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" Ja, was waar denn net dös? 3 lag net aus." Giner von der alten Garde! Han?"

Und de Erinnerung gab i net Her... dös derfen S' g'wiß glaab'n, Herr Dokta Safera Hosenzwick!... wia mir ein­marschiert san..

" In Paris ? Was?"

" In Paris net; da bin i net dabeig'wen, weil infer Regament Heraußd bleib'n hat müass'n... ava in Münt'n... do bin i nobl

mit.

bei

Vor dem Kronprinz'n?"

Und an Kiyiz vor der Feldherrnhalle san ma an cahm vor­

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Parademarsch?

Dös glaab i! Reig'haut, daß d' Stoa g'wackelt hamm !" Eins zwei Eins... zwei...! Ob's heut noch ging, Buchberger?"

" Probier ma's!" lachte der Alte und sprang von der Bank auf und nahm die Hände an die Hosennaht. Augen lints! nach dem Bezirksarzt, und eins und zwei... eins und zwei... und es ging noch.

Freilich nicht mehr so stramm, daß die Steine wackelten, aber ganz passabel, daß der joviale Arzt in die Hände patschte und Herz­haft lachte. Bravo , Buchberger!" rief er, als sich der Hans wieder setzte, und patschte ihm urfräftig auf das Knie... ja, Ihr alten Vete­ranen, Ihr seid aus einem andern Stahl als wir!"

"

Woaß net," sagte der Hans, i g'spüret's glei im Hag'n..." " I wo! Sie sind ja marschiert wie ein Gardeleutnant also, jebt muß ich aber gehen... es hat mich recht g'freut..

Mi scho aa, Herr Bezirksarzt, und kehren S' wieder amal zua! Adjes!"

" Dös is a liaba Mo!" sagte er noch vor sich hin, als sich der Doktor langsam entferntea ganz a g'führiger Mo!".

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Eine Woche später, und es war schlechtes Wetter, regnete und schneite durcheinander, brachte der Postbote dem Buchberger ein Schreiben, das sich der Länge und Breite nach amtlich ausnahm und auch einen Stempel trug.

Geh, Alte, hol mir mei Brill'n!" Als er sie bedächtig auf­gesetzt und das Schreiben geöffnet hatte, las er langsam die Mit teilung, daß ihm die monatliche Unterstübung von fünfzehn Mark entzogen werde... entzogen werde... indem daß der Königliche Bezirksarzt Dr. Stierlinger sich persönlich davon überzeugt habe... daß genanter Buchberger von den Folgen des Unfalls gänzlich geheilt sei und nicht die geringsten Beschwerden... Be­schwerden am Fuße mehr verspüre...

206!

Ja... Himmel... Herrgott...

Kleines Feuilleton.

Mufl.

Ueberfliegt man den Schwarm, so kommt die Frage: Wo fiben die Kenner?" Die Antwort heißt: Die sipen überhaupt nicht, die stehn.

Tausend Musifer würden lieber ihre Musik einer Hörerschaft von geringerer Aeußerlichkeit schenken.

Tausend Musiker möchten es... Die Kunst geht nach Brot. Heute noch.

Aber sie braucht es nicht immer; und wenn jemand Hierfür sorgen wird: so werden Sie es sein.

Staunen Sie nicht.... über vielleicht fremdartige Har­

monien.

Im Beginn jeder neuen Epoche hat man geglaubt: dies ist das Ende der Musit. Es ist nicht das Ende der Musik, sondern: ein Anfang neuer Stufungen des Horchens.

Horchet und last Euch nicht einlullen.

üben der Musik in China verboten ist: weil man durch sie Men­Tolstoi erwähnt( in der Kreuzersonate), daß öffentliches Aus­schen verleiten könne zum schlechten Handeln; wie zum rechten Handeln. Die gute Führung, der Sie vertraut sind, ja, Ihr ganzer Lebensinhalt bürgt: daß Sie wach bleiben, auch wenn musiziert Ich liebe die Musik und war im Leben dennoch nie ein Sie sind heute bewußt genug und stark: noch von dieser Kunst nur Das zu holen, was den Willen stählt.

wird.

Mystiter.

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Der Schutzpatron für Ihre Musik: für alle Musik, die an diesem Abend erklingt und die jemals Ihnen erklingen wird; der Schutzpatron soll Beethoven sein. Schöpfer der Neunten. Der es erbrausen ließ: Seid um­schlungen, Millionen.

Und der nicht bloß ein Musikmacher war. Sondern: ein die Menschheit fördernder Rebell. Ein die Menschheit fördernder... Rebell.

Wolkskunde.

Allerlei Schneeweisheiten. Endlich hat die Erde das schimmernde Winterkleid angelegt, nach dem wir uns in diesen langen, trüben Regenwochen so herzlich gesehnt haben. Nie kam der erste Schnee wohl willkommener als heuer. Freilich, die warme Witterung läßt ihn nicht sehr haltbar erscheinen und aus dem ersten Schnee zieht das Volk seinen Schluß auf den ganzen Winter: Fällt der erste Schnee in'n Dreck- Wird der Winter ein Ged." Der Volksmund hat überhaupt an den weißen Mucken, die iur Winter fliegen", wie man im Mittelalter sagte, viel herumgedeutet. So hat der Schnee, der Schneewirbel und Schneeverwehungen ver= ursacht, feinen guten Leumund: Treibeschnee ist Bleibeschnee, liegt er drei Tage, so liegt er drei Wochen."

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Gegenüber der Ansicht, daß ziemlich spät im Winter, nämlich im März, der meiste Schnee fällt, steht eine Schneeweisheit, die sich auf den 6. Februar bezieht: Dorothee bringt den meisten Schnee." In Gebirgsgegenden dagegen fällt der Schnee nach dem Eine Ansprache an die Arbeiter. Von der Freien Volksmunde schon im Herbste. St. Gallus, dessen Tag der 16. Ofto­Volksbühne, die vor kurzem vor viertausend Menschen ein Konzert ber ist, ist der Sameeheilige: Santt Gallen Läßt Schnee gab, war Alfred Kerr ersucht worden, zwischen zwei fallen." Aehnlich wird zuweilen der heilige Martin als Schnee­Symphonien eine kurze Rede zu halten. In der soeben erschienenen bringer betrachtet: Sanft Martin kommt nach alten Sitten Dezember- Nummer der Zeitschrift Pan" teilt Kerr im Wortlaut zumeist auf einem Schimmel geritten." Wie dauerhaft der Schnee mit, was er sprach. Folgendes: ist und wie spät er noch auftritt, behauptet eine brandenburgische Bauernweisheit:" Der Storch muß sich siebenmal ins Nest schneien lassen, ehe der Frühling kommt," und" Es ist kein April so gut Er beschneit den Ackersmann den Hut." Der Schnee ist ein gern gesehener Gast. Je mehr Schnee im November fällt, desto frucht­barer wird das Feld" heißt es z. B. Die Dänen kennen ein Sprich­wort: Die weiße Gans brütet gut," die Russen behaupten: das Korn fühlt sich so wohl unterm Schnee, wie der alte Mann unter seinem Belz" und in Norditalien jagt man, unterm Schnee läge das Mehl.

Es ist gut, daß Sie nun die neue Musik in Ihren Lebens­freis aufnehmen.

Auch in ihr steät ein Empor und ein Vorwärts. Die neue Musik ist kein Ausdruck der Sattheit: sondern ein Ausdruck der Sehnsucht. Sie ist kein Ausdruck des Besitzes: sondern des Ringens.

Sie sind Ringende.

Sie bedeuten das stärkste Ringen der Zeit.

Noch in dieser, vorhin gehörten, symphonischen Dichtung von Richard Strauß ist ein Ringen obgleich Don Juan kaum un­mittelbare Beziehungen zum ehernen Lohngesetz" hat oder zum Wachstum des Kapitals.

Ein Ringen erleben Sie dann in Gustav Mahlers Wald­symphonie. Nicht bloß Naturschilderung: sondern durch den Wald geht ein Mensch- der nicht zufrieden ist.( Ein Mensch, der nicht

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zufrieden ist.) Sie stoßen zulet nach Strauß mit seinem bunten Glanz, nach Mahler mit seiner heiligen Entrüdtheit Sie stoßen auf das Ringen, zuletzt, im Erntelied von Dehmel, durch Fried in Klänge gebracht. Aber gried hat schon ein unmittelbares Ver­hältnis zur Bewegung der Zeit; er tommt mit strahlender Agi­tationsmusif.

Gie nähern sich neuen Harmonien. Mir scheint: etwas zu funfisvolles läge darin, wenn es gelingt wesentliche Teile der modernen Musik auf den starken Grund Gurer Masse zu stabi­Tieren. Eurer Masse. Nicht bloß weniger Bevorzugter.

Was sind manche Konzerte von West- Berlin heut? Für drei Viertel: gesellschaftliche Veranstaltungen. Drei Viertel suchen Ge­fichtseindrücke, nicht Gehörscindrücke.

Was ist eigentlich Schnee? Nicht nur das weiße Zeicheninch" der Erde, wie es bei den Dichtern so tragisch und ziemlich un­passend heißt, sondern alles mögliche andere. In den Harztälern achtet man sehr darauf, wann sich Vater Brocken die Nachtmüze über die Ohren zieht". In Mitteldeutschland erklärt man stellen­weise den Schnee daraus, daß die Einwohner eines benachbarten Dorfes ihre Betten zerrissen hätten". Auch Frau Holles Bett­federn sieht man im Schnee:" Frau Holle macht ihr Bett, wenn es schneit." Wieder in anderen Gegenden ist es auch nicht Frau Holles Bett, das den Schnee liefert, sondern die Betten der Englein. In einem Wiegenliede heißt es nämlich:

"

Die Englein habens Bett gemacht, Die Federn fliegen herunter, An dem Tage schlafen sie,

Zur Nacht, da sind sie munter."

Auch das alte Schneerätsel vergleicht den Schnee mit Federn: Es flog ein Vogel federlos auf einen Baum blattlos, Da kam die Sonne mundlos und fraß den Vogel federlos."

Werantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.