-
232
-
So kann man berfolgen, foie sich bei den Naturvölfern aus habe eine Reihe von Druck oder Tastempfindungen. Ich fühle sehr einfachen und naheliegenden Gedankengängen die Seelen- die Oberfläche des Körpers an und habe eine Wärmeempfindung Lehre entwickelt, und wenn wir so sehen, wie die Leute dazu und so fort. Kurz und gut, nach welchen Richtungen ich auch kommen, sich die Spaltung des menschlichen Wesens vorzustellen, den Körper analysieren mag, ich finde immer nur Empfindungen. so ist es durchaus verständlich, daß auch dem modernen Kultur- Ich kann von einem Körper, welcher Art er auch sei, überhaupt menschen diese Deduktionen ganz plausibel erscheinen. Denken gar nichts anderes erkennen, als immer nur Empfindungen. Eine wir uns, ein Verwandter, die Mutter, der Vater, der eben noch bestimmte Summe von Empfindungen in ihrer charakteristischen mit feinen Angehörigen zusammensaß, stirbt. Da muß sich ja Vereinigung und Anordnung ist es, die das ausmacht, was ich der Gedanke dem naiven Verstand förmlich aufdrängen, daß das, Mensch nenne, und das gilt nicht bloß von meinem Körper oder was in ihm lebte und sich bewegte, was in ihm dachte und aus dem Körper eines anderen Menschen, das gilt entsprechend von ihm sprach, daß das nun heraus ist. Und das muß selbstver- jedem Körper, das gilt von jedem Tier, von jeder Pflanze, von ständlich etwas sein, was nicht sichtbar ist, was unbemerkt in die jedem Stein. Wenn ich die ganze Körperwelt analysiere, so finde Luft hinausschwebt und nicht mehr verfolgt werden kann, eben ich immer nur dieselben Bestandteile, wie in meiner eigenen etwas Geistiges, die Seele. Psyche. Wo bleibi da der Dualismus? Es sind immer nur Empfindungen, immer nur Dinge von einer Art. Hier haben wir eine Einheitlichkeit und keinen Dualismus.
Kleines Feuilleton.
Es ist interessant, daß in den Vorstellungskreisen der Naturvölker nicht bloß eine solche dualistische Spaltung des mensch lichen Wesens zu finden ist, sondern daß bei einzelnen Stämmen sogar eine dreifache Spaltung vorkommt. So haben die Buni- Indianer in der Pueblo- Region Nordamerikas die Vorstellung, daß der Mensch zwei Seelen habe, eine rote und eine weiße. Die rote Seele ist das Blut. Bei einer schweren Verwundung fließt das Blut aus dem Körper heraus: die rote Seele, das Leben verläßt den Körper, der Mensch stirbt. Das andere aufzählen will, die sich durch Perlen unfreiwilligen Humors aus Musen und Grazien in der Mark". Wenn jemand Dichter ist die weiße Seele, der Atem, der Hauch, der häufig als weißes gezeichnet haben, so vergißt er dabei sicherlich nicht, neben dem Wölkchen vor dem Munde des Menschen sichtbar wird, solange Namen der Friederile Kempner, der berühmten schlesischen Nachtigall". er lebt, der immerfort zu entweichen strebt und doch von den den des märkischen Sängers Friedrich Wilhelm August Schmidi Lungen immer wieder zurückgesogen wird. Die weiße Seele ent- von Werneuchen anzuführen, deffen Geburtstag am 23. März flieht beim Tode ebenfalls. So unterscheiden die Zuni- Indianer zum 150. Male wiederkehrte. Oft genug werden noch heute zum den Körper, das Leben und die Seele. Wir brauchen aber gar Lobe eines faftigen Schweinebratens die folgenden Verse dieses nicht bis zu den Eingeborenen Amerikas zu gehen. Fast genau Dichters zitiert: dieselbe Vorstellung hat man versucht, sogar in die moderne Naturwissenschaft hinüberzuretten. Hier haben es einzelne Forscher unternommen, durch den Vitalismus( Lehre von einer besonderen Lebenskraft) und Neovitalismus diese dreifache Spaltung wieder populär zu machen, indem sie zum Körper und Geist noch eine besondere Lebenskraft fügten. Das ist im letzten Grunde der selbe Gedanke, wie in der Lehre der Zuni- Indianer und steht etwa auf gleicher Höhe wissenschaftlicher Kritif.
Fragen wir uns aber endlich, sind denn alle diese Seelenvorstellungen, wie sie sich die Naturvölker zurechtgelegt haben, für uns noch heute begründet? Besitzen sie noch Berechtigung vom Standpunkt unseres wissenschaftlichen Denkens aus? Wenn wir uns einmal flarmachen, was uns heute eigentlich noch veranlaßt, das Wesen des Menschen in diese Dualität von Leib und Seele zu spalten, so finden wir, es sind die Beobachtungen an uns selbst. Die eigene Selbstbeobachtung des einzelnen und das Vergleichen derselben mit den Beobachtungen an anderen Menschen. Durch Beobachtung an sich selbst macht jeder eine Summe von Wahrnehmungen, die in ihrer Gesamtheit sein Ich" bilden. Durch Beobachtung anderer Individuen stellt er fest, daß noch mehr der artige Schs" existieren, aber er überzeugt sich zugleich, daß er an diesen anderen Individuen nur einen Teil der Wahrnehmungen macht, die sein eigenes Jch" zusammensetzen, ein anderer Teil von Wahrnehmungen, die er von sich selbst kennt, läßt sich niemals an anderen Menschen beobachten. So kann er niemals die Empfindung oder die Vorstellung einer Blume, die ein anderer hat, an ihm sehen und doch zwingt ihm ein Analogieschluß, bei dem anderen ebensolche Empfindungen, Vorstellungen, Gedanken anzunehmen, wie er sie selbst unter den gleichen Bedingungen hat. Ja der andere sagt ihm direkt, daß auch er empfindet und denkt und fühlt wie er selbst.
So liegt der Schluß sehr nahe, daß das menschliche Wesen aus zwei fundamental voneinander verschiedenen Seiten besteht, aus dem auch bei anderen Menschen sinnlich wahrnehmbaren Leib und der nicht bei ihnen sinnlich wahrnehmbaren Seele, die wie ein unsichtbarer Mieter während des Lebens im Leibe wohnt und ihn im Tode verläßt. Das ist der Weg, auf dem heute der moderne Mensch sich immer und immer wieder zu überzeugen glaubt, daß in der Tat eine solche Spaltung des menschlichen Wesens besteht, und die Tatsachen des Schlafes und Todes, die einft auch den prähistorischen Menschen zur Trennung von Seele und Reib geführt haben, scheinen ihn in seinem Glauben auch heute noch zu bestärken, denn die Seele verschwindet beim Schlaf und beim Tode, der Körper allein bleibt zurück.
„ Schweinebraten, ach nach dir, nach euch, gebackene Pflaumen, Sehnt sich die Braut schon längst! ihr glänzen beide Daumen!" Kalmusteichen". Doch nicht diese und andre ebenso schöne Verse Nicht minder anmutig ist der Vers:„ Die Frösche laichen In haben den einstigen Pfarrer von Werneuchen unsterblich gemacht. wenn er noch in der deutschen Literaturgeschichte weiterleben wird, so hat er dies in erster Linie Goethe zu verdanken, der ihn in seinem bekannten Gedichte Musen und Grazien in der Mark" etwas un sanft angefaßt hat. Goethe nennt zwar nicht den Namen des Sängers; es unterliegt aber nicht dem geringsten Zweifel, daß er einzig und allein unseren Schmidt von Werneuchen meint. Das be weist schon die Ueberschrift seines Gedichtes; zwei Gedichtsammlungen Schmidis betiteln sich:„ Kalender der Musen und Grazien" und Almanach der Mufen und Grazien".
"
-
-
Dwie freut es mich, mein Liebchen, bist, Daß du so natürlich dem M...!" spottet Goethe im Sinne und Geist des Dichters Unfre Mädchen, unsre Bübchen, Spielen fünftig auf vom märkischen Sande, und wer sich der Mühe unterzieht, eine An zahl der Gedichte Schmidts durchzulefen, der wird finden, daß Goethe deren Ton gar nicht übel getroffen hat. Besonders schaurig find die Balladen dieses Sängers. Eine von ihnen, die Spul ballade Graf Königsmart und sein Verwalter" hebt folgender maßen an:
"
-
Gut, wohin er gern entfloh- Der höfifchen Kabale „ Graf Königsmart hatt' irgendwo- Ju Sachfen an der Saale - Ein dort beforgt ein treuer- Verständiger und frommer Meier". Diese Die Wirtschaft Probe genügt wohl, um die Art und Weise zu kennzeichnen, in der unser Schmidt von Werneuchen herumgedichtet hat. Und trotzdem hat sich ein Dichter gefunden, der gegenüber der durch Goethe unternommenen sucht hat. Es handelt sich um Theodor Fontane , der im vierten Verspottung Schmidts eine Rettung des märkischen Sängers ver Bande feiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg" unserem Schmidt von Werneuchen eine liebevolle und feinsinnige Studie gewidmet hat. Fontane hat sich die Mühe nicht verdrießen lassen, den Haufen von Spreu auf das sorgfältigste nach Weizenkörnern zu durch suchen, und man muß beim Lesen der zahlreichen von ihm an geführten Proben zugeben, daß solche Verse nur einem Mann ge lingen konnten, der das Zeug zum echten Dichter hatte. So etiva die wundervolle Stelle:
-
-
-
-
Regen die Blätter vom Schlehdorn wusch, „ Es saufte der Herbstwind durch Felder und Busch, Der Schwalben von dannen. Es flohen die Es zogen die Störche weit über das Meer, Da ward es im Lande öd und leer Fragen wir uns aber, ist das richtig, besteht wirklich Tage begannen." Und die traurigen eine solche Dualität? Analysieren wir zunächst unser Troy all der schönen und liebenswürdigen Züge, die Fontane eigenes Seelenleben, das wir subjektiv in uns beobachten, so fin- in dem Wesen des märkische Dichters entdeckt hat, muß man aber den wir da Empfindungen, Vorstellungen, Gedanken, Komplege sagen, daß gerade dieser Peurteiler in dem Falle, in dem es sich von Gedanken, Gefühle. Das sind die Inhaltsbestandteile unseres um den Verherrlicher seiner ihm selbst auf das festeste ans Herz Seelenlebens. Es sind die uns aus eigener Erfahrung wohl- gewachsenen märkischen Heimat handelt, nicht als gänzlich kompetenter bekannten Dinge. Analysieren wir ferner die sogenannte förper- Richter anzusprechen ist. Um einiger Vorzüge willen hat Fontane liche Seite. Was ist unser Körper, was weiß ich von ihm, sei viele und sehr große Schwächen des märkischen Dichters übersehen es von meinem eigenen, sei es von einem anderem Körper? Da oder sie in sehr mildem Lichte angeschaut. Die größten Schwächen finde ich, daß ich vom Körper ebenfalls nichts weiter weiß und Schmidts von Werneuchen waren sein gänzlicher Mangel an Selbst. tenne, als dieselben Jnht Itsbestandteile, die ich auch in meinem fritik und die kindlich- naive Anschauung, daß jede Art von Prosa Seelenleben finde. Was ich Körper nenne, ist eine Summe von als Poesie anzusehen sei, wenn sie nur in gereimter Form vor Empfindungen. Wenn ich den Körper ansehe, so habe ich be- gebracht werde. Wegen dieser Schwächen ist er von Goethe arg stimmte Gesichtsempfindungen, also Licht- und Farben- verspottet worden, und man muß bei vorurteilsloser Prüfung der empfindungen. Ich sehe eine bestimmte Gestalt, d. i. eine Summe Sachlage trok Fontane zugeben, daß er diesen Spott wirklich ver von Raumgrößenempfindungen. Ich fasse den Körper an und dient hat.
Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.