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nicht einmal die Flußsprißen, deren arbeitendes Stampfen Staaten fein Land mit deutscher Sprache und Kultur geworden sind, über dem Wasser her dröhnte. Die Feuerwehr versuchte oder wenigstens doch, warum der Einfluß der deutschen Raffe auf augenscheinlich den Vulkan nur zu begrenzen, nicht zu löschen; Staat und Gesellschaft so überaus gering war und ist. Die deutschen Einwohner wurden Amerikas Tagelöhner, wurden zu seinem Kultur­denn die Dampfwolfen, die in weißen Ballen erst zwischen dünger, ohne dafür irgend welche Anerkennung zu finden. Das war dem Rußrauch aufgezischt waren, hatten aufgehört. Das weniger die Schuld der deutschen Einwanderer, sondern die Folge Wasser wandelte sich durch die Hiße zu Dunst, noch längst des politischen Elends ihrer Heimat. In den Vereinigten Staaten eh es die Mauern erreichte, und so brannte, scheinbar ohne hat das Deutschtum hundertfältig büßen müssen, was die herrschen­den Klassen Deutschlands am Volke verbrochen haben. Widerstand, das gewaltige Weizenopfer gen Himmel.

Die Menge verfolgte stillschweigend die ganze Entwicke­lung. Die Einzelpersonen schmolzen immer mehr ineinander, wurden stumm, gestikulierten nicht mehr, erstarrten, als würden sie von den Flammen drüben zu einer Schlackenmasse zusammengeschweißt. Manchmal hob sich eine vereinzelte Hand, und dann sah sie aus wie eine Fahne vor einer Schlachtfront, rot, als brennte sie. Wenn eine Mauer fiel oder ein Dachgiebel zusammenstürzte, ging ein langgezogenes Murmeln durch den Volkshaufen. Dann wieder tiefes Schweigen.

Weder Hize noch Geräusch gelangte bis hier herüber. Nachdem Helge lange Zeit auf den Brand hinübergestarrt hatte, kam es ihm vor, als flössen Wasser und Luft inein­ander. Der Fluß war eine blanke Flamme, und die großen, brennenden Häuser die Rize eines Tors, aber nicht zum Himmel, sondern zur Hölle.

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Der zahlenmäßige Niedergang des Deutschtums in Amerika wird durch natürliche Ursachen, durch Rüdgang der Einwanderung, be­stimmt. Wo der Tod eine Lüde reißt, tritt zumeist fein Ersatzmann ein. Der Verlust müßte und kann nur durch den deutschen Nachwuchs ausgeglichen werden. Dieser aber zeigt dazu auch nicht die ge ringste Neigung. Er steht der Sitte und Sprache der Väter mit vollständiger Gleichgültigkeit gegenüber, die vielfach umschlägt in Feindschaft gegen alles Deutsche .

In Amerika wird das Deutschtum von seiner eigenen Nach tommenſchaft verleugnet, nein, noch mehr, von ihr ins Grab gejdjagen.

Diese Tatsache ist zu bestürzend und zu betrübend, als daß man wortlos daran vorübergehen könnte. Nach ihren Ursachen haben Angehörige aller Bolfsschichten und sämtlicher politischen Richtungen gesucht. Keinem der Forscher ist es, soweit ich zu sehen vermag, gelungen, den Urquell des Uebels zu entdecken; fie fonnten ihn auch gar nicht entdecken, weil sie ihn, anstatt in Europa , in Amerika suchten.

Hallo, Bendel! sagte eine breiige Stimme. Helge wandte sich um. Neben ihm stand Hastings, einer haben, von der breiten Volksmasse getragen werden. Diese ewige Eine große Bewegung muß, soll sie Straft und langes Leben der Kontoristen aus der Zweiteklasse- Abteilung. Der Feuer- Wahrheit gilt selbstverständlich auch für das Deutschtum jenseits schein färbte sein für gewöhnlich blaffes, hageres Gesicht. Er des Weltmeeres. Wäre es von der unteren, der zahlreichsten Schicht war unverheiratet und kleidete sich mit einer gewissen Prä- der deutschen Einwanderung, von der Arbeiterschaft, fräftig unter­tention. Aber dieser Anspruch auf Eleganz war an diesem stüßt worden, es stände heute besser da. Das war jedoch nicht der Abend traurig abgeschwächt. Sein Hemd war so zerknittert Fall. Die Arbeiter standen gleichgültig beiseite. Wie hätten fie und verfleckt, als hätte man darauf herumgestampft und-ge- deutsche Sache gewedt worden? Hat das deutsche Baterland durch anders handeln können? Ist bei ihnen das Verständnis für die trampelt, und der gestärkte Kragen war geschmolzen wie ein irgend welche Wohltaten Anspruch auf ihre Zuneigung erworben? Stüd Stearin. Sogar die Kleider sahen ganz abgetragen Sind fie in der Heimat mit den Fähigkeiten ausgeftatet worden, aus; voll Straßenstaub und Asphaltschmuz waren sie. An deren es bedurfte, um ihre Kinder mit deutschem Geist zu erfüllen? Knien und Ellbogen saßen eingetrocknete Mistreste und Stroh- Mit nichten. halme.

Hallo, Hastings! gab Bendel zurück.

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-Ich bin verflucht betrunken! jagte Hastings mit einem Aufstoßen. Wie der Satan hab' ich getrunken, Bendel! -Recht so! sagte Helge.

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Ja, freilich ist es recht so! schrie der Kontorist. Und jetzt jetzt haben wir ein Großfeuer. Das ist das das das ist auch recht!

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- Ganz gewiß.

Aber weshalb bist du nicht auch besoffen? Was? Am die Kerls von der Kennyon Linie sind besoffen heut' Nacht. Ja, Herr. Wir feiern unsere Entlassung. Meinst du, ich scher' mich drum? Ich fürcht' mich davor? Ich könnte nicht jederzeit einen andern Jobb kriegen? Was? Nein, Herr. Ich werd' diesem verdammten H. Maitland Wolsey Esquire schon zeigen, daß ich in zwei Jahren der Leiter der größten Linie der ganzen Welt bin, Herr. Ja, Herr. Hören Sie? Der größten Linie der Welt! Ich bin Amerikaner. Nicht so ein verdammter Engländer oder Schwede. Verstehen Sie? Ge­boren im Lande Gottes - im Lande Gottes! Unser Land ist unser stolzer Adler, Herr!

( Fortiebung folgt.)

Das deutsche Elend

in der neuen Welt.*) Gaffon sagt, Dntel Sam habe etwa fünfeinhalb Millionen Deutsche in seine Familie aufgenommen, und eine forgfältige Schäzung zeige, daß das Sternenbanner zurzeit über zwölf Millionen Deutsche , Männer, Frauen und Kinder wehe. Man mag diese Zahlen übertrieben nennen, immerhin, so viel ist gewiß, das Land der Dichter und Denker hat mehr Söhne zu Ontel Sam gefandt, als irgend ein anderes. Und unter den deutschen Aus­wanderern befanden sich die besten ihrer Rasse und ihrer Klasse und ihrer Zeit.

Diese Tatsache heißt einen fragen, warum die Vereinigten *) Im Verlag von Alexander Schlicke u. Cie., Stuttgart , erscheint demnächst ein Buch von Frit Kummer: Eines Arbeiters Weltreise. Das Werk ist reich illustriert und mit einer Karte versehen. Vorzugspreis bis 1. Februar 1914 3 M., später 4,50 M. Aus dem uns vom Verlag zugestellten Aushängebogen drucken wir obiges Kapitel ab.

Politisches Elend oder wirtschaftliche Not trieb die Arbeiter über das weite Meer. Was ihnen der Steuererheber oder der Gerichts­für die Reise im Zwischended. Im Goldlande Amerika tamen fie mit vollzieher von ihrer färglichen habe gelassen hatte, langte gerade leeren Händen und vielem Weh in der Brust an. Mit dem Vater­land waren fie fertig. Gewiß stellte sich bei den meisten bald ein Klemmen in der Brust, eine Sehnsucht nach einem Etwas, kurz das Heimweh ein. Allein ein Blick auf die Wasserwüste und auf den Barmittelbestand drückte es wieder nieder. Dann ließ der Kampf ums Dasein ohnehin nicht viel Muße zur Beschäftigung mit solchen Gefühlen. Das rauhe Proletarierleben ist ein schlechter Boden für ihre Entfaltung.

Die Not trieb zur Suche nach Arbeit, noch ehe der Mond im neuen Lande einigemal gewechselt hatte. Allzu wählerisch durfte und konnte der Antömmling nicht sein. Selbst wenn er daheim der besten einer in seinem Fade gewesen, hatte das jetzt zumeist feine Bedeutung. Vor allem wurde Brot gebraucht und auch einige Dollar für neuen Hausrat. Der Fremdling durfte sich nichts verdrießen aber jedenfalls schanzte er von früh bis spät. So tat seine Frau. lassen. Vielleicht feufzte, murrte er, schludte den Aerger hinunter, ure starken Arme, ihre Nüftigkeit und Arbeite lust kamen dem neu errichteten Haushalt gut zustatten. Sie scheuerte, wusch, nähte, wichste, furg eriegte einer eingeborenen Familie einen Mann und ein Mädchen für alles für übermäßig geringe Ansprüche.

Und die Kinder? Diese lagen den lieben langen Tag im Lust­park der Armen, auf der Straße. Die Fabrilpfeifen schreckten sie bom harten Lager, das Tageslicht lockte sie heraus aus dem düsteren Heim, der Straßenlärm begleitete sie, eine gute Vorsehung be­schützte fie.

Das Einwandererkind gleicht dem Blatt, das der Herbstwind in die Straße weht und weitertreibt. Einsam, fremd, gottverlassen,

fucht es und findet es bald Spielgenoffen. Deren selbstbewußtes Auf­

treten, ihre Sicherheit im Urteil fällt der kindlichen Unschuld vom deutschen Lande sofort auf. Ihre Dreiftigkeit im Verkehr mit den Großen" gebietet Achtung. Von ihnen sieht das fremde Kind ver­teufelt spaßige Kniffe, hört fremde Laute, die begierig nachgeahmat, zu Worten gemacht, zu Säßen geformt werden. Bald ist ein englischer Wortschatz gesammelt, mit dem nach besten Kräften ge­wuchert wird. Mit der Sprache ist der Schlüssel gegeben zu dem Schreine, der für Auge und Ohr des fremden Kindes wundersame Dinge bringt.

Frei von der schützenden, leitenden, zwingenden Elternhand, plöglich, unvorbereitet hineingeworfen in eine fremde, eigenartige Welt, ringt Herz und Kopf des Einwandererkindes, die sturm­artig eindringenden Eindrücke zu fassen. Es läßt sich bescheiden, schüchtern an. Bald wird es mit nicht gerade ehrerbietenden Geberden " Dutch " geheißen. Es vermeidet alles, was ihm als Ursache dieses Spottnamens beucht. Der geschärfte Verstand empfängt von des Dutchman's Country"( Deutschland ) himmeltraurigen Bericht und viel, sehr viel Wunderbares, einfach unfaßbar Großartiges von dem

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