Da wird die Tür aufgeriffen und in der Deffnung er scheint der Verwalter: Was zum Kudud hat dies zu be Deuten!"

Seine Augen find noch geblendet vom Licht, und er ver­mag nichts zu unterscheiden.

Doch hört man den Laut eiliger Fußtritte, die im Dunkel des Hofes verschwinden.

Und Per Holl, der einzige, der noch zurückgeblieben ist, Tann auch nicht gesehen werden, denn er steht ganz ftill im Schatten der Treppenwindung.

" Ift jemand da?" donnert der Verwalter. Ein Weilchen steht er horchend da, und die dunklen Umriffe seines schweren Körpers heben sich scharf ab von dem durch die Flurlampe hell erleuchteten Hintergrund.

Dann schlägt er donnernd die Tür ins Schloß. Per Holt schwankt an der Mauer des Gebäudes entlang, wobei er auf einen Menschen stößt. Ohne sich darum zu fümmern, wer es ist, schlägt er nach ihm, daß er taumelnd zu Boden fällt.

Was für'n Schneider bist Du denn, zum Teufel!" fagt er und steuert der Tür zu, die zur Schlafkammer der Milch­mädchen führt.

So endete dieses Blutbad.

Kölner Karneval.

( Forts. folgt.)

Der närrische Prinz von Köln hat draußen einen weit befferen Ruf, als er verdient. Aus dem flotten, wißsprühenden Burschen vergangener Tage ist ein verlebter, geiler Roué geworden, der mit allerlei Kuren die Gebresten des Leibes alljährlich für einige Wochen bannt. Aber auch seine intimsten Freunde werden un aufrieden mit ihm, und sie konsultieren die tüchtigsten Aerzte nach dem Mittel, das den alternden Prinzen verjüngen könnte.

Der Kölner Karneval ist frant. Darüber täuscht der bunte Flitter und der tolle Lärm, der noch immer von Neujahr bis Fast­nacht durch die alte Rheinstadt tanzt, nicht mehr hinweg. Es gab einmal eine Zeit, wo in diesen närrischen Wochen echter rheinischer Frohsinn, aufgespeichert in Monden fleißiger Arbeit und geruhiger Bebensführung, die Zügel schießen ließ. Das war einst, als Köln eine Mittelstadt mit fleinbürgerlichen Sitten war. Längst aber Hat der Kapitalismus in diese friedliche Idylle seine nervenger­reibenden Fronhäuser auf der einen, seine fräfteverwüstenden Ver­gnügungspaläste auf der anderen Seite gebaut. In den Groß­städten der kapitalistischen Zeit, wo die Bar, das Kabarett und das Kino die Stunden der Erholung regieren, gedeiht nur noch das Amüsement und nicht mehr das gutmütig- wikige Narrentum, das deni Kölner Karneval zu seinem Weltruf verholfen hat. In einer Beit, die täglich und nächtlich zu jeder Stunde ihre Vergnügungs­Betriebe geöffnet hält, kann der Karneval auch nicht mehr die ge­waltige Anziehungskraft haben, wie in einer solideren Vergangen­heit, als die tollen Tage einige der wenigen Vergnügungsgelegen­heiten des Jahres bildeten.

Wenn der Kölner Karneval nach außen hin noch seinen Glanz bewahrt, so nur deshalb, weil er längst zu einem geschäft lichen Riesenbetriebe geworden ist. Die Spekulanten auf das Karnevalsgeschäft suchen das baterstädtische Fest" mit allen Mitteln der Reklame hochzuhalten. Die Wirte, die Bierbrauer, die Seftagenten, die Weinfabrikanten, die Saalbefizer, die Zeitungsverleger und Lucybruder, die Maskenfabrikanten und Modegeschäfte ein bedeutender Teil des Wirtschaftslebens der Rheinmetropole ist am Karneval stark interessiert. Die Karnevals­redner, in früheren guten Tagen Söhne aus angesehenen Fa­milien, die ehrenhalber lustige Reden aus der Bütte" hielten, find längst bezahlte Somifer geworden. Diese Herren ziehen an jedem Sonntag während der Karnevalszeit von einer Karnevalssizung zur anderen, um gegen einige Goldfüchse überall wörtlich dieselbe Rede zu halten. Die Präsidenten der Karnevalsgesellschaften sind von derselben Qualität. Zu einem erheblichen Teil schiffbrüchige Existenzen, die ihre wikige Schlagfertigkeit gegen Geld und farne­valistische Ehren verkaufen. Nebenher streichen sie von Seft- und Weinlieferanten entsprechende Provisionen ein.

Geschäftsleute sind vorsichtig, und der Kölner Karneval ist daher recht zahm geworden. Weniger in sexueller Beziehung. Im Heiligen Köln ist man nicht gerade prüde, auch wenn man nach toller Nacht vor der nächsten Kirchentüre reuig den Hut zieht oder fromm das Körschen neigt. Gröbere Schweinereien werden zwar für die Serrenfißungen" der Karnevalsgesellschaften aufgefpart, aber auch in den Damenkomitees" und in den Familienfibungen"

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bürgerlichen Bresse boch manches halbverstedte Bötchen mit. Biel , viel zahmer ist der heutige Karneval gegen die besten Objekte ge­funder Satire: Behörden, Militär, Politiker. Das macht: auch der Karneval ist als edytes Sind des Bürgertums byzantinisch ge worden. Höchstes Glüd aller Karnevalisten ist es, wenn ihre Sizungen von recht vielen Ehrengästen", am liebsten in buntem Tuch, heimgesucht werden. Offiziere sind der gesuchteste Karnevals­artikel, und jeder fleine Leutnant wird gefeiert wie der Held vieler Schlachten. Vor solchen Ehrengästen aber etwa über Zabern " und den v. Forstner au spotten das geht nicht an. Auch die Bonner Borussen ziehen alljährlich in einer der ersten Gesellschaften in vollem Wichs auf. Nimmer würden sie wiederkehren, wenn die Satire an einem Typ ihrer Sippe fich üben würde. In echte Toll­heit geraten die Narren, wenn unter den sie besuchenden Borussen ein leibhaftiger Prinz sich befindet- Hohenzollern und andere studieren ja in Bonn , dann friecht und ledt die Narrenschar um die Weite mit jedem Kriegerverein. Solcher Ehren muß sich natür­lich der Karneval würdig erweisen, und daher wird alles Offizielle des Staates und der Gesellschaft höchstens mit der tolpaischigen Gutmütigkeit des Manegeclowns glossiert.

Keine Schonung genießen dagegen große Bewegungen, über die der Stumpffinn des Bierphilifters grinst. So kehren alljährlich blödsinnige Reden von maskierten Frauenrechtlerinnen wieder. In diesem Jahre war es Rosa Luxemburg , die die Maske her­geben mußte. In früheren Jahren wurde auch August Bebel in die Butt" gestellt, wie die einem Weinpokal gleichende Redner­tribüne heißt.

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Nachdem wochenlang, vom 1. Januar an, durch farnevalistische Sizungen, durch Maskenbälle und Fluten von Alkohol die nötige Maffenstimmung erzeugt ist, brechen an den eigentlichen drei Karnevalstagen alle Dämme. Vom Sonntag über den Rosen­montag bis zum Aschermittwochmorgen ist Köln in allen Wirt­fchaften, in allen Cafés, auf Straßen und Plähen ein einziger Maskenball, der in einem Sumpf von Alkohol und sexuellen Orgien tanzt. In jedem Jahre erhebt nachher die bürgerliche Preffe ein fagenjämmerliches Predigen über die zunehmende Entartung des vaterstädtischen Festes" und sinnt auf Reformen". In solcher Stimmung ist man auf die wirklich farnevalistische Idee gekommen, durch die Schulkinder den Karneval reformieren au laffen, in­dem man wochenlang vor dem Feste in den Schulen zotenfreie Lieder übte. Selbstverständlich blieb trotzdem der Spruch in Gel­tung: Wie die Alten sungen, so awitschern auch die Jungen.

Eine Gefundung des Kölner Karnevals ist unmöglich. Er fann nur noch existieren, wenn er während seines Regiments die regu läre Vergnügungskonkurrenz der sonstigen Zeit des Jahres über­bietet. Er muß also den Gipfel der Gemeinheit erreichen, wenn er dem Vergnügungspöbel der Großstadt noch Reize bieten und auswärtigen Amüsementsmob heranloden soll.

Nach alledem wird sich niemand darüber wundern, daß unser Kölner Parteiblatt mit diesem Karneval und seinen Vertretern auf dem Kriegsfuße lebt. Mangelnder Sinn für Humor und Satire ist nicht der Grund dafür, denn die Rheinische Zeitung " gibt selbst eine närrische Karnevalsnummer heraus. Sie bekämpft das wiklos- byzantinische Geschäftskarnevalistentum, das es fertig bringt, wochenlang nahezu das ganze geistige und politische Leben der großen Stadt lahmzulegen und bis in die Kreise der Arbeiter. bewegung hinein kulturverwüstend zu wirken.

Amerikanische Reiseskizzen.

Von Philipp Scheidemann . Die Ueberfahrt.

Auf dem Vorderded geht es bewegt au. Biele Hunderte von 8wischendeckern, zumeist Italiener und Polen , drängen fich hier auf engem Raum. Das weibliche Geschlecht ist in der großen mehrheit. Die Zahl der Kinder ist ungeheuer groß. Hier und da fiben junge Mütter, ihre Säuglinge stillend. Träumerisch schauen sie in die Ferne. Wird die neue Welt gewähren, was ihnen die alte versagt hat?

Je länger ich dem bunten Treiben zuschaue, um so leichter wird es mir, die Männer und Frauen nach ihrer Herkunft mit einiger Sicherheit festzustellen. Farbenfroh scheinen sie alle zu sein, dafür sprechen die schreienden Farben ihrer mehr oder weniger phantastischen Kleidung. Zwei junge Mädchen, unverkennbar Deutsche, passen absolut nicht in das Gewühl hinein. Sie wirken scheinend unaushaltsam durcheinander wie die Steinchen im direkt störend im Rahmen dieses Bildes. Alle bewegen sich an­Staleidoskop. Soeben sah ich den Kroaten mit dem feisten Salz­hering in der Faust noch an Backbord, jezt steht er schon auf der