Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 234.

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bis na magale mi dou

Dienstag, den 2. Dezember.

1913

einem Universalmittel, das ich allein kenne. Kopfweb- Kraft­mittel à la Joe Neuter!

Und er nickte mit einem breiten Lächeln Helge zu, der aurücklächeln mußte.

33 Helge Bendels Luftfchlöffer. Ein Chikago- Roman von Henning Berger. Hinter seinem Rücken drückte Lilly Helges Hand und Sie gingen rasch, in dem gewöhnlichen amerikanischen   sah ihm bittend und mahnend in die Augen. Promenadentempo, das übertrieben und gefünstelt wirkt. Der eine Wolfenkrazer um den anderen tauchte im Nachtschein auf, wurde größer, breiter und verschwand hinter ihnen. Hinter Adam Street wurde die riesige Avenue dunkler, und an der Ecke der van Buren Street war es fast menschenleer, trop der Hochbahn. Sie bogen nach rechts ab.

-Jekt sag' ich es, dachte Helge. Aber er schwieg. Die Schwestern plauderten von einer Toilette, die sie in einer Loge gesehen hatten... Wenn sie im Sommer durch Paris   fämen, wollten sie sich ein paar Modellkostüme kaufen; fie wüßte eine Adresse am Boulevard Malesherbes, wo sie unter der Hand verkauft würden.

-Daß Sie nie in Paris   gewesen sind, Helge! schloß fie

Die van Buren Street war dunkel und düster wie ge­wöhnlich. Aus dem Listergebäude hatte Helge ein paar Ge­stalten schleichen sehen, wie Schatten aus einem Grabsockel. In der Ferne leuchtete die Clark Street mit roten Gasflam­men über den Bananenwagen und farbigen Laternen am Ein­gang zur Chinesenstadt. Aber die dunkle Ruine des Post­gebäudes dämpfte Licht und Geräusch.

Lilly, sagte Bendel und ging hinüber auf ihre andere Seite, indem er seinen Plak zwischen den zwei Schwestern verließ. Lilly, wiederholte er in ernsthaftem Ton.

Ja? Was gibt es denn so Wichtiges? Vergiß nicht, daß ich Kopfschmerzen habe. Ich hör' es schon Deiner Stinime an, daß Du wieder mit einer Moralpredigt kommst. Nein, nein. Und übrigens wann hätt' ich das getan? Aber das ist ja einerlei. Wenn wir oben sind, muß ich Dir etwas sagen.

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Wirklich? jagte Lilly lächelnd.

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Sie gingen durch den Van Buren- Street- Eingang ins Sotel. In diesem Korridor war nur ein kleiner Aufzug, der nicht mehr als vier Personen faßte. Er kam eben herunter, die Gittertür rafselte, der Niggerjunge sprang zur Seite, und im Deckenlicht des Korbs standen Reuter und noch ein Herr vor ihnen.

Oh, lala, sagte vergnügt der Spekulant und lüftete leicht seinen Banama es ist, als wären wir in Froh- Paris -was? Mc. Carthy, darf ich Dir zwei der schönsten Stünstle rinnen unseres Landes vorstellen. Gestatten die Damen: Herr Carthy die Schwestern Fanchetti.

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Helge hatte sich berwirrt in den Schatten eines Pfeilers zurückgezogen. In Mr. Carthy erkannte er einen der fühn­sten Makler der Börse, der, seitdem er an einem Wintertag in wenigen Minuten eine halbe Million verloren hatte, als Reuters   oberster Stier galt und der auch feither in Abwesen­heit des Feldherrn stets die Schlacht angeführt hatte. Es war ein Mann, der für Neuters Zwilling hätte gelten fönnen. Er hatte dieselbe Vierkantigkeit in Art und Bewegungen, nur war er kleiner und trug einen furzen Schnurrbart, der so gestutzt war, daß er einer Nagelfeile glich.

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- Stomm' nur, flüsterte sie, geh' mites fann lustig werden und nüßlich...

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Joe Reuters   große, kräftige Hand schlug ihn auf die Achsel und er fühlte sich ohne weiteres in den Lift geschoben. Die beiden Fanchettis folgten.

- Jetzt fahrt hinauf bis ins oberste Stockwerk. Carthy und ich kommen mit einem anderen Lift nach. Ich habe eine gute Idee. Das hast Du immer, sagte Mr. Carthy.idord Der Aufzug schoß in die Höhe.

Was soll ich tun? rief Helge verzweifelt. Ich kann doch nicht mit diesem Millionär zu Tische fizen... Ich habe ja buchstäblich keine... Er stockte. Obwohl er schwedisch   gesprochen hatte, sah der Liftjunge ihn verwundert an, und Lilly schüttelte ärgerlidy den Kopf.

Ach! sagte sie, nimi doch nicht alles so feierlich! und damit begann sie leise mit der Schwester zu zischeln. Im zehnten Stockwerk, auf dem ihr Zimmer lag, stiegen sie aus, um ihre Toilette zu ordnen, und Helge mußte allein bis zum achtzehnten hinauffahren. Ein paar Minuten lang wanderte er in den niederen Korridoren auf und ab, die von ein paar Glühlampen beleuchtet waren. Das Hotelpersonal hatte hier seine Zimmer.

Durch kleine Luken sah er die Lichter des südlichen Stadt­viertels, das sich wie eine Kartenwand gen Himmel erhob und mit ihm zu einem dunkeln, zackigen Hintergrund zu­sammenschmolz. Von einem unsichtbaren Ventil her kam ein fühler Luftzug. Wenn ich

Helge empfand einen nervösen Ueberdruß. doch fort könnte von dem allen! seufzte er.

Jett fam ein großer Lift herauf. Reuter und Mr. Carthy waren darin mit zwei Kellnern, die einen zugedeckten Storb trugen. Neuter sah sich um.

-Wo sind die Mädels? fragte er nonchalant.

Aber im selben Augenblick erschien in einer Ecke der kleine Aufzug und die Fanchettis tauchten auf, in hellen Kleidern und mit Rosen an der Brust und im Haar. Millie klatschte in die Hände und spielte die mutwillige Naive:

Oh! schrie sie und machte ein paar trippelnde Tanz­schritte wie entzückend luftig! wie entzückend lustig! Wohin gehen wir eigentlich?

-Aufs Tach, Kinderchen, sagte der Börsenmann. Es ist das Dach meines Alten, und als Erbe lad' ich Euch ein aufs Dach, solang' es noch da ist!

-Mach' die Dachtür auf, befahl er einem der Kellner. Ueber eine kurze Treppe gelangten sie in einen geräumi­gen, hallenartigen Bodenraum, der in einem Zustand unter­brochener Reparaturen zu sein schien. Ueberall sah man Mörtel und Holzgerüste.

Hallo, Joe! grüßte Lilly unbefangen Aber wir sind er. in Gesellschaft! Ein Landsmann und alter Freund von drüben Richtig, sagte Reuter die Damien stammen ja aus Norwegen  , oder nein wie war es doch? Aus Schweden  , glanbe ich. Na- aber das ist ja Roths junger Mann- in der Kennyonlinie, fügte er, zu Mr. Carthy gewandt, erklärend hinzu.

Bendel! murmelte Helge mit einer Berbeugung. Ja, gewiß, ja- Bendel. Willkommen, Bendel! Wir fahren alle miteinander hinauf und trinken ein Glas Wein... Aber Miß Fanchetti hat Kopfschmerzen, murmelte Helge ausweichend. Er empfand die Situation als lächerlich und peinlich zu gleicher Zeit.

Ach was, Kopfschmerzen! Was ist das für ein Schnid schnack! Die werd' ich in fünf Minuten geheilt haben mit

Reuter drehte ein paar elektrische Lampen auf. -Ich werde einmal einen Klub hier einrichten, erklärte Und jetzt aufs Dach.

Der Kellner zögerte.

-

Deffnen Sie die Luke, sagte Reuter, und bringen Sie eine Leiter. - Sie Dear Mr. Reuter, wandte der Mann ein wissen wahrscheinlich nicht, daß der alte Herr Abraham es ber­boten hat seit seit Sie damals das nackte Ballett droben hatten und die Poli-

Der Millionär wurde weiß vor Wut.

Was zum Henker unterstehst Du Dich, Du Hund! brüllte er, und ein Borerstoß, ein Faustschlag unters Stinn, stredte den Neger wie einen Toten zu Boden. Die Frauen schrien auf, und auch Helge erbleichte; aber Mr. Carthy lachte bloß und erklärte, so wäre Joe Reuter immer, wenn er in seinem Element wäre. Was die Schwarzhaut beträfe, so würde sie später immer reichlich entschädigt für ihre Aengste