-

187

Er schien mich jedoch mißzuberstehen. Denn er rüdte ganz Das Schema, nach dem verjahren wird, ist folgendes: der mahe an mich heran und flüsterte mir fast in die Ohren: Geistliche kommt zu der verurteilten Berson und befragt sie zunächst

-

" Im Vertrauen gesagt: Die Truppe kostet mich keinen Pfennig. um ihre Sünden( in irdischer Beziehung), dann seht er ihr aus­Für ihr Spiel sammelt sie. Die Mädchen was werden die einander, daß sie mit diesen ihren Taten auch gegen die göttlichen friegen? Koſt und Schlafen und vielleicht zehn Franken im Verbote verstoßen habe und beginnt zu befen. Zwanzig Drud Monat. Das Abendessen freilich geb' ich. Aber das und noch mehr seiten, dreißig Druckseiten werden in den Berichten mit Säßen ge tommt wieder ein. Sehen Sie, wenn die Mädchen zu einemt füllt, die man nicht lesen mag, weil sie in langweiliger Wieder Drink eingeladen werden, dürfen sie nur Knickebeins bestellen- holung göttliche Namen, Bibelfloskeln und Psalmenbruchstücke ent­das Gläschen ein Frank. Von jedem Gläschen hat die Direktorin halten. Manchmal sind die herzigkindlichen Antworten und Fragen thre fünfundzwanzig Centimes, und das andere ist mein. Und die des Opfers mit angegeben.

Frau Haggelmeyer sieht darauf, daß ihre Damen eingeladen Aber das ist ja alles nicht wahr: denn die armen Dienstmädchen, werden. Unter zehn Gläschen darf ihr keine kommen. Aber sie die ihre Kinder in die Mülleimer steckten, und die Mörder, die nach trinken mehr. Dort die Große rechts auf dem Podium bringt unseren Rechtsbegriffen wohl meist Totschläger waren, werden in es Abend für Abend auf ihre zwanzig und fünfundzwanzig Knide- den letzten zehn Tagen kaum noch gewußt haben, was sie vor Angst beins." brabbelten. Oder sie mögen zhnisch und kalt geblieben sein bis zuletzt. Aber das ist in dem Buch nicht vermerkt. Alle sind als arme, aber von Jesu begnadigte Sünder in die selige Ewigkeit übergegangen. Amen.

Ich wurde allmählich wütend und sagte grimmig: Ein feines Beschäft!"

Der Wirt faßte auch das wieder falsch auf. Er lachte, als wenn ich ihm ein Lob gespendet hätte. Als er antworten wollte, erhob sich an einem Tisch ein furchtbarer Lärm. Ein Gast schrie Bornig die Kellnerin an:

" Sie sind wohl verrückt!? Bläschen Schnaps!"

Einen Franken für so ein

-

Aber der Wirt war schon da und die Frau Direktor mit ihm. Er brüllte den Gast an:

" Wenn Sie nicht gewohnt sind in einer anständigen deutschen Wirtschaft zu verkehren, dann gehen Sie in eine Spelunke. Hier find reelle Preise, und die haben Sie zu bezahlen. Verstanden!" Die Frau Direktorin aber pipste:

Was uns fesselt, ist also nicht der endlose Monolog des Geist­lichen mit einem, der schon nicht mehr zuhörte, weil er längst etwas Schlimmeres war als nur tot. Uns interessiert: was haben sie ge­tan? Wie sind sie gestorben?

Folgen wir den Berichten, so müssen die Verbrechen sehr un interessant gewesen sein. Mörder, Kindermörderinnen, Deserteure. Die Darstellung beschränkt sich darauf, kurz und attenmäßig an zugeben, was die Leute verbrochen hatten.

Aber wie starben sie? Je nachdem man sie hinrichtete. Einer, welcher sich in Potsdam vor dem berlinischen Thore wider GCit auf eine mehr als Sodomitische Art versündiget hatte, und deß­" Sie wollen ein Tschentlermän sind und schämen sich nicht, der wegen gefänglich eingezogen war, auch nach Urteil und Recht Dame ihren Schnaps nicht zu bezahlen! Laden Sie feine Dame lebendig verbrannt werden sollte", bewies bis zuletzt eine Ruhe, nicht ein, wenn Sie fein Kavalier sind und kein Geld nicht haben." die man nur begreift, wenn man die Verlogenheit derartiger Be­Hier sind fünfundzwanzig Centimes, damit ist der Fusel mehr richte kennt. Dieser herzlich und rechtschaffen bekehrte Andreas als genug bezahlt." schrie der Gast und warf ein Geldstück auf den Lepsch, so um viehischer Unzucht willen das Leben lassen" mußte, Tisch hat angeblich überhaupt kein Zeichen der Furcht von sich gegeben. " Sie zahlen," erklärte der Wirt und griff nach dem Hute des" Als wir nun zuletzt mit ihm an der Gerichts- Stätte gebetet hatten, Gastes. Der aber gab ihm einen Stoß, daß er an das Büfett flog, und der Scharffrichter ihn mit gebundenen Händen zum Scheiter­brückte die Frau Direktor auf einen Stuhl und schob die Kellnerin Hauffen führen wollte, fragte ich ihn: Wie ist Euch? Antw. Recht sur Seite, worauf er das Lokal verließ. Der Wirt rappelte sich wohl! Fr. Wo werdet Ihr nun hingehen? zum Leben oder zum wieder empor und höchster Entrüstung voll fam er zu mir: Tode? Antw. Ich gehe zum Leben, denn Jesus Christus ist in mir. " Ist das nun nicht eine Roheit!? Und das nennt sich Lands- Als er nun an den Pfahl angebunden war, fragte ich ihn zu aller­mann! Da opfert man sich auf für die deutsche Sache und legt: Andreas, wie ist Euch? Antw. Recht sehr wohl! Fr. Wer hat so wird es einem gemacht!" eiferte er erregt. Euer Herz? Antw. Mein Herz ist bey dem HErrn JEsu . Darauf Währenddem trat die Kellnerin an meinen Tisch, um mein war der Scheiterhauffen angezündet, und dise begnadigte Seele Blas frisch zu füllen. Da schrie sie der Wirt an: ging zu Christo ihrem Erlöser." Das war der Pastor Schubert und der Sodomit Lepsch, und man soll sie niemals auf eine Stufe stellen.

-

Sie sind doch eine zu dumme Gans! Sehen Sie nur zu, wie Sie zu Ihrem Geld kommen. Ich will unter Ihrer Dämlichkeit nicht zu Schaden kommen."

Nach dieser Herzenserleichterung wollte er sich wieder mir sutvenden. Ich hatte aber genug, stand auf und griff nach meinem

But.

Was, Sie werden doch nicht schon gehen wollen?" fragte er mich erstaunt. Dann beugte er sich an mein Ohr und flüsterte mit einem Blick nach dem Podium:

Bleiben Sie doch hier. Mit der Kleinen dort oben deichsele Ich die Sache schon."

Am liebsten hätte ich ihm ja eine in das fette Gesicht ge­flatscht. Aber ich mäßigte mich und sagte nur: Sie find ein Lump!"

"

-

Aber er war gar nicht beleidigt. Sehr von oben herab meinte er: Sie kennen mich doch nicht-- China gewesen China gewesen Verdienst, Ichnalle Bei mir verkehren ganz andere Leute als Sie und find froh, wenn ich ihnen ein bißchen Kalbfleisch verschaff. Für Sie steh' ich als' n ehrlicher Deutscher noch zu hoch."

-

Da lachte ich laut auf und sagte im Hinausgehen: Na, dann nehm' ich den Lump" zurüd- Sie guter Patriot!" Sepp Derter.

32

Wie sie starben.

Von Kurt Tucholsky .

"

Das dice fleine Buch, um das es sich hier handelt, ist 1753 det Gottlieb Friderich Jenisch in Stuttgart , Frandfurt und Leipzig 1763 erschienen und hat einen Titel, der sich, wie es in jener Zeit fblich war, über die gange Seite erstreckt. Man erfährt aus ihm, daß in den folgenden 900 Seiten die Seeligen lebten Stunden von 31 Personen" geschildert sind, so unter des Scharfrichters Hand gestorben: Vor der Welt, als Kindes- und andere Mörder, Duellanten, Jauner, Diebe, Mordbrener, Viehisch- Unzüchtige, und Militar- Verbrechere; vor GOtt aber, als in dem Blute JEsu gerechtfertigt und abgewaschene, oder doch gnadenhungrige Seelen." Geschrieben haben es die jeweiligen Seelsorger, die um die Berurteilten zuletzt bemüht waren. Wenn Ludwig Thoma einmal gefragt hat, wie solch ein Mann es fertig bringe, die Mordtat des Staates mit den Lehren seiner Religion in Einklang zu bringen hier würde er, wenn auch keine Antwort, so doch eine grauen­erregende Demonstration finden.

-

Und es war am 18. September 1738, da der Soldat Christian

Friedrich Nitter nach seiner Befehrung ein herrliches Ende nahm, maßen man ihn von unten auf räderte. Seine Arme und Füße streďte er selbst aus. Die Augen aber tat er zu, ohne Zweiffer barum, damit er sein nach der Seligkeit recht brennendes Herz desto besser für allen Zerstreuungen bewahren möchte. Der Scharff­richter meynete er thäte solches aus Furcht, und sagte daher zu ihm, er solle sich nicht fürchten, und seine Augen nur aufthun, der fel. Ritter schlug dann seine Augen ganz frölich auf, und sprach zum Scharffrichter: O ja! ich darf meine Augen wohl aufthun: Denn ich sterbe in JEsus Nahmen. Dises waren seine letzten zugleich zu singen anfieng: Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide Worte. Darauf gieng sofort die Exekution an, mit welcher man nicht usw. Er empfieng etwan 17. biß 18. Stöße mit dem Rade und gab hiermit seinen Geist auf." Man denkt an Goha und alle Schrecken der Welt. Es ist sicher nicht Hohn, das mit den geschlosse nen Augen. Der Pfaffe mag immerhin geglaubt haben, daß der Mensch nicht ohnmächtig war, sondern der Beithrung bedurfte. Aber daß sie ein schönes Lied sangen, das war Berechnung: denn das gräßliche Brüllen mochte wohl im Gegensatz zu den öligen Worten der Priester gestanden haben.

Rührend ist der Soldat Blühdorn gewesen. Dem zerstießen fie auf dem Rad erst Arme und Beine, was er gedultig" über sich ergehen ließ und ohne ungedultiges Schreyen". Dann wurde er, noch lebend, aufs Rad gelegt. Dann ein unglaubliches Bild: Die Herren Prediger traten wechselweise zu ihm hinauf auf eine Leiter mit ihm zu beten usw. und das Rad mußte ihnen da gleichsam zur Canzel dienen, indem sie auch das Vold zu einer gründlichen Buße und rechtschaffenen Befehrung ernstlich ermahneten. Der arme Sünder betete noch immer mit lauter Stimme und sang darzwischen, da ihm bißiveilen von dem Prediger das Gesangbuch vorgehalten wurde, und man fahe, wie er sich darzu bequemte. indem er den Kopf in der Höhe zu halten mit dem zerbrochenen Arm bemühet war." Dann marschierten seine Kameraden ab und am Abend gab noch einmal der Garnisonprediger eine Freivor­stellung am Rad. Er betete ständig. Einmal brüllte Blühdorn um Wasser. Der Pfaffe verwies ihn auf den dürstenden Heiland. Schließlich sehte man durch ein Läufer wurde an den König geschickt- daß er erwürgt wurde. Er hat 17 Stunden auf dem Nad gelegen. Der Prediger Grothausen, so beh des Malificanten Ende gewesen", hat es uns selbst berichtet.

Der Rührendste von allen aber ist der Obrist Wartmann ge wesen, der im Schwäbischen ho 1721 hingerichtet wurde, weil er seinen Wirt, den Herrn Billardt 1 on Behlstein, mit der Pistole