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morden? Lauter arme Leute wohnen in dieser Gaffe, doch ich bint Der ärmite."
" Du lügst," flüsterte der Düsterblickende. Ich bin noch ärmer als Du. Ich bin der elendeste Mensch in dieser Gasse. Du bist reich und reizt uns, reizt uns alle, die wir Dein Spiel hören." Auch Du bist ein elender Mensch? Mein Bruder im Glend? Ich habe gar nichts und Du nennst mich reich? Warum quälst Du mich? Warum willst Du mich töten?"
Ich muß Dich töten. Ich muß, denn ich hasse Dich entfeßlich. Umbringen werde ich Dich, denn allabendlich spielst Du mir Deine Musik in die Ohren, daß mich die Feuer des Hasses verzehren!" " Ist es wahr? Warum solltest Du mich hassen, mein Bruder im menschlichen Elend? Tue mir nichts, lasse mich leben!"
Dunkel, stüßte fich auf die Ellenbogen und ließ es geschehen, daß der kühle Wind seinen nadten mageren Hals umarmte, streichelte. Der Wind wehte anfangs leise, schwoll dann immer fräftiger an und strich schließlich mit Macht über das Gesimse, die Mauern. den Vorhang, die Möbel und begann zu musizieren. Der Wind spielte dem Geiger eine eintönige, traurige, erregende Musik in bie Ohren. Mit geringem Intereffe lauschte der Mann den monotonen harten Lauten, doch dann riß er einige Stücke aus dem endlofen Sang und begann diese zu formen, zu schwermütigen Melodien zu färben. Herrliche Lieder, voll Weh, schoffen in seiner Phantasie auf und er lachte. Lachte zärtlich mit weinerlichen Lippen. Und dieses Lächeln erstarrte auf seinem Gesicht. Er erhob sich sehr langsam, sehr behutsam, um dieses Lächeln nicht zu verscheuchen, trat zu dem Kasten, öffnete ihn, holte seine ab- Flehe nicht! Du bittest vergeblich! Es gibt kein Erbarmen! genußte Violine hervor, nahm den Bogen in die rechte Hand, Ich töte Dich, sonst tötest Du mich. Ich hasse Dich, denn ich bin preßte das Instrument füssend an die lächelnden Lippen und schon so elend, daß ich jeden hasse, der nicht so elend ist wie ich. begann zu spielen. Ein wildes Tier ist mein Haß, gereizt von dem feurigen Beitschen des Glends. Und mein wildgewordener Haß muß jemand zer reißen. Dich wird er zerreißen! Du zerrst allabendlich an meiner Seele. Du bist reich und schleuderst mir tagtäglich, wenn der dunkle Abend kommt, Deinen Reichtum vor die Augen. Dich hasse ich, stärker als die Könige des Geldes hasse ich Dich, denn Du bist in meiner Nähe, Du peitschst meine Qualen auf!" Der Geiger stammelte schweißbedeckt:
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Der Geiger war kein Meister, er fonnte bloß geigen. Er war auch kein wirklich geschulter Violinspieler und wäre, wenn er die Absicht gehabt hätte, sich öffentlich zu produzieren, als elender Stümper dagestanden. Wenn er aber daheim in seiner bettlerarmseligen Stube saß, allein im Halbdunkel und schicksalsschwangerer Stille, wenn ihm die Gedanken in der Seele Blige entflammen ließen und diese Blize die Trümmer und verkohlten Reste seines verflossenen Lebens purpurrot beleuchteten und ihm seine ganze Zukunft mit verzweifelten, abscheuerregenden Schreckbildern anstarrte, da wuchs sein Geist, wurde seine Seele rein, umstrahlte Glorienschein seine Stirne. Da wurde er ein Künstler, groß und herrlich, ein mächtigerer Beherrscher des Bogens als jeder andere, denn dann ergoß sich das Schluchzen des Lebens aus feinem Herzen und ließ die Saiten, die Kleine Stube, die stummen Möbel, die Luft, die Gasse, den Himmel erbeben.
Der Wind legte sich, erstarb. Und die Geige sauste. Der Geiger stand im Halbdunkel, dem offenen Fenster zugetvendet, sein Blick irrte in das Nichts und er spielte das wollästigschmerzliche Lächeln immer auf den Lippen.
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Auf der anderen Straßenseite, univeit des klingenden Fensters, stand in einem Tor ein düsterblickender Mann. Ein zermürbter, ermselig- zerfetzt gekleideter, tief gedemütigter Mann mit einem großen Bart. Er stand im Tor, in seltsam- schwerer Haltung, als fei er eben auf der Straße des Lebens endgültig steden geblieben und sinne nunmehr nur noch mit trauriger Neugierde über das Wenige nach, was noch kommen könne. Er stand und lauschte zornerfüllt dem spielenden Wind, der eintönigen, aufreizenden, unverständlichen Musik des Windes, mit der er nichts zu beginnen wußte. Mit unerträglichem Drud legte sich das Gefühl völliger Ohnmacht auf seine Brust. Er stand im Tor, horchte, bewegte sich nicht, bis dann das Spiel der Geige ertönte. Das Geigenspiel versetzte den düsterblickenden Mann in Unruhe, vorerst begann er auf seinem Play hin und her zu rücken, dann ging er gequält auf und ab. Der Wind hatte sich gelegt vielleicht hörte er ihn bloß nicht, weil das Vibrieren der Violine alle seine Nerven reizte Krampf durchzuckte seine zu Fäusten geballten Hände und er preßte die Finger so zusammen, daß ihm die großen Nägel ins Fleisch drangen. Dann schlich er langsam wie auf der Lauer mit behutsamen Schritten immer auf derselben Straßenseite bleibend dem Fenster gegenüber und starrte, sich aufräkelnd, in die finstere Stube. Er sah bloß das schwarze Viereck des Fensters. Wußte aber mit Haß, daß dort drinnen wieder jener hagere, schmalgesichtige, gelbaabuige, tahlwerdende Elend- Mensch die Geige spiele. Er spielt und seine Geige schluchzt und jammert. Er weiß jest bloß eines, daß die Geige schluchzt und jammert. Aber es ist sicher, daß jener andere, jener unglückselige Mensch, der die Geige schluchzen läßt, der mit den zuckend ringenden Kräften seiner Scele die Saiten zum Leben erweckt, viel, sehr viel, unendlich viel in die vibrierende Melodie preßt. O dieser Elende!
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,, Warum? Warum, mein Bruder im Elend? Hörst Du das Spiel der Violine nicht gerne? Verursacht die Musik Deiner Seele Schmerz?" „ Schmerz! Ach! Die Töne Deiner Geige schreien mir mein entsetzliches Schicksal in die Ohren. Siehst Du, Du spielst und ich bin machtlos. Wie reich bist Du? Jeden Abend schüttest Du Deinen Kummer aus. Mich aber beißt die Erbitterung wie die Hunde einen zur Erde gestürzten Menschen. Häßlich und bösartig. Draußen auf der Gasse beißen und zerren die Qualen an meinen Eingeweiden und Du weinst Dich hier in Deiner Stube ganz allein durch Deine Geige aus. Und weinst so lange, bis Du, müd und matt geworden, Dich beruhigst. Doch was soll ich machen? Branntwein trinken? Ich fnirsche hinter zufammengepreßten Lippen die Zähne und will die Mauern zertrümmern. Entseßlich ist meine Ohnmacht! Ich bin ein elender Mensch, versteh mich auf wenig. Bin ein Lasttier, dem alles versagt blieb. Du bist jemand und mich, o verstehe micht recht, lehrte man nicht geigen!... die Finsternis mit den Augen durchbohrend, den Geiger, doch seine Der düsterblickende Mann betrachtete noch immer haßerfüllt, Blicke waren schon matt und müde, und während ihm die Worte im Herzen widerhallten, sant er auf einen Sessel und begann zu schluchzen. Und schluchzend wiederholte er:
„ Man le- chrte mich nicht gei- gen.
"
Erleichterung. Eine Weile schaute er wortlos auf den Weinenden. Der Geiger erschrak, doch dann überkam ihn das Gefühl der Dann lächelte er und legte die Hand voll Zärtlichkeit auf den Kopf des Düsterblickenden. Dessen Schluchzen wurde stiller und er beruhigte sich allmählich. Leise begann ihn der Geiger zu trösten:
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Weine nicht... fei still ich werde jetzt spielen Von Deinem Leid will ich spielen Achte auf mein Spiel Du aber ertrage es stumm und regungslos... die Geige wird statt Deiner weinen..
Er hob die Geige ans Kinn, nahm den Bogen in die rechte Hand und melancholisch klagend, mit rührendem Weinen stieg die Melodie empor. Der düsterblickende Mann weinte nicht mehr, hob den Kopf und lauschte mit großer Aufmerksamkeit. ( Berechtigte Uebersetzung von Stefan J. Klein.)
Die finſteren Augen des Mannes bliken durch das offene Der Vulkanausbruch von Kagoshima .
Fenster. Mächtiger schwarzer Haß wühlt in seiner lumpen= bedeckten Brust, dehnt seine Eingeweide, preßt ihm die Kehle zusammen, daß er fast aufschreit, um jenes entsetzliche, schöne, neidisch gehaßte Geigenspiel berstummen zu lassen.
Doch kein Laut dringt aus seiner Kehle. Er huscht geräuschlos über die Straße und nähert sich mit drohender, tiefer, zusammengepreßtlippiger Stummheit dem Fenster. Wie er das Fenster er reicht, blickt er sich um, lauscht eine kurze Weile, als ängstige er sich vor den unbekannten, noch nie gehörten Nuancen der Musik, dann schleudert er die unförmigen, von Arbeit geschwollenen, rauhen Hände vor sich und starrt darauf. Mit starkem und reintönigem Flehen weint die Geige, kann aber sein Herz nicht eriweichen. Er erfaßt das Fensterbrett, einige träge, aber geräuschlose Schwingungen... er steht in der Stube.
Der Geiger spielte und lächelte in der Finsternis. Zitternd nahte sich ihm der düsterblickende Mann. Der Geiger nahm ihn wahr. Die Melodie stockte, das Herz des Geigers pochte laut auf, das Lächeln ntfloh aufgescheucht von seinen Lippen und er fragte mit zitternden Worten:
Wer sind Sie? Was wollen Sie?"
Auch der düsterblickende Mann zitterte und konnte nicht sprechen, näherte sich aber hartnäckig dem Geiger. Dieser wich zurück, glozte und stammelte wieder Fragen:
Du willst mich doch nicht töten? Willst mich doch nicht er
Die vulkanische Katastrophe, die sich am Südende der japanischen Insel Kiusciu vollzogen hat, scheint sich an Bedeutung den größten ähnlichen Ereignissen der letzten Jahrzehnte anzuschließen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Größe einer derartigen Katastrophe ein verschiedenes Bild darbietet, je nachdem der eigentliche Nature vorgang oder seine Folgen in Betracht gezogen werden. Ein vers hältnismäßig fleiner Bulkanausbruch fann eine sehr verhängnisvolle Wirkung ausüben, wenn er gerade in unmittelbarer Nähe einer größeren Stadt oder eines fon dicht besiedelten Landes erfolgt. Ein anderes Mal bleibt vielleicht eine viel heftigere Eruption fast umbeachtet, wenn fie in einer menschenleeren Gegend stattfindet. Weitaus das gewaltigste vulkanische Ereignis der letzten 20 Jahre war die Explosion der kleinen Insel Krakatau in der Sundastraße, die von vornherein nach Gebühr eingeschätzt wurde, aber mit der Zeit auch in ihren natürlichen Folgen eine besondere Aufmerksamkeit erregte. Man fann sogar fagen, daß sie zu einer wissenschaftlichen Sensati u wurde, da damals zuerst der Aufstieg des Vulfanstaubes in hohe Schichten des Luftmeeres durch die auffällige Erscheinung der leuchtenden Nachtwolfen nachgewiesen wurde. Im gleichen Maße wissenschaftlich interessant war die Eruption des Vulkans Katmai in Alaska 1912, die der Wissen schaft Gelegenheit gegeben hat, zum erstenmal eine Trübung der Atmosphäre durch den Bullanstaub und eine dadurch bedingte Vers