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Matthias sah den Vater im gleichen Augenblick, als diefer den Mund öffnete, ihn anzurufen: He, Du, grüß Gott , Du Wetterkerl, Du machst mir ja heitere Fahrten!"

Dedel zusammengehörten, und menn er, der eingeschworene| geren Zeitgenossen an, die das Neue. bringen, das wir eben als Junggesell, sich dazu auf seine alten Tage noch unters Che- cin folches nach seinem Werte nicht immer leicht ermessen können. joch beugen mußte. Mit dem Knaben an der Hand wollte er Wer da dem eigenen Urteil nicht vertrauen mag, dem wäre zu unverzüglich vor die störrige Mutter hintreten und den lang empfehlen, sich weniger bei den älteren Künstlern Rat zu holen, als vielmehr bei der schöpferisch tätigen Jugend. Denn dieser verschleppten Handel endlich ins reine bringen. gehört die Zukunft, sie weiß am besten, wessen sie bedarf weffen wir bedürfen. Selbstverständlich werden die Werte, unt die es sich hier handelt, von Künstlern geprägt und erft hinterdrein von den Literaten, denen lediglich eine Vermittlerrolle zufällt, in Umlauf gefeßt. Ebenso selbstverständlich ist es, daß diese Werte nicht auf irgendwelche Landesgrenzen beschränkt werden können. In der bildenden Kunst können wir ebenso wenig wie in der Lite­der die europäischen Kulturvölker verbindet und der sich in einem ratur oder in der Wissenschaft den engen Zusammenhang bestreiten, beständigen Austausch von Anregungen mit der Zeit immer stärker bestätigt... Wenn wir nun anerkennen, daß in der Entwickelung der modernen Malerei die Franzosen die Führer gewesen sind, so braucht dieses Eingeständnis dem deutschen Gemüte schon deswegen feine Ueberwindung zu kosten, weil ein solches Verhältnis eben fein ewig dauerndes ist.

Blind vor Schreck wollte er auf die Beine springen, aber sei es, daß ihn sein Werkzeug hinderte oder ein Schwindel er griff: der Fischer verlor das Gleichgewicht, fiel zwischen zwei Gondeln ins Wasser und verschwand vor des Vaters Augen, die Haselrute mit der rechten Hand krampfhaft-

Klammernd..

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Der Dessinateur starrte das Unheil eine Sekunde ratlos dann sprang er dem Schwergefährdeten, da niemand sonst zur Stelle war, mit allem, was er an sich trug, nach. Wie Donnerschall schlug ihm das Wasser ins Ohr und schnürte ihm die Kehle zusammen. Doch dank der hölzernen Handhabe des Versunkenen gelang es dem Retter, Matthias an seinen Lodenhaaren zu faffen und in eine Gondel zu stoßen. Ihm selbst aber, dem Mann der schweren Räusche und verderblichen Leidenschaften, griff der Schreck mit eisiger Hand ans Herz. daß es augenblicklich stillstand wie die Räder seiner Uhr.

Die Schiffsleute, welche eine Minute später an der Un­glücksstätte erschienen, zogen einen Lebenden und einen Toten auf die Hafenmauer. Des einen bemächtigte sich der ebenfalls zu spät gekommene Bleicher Angehr, welcher ihn eilig von dannen führte, den anderen, den man ohne weiteres als den Schüßenkönig Oberholzer erkannte, trugen die Männer gerührt in den Treustädter Hof. Und mancher ebriame Bürger, den des großen Eidgenossen Leben anwiderte, mußte bei der Kunde seines Todes gestehen: Der Mann hat doch noch ein rühmliches Ende genommen!"

Das gleiche, nur viel inniger, dankerfüllter, dachte die Mutter des Geretteten, als sie ihr Eigentum tiefbewegt in die Arme schloß und dabei das Schicksal ihres Verführers bernahm.

Am heutigen Tage hat er meinem Kinde zum Leben verholfen Heut, lieber Matthias, ward Dir ein Vater gegeben, dem Du ewig für Dein Dasein danken mußt!"

Moderne Museumspolitik.

Alfred Lichtwarfs Nachfolger in der Leitung der Hamburger stunsthalle wurde also der bisherige Bremer Museumsdirektor Gustav Pauli . Er tritt damit an die Spitze einer der origi­nellsten, bedeutendsten und wirkungsreichsten modernen Kunst­sammlungen Deutschlands . Für die Bedeutung und den Charakter dieser Sammlung hat Pauli schon früher das richtige Verständnis gefunden. Als vorbildlich so hat er im Jahre 1911 geschrieben ist Alfred Lichtwarfs Lebenswerk anzusehen, der es verstanden hat, in der Hamburger Kunsthalle ein Ehrendenkmal heimischer Kunstübung zu errichten und die deutsche Kunstgeschichte um ein Kapitel zu bereichern, das sich nicht mehr aus ihr wegdenken läßt." Diese Worte stehen in einem in Kunst und Künstler" veröffent­lichten Aufsatz Gustav Paulis, der Die moderne Galerie" über­schrieben ist, und der als Paulis Bekenntnis über die Grundfragen der modernen Museumspolitik heute ein besonderes Interesse er= wedt. Pauli gesteht, daß die Erfahrungen eines Jahrhunderts uns darüber belehrt haben, daß die moderne Galerie, weit davon ent= fernt, etwas Selbstverständliches zu sein, vielmehr etwas äußerst Diskutables ist, behängt mit vielen Fragezeichen. Sie soll alles Mögliche sein, aber was ist sie denn für gewöhnlich? Für die einen scheint sie das Ziel eines müßigen Spazierganges zu sein, für die anderen ein Arbeitsfeld, für die dritten eine Wärmeftube oder der Treffpunkt eines Stelldicheins- kurzum, den wenigsten scheint sie jener Tempel reiner Freuden zu sein, für den der Ahnungslose sie halten müßte... Und doch muß sie wohl für irgend jemanden da sein, der ihrer Einrichtung das Gesetz gibt, so wie die Kirche für die Gläubigen eingerichtet ist und die Kaserne für die Soldaten. Wer ist dieser Jemand?" Pauli antwortet mit dem Pilger in Gorkis Nachtasyl ": Es ist der beste". Es ist der Besucher, der unvoreingenommen, ehrerbietig und selbständig, hellen Auges und warmen Herzens der Kunst entgegengeht. Man stelle sich diesen Besucher als sehr anspruchsvoll und sehr empfänglich vor, dankbar für das Gute und streng gegen das Falsche und Schwache; furz: als so vollkommen, wie man es nur vermag.

Die Frage, was man sammeln solle, beantwortet sich damit ganz von selbst: für den Besten ist das Beste eben recht. Aber was ist das Beste? Je weiter wir in die Vergangenheit zurüd­weichen, um so weniger Raum bleibt dem Zweifel übrig. Die ernstliche Schwierigkeit des Bewertens hebt erst bei unseren jüne

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Man braucht keineswegs zu befürchten, daß die Anerkennung diefes allgemeinen Programms einer Galerie des Besten" überall a denselben Resultaten führen wird. Abgesehen davon, daß die Individualität der Museumsleiter selbst bei gleichen Anschauungen doch im Einzelfalle Verschiedenes wählen würde, müßte unter allen Umständen der Charakter des betreffenden Landesteils, vollends das Vorhandensein einer heimischen Schule auf den Charakter der Sammlung abfärben. In einer deutschen modernen Galerie ge­bührt nicht nur den Deutschen im allgemeinen der Vortritt, es gebührt auch der lokalen Stunstübung ernstliche Beachtung soweit differenzierten Galerie des Besten möchten wir darin sehen, daß sie ernst zu nehmen ist... Die vornehmste Wirkung einer so fie als eine Anhäufung lebendiger schöpferischer Kraft Leben werde. Leben in dem Kunstfreund, der über den passiven Genuß hiniveg aur Berfeinerung und Vertiefung seiner Anschaunugsweise und damit feines ganzen Wesens geführt wird; Leben vor allem in dem Künstler, bei dem die Anregung sich unmittelbar in eigene Taten umfest." Bauli faßt zum Schluß das Gesamtergebnis feiner Betrach ungen in einigen furgen Thesen üer die Grundpflichten moderner Kunstpolitit zusammen. Sie lauten: Die Galerie des Besten darf sich an feine nationalen Schranken bindend lassen, wenngleich sie naturgemäß ihren Charakter von dem Lande und von der Stadt, der sie angehört, empfängt.

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Die einzige Rücksicht, die bei ihrer Zusammensetzung maß gebend sein darf, ist die Rücksicht auf die Qualität, den Anregungs­wert des Kunstwerkes.

Man geize in der Galerie mit der Wandfläche, nicht mit dent Gelde für Erwerbungen.

Unter feinen Umständen darf der Anschaffungsfonde angesehen werden als ein Brotkorb zur Ernährung der Notleidenden oder als cin politischer Geheimfonds zur Gewinnung von Machthabern. Viel­mehr ist selbst ein tener bezahlter Ankauf für die Galerie von dem betreffenden Künstler nur als eine Auszeichnung. als die huldigende Anerkennung seines Genius anzusehen.

Bei der Verwaltung der Galerie verlasse man sich mehr auf einen vertrauenswürdigen einzelnen, als auf die Weisheit der Kommission. Selbst die Irrtümer des einzelnen werden immer noch mehr wert sein, als die Irrtümer der Kommissionsbeschlüsse. Dem Verwalter der Galerie mache man es zur Pflicht, sich in Einvernehmen mit der Künstlerschaft zu sehen, namentlich mit deren jüngerer Generation. Doch wähle man lieber feinen Künstler zum Galerieverwalter. Denn die Tüchtigen haben besseres zu tun und auf die anderen kommt es ohnehin nicht an. Amen!

Das Gewissen.

Von Friz Müller.

Als ich dreiundzwanzig Jahre alt war, hatte ich noch keinen Schat. " Je, den schaut's an, den Leimsieder", hieß es rings im Freundes­treise spöttisch und bedauernd.

Das wurmte mich von Herzen, so daß ich strade beschloß, mir einen Schatz zu suchen. Das fonnte doch nicht so schwer sein, dachte ich. Denn einmal hatte ich gehört, wie einer zu dem anderen sagte: Dmei', an Schaz, den hat ma' glei'..."

Also warf ich meine Augen resolut nach links und rechts auf allen Straßen und machte, was ich dachte, daß es ein verliebtes Gesicht sei.

Das war am Freitag. Der Erfolg jedoch, der war gleich Null. Hm, dachte ich, es ist halt doch nicht leicht, und fing am Soun abend fed zu grüßen an. Die und jene grüßte ich mit ausgefuchter Höflichkeit auf Straßen und auf Plägen. Es war im Durchschnitt jede Dritte.

Aber sie lachten mich aus und waren empört. Also daß es nochmals nichts war.

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Da nahm ich Sonntags einen festen Anlauf und stotterte ein mittelhübsches Mädchen in der Allee vor meiner Wohnung an. Meine Worte mußten etwas überstürzt gewesen sein. Sie verstand nicht gleich.