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Aber Madame Bajard, welche an der Kasse thronte, hielt es unter ihrer Würde, ihn zu beachten.
Madame Bajard, Madame Bajard, Sie sind mir noch von Bon ben Sitten und Gewohnheiten der Bygmäen weiß man neulich die fünfzehn Sous schuldig." fehr wenig. Sie leben im wesentlichen von der Elefantenjagb, die in der Weise ausgeführt wird, daß sie sich mit bem Speer unter den Elefanten, wenn er seine Siesta abhält, schleichen und ihm den Speer in ben Leib bohren. Daß sie bei diefer gefährlichen Jagd häufig bon den Elefanten aertreten werden, ist selbstverständlich. Der Elefant wird dann auf weite Streden verfolgt, bis er an dem Blutverlust eingeht. Bogen und Pfeile sollen die Pygmäen am Sanga befizen, während die in ber Nähe von Molundu sie nicht kennen. Sie leben vom Fleisch der Elfanten, das sie aber auch nebst den Zähnen an die Bantus ver faufen, wofür sie Feldfrüchte und auch schon Tabat einhandeln. Sie stehen in einem gewissen Hörigkeitsverhältnis au den Bantuhäupte lingen, das ähnlich dem der Buschmänner zu den Owambos und zu den Betschuanas in Westafrifa ist. Bei Streitigkeiten mit den Häupt lingen brechen sie ihre Hütten ab und suchen Anschluß an andere Häuptlinge.
Die ganze Straße wußte daß der alte Crainquebille aus dem Gefängnis tam und alle taten, als ob sie ihn nicht kannten. Von hier aus hatte sich das Gerücht in dem ganzen Viertel berbreitet. Als Crainquebille gegen Mittag in eine andere Straße tam, fab er seine freundliche Kundin Madame Laure an dem Gemüses ivagen des fleinen Martin stehen. Sie musterte gerade einen großen Kohltopf. Ihre Haare glängten wie eine Unmasse feiner goldener Faben. Und Martin, der Knirps, dieser schmutzige Lausbub, schwor mit der Hand auf dem Herzen, daß es weit und breit feine bessere Ware gäbe als die seine.
Das gab Crainquebille einen Stich ins Herz. Er stieß seinen Wagen gegen Martins Karren und sagte mit flagender, gebrochener Stimme:
Das ist nicht schön von Ihnen, daß Sie mir untreu werden." Wie sie selbst eingestand, war Madame Laure durchaus nicht als Herzogin geboren. Und ihre Kenntnisse vom grünen Wagen und Gefängnis hatte sie sich auch nicht gerade in der großen Welt erworben. Aber man kann in allen Lebenslagen ehrlich sein, nicht wahr? Jeber hat seine Portion Selbstgefühl, und man mag nichts zu tun haben mit einem Individuum, das gerade aus dem Gefängnis
tommt.
Daber antwortete sie Crainquebille nur mit einem verächtlichen Achselzucken und wandte sich ab.
Der alte Mann zudte schmerzlich zusammen, dann aber fuhr er auf und brüllte ihr nach:
Schanddirne, liederliches Weibsbild!"
Bor Schred ließ Madame Laure ihren Kohlkopf fallen. Scher' Dich weiter, Du Lump," rief sie außer sich vor Entrüftung, so was tommt gerade aus dem Gefängnis heraus und will andere beleidigen."
Bei ruhigem Blut hätte Crainquebille Madame Laure niemals ihren Lebenswandel vorgeworfen. Er wußte nur zu gut, daß es in dieser Welt nicht so geht, wie man gern möchte, und daß man sich sein Handwert nicht immer wählen kann.
Für gewöhnlich fümmerte er sich überhaupt nicht darum, was feine Kunden taten. Aber heute ivar er außer sich. Er schimpfte hinter der Frau her:
.Gemeine Person, Hurenmensch..."
Ein Kereis von Neugierigen sammelte sich um die beiden, die immer ausfälliger wurden. Wahrscheinlich hätte die Schimpffzene noch lange fortgebauert, wenn nicht plöblich ein Polizist aufgetaucht wäre und sie durch seine schweigende Unbeweglichkeit eingeschüchtert hätte.
Beise murmelnb gingen die beiden auseinander.
Kleines Feuilleton.
Völkerkunde.
( Schluß folgt.)
9
Ueber die zwerghaften Elefantenjäger in Neu Ramerun sprach fürzlich in der Berliner Anthropologischen Gesellschaft Dr. Kuhn, der Medizinalreferent für Kamerun . Den Sanga hinunterfahrend, traf er hinter Kribi auf die ersten Pygmäen, als er sich auf der Elefantenjagd befand. Aufmerksam wurde er auf die Ansiedlung durch die lebhaften Stimmen im Urwald, die vom Beibergeichwäß berrührten. Da die Pygmäen große Furcht bor dem weißen Manne haben, die ihnen durch die Neger im Geschäftsinteresse eingeimpft wird die Neger sind Zwischenhändler für Elfenbein- so überraschte er das Dorf in der Weise, daß er erst zuverlässige Eingeborene einzeln in das Dorf schickte, die der Sprache der Babinga mächtig waren, und zum Schluß selbst erschien. Elf Männer und ebensoviel Frauen brachte er glücklich zur Fattorei in Mombaffa, wo er Messungen an ihnen vornahm. Später gelang es ihm noch, bei Birn und Wesso mehrere Pygmäen zu untersuchen.
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Die Anlage des Dorfes weicht von der der Buschmänner in Südafrika ab, indem die Hütten in einer Lichtung des Urwaldes freisförmig angelegt werden. Die Hütten sind aus Zweigen und Mesten in Form eines Windschirmes hergestellt und mit Blättern bedeckt. Die Größe der Männer beträgt durchschnittlich 153 Bentimeter, die der Frauen 147 Zentimeter, die ungefähr der der Buschmänner entspricht. Die Farbe ist dagegen dunfler als bei diefen, aber erheblich heller als die der Bantustämme. Sie sind beleibter und muskulöfer als die Buschleute, was, wie Geheimrat Fritsch in der Disfuifion betonte, darauf beruht, daß sie nicht, wie die Buschmänner, das Wild durch die Steppe zu heben brauchen. Der Stumpf ist im Verhältnis lang. Die Stirn ist meistens sehr steil, die Augenbrauenwülste sind start entwidelt. Auffällig ist die starte fleischige Rafe mit einer durchschnittlichen Breite von 4,8 Zentimetern bei den Männern und 4,4 Bentimetern bei den Frauen. Der flache Nasenrüden der Buschmänner fehlt. Sie halten im Gegenfaß zu den Buschmännern die Augen weit auf, doch sind sie sehr empfindlich gegen Sonnenlicht.
Das interessante Böllchen ist ebenso wie das der Buschmänner dem Untergang geweiht, da es fulturunfähig ist. Wenn ben Pygmäen, die bei dem großen Handel mit Elfenbein dort die Elefanten durch ihre Jagd ausrotten, das Handwerk erfolgreich gelegt werden soll, ist der Kampf mit den Weißen da, in dem sie unterliegen. Eine andere Erwerbstätigkeit im Dienste der Weißen ihnen aufzuzwingen, wird unmöglich sein. Deshalb hält es Stubn für empfehlenswert, Reservate für die Elefanten einzurichten und die Pygmäen zu Wildbütern zu machen, denen die Jagd der abschußreifen Elefanten übertragen wird. Sie erhalten dann einen bestimmten Preis für das Elfenbein und können das Fleisch für sich verwenden. Kuhn hält die Bygmäen für nahe Berwandte der Buschmänner.
Aus dem Pflanzenleben.
Das Lebens element der Pflanze. Die erwachende Natur schmidt sich nun wieder mit ihrem schönsten Lenzgrün. Jezt lugen die ersten Blattspigen noch im zarten Hellgrün aus den Zweigen. Doch die Strahlenkraft der Sonne färbt sie bald dunkler und dunkler, bis endlich zur Sommerzeit die Blätter im faftigen tiefen Grün prangen.
Wie außerordentlich wichtig das Blattgrün für die Pflanze ist, haben allerdings erst die jüngsten Forschungen auf diesem Gebiete gezeigt. Man wußte freilich schon längst, daß die in den Bellen der Pflanzen befindlichen grünen Körner, die Chlorophyllförner, deren massenhafte Anhäufung den Pflanzen die gleichmäßig grüne Farbe verleiht, die Funktion haben, die Kohlensäure der atmosphärischen Luft anzueignen und in die ihnen nötigen Nährstoffe, Buder und Stärke, au verwandeln. Zu welchen Massen sich übrigens die Chlorophyllförner in der Pflanze vorfinden, zeigt die Tatsache, daß bei der trockenen Pflange der Chlorophyllgehalt etwa die Hälfte ihres Gesamtgewichts beträgt. Auch die chemische Zusammenseßung der Chlorophylltörner wurde mittlerweile festgestellt, wie auch das Vorkommen zweier Sorten, des gelbgrünen und des blaugrünen Chlorophylls. Allein wie der Prozeß der Kohlensäureumwandlung in die Endprodukte Buder und Stärke vor sich geht, war bisher immer noch eine der Lösung harrende Frage. Da der Prozeß nur im Sonnenlicht stattfinden kann, wurde natürlich vor allem der Einfluß der Sonnenstrahlen, besonders aber der ultravioletten Strablen, jener dem menschlichen Auge unsichtbaren Strahlen des Sonnenspektrums, geprüft, und ein solcher Verfuch brachte denn endlich auch( Brofessor Stoflafa) das gewünschte Resultat. Es zeigte sich, daß die Erzeugung von Zuder und Stärke in der Pflanzenzelle tatsächlich nur mit Hilfe der ultravioletten Strahlen vor sich gehen kann, und die Chlorophyllförner zu diesem Zwecke die ultravioletten Strahlen aufsaugen müssen. Damit ist auch das außerordentliche Lichtbedürfnis der Pflanze erklärt und ebenso leuchten ihre fomplizierteu Einrichtungen ein, das Licht bis zur Grenze der Möglichkeit auszunüßen. Auf eine der interessantesten dieser Einrichtungen machte neuerdings der Botanifer Haberland aufmerksam. Als lichtempfindliches Sinnesorgan der Pflanze funktioniert die Oberbaut. Hier wird nun der einfallende Lichtstrahl so gebrochen, daß sich in der darunter liegenden Bellen schicht die Strahlen je an einer in der Mitte befindlichen Stelle iammeln, während genau innerhalb dieser am hellsten beleuchteten Stelle das lichtbedürftige Chlorophyll liegt.
Wie steht es nun aber mit den Pflanzen, deren Blätter rot, hellgrün oder gefleckt sind? Die also von dem wichtigen Lebensstoff, dem Blattgrün, viel weniger befigen als die übrige Pflanzenwelt? Nun, sie leben auch: freilich ist auch ihr Lebensprozeß etwas her untergeschraubt". Was die roten Blätter betrifft, so besitzen sie in der Regel ziemlich reichlich Chlorophyll, was man beim Zerreißen eines derartigen Blattes auch ganz deutlich wahrnehmen kann. Ueber dem Blattgrün find jedoch rote Farbzellen, das fogen. Anthokyan, gelagert, wodurch indes feine schädliche Funktionsstörung in der Ernährung der Pflanze eintritt. Weniger gut geht es aber den hellgrünen und gelbgefleckten Blättern, die oft tatsächlich mit weniger als der Hälfte des Chlorophyllbestandes ihrer rein grünen Genoffen auskommen müssen. Doch auch sie führen, wie die jüngsten Untersuchungen ( Pilaster) zeigen, ein ganz aufriedenes Dasein. Sie begnügen fich mit weniger Nahrung, d. 5. mit einer viel geringeren Stärke und Budermenge als die übrigen Pflanzen, und damit in Zusammen bang steht auch eine entsprechend verminderte Atmung sowie eine durch zahlreiche Lufträume erfolgende intensive Wärmevermittelung von außen.
Berantw. Rebatteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.