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Die junge Frau errötete, fab zur Seite und erwiderte: " Oh, mir ist etwas ganz Aehnliches passiert! Die verwitwete Frau Postdirektor häbig war bei mir und erkundigte sich voller Teilnahme und Neugier, ob die Scheidung zwischen uns schon ein­geleitet sei!" Die Schei

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Die junge Frau nickte.

Fernrohr entbedt er die Jupitermonde, die Sonnenfleden. Jeder Zweifel schwindet.

Zu seinem Unheil verläßt er 1600 die schüßende Republik Benedig und wird der beneidete Hofmathematikus in Florenz . dessen Fürsten jesuitisch beherrscht sind. Der Vorfämpfer für stopernifus ist trotz seines Rufs einsam und gefährdet. Um den eigensinnigen Gegner zu überzeugen, flagt er damals in einem Erde herabstiegen und von sich selber Zeugnis ablegten. Je fühnere Folgerungen aus der fopernikanischen Lehre gezogen wer­

Dann aber schlug sie ein lautes Gelächter an, breitete die Arme Briefe, wäre es auch dann noch nicht genug, wenn die Sterne zur aus und fiel ihrem Mann um den Hals.

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In der Wohnung nebenan lag die ganze Familie Feuerstein mit den, um so enger umkreist sic die Inquisition. Literarische Fehden

den Ohren an der Türe.

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Was war das?" fragte die Mutter. erregt.

Ein Kuß!" schrien die beiden Töchter wie aus einem Munde. Ein Standal!" sagte die Mutter voller Entrüstung.

Was willst Du," schloß resigniert Nathaniel Feuerstein die An­gelegenheit ab, Back schlägt sich, Pack verträgt sich!"

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Galileo Galilei .

Zum 350. Geburtstag.( 18. Februar 1564.)

mit mächtigen Jesuiten schaffen Galilei erbitterte Feinde. Man denunziert ihn dem päpstlichen Gericht. Das Verfahren der Inquifition wurde gegen ihn eingeleitet. Am 19. Februar 1616 wurden auf Befehl des Papstes der römischen Inquisition folgende zwei Säße zur Entscheidung unterbreitet:

" Die Sonne ist Zentrum der Welt und infolgedessen unbe weglich in örtlicher Bewegung".

Die Erde ist nicht Zentrum der Welt und nicht unbeweglich, sondern bewegt sich in Bezug auf sich selbst als Ganzes auch in täglicher Bewegung".

Schon die Form dieser Sätze zeigte, daß die Theologen der Inquisition von der Lehre des Kopernikus keinerlei flare Vor­stellung hatten. Kein Wunder, daß sie nur fünf Tage brauchten, Vor Kopernikus war das Weltall cine menschlich- irdische Ange- um mit dieser Lehre fertig zu werden. Am 24. Februar wurde der Tegenheit. Die Sterne am Himmelsraum waren eine geheimnis- erste Sab als töricht, absurd und kezerisch erklärt, ebenso der volle, sonderbar bewegliche Runenschrift am Himmel, die von gött- aweite. Am 26. Februar mußte Galilei im Palast des Kardi­licher Hand geformt und gelenkt feinen anderen 3wed hatte, als nals Bellarmin erscheinen, wo ihm die Entscheidung mitgeteilt deutungsschwer das Schicksalslied der Menschen zu künden, die wurde. Galilei erklärte einfach, daß er sich der Weisung unter­winzige passive Pilger des irdischen Jammertals waren, elende werfe. Am 3. März wurde dann das weltgeschichtliche Dekret Geschöpfe, nur ein Spiel der göttlichen Allmacht und doch zugleich verkündet, das die Schriften des Kopernikus auf den Index sezte: fich so wichtig dünkten, daß das Universum nur um sie sich drehte. Die Unendlichkeit der Sterne, die in jede Wiege blickte, war nur cine magisch wissende Illumination für die Geburt jedes Sterb­lichen und zugleich sein vorbestimmtes Verhängnis. Eine enge Weltverriegelung, in Wahrheit eine kosmische Kirchturmspolitik. Die Billionen freisender Riesenförper schrumpften zu einer lokalen Sehenswürdigkeit zusammen. Der Mensch erhob sich nicht in der Erhabenheit des Unendlichen, sondern schlang das Unendliche in sich hinein, als wäre es eine bereitstehende, ihm zukommende Nahrung, für die ein Gott freundlich bedacht war.

Da tam Kopernikus und verwies Erde und Menschen in die Bewegung des Unendlichen. Es war wie eine Botschaft aus dem Grabe. Denn das revolutionäre Wert des Kopernikus , in dem er die Umdrehung der Erde um die Sonne lehrte, erschien zugleich mit der Nachricht seines Todes( 24. Mai 1543). 36 Jahre hatte er seine Entdeckung verborgen gehalten; erst als Greis, der nichts mehr zu fürchten hatte, wagte er zu reden. De revolutionibus " über die Umwälzung der Titel seiner Schrift bewährte sich in ihrer Wirkung: die Entdeckung der Umdrehung der Erde wurde eine Umwälzung der Geister.

Niemals hat eine Entdeckung die Menschheit geistig stärker erschüttert. Der Begriff der Unendlichkeit ward das Selbstbewußt sein des modernen Menschen. Das ganze Mittelalter war von der aristotelischen Naturphilosophie beherrscht; sie war die geistige Grundlage der firchlichen Weltmacht: die Erde ruht im Mittel­punkt der Welt, darüber die endliche Himmelskugel, an deren Oberfläche die Sterne angeheftet sind. Selbst Kopernikus , der die Bewegung der Erde um die Sonne erkannte, schreckte noch vor der Lehre der Unendlichkeit zurück, die doch schon im Altertum Pytha­ goras verkündet hatte. Für Kopernikus war die Welt nur etwas dem Unendlichen Aehnliches".

Die fopernikanische Umwälzung regte nicht nur die katho­Tische Kirche auf. Auch die Reformatoren widersetzten sich ihr um so hartnäckiger, als sie auf die Offenbarung der Bibel schworen. Melanchthon erklärte, daß durch die göttliche Offenbarung gegen die Lehre von der Erdbewegung entschieden sei, und Luther selbst sprach nur von dem topernikanischen Narren. Dennoch blieb die neue Lehre siebzig Jahre unbehelligt, aber nur deshalb, weil der Herausgeber des Werkes des Kopernifus es lediglich als eine harm­lose astronomisch- mathematische Hypothese zur leichteren Erklärung der Himmelserscheinungen hinführte. Aber in dieser stürmischen Gärung der Geister, die in diesem Zeitalter aus tausendjähriger Gebundenheit erwachten, erfaßte Kopernikus in seiner wirklichen Bedeutung die Forscher und Denker. Kepler vollendete die Lehre, Giordano Bruno , der italienische Dominikaner , drang 1584 in seinen forpernikanischen Dialogen fühn bis zur Lehre der Unend­lichkeit vor und erlitt 1600 den Feuertod des Kezers," einer von viclen.

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Den Sieg der neuen Lehre jedoch entschied der Mann, der sie in aller Form mit heiligem Eide abschwor: Galileo Galilei . Galilei wurde der Tag steht nicht fest der Sage nach am gleichen Tage geboren als Michelangelo starb: am 18. Februar 1564; zu Pisa , als Sohn eines begabten Musiktheoretikers, der als Tuchhändler einen nicht sonderlich reichen Erwerb hatte. Während die Familie nach Florenz übersiedelte, studierte der junge Galilei in Bisa und erhielt dort eine Professur für Mathematik. Schon in seinen frühesten Veröffentlichungen zeigt er sich befreit aus dem Band der aristotelisch- kleritalen Weltansicht. Er wird der Urheber grundlegender physikalischer und astronomischer Ent­deckungen. Bald tritt die kopernikanische Lehre in seine Gedanken­welt, und er wird ihr Prophet. Mit dem von ihm verbesserten

" Da es zur Kenntnis der heiligen Congregation gekommen ist, daß jene falsche pythagorische und der göttlichen Schrift durch­aus zuwiderlaufende Lehre von der Bewegung der Erde und der Unbewegtheit der Sonne, welche Nikolaus Kopernikus und Didacus Astunica lehren, bereits sich verbreitet hat und von vielen an genommen wird..: deshalb, damit einer derartige Meinung nicht der katholischen Wahrheit zum Verderben weiter schleiche, hat die Congregation beschlossen, daß die genannten Bücher zu suspendieren seien, bis sie verbessert werden... Und alle andern Bücher, die gleichermaßen dasselbe lehren, zu verbieten, wie sie durch gegenwärtiges Dekret sie insgesamt verbietet und verdammt und suspendiert."

Die Ereignisse dieses ersten Prozesses gegen Galilei sind im Einzelnen nicht völlig aufgeklärt. Jedenfalls verfuhr man per­sönlich mit Galilei glimpflich, aber ihm war das Rückgrat ge­brochen. Dennoch arbeitete er weiter, und im Jahre 1632 erschien sein klassischer Dialog" über die beiden hauptsächlichsten Welt­systeme, das ptolemäische und das topernikanische. In Platons Art unterhalten sich hier Vertreter dreier Richtungen über die großen Fragen des Weltsystems. Das Ganze gibt sich scheinbar als eine Arbeit zur Widerlegung der kopernikanischen Irrlehre, wie denn schon die Vorrede an die Leser mit dem Satz beginnt: In den letzten Jahren erließ man in Rom ein heilsames Editt, welches den gefährlichen Aergernissen der Gegenwart begegnen sollte und der pythagoräischen Ansicht, daß die Erde sich bewege. rechtzeitiges Schweigen auferlegte. Aber trotz dieser Maskerade war es kein Zweifel, daß das große Werk einzig und allein zu dem Zwecke geschaffen war, um der Inquisition zum Trotz die Lehre des Kopernikus zu beweisen. In einer der sprechenden Personen, Salviati, redet unverkennbar Galilei selber. In seinen Aeuße= rungen stürmt die neue Erkenntnis den Himmel. Da finden sich prometheische Gedanken wie der folgende: Freilich erkennt der göttliche Geist unendlich viel mehr mathematische Wahrheiten, denn cr erkennt sie alle. Die Erkenntnis der wenigen aber, welche der menschliche Geist begriffen, fommt meiner Meinung an objektiver Gewißheit der göttlichen Erkenntnis gleich; denn sie gelangt bis zur Einsicht der Unendlichkeit, und eine höhere Stufe der Gewiß­heit kann es wohl nicht geben."

Das Papsttum verstand die revolutionäre Kühnheit dieses Werks trotz aller formellen Unterwürfigkeit. Und jetzt wurde dem Forscher der Prozeß gemacht. Die Anschauungen dieses Buches verstießen offenkundig gegen das Dekret, das die Lehre des Koper­nifus ächtete. Galilei wurde peinlichen Verhören unterworfen, er scheint sogar, wenn es auch nicht ganz zwingend nachgewiesen ist, gefoltert worden zu sein. In allen Verhören schwor Galilei jede topernikanische Ansicht ab. Am 22. Juni 1633 wurde das Urteil verkündet, das von ihm den Widerruf der kezerischen An­sichten verlangte. Und Galilei unterwarf sich. Es ist eine agita­torische Erfindung aus der Zeit vor der großen französischen Revolution, daß er nach der Abschwörung widerrufen habe mit dem troßigen Bekenntnis: Und sie bewegt sich doch." Galilei war zwar ein Greis von siebzig Jahren damals, aber die Kirche hätte ihn nicht geschont, wenn er nicht ganz und gar abgeschworen hätte. Der Dialog" wurde verboten und erst im Jahre 1822 wurde das Verbot aufgehoben.

Galilei lebte noch bis zum 8. Januar 1642, verdüstert, zuletzt crblindet. Aber in dieser Zeit der Aechtung schuf er noch seine Discorsi, die 1638 in Holland gedruckt wurden, jenes Werk, das die wissenschaftliche Physik begründete.

Im Todesjahre Galileis wurde der Mann geboren, der dem Weltall die Gesetze fand: Newton. 350 mal seit der Geburt