und die Russen nennen sie daher häufig auch Gwosdewinseln. Die mittlere Insel heißt Krusenstern, die östliche Fairway, die westliche Ratmanow. Eine Fahrt zu der trostlosen Infelgruppe so plaudert ein Mitarbeiter des„ Wide World Magazine" ist zwar feine Vergnügungsreise, aber ein Besuch auf den Diomedesinseln lohnt sich froßdem. Die Bewohner der Inseln, die allem Anschein nach feinerlei Staatsform und keine Geseze kennen, stehen ganz im Banne ihrer Aeltesten und vor allemi ihrer Zauberer. Diese lezzteren beschäftigen sich angeblich mit Heilkunde. Die Eskimos lieben fie nicht, aber sie fürchten sie und zittern schon, wenn sie sie nur nennen hören. Es kommt jedoch gar nicht selten vor, daß sie an den Zauberern, wenn diese es gar zu arg treiben, Vergeltung Diese Unsicherheit üben, indem sie sie kurzerhand erschlagen. ihres Berufes verbittert den ehrenwerten Herenmeistern natürlich das Leben. Dazu kommt noch, daß die durch den Einfluß der europäischen und amerikanischen Forscher und durch die Tätigkeit der Missionare aufgeklärten Eskimos in neuerer Zeit sich immer mehr von den Bauberern entfernen und mißbilligend erklären, daß diese Großen, die einst für allmächtig galten, nicht mehr imstande seien, den bösen Geistern den wünschenswerten Respekt ein
Werden unsere Sommer kälter, die Winter wärmer? Es ist eine eigenartige seit Jahren zu beobachtende Ericheinung, daß unsere Jahreszeiten mehr und mehr den ihnen typischen Charakter zu verlieren scheinen. Rechte, harte Winterfälte wird immer seltener und gehört zu den Ausnahmen; um so häufiger verlaufen die der falten Jahreszeit angehörenden Monate ganz mild. Dagegen fehlt es auf der anderen Seite im Sommer an wirklicher Wärme und an Sonnenschein; Jahre mit anhaltender und ausgiebiger Sommerhige, wie sie zuletzt 1911 dagewesen ist, erscheinen uns als eine Besonders heit und es wird davon ungemein viel Aufhebens gemacht. Weitberbreitet ist die Annahme, daß sich im Laufe der letzten Jahrzehnte unser Klima geändert haben müsse, und vielerlei auffallende Ungleich heiten der Witterung geben dieser Annahme scheinbar recht. Aber es handelt sich, wie aus außerordentlich eingehenden Untersuchungen mit aller Sicherheit hervorgeht, doch nur um scheinbare Aenderungen. Witterungsperioden, die die natürlichen Borgänge auf den Stopf zu stellen schienen. hat es immer gegeben, soweit die egalte meteoroLogische Beobachtung zurückreicht, und sie werden, wie man mit aller Bestimmtheit sagen fann, von Zeit zu Zeit auch immer wiederkehren. Der Altmeister meteorologischer Forschung. H. W. Dove, fagt in seiner bilderreichen Sprache, daß Europa , an der Westküste der Alten Welt gelegen, um feine Witterung zu versteben, wie ein Janus nach entgegengefesten Seiten blicken muß. In fortwährender Ungewißheit darüber, ob es sich dem Kontinental - oder dem Seeflima anschließen foll, erfährt es so erhebliche Schwankungen der Temperatur, Feuch tigkeit und des atmosphärischen Druds, daß man fagt, die Eigen- zuflößen. tümlichkeit seines Klimas sei die, das Aprilwetter der ganzen Welt darzustellen."
Halten wir das Bild des April als des veränderlichen fest, so haben wir in Mitteleuropa ein ausgesprochenes Aprilwetter insofern, als das Anormale femes Klimas die Regel, das Normale die Ausnahme ist. Scheinbar ohne jede Regel folgen warme und falte, nasse und trockene Tage, Monate, Jahre. Wirklich normale Verhältnisse, Tage, deren Temperatur mit dem vieljährigen Mittel übereinstimmt, fommen eben nur böchst selten vor. Auch die alte Witterungsregel: grüne Weihnachten, weiße Ostern deutet darauf hin; so fagt der Berliner Meteorologe Brofessor Bebre, daß die Stetigkeit der Temperaturzunahme und Abnahme oft unterbrochen wird. Wie die einzelnen Tage, so find auch die Monate in ihrer Temperatur von Jahr zu Jahr außerordentlich abweichend. Weber falte Sommer und überwarme Winter sind in der mitteleuropäischen Witterungsgeschichte zahlreich verzeichnet. Dazu kommt noch die Neigung sowohl der falten Sommer wie der warmen Winter, in Gruppen und aufeinanderfolgenden Jahren aufzutreten.
An Hand des Bebreschen Werkes über das Klima von Berlin , deffen Feststellungen im großen und ganzen auch für Nord- und Mitteldeutschland , mit gewissen Einschränkungen auch für den Süden Geltung bejizen, da ja das Klima des einzelnen Drtes aus dem Klima des ihn umgebenden Landstrichs refultiert, läßt sich feststellen, daß beispielsweise von 1756 bis 1770 fünfzehn warme Sommer ununterbrochen aufeinander gefolgt sind. Gruppen warmer Sommer hatten wir im legten halben Jahrhundert bon 1872 bis 1877, bon 1895 bis 1897, und von 1904 bis 1906. Kühle Sommer folgten von 1730 bis 1747 jogar 18mal, von 1881 bis 1888 8mal aufeinander. Und ebenso baben wir Gruppen sowohl falter wie milder Winter. Die letzte längere Gruppe falter Winter hatten wir von 1885,86 bis 1888/89. Milde Winter find zwar gelegentlich in ihren fleineren Gruppen einmal durch einen falten Winter unterbrochen, aber sie sind überhaupt weit häufiger, als talte. Seit fait 200 Jahren stehen im mittleren Norddeutschland 71 gruppenweise auftretenden nur 18 einzeln auftretende milde Winter gegenüber.
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Von
Gin
Um naive Gemüter von ihrer Allmacht zu überzeugen, wenden die Zauberer der Diomedesinseln die kunstvollsten Mittel an: sie sind Meister in der Kunst des Bauchredens, in allen TaschenspielerEin englischer Reisender fünften und in überraschenden Trics. erzählt von einem Zauberer, der den Gläubigen Tag für Tag ein nicht gewöhnliches Schauspiel vorführte: er schnitt sich mit einem scharfen Messer scheinbar die Kehle durch und das Blut schoß in Strömen aus der Wunde hervor. In Wirklichkeit durchschnitt der Zaubermann nur eine mit Blut gefüllte Schweinsblase, die er in Halshöhe geschickt unter seinen Kleidern versteckt hatte. Beit zu Zeit geben die Zauberer erster Ordnung einen mit großem Tamtam angefündigten Beweis ihrer Unverwundbarkeit. hängt Gehilfe sie haben immer mindestens einen Gehilfen in Gegenwart aller Dorfbewohner den Herenmeister mittels eines starten Strides an einer Art Galgen auf. Rings um den Zauberer wird dann Holz aufgeschichtet, das man in Brand steckt. Der dem " Tode Geweihte" ist bald von dichten Rauchwolfen umhüllt. wie der Gehilfe verdiesen Dampfwolfen heraus erhebt sich sichert der Geist des mächtigen Zauberers in die Lüfte und fliegt zu einem Kosga genannten Tempel. Während der Meister vom Rauch umhüllt ist, fordert sein Genosse die Menge auf, den Geist vor dem Tempel zu erwarten. Und alle laufen zum Kosga, so daß der Gehilte Zeit hat, das Feuer des Scheiterhaufens auszulöschen und den angeräucherten Zauberer aus seiner unbequemen Lage zu befreien. Der heilige Mann eilt mun, nachdem er sich ein bißchen erholt hat, auf einem weit fürzeren Wege zum Kosga und hält dort gerade in dem Augenblid, wo sein Geist durch die Luft dorthin gelangen sollte, einen theatralischen, überaus wirfungsvollen Einzug, indem er durch eine Dachlute unter das Volk springt.
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Aus
Mutiger als die Zauberer sind die alten Leute des Eskimostammes, die, wenn sie ein hohes Alter erreicht haben und unter der Last der Jahre zusammenbrechen, ihre Angehörigen und Freunde bitten, ihnen den Abschied von diesem Tal der Tränen zu erleich tern. Und es wird ihnen sofort geholfen. Es kommt dann oft vor, daß ein Sterbender", der auf seinen eigenen Wunsch vom Leben zum Tode befördert werden soll( meist ist das bei Frauen der Fall), bei der Ankunft auf der Sterbestätte die Entdeckung macht, daß man eigentlich auch noch als greises Menschenkind in diesem irdischen Jammertale verweilen fönnte. Die begleitende Schar läßt sich aber gar nicht erst auf Unterhaltungen und UnterHandlungen ein: der alte Mann oder die alte Frau müssen dran glauben und aus dem Leben scheiden. So wird der freiwillige" Tod zu einem Pflichttode.
Nun hat man aber auch noch andere Gruppierungen flimatis ter Art festgestellt, die in Verbindung mit den vorstehend erwähnten Gruppen von Jahreszeiten mit einheitlichem Charakter überraschende Ueberblicke über gewiffe jegmäßigkeiten des Selimas gestatten, wie fie fich bei der Einzelbeobachtung von Jahr zu Jahr nicht erkennen laffen. Auf diesem Gebiete hat Brückner durch seine Studien über flimatische Schwankungen außerordentlich Bedeutsames geleistet. Beobachtungen, die sich über die ganze Erde und zum Teil über Berantwo. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.