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etwas zu versuchen. Benn's met anderſicht fel, befteffe er haft eine Ein Naturforscherschicksal vor 700 Jahren.

Portion von dem chinesischen Tee auf seine Kosten. Die Feld­berger Wirtin aber antwortete, das sei ihre Sache, sie lade den Salomo, weil er der Marei immer so gut vorauswate, hiemit zu einem Vieritee ein und die Marei auch. Diese aber lehnte dankend ab. Denn sie war mehr für Spirituosen und bestellte gleich noch ein Gebranntes zu den bereits genossenen.

Als die Babett in der Küche von der Feldbergerhofwirtin gefagt befam, fie solle eine Portion Tee für den Salomo anrichten, gab es ihr einen Stupf ins Herz, ihre Beine versagten und in ihrem Kopf wirbelte es von wirren Gedanken.

Der Salomo und chinesischer Tee?! So ein Lumpazi, der ihr schon vor acht Jahren die Heirai versprochen hat und nun mit einem Antenmensch durch die Welt zicht?! Anstatt drunten im Dorf bei seinem Bürstenbindergeschäft zu bleiben und sich auf ein ehrliches anständiges Familienleben zu besinnen?!"

Der und Tee?!"

Von H. Faltenfels.

Im Jahre 1914 jährt es sich zum siebenhundertsten Male, daß Roger Bacon zu Jichester in England geboren wurde. Und wenn schon die Kirche, der er im Franziskanerorden angehörte, fein Wort der Erinnerung für ihn hat, und auch unsere sonst so jubiläumssüchtige Zeit seiner ganz vergaß, so wird doch wenigstens das werftätige Volf, aus dem er hervorging und für dessen Wohlfahrt er arbeitete und litt, ihm eine Stunde des Ge­denkens weihen, wenn es erfährt, mit welcher Genialität Roger Bacon für den Fortschritt und ein menschenwürdiges Dasein des Volkes kämpfte. Sein Wesen und Schicksal mag um so mehr interessieren, als sich darin zugleich ein erschreckendes Kulturbild spiegelt, das Licht darauf wirft, warum das Mittelalter Jahr. hunderte brauchte zu Fortschritten, wie sie sich heute in Jahr­zehnten, in manchem von Jahr zu Jahr vollziehen.

Man hat dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert vor. geworfen, sie seien die dümmsten aller Jahrhunderte" gewesen, da nicht eine nennenswerte Lebensreform, tein wesentlicher Fort­schritt, feine Erfindung von Bedeutung sich in ihnen vollzogen habe. Daß dies nicht an dem Volt" jener Tage lag, sondern an der Art seiner Regierung und Leitung, mag uns das Schicksal Roger Bacons weisen.

Es wird nie ganz zu ergründen sein, ob Rachsucht, Liebe oder ein bewußter Plan zur Erreitung des Ungetreuen aus den Fingern der Ankenmarci den Arm und die Hand Babett lenkte, als sie von dem Küchenbrett anstatt der Teebüchse eine alte Blechschachtel herab­Holte, darinnen für gewisse Fälle im Haus Sennesblätter auf bewahrt wurden. Jedenfalls langte sie mit der Sicherheit, wie sie Menschen nur in Schicksalsaugenblicken eigen ist, in die Blech schachtel, tat einen guten Griff, brühte das Ganze an, ließ es fräftiglich ziehen und schüttete den Trank von den verräterischen Er trat, nachdem er unter Entbehrungen sich aus fleinsten Ver­Blättern ab in ein schön glasiertes, mit lieblichen Blumen verhältnissen zum Studium emporgearbeitet, im Jahre 1240 in den ziertes Häflein. Dann servierte sie es dem Salomo mit pflichthafter Ge- flucht, aus religiösem Düntel oder Menschenschen, wie später, als Franziskanerorden ein. Man tat dies damals nicht aus Welt­Jassenheit. die Klöster sich im Gegensatz zur vorwärts drängenden Zeit zu Reben manchen anderen menschlichen Schwächen besaß der Horten des Stillstandes und der Lebensabkehr gestalteten, sondern Salomo die der Eitelkeit. Nichts war ihm so peinlich, als unge­bildet zu erscheinen und sich in den Gewohnheiten der Herrentüt 3 Beginn des 13. Jahrhunderts blieb einem Menschen, der sich unerfahren zeigen zu müssen. So überwand er denn seinen wissenschaftlich betätigen wollte und nicht als Herr eines Schlosseś ersten Eindruck von dem neuen Getränk, den er dahin zusammen- Nur dort fonnte man lehren und lernen. Es ist somit wahr, geboren war, nichts anderes übrig, als in einen Orden zu treten. fassen wollte, daß er schon bessere Sachen in seinem Leben genossen daß durch die Klöster die Wissenschaften aufrechterhalten und ver habe. Aber auch diese Aussprache seiner Empfindungen versagte breitet wurden. Die Stirche batte eben frühzeitig erkannt, welche er sich, tat auf den Rat der Feldbergerhofwirtin zwei Stüde Zucker mehr in jede Tasse und trank den Tee mit der lächelnden Miene Macht in ihnen liegen konnte. Darum trachtete sie von vorn­herein, Lesen, Schreiben und was sich dadurch erlangen läßt, zu des Kenners bis auf den Grund. ihrem Privileg zu machen. Dadurch konnte die Oberaufsicht über was dem firchlichen Interesse zuividerlief; auch war damit jede alles Wissen bewahrt, dieses selbst von allem gereinigt" werden, neuerung, jeder Fortschritt unterbunden, die irgendwie gegen die firchliche Weltanschaung verstießen. Das sollte Roger Bacon bald am eigenen Leibe erfahren.

Nachdem der Salomo noch einige lehrreiche Vorträge über China und die Rhinozerosse, welche dortselbst wild herumliefen, zum Besten gegeben, nachdem die Anfenmarei über ihr achtes Schnäpstein langsam eingeniet war, und der Jägernazi sich mit der genügsamen Stille des Wissenden aller weiteren Angriffe auf den Salomo enthalten und schweigsam verhalten hatte, gingen alle zeitig zu Bett, wie das in den Bergen im Winter der Brauch ist. Am anderen Morgen warf die Babett einen scheuen Blick durch den Schieber in die Wirtsstube, wo der Salomo busper und guter Dinge beim Kaffee saß. Während der Nacht hatte es noch schwer geschneit und gestürmt. Aber jetzt lag draußen die weiße Welt im Staat als ob es Sonntag wäre. Alles blizte und funtelte und zuckte und flimmerte im blanten Sonnenschein. Ein Himmel, blau wie ein Dragonerrock, stand steil über der gleißenden Welt. Weiß und blau, so sauber ist die Welt nur nach einem Winter­sturm! Aber tiefen, tiefen Schnee hatte es geworfen. Weg und Steg waren verweht. Das machte der Marei jedoch nüt. Sie hatte ihren Schneepflug bei sich. Als sie auf der Treppe des Feld­bergerhofs standen und B'hüct Gott!" wünschten, sagte sie ihrem Begleiter, wie man einem Rößlein" zuruft:

" Salomo , watt Du vorus!"

Und der Salomo watete voraus, und die Marei stieg mit Hochgerafftem Rock breit und leicht in seinen Spuren hinten nach. Wie lange das so gehen würde, das zu wissen versetzte die Babett in der Küche in einen Zustand beängstigender Aufregung. Als der Nazi, der heute hier oben Revier zu machen und deshalb im Feldbergerhof übernachtet hatte, in die Wirtsstube fam, über­nahm es die Babett, und sie bat den Jäger inständig, den beiden nachzufahren und einmal nach ihnen zu schauen. Es habe so fürchtig tief geschneit, daß ihnen wohl was passieren könnte. Der Nazi machte zuerst ein grimmiges Gesicht, strich unwirsch seinen Schnauz, jagte dann aber zu. Nach dem Morgenessen hing er die Flinte um, schnallte die Bretter an, stieg die leichte Anhöhe vor dem Feldbergerhof hinauf und schoß dann wie ein Pfeil gegen das Wiesental hinab.

Aber an diesem Tage tam er nicht mehr zum Reviergang zurück. Anstatt des Salomo, der aus unerklärlichen Gründen feiner Begleiterin alle Augenblicke zurief: Antemarei, watt Du vorus!" und mit der er aus den gleichen, unerklärlichen Gründen in einen unheilvollen Wortstreit geraten war, spurte jetzt der Jägernazi mit seinen Schneeschuhen der Ankenmarei den Weg boraus bis hinab nach Todtnau .

Nichts zog ihn so sehr an wie die Astronomie und Physik. Mit Scharfsinn erkannte er bald die Mängel, die dem Kalender, der Beitrechnung seiner Tage anhafteten. Man rechnete damals noch so wie das römische Reich nach ägyptischem Vorbild seit Julius Cäsar ( Julianischer Kalender) und hatte damit die Länge des Jahres nicht mit astronomischer Richtigkeit erfaßt. Bacon setzte in einer Abhandlung auseinander, daß nach dieser Zeitrechnung je 129 Jahre um einen Tag zu groß sind( so daß schon zu seiner Zeit der Frühlingsbeginn auf den 13. März statt auf den 21. März fiel) und legte einen verbesserten Kalender vor. Aber niemand hörte auf ihn. Erst fast 250 Jahre später, als die Widersprüche der Zeitrechnung zu auffällig waren, führte man seinen Kalender ein und ließ damals in der Nacht des 4. Oftober 1582 zehn Tage ausfallen, so daß die Menschen aus jener Nacht am 15. Oftober aufivachten. Nur wurde die große Reform nicht an Bacons Namen, sondern an den des Papstes Gregors XIII. gefnüpft, ob­wohl auch nicht der, sondern der Italiener Luigi Lilio den noch heute gültigen Gregorianischen Kalender " ausrechnete.

Roger Bacon arbeitete in seiner einsamen Zelle zu Oxford weiter. Er erfand die Vergrößerungsgiäser. Eine neue Welt hat sich dadurch dem Menschen eröffnet und die zahllosen Fort­schritte der Biologie, namentlich die Bakteriologie, die Kenntnis der Pflanzenkrankheiten und die gesamte heutige Medizin wären undentvar ohne Mikroskope. Drei Jahrhunderte früher hätten diese Fortschritte ihren Segen spenden können, wenn man Roger Bacor seinem Verdienst nach gewürdigt hätte. So aber erfanden erst am Ende des 16. Jahrhunderts die Holländer neuerdings das Vergrößerungsglas, das seitdem in Gebrauch blieb. Nur die Brille fennt man feit Bacons Zeiten und wenn auch ihr Erfinder un­befannt geblieben ist, so mag vielleicht dieses Zusammentreffent nicht zufällig sein.

Bacon war der erste, der im Mittelalter den Regenbogen wissenschaftlich als Lichibrechung erklärte. Und seine Kloster­genossen, Oxford , England, die Kulturwelt, alle, die bisher gleich­gültig und unverständig seinem Genie gegenüberstanden, scheinen badurch zuerst aus ihrer Ruhe criwacht zu sein. Warum? Die Pibel war der Regenbogen nicht physikalisch sondern göttlich" er= flärt. Und nun begann man auf die tenflischen" Künste des offenbar gefährlichen Mannes zu achten. Als doctor mirabilis", als der wunderbare Lehrer", war er längst verschrien, nun wit­terten die Dunkelmänner Morgenluft. Man schritt gegen den Modernismus ein und ging nicht mit halben Maßregeln vor. Als erste Maßregel traf ihn das Verbot seines Ordens, seine teuf­lischen Künste niederzuschreiben. Bacon aber war ein mutiger und aufrechter Mann. Auch er begnügte sich nicht mit halben Ge­

Mit der Freundschaft war es nach diesem Gang zwischen der Regenbogenerklärung ging eben gegen die Religion". In der Antenmarei und dem Salomo aus für immer. Sie hat nie er­fahren, wer diese Zwietracht zwischen sie gesat. Nach einem halben Jahr waren der Salomo und die Babett einerseits und der Jägernazi und die Anfenmarei andererseits zwei in aller Ordnung getraute Ehepaare. Und jetzt noch frägt die Babett den Salomo, wenn er auf Abwege geraten will:

Solli Dir öppe( etwas) Tee anbrühe?"