unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 81.
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FE
( Schluß.) 22.
Dienstag, den 28. April.
Eines Tages war Per Holt in seinem besten Staat. Es waren viele, viele Jahre vergangen, seitdem das der Fall gewesen war. Er und Jens waren fast gleich groß und gleich dick. Daher hatte er von ihm einen netten gebrauchten Anzug bekommen.
Haar und Bart waren sorgfältig gestutt- beides war jekt gran meliert und Sophie hatte seine Holzschuhe mit Ofenschwärze blank geputzt.
Er war auf dem Weg nach dem Süden; schnell eilte er über die Wiesen und die Hoibyer Brücke gen Süden, gen
Süden.
Jekt sollte es ihm doch noch vergönnt sein, das alles mit Augen zu sehen, was dort vor sich ging, wo seine Söhne lebten.
Nun hatte der Häuslerverein Söbyholm gekauft und schnell war es parzelliert worden; seine drei ältesten Söhne gehörten zu denen, die dort ihr Heini aufschlagen würden. Es sei schon fast eine ganze Stadt dort, sagten sie. Aber Per vermochte es nicht recht zu begreifen, daß solch arme Burschen so einfach ein Rittergut kaufen fonnten.
Und daß sie den Mut dazu hatten!
Jetzt wollte er selber es sich einmal ansehen!
Er eilte vorwärts und kam ganz außer Atem. Die Abern schwollen ihm an den Schläfen.
Aber es gelang ihm doch, über die Höhen hinüberzukommen, und nun sah er ein sonnenbeschienenes fruchtbares Land zu seinen Füßen liegen.
Der Roggen blühte und der Fruchtstaub ward vom Winde gleich Rebelwolfen durch die Luft geführt.
Als er Schritt für Schritt in dieses Land eindrang, sah er, daß die Felder so vom Unkraut gesäubert waren, als seien
es Gärten.
Das war nicht nur an einer einzelnen Stelle, sondern überall stand das Korn und der Klee so rein und fein, und ganz unglaublich fruchtbar.
Daß sie das vermochten! Per kaute auf seinem Tabak. Dergleichen hatte er noch niemals gesehen.
Jens erivartete ihn am Quellhäuschen, einer Sommerwirtschaft mit Quellwasser, Milch und dergleichen durstLöschenden Getränken. Sie bekamen ein erfrischendes Glas Milch und aßen dazu einige Beeren.
Neben dem Quellhäuschen lag ein großer Sportplak, wo junge Menschen in leichten, kleidsamen Sommeranzügen sich beim Tennis und Fußballspiel tummelten.
„ Gibt es wirklich so viele vornehme Leute in einer so kleinen Stadt?" fragte Ber .
1914
dorthin, wo die Holtschen Söhne und die anderen Häuslerjungen wohnen sollten.
Die Außengebäude des Gutes waren auf die Felder hinausgebracht und dort zu den verschiedenen kleinen Häusern verwandt worden. Alles war noch im Werden. Aber hier, wo sich früher die ausgedehnten Felder des Rittergutes be funden hatten, wuchs jetzt ein Häuslerstädtchen aus der Erde hervor.
Es war also Wirklichkeit.
Troßdem blieb Per lange im Anschauen versunken stehen, als müsse er sich davon überzeugen, daß es wirklich wahr sei. Schließlich sagte er zu Jens:
" Ja, jetzt sehe ich es mit eigenen Augen und wüßte nicht, was man sich nun noch weiter wünschen könnte."
,, Ach" antwortete Jens. Hiermit ist noch nicht viel Staat zu machen... Vielleicht ivohl für uns, aber nicht für jene, die nach uns kommen. Die müssen den Boden zu teuer bezahlen
Per Holt war nahe daran, das Gleichgewicht zu verlieren. Bist Du noch nicht zufrieden, Jens? Ihr scheint mir wirklich schwierige Herren zu sein, hä hä!"
" Nein, dies hier ist alles nur Flicwerk. Aber wir werden wohl mal eine Lösung finden, die etwas taugt!"
Per lachte leise vor sich hin: Ja, ja, Jens, hä hä, es ist noch weit bis ans Ende der Welt. Da hast Du recht, hä hä!... Nun, also hier wollt Ihr wohnen, Ihr drei Brüder?"
Sie waren hinten um den Park herumgegangen und hatten den schilfbewachsenen Burggraben erreicht.
Da nahm Pers Antlig einen so milden und gütigen Ausdruck an; denn er war seelenfroh.
,, D, wie nett es hier ist! Welch prächtige neue Häuser hr bekommt! Das sollte Sophie einmal sehen!"
Die Tränen traten ihm in die Augen. Aber er versuchte, sie mit Gewalt zurückzudrängen, um Jens nichts merken zu lassen; eifrig schlug er mit dem Stock auf dem Boden herum und probierte die Erdknollen.
Dann fiel sein Blick auf das Hauptgebäude, eine alte hübsche und stattliche Burg aus dem Mittelalter, die hinter dem Burggraben und halb verborgen in den Bäumen des Parkes lag. Aber nun das Hauptgebäude?" fragte Per.
"
" Das bleibt stehen! Ein Teil davon wird zum Vereins lokal eingerichtet und ein anderer Teil soll für unsere Eltern und für die Alten unter uns sein, oder wer sonst noch Lust hat, dort zu wohnen. Und, Bater... wir möchten Dich und Mutter jetzt hierher haben zu uns, nun könnt Ihr Euch besprechen, wo Ihr sein wollt, ob wir ein Zimmer für Euch in unserem Hause einrichten sollen, oder ob Ihr drüben auf dem Gute wohnen wollt?"
Per Holt grinste: Ich will, weiß Gott , auf dem Schlosse wohnen... dann werde ich doch noch einmal Schloßbewohner, che ich sterbe, hä hä hä!"
,, Es ist ja auch nett und angenehm, dort im Parke zit Die meisten von ihnen sind weiß Gott Knechte," ant- spazieren und sich die Schwäne und dergleichen zu betrachten," wortete Jens. antwortete Jens mit lächelndein Munde.
anders.
..Knechte! Nein, so etwas ist doch noch nicht dagewesen!" Aber Per fuhr fort zu lachen; er konnte einfach nicht Sie schritten weiter und famen an einem eigentümlichen Gebäude vorbei. Per besah es sich von oben bis unten und konnte trotzdem nicht begreifen, wozu es gebraucht ward. Er fragte danach.
Das ist die Bibliothek!"
" Sind es Bücher?" " Da!"
"
Aber das ganze Haus ist doch nicht voll von Büchern?" " Doch, es wird zu feinem andern Zweck gebraucht. Natürlich gibt es auch einen Raum dort, wo man sitzen und leſen kann!"
Aber du lieber Himmel, wer liest denn alle diese Bücher?" Per Holt blieb stehen und wollte auf seine Frage eine Antwort haben. Ist das hier eine Hochschule oder... was...?" „ Nein," antwortete Jens. Wir alle sind es, die die Bücher gebrauchen, Bauern, Arbeiter, Häusler und Gesinde." So etwas ist doch kaum zu glauben," murmelte Per Holt, während sie weiterschritten.
"
Sie wollten nämlich nach Söbyholm, dem Rittergute,
Ihr tut es nun einmal nicht billiger, ha! Ha! Ha! Ach, du lieber Himmel, das hätte der Kammerherr auf Gyldholm sehen sollen."
Sie schritten zusammen durch die Gartenanlagen.
" 1
Wir haben beschlossen, dies hier in Ordnung zu halten, Vater, damit wir eine Stelle haben, wo unsere Alten und unsere Kinder gerne hingehen und wo sie sich amüsieren fönnen.
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Der Wald ist da zur gemeinsamen Bennßung. Und dann haben wir auch einen Ort für unsere Sommerzusammenfünfte." Mehrere Stunden hielt sich Per bei seinen Söhnen auf und ruhte gut aus, bevor er wieder den Heimweg antrat. Er versprach bestimmt, in vierzehn Tagen wiederzukommen. Da halten wir zum erstenmal Bersammlung ab, unter unseren eigenen Bäumen und nicht unter denen des Kammerjunkers," waren die letzten Worte, die Jens seinem Vater zurief, als sie am Kreuzwege voneinander Abschied nahmen.