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Und der konnte helfen.

Bauern, der im Glauben lebte und unentwegt von dem heda, ihr faules Bolt, immer munter, munter! Dazu bist Du da, Guten sprach. verstanden? Und Du stehst da, mein Junge, wie ein abgestorbener Baum und blinzelst nur immer! Nicht zum Blinzeln bist Du her gestellt, sondern dazu, daß Du die Augen weit aufreißt und uns anschreift! So gehört fich's für' nen Aufseher, verstanden?... Rommandieren mußt Du uns, Du Kududsei!" Und dann schreit er wieder auf die Arbeiter los:

Wenn man jeden Tag in seiner Nähe weilte, spürte man am besten, welche Kraft und welche Macht von diesem Manne ausging.

Die Ernteleute kehrten zum Mittagessen heim. Die Knechte hielten den Sensenstiel in der Hand und die Sense selbst lag auf den Schultern, so daß das krumme Stahlblatt, das wie Silber leuchtete, in der Sonne über ihren Häuptern funfelte.

Die Wangen der Mädchen waren rund und rot wie reife Aepfel, und ihre hellblauen Augen leuchteten klar von der Arbeit und dem frischen Erntewind.

Der Bauer wandte sich an Per:

" Ich sehe es an Deinem Blick und merke es an Deinem Wesen, daß der Herrgott sich an Deine Seele gewandt hat. Halte fest daran. Laß es niemals, niemals wieder fahren." Ber ward ganz eigentümlich zu Mut; er antwortete: Uebrigens ist da etwas, worüber ich gern mit Dir sprechen möchte, Niels Nast."

Der Bauer hielt inne:

"

Sprich frei heraus, Per. Es scheint eine Gnadenstunde für Dich werden zu sollen."

ya, Du bist ein rechtschaffener und rechtlich denkender Mann, Niels Rask."

Der Hoibykönig horchte auf.

,, Du weißt wohl, wie es um uns kleine Leute steht?" " Ja."

Kennst Du nun auch wirklich unser ganzes Elend,

Niels Nast?"

Der Soibykönig niďte nur; er pflegte seine Worte au wiederholen.

nie

Da flang es so innig und treuherzig aus Pers Munde: Ich fühle den Drang in mir, mich der Sache der kleinen Leute anzunehmen. Willst Du nun, Niels Rast, mir helfen bei den andern; Du bist ein so starker und selbst­ficherer Mann."

,, Was meinst Du damit?"

Daß sie ihre Stellung begreifen lernen und sich organi­( Foris. folgt.)

fieren."

1)

Der Eisgang.

Von Magim Gorti.( Autorisierte Uebersetzung von August Scholz  .) Am Flusse  , der Stadt gegenüber, war eine Gruppe von sieben Bimmerleuten damit beschäftigt, in aller Eile den Eisbrecher zu reparieren, den die Leute aus der Vorstadt während des Winters arg demoliert und als Brennholz verwandt hatten.

Der Frühling hatte sich in diesem Jahre verspätet- der junge März blickte fast so griesgrämlich wie der Oktober drein. Nur um die Mittagszeit, und auch nicht alle Tage, erschien an dem von Wolken verhängten Himmel für furze Zeit die winterlich bleiche Sonne und blickte ein Weilchen von irgend einem blauen Fled zwischen dem Gewölk scheel auf die Erde nieder.

Es war bereits Karfreitag, und das von den Dächern nieder­tropfende Wasser fror in der Nacht zu ellenlangen bläulichen Eis­zapfen; auch das vom Schnee entblößte Eis auf dem Flusse hatte eine bläuliche Färbung, wie die winterlichen Wolfen.

Die Zimmerleute schwangen ihre Aerte, von der Stadt aber tönte melancholisch, zur Kirchenandacht ladend, das Erz der Glocken herüber. Die Köpfe richteten sich empor, die blauen Augen fchauten nachdenklich in den Nebel, der die Stadt einhüllte, und mehr als einmal geschah es, daß eine Art, die auf das Holz niedersausen sollte, einen Augenblick wie unentschlossen in der Luft hängen blieb, als ob sie den anheimelnden Glockenton zu zerspalten fürchtete.

Hier und da starrten auf dem breiten Eisgürtel des Flusses dunkle Kiefernäste empor, mit denen die Uebergänge, die Wuhnen und Eisspalten markiert waren; wie die krampfhaft gekrümmten Hände eines Ertrinkenden ragten sie in die Luft hinein.

Ein Hauch von trostloser Langeweile weht von dem Flusse her; so starr und öde liegt er da unter der rauhen, porösen Eisdede, wie ein einförmig gerader Weg in das Reich des Nebels, aus dem mürrisch und träg ein feuchter, falter Wind herüberstreicht.

... Kolonnenführer Disip, der stets und überall Sichtbare, ein fauberes, adrettes Männchen mit regelmäßig geschnittenem silbernen Bärtchen, das sich in Ringeln über die rosigen Wangen und den geschmeidigen Hals hinzieht, ruft wait lauter Stimme:

" Heda, nicht gegähnt! Die Arbeit muß heut endlich fertig werden, Ihr Schlingel!"

Dabei gibt es in der ganzen Kolonne feinen größeren Faulpela als Difip. Er ist in seinem Handwerk sehr geschickt, und er arbeitet rasch und gewandt, mit Eifer und Geschid, aber er ist fein Freund bon allzu großer Anstrengung und erzählt in einem fort irgendwelche bei der Sache sind und in dem aufrichtigen Bestreben, alles recht undergeschichten. Mitten in der Arbeit, wenn die Leute so recht gut zu machen, schweigend ihr Werk verrichten, beginnt Ossip plötzlich mit einschmeichelnder inurmelnder Stimme:

" Da ist mal eine Geschichte gewesen, meine lieben Kinder..." Zwei, drei Minuten lang achten die Leute nicht auf ihn, sondern zimmern, fägen und hobeln unverdrossen weiter, die sanfte, melancholische Tenorstimme jedoch murmelt und rieselt, und ehe man sich's versieht, hat sie die Aufmerksamkeit der andern gefesselt. Dffips helle blaue Augen blinzeln so zuckerzüß und die Finger spielen so nedisch mit dem frausen Bart, und förmlich vor Wohlbehagen schmaßend, reiht er Wort an Wort:

Wie er also den Schlei gefangen hatte, legte er ihn in seinen Korb, ging im Walde daher und dachte bei sich: Das wird mal heut abend eine schöne Fischsuppe geben.... Da mit einemmal ruft irgendwo eine feine Frauenstimme: Jelesja- ai, Jelesja- aj..."

Der lange, Inochige Mordwine Lenja, mit dem Zunamen der Heide  ", ein junger Bursche mit ganz leinen, verdugt drein­schauenden Augen, läßt sein Beil sinken und steht mit offenem Munde da. Und aus dem Korbe antwortet eine dice Baßstimme: Hier bin ich!"... Und in demselben Augenblicke, schwapp! springt mein Schlei aus dem Korbe und geht und geht, zurüid nach seinem

Wasserloch..."

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Der alte Soldat Ssanjawin, ein mürrischer Trunkenbold, der an Atemnot   litt und längst mit der ganzen Welt zerfallen war, sprach mit seiner rauben, heiseren Stimme:

,, Wie kann denn ein Schlei auf trocnem Boden gehen, wo er doch ein Fisch ist?"

Und kann ein Fisch vielleicht sprechen, hm?" fragt Disip feinerseits mit freundlicher Stimme."' s ist eben' ne furiose Ge­schichte!" Motjej Budyrin, ein schweigsamer, unscheinbarer Graufopf mit einem richtigen Hundegesicht- die Backenknochen und Kiefer stehen weit vor, während seine Stirn tief zurücktritt preßt seine drei Lieblingsworte durch die Nase:

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,,' s fann schon sein!... Jedesmal, wenn etwas Wunderbares, Schauriges, Ungeheuer­liches oder Niederträchtiges erzählt wird, wiederholt er leise, doch mit unerschütterlicher Ueberzeugung, diese Worte:

"

' 8 tann schon sein!..."

Und es ist mir, als ob er mich mit seiner harten, schweren Faust dreimal gegen die Brust schlüge.

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Die Arbeit geriet in Stillstand weil nämlich Jakow Bojew, ein schiefgewachsener, stotternder Bursche, gleichfalls etwas von einem Fische erzählen wollte. Schon hat er seine Geschichte be gonnen, aber man glaubt ihm nicht und lacht über seine stockende Sprechweise; er ruft Gott zum Zeugen an, er schimpft, fuchtelt wütend mit dem Meißel in der Luft herum und schreit, während die anderen vor Lachen plagen wollen, mit wutschäumendem Munde:

Einem andern... glaubt Ihr alles, was er Euch auch vor dann grinst schwindelt... Und wenn ich' was Wahres erzähle. Ihr, Ihr Spitzbuben. Ein Donnerwetter soll Euch holen!" Alle haben aufgehört zu arbeiten und bewegen sich, frei die Arme rentend, geräuschvoll auf dem Plaze. Da nimmt Ossip die Müge von dem silbern schimmernden Scheitel und ruft streng: Nun ist's genug! Es hat abgeläutet, Ihr habt Euch verpustet- jetzt wieder ans Werk!"

"

" Hast ja selbst angefangen!" Inurrt heiser der Soldat und spudt in die Hände.

Disip kann es sich nicht versagen, auch mir noch rasch eins aus zuwischen: Nun nimm mal die Augen in die Hand, Du Auf

"

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passer!. Ich habe den Eindruck, daß er seine ganz besondere Absicht hat, wenn er die Leute so mit seinen Erzählungen von der Arbeit abhält: ob fein Geschwätz nur dazu dienen soll, seine eigene Faulheit zu ver stecken oder ob er den Leuten damit Gelegenheit zum Ausruhen geben will, ist mir nicht recht flar. Vor dem Unternehmer spielt Ossip den ergebenen Diener, er scharwenzelt und fagbudelt vor ihm und weiß. auch richtig an jedem Sonnabend ein Trinkgeldchen" für die Kolonne bei ihm herauszuschlagen.

Na, immer munter, munter, Ihr Faulpelze!" Um seine Kolonne ist er überhaupt sehr besorgt, aber die alten Und dann wendet er sich, ein spöttisches Lächeln um die Lippen, Leute lieben ihn nicht, halten ihn für einen Narren und Müßig Bu mir: gänger und benehmen sich ihm gegenüber ziemlich respektlos, und. Und Du, Aufpasser- was steckst Du Deine Stumpfnafe so auch die Jugend, die sein Geschwätz ganz gern hört, nimmt ihn in die Luft? Weißt Du überhaupt, Jungchen, was Deines Amtes nicht ernst und hegt gegen ihn ein schlecht verhehltes Mißtrauen ,. ist? Du bist doch vom Arbeitgeber hergeschicht, um uns anzutreiben:' das zuweilen von Feindseligkeit nicht fern scheint.