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219 Nur Teine Angst, daß er mich reinlegt! Nein, das bringt er nicht fertig!"
Und sie rollten sich beide in ihre Decken und streckten sich auf das schmale Lager aus Baumzweigen.
des Waldes.
Der Camelot.
Eine Pariser Straßenstudie von Franz Farga- Paris .
leber den Pariser Camelot ist schon unzählige Male geschrieben worden, aber man hat über ihn stets Neues und Interessantes zu berichten. Er bildet in der Tat die bizarrsie Gruppe unter der
Draußen heulten die Hunde, bald einzeln, bald alle zusammen, und das Echo ihrer Stimmen erstarb nach und nach im Schweigen Einen Moment Horchten sie und nahmen dann ihr Gebell Parifer Lazzaronis, und feineswegs die unsympathischste; denn daß wieder auf.
Lautlos floß die Flut des Sees dahin. Für Augenblicke brach sie sich mit ersticktem Murmeln an den Kiesblöcken und vereinte dann wieder ihre Strudel. Hinter dem Fort zeichneten sich trübselige, einsame Inselchen nur in dunklen, verschwommenen Im riffen ab.
Als die Morgenröte den Osten blaßgrün und rosig färbte, erwachte der Posten. Nach dem Frühstüc tehrte Sebat ins Magazin aurüd. Gebt mir zwanzig Pfund Mehl, drei Pfund Tee, drei Pfund Schweinefleisch und ein Pfund Salz!"
Der Gehilfe wog jede Ware und trug den Betrag in sein großes Buch ein.
Sebat Duval, vier Dollar zwölf Cent."
Er sprach die Worte in apathischem, gelangweiltem Tone. Was? Wieviel?"
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" Das sind unsere Preise. Es steht Euch frei, ob Ihr die Ware nehmen wollt oder nicht."
Der herfulische Trapper machte eine Gebärde, als wolle er die Sachen zurückstoßen, doch er überlegte, nahm die Pakete und brummte:
„ Nimm Dich nur in acht, Vögelchen! Ich bin lein Indianer, der am Hungertuche nagt!"
Allein der Gehilfe achtete nicht auf die Bemerkung, und Sebat ging wieder zu Michel.
" Ich gehe heute los zum Churchileil River!" sagte er, indem er fein ganzes Gepäd in ein einziges Bündel band. " Warum denn?"
Sebat heftete den Blick auf die Landstraße.
Da gibt es eine Menge Pelze. Vielleicht sind sie für mich da! Ah, dann gibt es viel Geld, und ich reise in die Heimat zu Aennchen
und den Kleinen!"
Nun, dann auf Wiedersehen!" sagte Michel zu Sebat. Der Packer ging ganz gebückt unter dem Palet, das seine Art, feine Jagdschuhe und Schlingen enthielt. Von fern winkte er noch einmal grüßend und verschwand dann im Tannenforst, der sich am See hinzog.
Alle zivci Stunden machte er Rast, indem er seine Bürde gegen einen Baum stützte oder sie zur Erde gleiten ließ. Dann rauchte er, während er die Augen forschend auf den Wald heftete und alles ausspähte. Er entdeckte schließlich die Fährte eines Bären. Die Spuren waren sehr deutlich, doch weit auseinandergespreizt.
Er sucht eine Zuflucht für den Winter."
Ein wenig weiter auf einer Anhöhe freuzte er die Fährte eines Elentieres, das zum Fluß hinabgestiegen ivar. Er folgte dieser Spur bis an den Wasserlauf, in dem eine Furt es ihm ermöglichte, and andere Ufer zu geben.
„ Das Elentier fennt die günstige Stelle!" knurrte er, bis an die Knie im Wasser watend.
Am nächsten Tage erreichte er den Ort am Churchill River , an dem er kampieren wollte, und schaffte sich schnell ein Obdach.
Die folgenden Wochen gingen dahin, indem er die Fallen ftellte und die gefallenen Tiere zusammenholte, die jedoch nicht reichlich waren, denn das Glück war ihm nicht hold. Und dann auch hatte er weder Patronen noch Lebensmittel mehr. Er kehrte also zum Fort zurück. Michel war zum Trappern ausgezogen. Die meisten Indianer gleichfalls, mit Ausnahme von einigen gebrechlichen Alten und Squaws( Weibern), die Mokassins nähten und Schneeschuhe herftellten.
Er trug feine Belze auf die Faktorei: zwölf Biber, sieben Zobel, drei rote Füchse, einen Nerz und achtzehn Bisamratten.
Achtzehn Dollar!" erklärte Murcheeson barsch, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Felle geworfen.
" Nein, zum Donnerietter!" rief Sebat aus. Fünfundvierzig Dollar verlange ich!"
Der Schotte betrachtete ihn neugierig.
Ihr seid wohl verrückt, lieber Wann!" sagte er phlegmatisch. " Ich verrückt...? Vielleicht möglich, doch unter feinen Um ständen bekommt Ihr die Felle billiger, als ich sagte." " Dann padt sie zusammen und geht Eure Wege!" " Ich muß aber doch leben!"
" Ach so! Ihr braucht dies und braucht das, und schließlich alles umsonst. Schert Euch hinaus, sage ich Euch!"
Ilm sich bezahlt zu machen, behielt Murcheeson drei Biber und den Merz, die besten von allen.
„ Das ist für das, was ihr Euch bereits aus dem Magazin holtet!"
,, Donnerwetter! Da unten friegt man aber..." " Ich schere mich den Teufel darum, was man da unten friegt. Hier seid Ihr bei mir, und es bleibt dabei, was ich gejagt habe. Werstanden?"
Sebat raffte die übrigen Felle zusammen und zog ab.
( Schluß folgt.)
man unter ihnen allerlei Verbrecher, angehende Langsinger und Einbrecher findet, gehört zu den größten Seltenheiten. Der Camelot ist vor allem eindebrouillard", listig, behend, mundfertig, aber im Grunde ehrlich und genügsamt. Er lebt allerdings meist von der Hand in den Mund, aber dafür ist sein Anlagekapital das denkbar bescheidenste, denn es genügen ihm als morgendlicher Fonds einige Sous, damit er des Abends, sofern er einigermaßen von Glück be günstigt war, fünf bis sechs Frank als Gewinn überzählen kann. Man würde es auf den ersten Blick nicht glauben, daß die Camelots eine impofante Armee repräsentieren. Nach dem Ausweis der Polizeipräfektur beträgt die Zahl der angemeldeten papelards" nicht weniger denn 180 000, obwohl die Zahl sich auf mehrere Jahre verteilt; dies wird dem fremden Touristen erklären, warum ihm, wenn er sich auf einer Caféterrasse häuslich niederläßt, jeden Augenblic irgend eine Spezies dieser Großstadttrapper unter die Augen kommt. Diese Camelois haben ihre eigenen Geseze, ihre Sitten, ihre Hierarchie. Den untersten Nang nehmen die ,, papelards" ein, hierauf folgt der goualeur", der„ chineur", der postijateur" und endlich der eigentliche„, camelot".
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Der befannteste ist natürlich der„ papelard", der auch den Ohren seiner Nächsten am meisten lästig fält, da er sich dem Einzelverschleiß von„ bedrucktem Papier" widmet. Falls nicht bei wichtigen Ereig nissen die Morgenblätter noch vormittags irgend eine Extraausgabe veranstalten, beginnt die Tätigkeit des„ papelard" gegen mittag, tvenn das Herzlich uninteressante Sousblatt banken ist. Uut drei Uhr nachmittags kommt die„ Patrie" an die " Paris Midi" erscheint, dessen Absatz lediglich den Camelots zu Reihe, um fünf Uhr Paris Sport" und" Liberté", um sechs Uhr endlich Presse" und" Intransigeant". Wer sich an die blutvolle Schilderung des Wunderhofes" in Victor Hugos „ Notre Dame " Typen täglich in der Rue du Croissant versammelt sehen. Wie schon erinnert, fann etwas Aehnliches an verwahrlosten, abschreckenden gefagt, ist hier das mindeste Anlagefapital zwei Sons; dafür ersteht der papelard fünf Exemplare, fegt sie im Handumdrehen ab und kommt der Blätter einzutauschen, welches Manöver er im Laufe des Nachim Galopp zurüd, um für seine fünf Sous nunmehr ein Duzend mittags noch einigemal wiederholt, so daß er sich an die Abendblätter bis gegen ein Uhr nachts an den Türen der Kabarets, Theater usw. bereits mit einem größeren Kapital wagen kann, worauf er dann haufiert. Natürlich gibt es auch begüterte papelards, bie fogleich einhundert Exemplare laufen, hierauf in gestredtem Galopp oder auf irgend einem rostigen Zweirad in die entlegenen Quartiere sausen, wo die Konkurrenz minder groß ist. Aber auch im Zentrum von Paris und besonders auf den großen Boulevards fann man die Papelards stets in feuchendem Lauf vorbeistürmen sehen, und wer sicherlich heute noch die wütenden Schreie im Ohr wider, von denen die Tage des Steinheil- Prozesses hier miterlebt hat, dem gellen einem Abend der Intransigeant" allein sieben Ertraausgaben verdamals diese„ Goldene Woche" erfüllt war, da beispielsweise an
anstaltete!
Wenu es bei dem papelard mit dem Gehwert etwas hapert, so wirft er sich auf den Verkauf der aktuellen Chansons, Ansichtskarten und„ canards ". Unter dem legteren Namen versteht man verfchiedenartige Flugblätter, die meist irgend einen großen Tagesstandal ausbeuten oder von den diversen politischen Parteien zu ver stedten Angriffen gegen unbequeme Gegner benutzt werden. Wenn auf irgend einem Gebiet, so betreibt hier die absolute Pressefreiheit die sonderlichsten, meist recht übel duftenden Blüten. Unsaubere Konkurrenzmanöver find hier an der Tagesordnung, und der bezeich nendste Fall ereignete sich im Vorjahre, wo eines Nachmittags voit einem Heer eigens dazu angeworbener Camelots eine Stofotten zeitung" ausgeboten wurde, die auf den Boulevards reißenden Absatz fand. Die bedeutendsten Pariser Blätter, wie Figaro", Gaulois"," Temps" u. a. gingen in die Falle und protestierten ant nächsten Tage ungestüm gegen eine derart unanständige Publikation, gegen die sie den Staatsanwalt anriefen. Aber nun fam der Theatercoup: ein eigens zu diesem Zwed ausgegebenes Flugblatt wies nach, daß sämtliche Beiträge der Kokottenzeitung" dem be deutendsten unter den Pariser Sousblättern, dem Journal", ent nommen waren und einzelne Abschnitte und Zitate aus Novellen enthielten, die dort in den letzten Monaten veröffentlicht worden waren. Die Entrüstung war so groß, daß gegen zwei Hauspoeten des Journal", Paul Margueritte und Charles Henry Hirsch , wegen Berlegung der öffentlichen Sicherheit die Anklage erhoben wurde, die aber schließlich resultatlos verlief, weil sich herausstellte, daß diefer angebliche Skandal von dem Konkurrenzblatt des Journal" inszeniert worden war.
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Der„ goualeur" befaßt sich mit dem Vertrieb der ,, complaintes" das heißt: Gelegenheitsgedichten, Dden, Grabgefängen und Fest liedern auf populäre Pariser Persönlichkeiten. Es ist dies eine ganz spezielle Art von Poesie, das Monopol naiver Vorstadtbarden, die in buntem Wechsel den Tod eines Künstlers, den Sturz eines Ministers, den Helden eines Sensationsprozesses besingen. Nach Rocheforts Tode verkauft man z. B. auf den Boulevards das„ Testament du