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Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 40.

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Gyldholm.

Donnerstag, den 26. Februar.

Eine Landarbeitergeschichte von J. Skjoldborg . Der alte Wächter, der so gut wie niemals schläft, aber auch nie ganz wach ist, bewegt sich mit seiner Laterne in dem vorgeschriebenen Kreise wie ein Himmelskörper in seiner

Bahn.

Allstündlich, wenn er mit seinem Hund die Ecke des Schweinestalls passiert, weicht ein Mensch, ein Mann, zurück in den Schuppen und zieht die Tür hinter sich zu.

Doch kaum ist der Wächter vorübergegangen, stellt die Gestalt sich wieder an denselben Platz, gleich einem Wacht­posten.

Er rührt sich nicht. Er steht immer in derselben Stellung, als wäre er aus Stein gemeißelt.

Der Wächter geht heim; die Leute, die den Stall aus misten und die Meieristen haben Licht angezündet in den Vieh­ställen und noch immer steht er unbeweglich da, das Antlig den Arbeiterhäusern zugefehrt.

Und so bleibt er stehen, bis im Morgengrauen die ersten Frauengestalten auftauchen, die von den Kätnerhäusern kommen, um auf dem Gute zu melfen. Dann friecht er halb in den Stall hinein, macht mit dem rechten Arm eine Be­wegung und beugt den Kopf vor, wie um besser die Dunkel­heit mit den Augen durchdringen zu können.

Mehrere Frauen gehen vorüber. Dann kommen zwei auf einmal. Als sie gerade vor ihm sind, faucht blößlich der Dampf aus einem Kesselrohr in roten und gelben Funken aus dem Stall hervor ein Blitz und ein Schuß fracht, der zwischen den Gyldholmer Gebäuden donnernden Wider Hall weckt.

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Man verninunt Schreie und Stöhnen.

Doch Nas Buus wirft die Flinte von sich. Er läuft in feiner ungeschlachteten Art im Galopp quer über den Dung­Haufen, durch einen engen Gang zwischen zwei Scheunen hin­durch, am Kuhstall entlang und wendet sich danach dem Eck­Hause zu, wo die Ochsen und Stiere ihren Stand haben. Dort wirft er sich in die Krippe des allerwildesten Stiers.

1914

Per spuckt in weitem Bogen aufs Feld, als befäße er etwas davon. Und seelenvergnügt sieht er aus; er hat in der Stadt Geschäfte besorgt und unterwegs mehrere Kaffeepünsche getrunken und... äh!... es ist geradezu eine Lebens­stellung, findet er, wenn man festangesessener Häusler auf Gyldholm geworden ist.

Stiefeln und trägt seinen Hochzeitsanzug Außerdem ist heute Sonntag. Per stedt in Tangen - das ist nämlich die einzige Kleidung, in der er sich außerhalb Gyldholms eigen kann. Er ist bei guter Laune, das Wetter ist herrlich und ruhiger Sonnenschein liegt über allem, über Häusern und Bäumen, die scharfumrissen und deutlich in die klare Luft ragen.

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Per gefällt sich im Hochzeitsanzug, und die Füße sind ihme so herrlich warm in den neuen Stiefeln und wie er so dahinschreitet, der langen Häuserreihe zu, in der die Gyld­Holmer Arbeiter wohnen, ist ihm, als spaziere er direkt in ein neues Zeitalter hinein.

Die Gyldholmer Arbeiterhäuser liegen dem Schlosse so nahe, daß sie von dessen Fenstern aus gesehen werden können, aber doch so weit entfernt, daß sie nicht genieren. Die ärm­lichen Wohnstätten lassen die erhabene Vornehmheit des Schlosses noch mehr hervortreten, und sie fauern in der Nähe der Einfahrt wie Hunde zu den Füßen ihres Herrn.

Schloß und Häuser liegen auf je einer Seite des weißen Zauns. Hier die stattlichen Parkanlagen mit Gesträuch und breiten Gängen, wo um die hohe Burg herum Zierlichkeit und Stille Herricht, und auf der andern Seite die niedrigen, grauen Häuschen mit kleinen durchwühlten Kartoffeläckern und dem Lärm der zahlreichen, schlecht gekleideten Kinder. Reichtum und Armut so nah beieinander, nur getrennt durch die feine, scharfe Linie, die so unbedeutend aussieht und doch so schwer zu überschreiten ist.

So wie der Kammerherr, der den Stempel seiner alten, edeln Nasse an der Stirn trägt, hoch aufgerichtet vor dent schmußigen Arbeiter steht, der die Müze in der Hand, sich vor ihm duckt, so liegt das Gyldholmer Schloß den Arbeiter­häusern gegenüber.

Per verfolgt den Fußsteig- den Fußsteig, der vom alten Dieser beriecht ihn erst und beginnt dann zu trippeln und Wirtschaftshofe zu den Häusern führt. Dieser ausgetretene zu brummen. Er sticht mit den Hörnern und stößt mit der Steig ist wie die Spur des Gefangenen in der Zelle, die Spur, Stirn an das Holzgitter, so daß die Stangen der ganzen Reihe die er unentwegt beschreitet, die von tausend Füßen getretene erzittern. Er rasselt und zerrt am eisernen Gebiß, doch ist er Spur, die Mann und Weib und Kind während ihrer Lebens­so furz angebunden zu beiden Seiten, daß er Nas nicht ordent- zeit von den Häuschen nach Gyldholm und von Gyldholm nach lich zu packen vermag, der sich soviel wie möglich duckt und aus Leibeskräften schreit.

Endlich hat das eine Horn gepackt. Doch das Zeug zer­reißt, und er entgeht dadurch dem Angriff. Dies wiederholt fich und der Stier wird rasend.

Langsam dreht er die großen schwarzen Augen. Er hebt den Kopf, und seine Raserei macht sich in einigen zischenden Kehllauten Luft. Er öffnet das Maul und streckt die Zunge lang heraus, so daß Schleint und Geifer von den Kiefern und den weitgeöffneten haarigen Rasenlöchern über das feuchte, bläulich- punktierte Maul herabsichern.

Sein hohles, tiefes Gebrumm ruft Reute herbei. Wit großer Mühe gelingt es, Ras herauszuholen.

Seine Kleidung ist zerrissen, er blutet und scheint übel zugerichtet zu sein.

Sophie dagegen hat keinen Schaden genommen; es war die andere Frau, die der Hagel traf.

Als der tägliche Arbeitstrubel des Gutes, in dem die zitternden Stöße der Dreschmaschine wie Bulsschläge wirken, in vollem Gange ist, wird Ras Buus weggefahren.

Im frostigen Herbstnebel verschwindet der Wagen. Per Holt ist ins Kirchenbuch des Fallinger Pastorats als Ehemann eingetragen. Er selbst findet, daß dies seine Stel­lung erhöht und ihm eine gewisse Würde verleiht.

Er ist jest also wirklich ein Mann.

Er hat etwas, das ihm gehört, Weib, Kind und Haus. Soeben kommt er vom Verwalter und trägt in der Innen­tasche der Joppe den Kontrakt, der auf Unterkunft und Arbeit auf drei Jahre lautet; er wohnt nun neben den andern Häuslern, hat seine eigene Tür und seine eigenen zwei Stuben, in denen er schalten und walten kann, wie es ihm be­liebt. Ja, nun ist er ein Mann

den Häuschen in den Erdboden gegraben haben, immer hin und zurück von der Arbeitsstätte zur Futterſtätte..

Die Kirchenglocken läuten über Darum, Falling und Derum, über die Wälder und Gärten und lebenden Hecken von Gyldholm.

Auf der mit Pappeln eingefaßten Landstraße strömen die Menschen gen Derum, um die Sonntagspredigt des Hochschul­vorstehers zu hören. Und dieser Strom trifft und kreuzt sich mit anderen Scharen, die von verschiedenen Seiten zu den Orte eilen, zu dem sie die alte Kirchenglocke der Ge­meinde ruft.

Die Leute von Gyldholm aber hören nur die große EB­glocke, die in einem gabelförmigen Baumstamm vor der Tür des Stellereingangs hängt.

Per Holt nähert sich auf dem Steig den Häusern mit dent Hut im Nacken, mit feuchten Lippen und strahlenden Augen, als könne er im Gefühle seines leichten Rausches und der robusten Straft seines jungen Körpers alles mit Füßen treten, übermütig und sorglos.

Die Häuschen, die alle aus zwei Wohnungen bestehen, gleichen uniformierten Soldaten und liegen in schnurgerader Linie wie eine Kompagnie Soldaten in Reih und Glied.

Aus einem Hause tritt eine Frau mit aufgefrempelten Mermeln, die etliche Stücke Kinderwäsche trägt, sie zunt Trocknen aufhängt und wieder hinein geht. Nach einer Weile wiederholt sich dasselbe vor einem anderen Hause. Dann vor einem dritten und vierten. Dann erscheint die erste wieder. und ein und aus gehen die Frauen wie leblose Figuren eines Puppentheaters.

Die ganze Häuserreihe entlang hängen Wäschestücke zunt Trocknen. Ein durchlöchertes Hemd, eine ausgefranste Bluse, über und über verstopfte Strümpfe, das ärmlichste Unterzeug