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Bierzehn Tage später saß Per Solt auf der Böschung im Norden von Söbyholm und blickte über den alten Herrensiz und über das neue Häuslerstädtchen hinaus, das sich dort draußen auf den Feldern erhob. Er dachte hin und her, bald über dies und bald über jenes.
Und dann auch über sein eigenes Leben.
Per ist nun ein grauhaariger Mann. Er ist dünn und ausgemergelt und Jens' Jacke, die er an hat, ist ihm mehr als groß genug. Die Rundung ist verschwunden; scharf, start ausgeprägt sind seine festen männlichen Züge. Der ftrahlende Jugendglanz ist aus seinen braunen Augen verschwunden. Aber ihr warmer Ausdruck legt davon Zeugnis ab, daß noch immer in seiner Brust eine Seele glüht.
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dern um bei der Heirat des Regenwurms Trauzeuge zu fein. Ja, das glaubte ich vorher nicht. Jedoch die betterschütternde Stimme hat es zuwege gebracht. Im ersten blauen Dämmern die Sputs von Cladow sehe ich durch die frischen Acerfurchen sich wie Regenwürmer davonwinden auf den Feuerwehrturm au( daneben liegt der Kirchhof) in dieser nebelblauen, gespenstisch unbestimmten Felderweite, durch die ein Düsteres, wie die Nacht oder wie ein Riefensarg oder wie ein Wald hervordunkelt, mache ich mich auf den Weg, hinten aus dem Hof hinaus. Wilhelm ist mir um zwei Nasenlängen aus dem Bett zuvorgekommen. Er spektakelt am Wagen herum und knurrt: Guh Moorn". Nach drei, vier Schritten fehe ich hinterm Softor einen Strohhalm Gehversuche machen. Sentrecht hat er seine dünne Zerbrechlichkeit emporgerichtet und wackelt unbeholfen, als sei einer von den Cladower Sputs in ihn gefahren, hin und her tomint aber nicht vom Fleck. Es weht kein Lüftchen, das den Strohhalm in Bewegung seßen fönnte. Er macht buchstäbliche Gehversuche, müht sich wie einer, der ein Rittergut an den Füßen hängen fann aber nicht vom Fleck. Ich bin hat", taumelnd hin und her starr vor dieser Naturerscheinung. Da kommt Wilhelm neben mir herangeschlichen." Oll'n Regener muß mehr naturwissenschaftliche Kentniffe wurm," sagt er haben als ich" passen S' uff!" sagt er, springt auf den Zehen behutsam an den taumelnden Strohhalm, reißt ihn aus der Erde, Wie sie sich dort ver- und wirklich, eine rötliche Regenwurmnase wird um einige
Hier von der Böschung aus kann er beobachten, wenn sich der große Zug von der Station her in Bewegung setzt. Wenn die Leute die Station verlassen, ist es immer noch früh genug, unten an der Allee, die nach Söbyholm führt, zu ihnen zu stoßen.
Nun hört er Hornsignale von der Stadt her, und das gibt dem alten Dragoner einen Rud.
Wie sie sich dort versammeln! Jammeln! Wie sie von allen Seiten herbeiströmen! Und dann die Fahnen!
Die Musik ertönt. Langsamt setzt sich der Zug in Bewegung, schlängelt sich durch das Dorf, taucht auf und verschwindet wieder auf dem gewundenen Wege.
Es sind also kleine Leute, die meisten von denen, die dort kommen, es sind kleine Leute, es ist ein Zug der Ausmärker! Sie spielen ihre eigenen Melodien zu ihren eigenen Liedern, die er schon mehrmals gehört hat.
Drinnen in dem ehemaligen Gutswalde halten sie nun ihre Versammlungen ab, unter ihren eigenen Bäumen Und der junge Per soll reden!... Der Junge hat einen Hellen Kopf
Es zittert um Per Holts Mund, aber man sicht, daß es vor Freude ist.
Jetzt, wo der Zug bei der Schule um die Ecke biegt, schallt die Musik so recht zu ihm empor. Die lauten Töne aus dem blanken Horn..
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gentimeter mit hervorgezerrt, zieht sich aber schleunigst, schleunigst in die Eingeweide der Erde zurück. Der Knecht sucht noch herum an der Erde, sucht mit jener rüdengebeugten Genauigkeit, wie man sie von flennenden Kleinen Kindern tennt, wenn sie Geld verloren haben. Aber er findet weder die Hahnenfedern, weder die Papierstücke, noch die Blätter, noch die Strippen, die er aus Regenwurmlöchern hervorzuholen gedachte, wie so ein Taschenspieler allerlei aus seiner Manschette zieht. Aber ich glaube es ihm gern eine Rabenfeder wenigstens habe ich selbst schon einmal aus einer Regenwurmtür hervorgezogen und die Feder war gerade nicht von In diefer Allee sind die feinen Besitzer der Burg seit einem kleinen Raben. Aber das sah ich als Kraftbravourstück von vielen hundert Jahren hin und her gefahren, und nun kommen einem Regenwourmathleten schon, wie er ein Blatt unten von einem diese Häuslerjungen hierher, und nun gehört es ihnen Stachelbeerstrauch loszerrte und in sein Löchel schleppte. Aber die uns! uns! Gehversuche eines Strohhalms hatte ich noch nicht gesehen. Und die Hochzeit des Regenwurms hatte ich auch noch nicht gesehen. Ich tummele mich weiter ins Feld hinein, ins grauüberwebte, ins wintersaatgrüne. O dieses Grün der Wintersaat im keimenden Frühling! In einer ganz jungen, geradezu grünschnäbeligen Allee von Hauszwetschen" so heißt es auf den gelben Brettchen daran stiebele ich weiter die Bäumchen reichen mir halt bis an die Brust. Da plößlich sehe ich vor mir in einem Handgroßen Lehmloch einen dicken fetten Regenmurm, einen von den Qualitäten, wie ich ihn gestern neben meinem werdenden Garten ausreißen sah. Und merkwürdig nun ich noch einen Schritt näher trete, verschwinden plötzlich in zwei verschiedenen Löchern zwei verschiedene Regenwurmenden, verschwinden mit Schnelläufergeschwindigkeit genau so wie gestern neben dem werdenden Garten. Auch da waren die Löcher wie hier in einer kleinen Kuhle. Ich warte, ob sie wieder hervorkommen werden, die Enden warte warte warte büce mich und warte. Heute komme ich der eigentlichen Deutung des Regenwourmrätsels schon näher als gestern neben diesem Garten". Da stieß ich noch in meiner jungen, grasgrünjungen Gärtnerwut mit der Schippe zut und war verwundert, nichts von einem zerschnittenen Wurm zu finden überhaupt nichts zu finden. Natürlich waren's zwei, die sich ein Rendezvous gaben und mehr. Die Liebe in einem glitschigen, quabbeligen Regenwurm in einem Regenwurmherzen' mich schaudert, und doch, ich warte, ich warte ich überlege, was ich in meinem Garten, von dem ich an drei Tagen schon zwei Mieter unter Schweiß und Seufzen umgegraben habe aber ich will doch Nerven wie Gummi bekommen was ich da hineinpflanzen soll: ob Kohlrabi, ob Mohrrüben, ob Radieschen, oder ob Rosen, Georginen, Nelfen und solchen duftigen Schnickschiad. Mein Hausherr mit der betterschütternden Stentorstimme meint allerdings, Gras brauche ich nicht mehr hineinzufäen, das fäme von selbst in drei Tagen wieder, so großartig hätte ich es untergegraben. Ich warte, warte warte mein Rückgrat seufzt, die Sonne lächelt bläßlich aus dem Morgenduft über mich Narren hervor ich stiebele weiter.
Es war ja richtig, er mußte sich beeilen! Fast hatte er vergessen, daß er auch mit dabei sein sollte.
Er sollte ja selber mit dabei sein, er persönlich! Wenn er nun zu spät fäme!
Per lief beinahe den Abhang hinunter, denn er wollte mit in diesem Zuge gehen, unter diesen Fahnen und nach dieser Musik!
Genau am Eingang der Allee wollte er sich ihnen anschließen.
Oh! daß er mit dabei sein darf! Daß er mit dabei sein darf!
Per schluchat vor Nührung, und da er die letzte Strecke fast gelaufen ist, um noch zur rechten Zeit zu kommen, kann er kaum noch atmen.
Dazu ertönt die Musik jetzt wieder so nah, so brausend, so erwärmend daß es ihm noch beschieden sein sollte Ja seht, das ist also das Leben..
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Die Heirat des Regenwurms.
Von Alwin Rath.
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Was mag da links unten hinter dem halb vom Grün der Jetzt weiß ich es schon, warum ich an die Havel gezogen bin. Wintersaat sich emporhebenden Heidehügel für ein Bauerngehöft Ich glaubte erst, ich tue es, weil das Wasser um diese Zeit ange- stecken? Ich höre schon ein paar Tage die Hähne dahinter frähen nehmer ist als im Dezember, wo meine Fingerspitzen nach dem Eis- sehe kein Haus, fein Dach, ein paar verschnörkelte dürre Apfelaufflopfen gar nicht wieder warm werden wollten. Ich glaubte erst, bäume... aber was sehe ich da wieder, zwei drei Schritt vor mir ich tue es, weil ich meine stumpf gewordenen Nerven wieder so in ciner kleinen Lehmkuhle? Mich schaudert wirklich: diesmal ist's elastisch machen wollte wie jene süßen zudernen Gummibänder, die ein zertretener Regenwurm. Ich staune fast über diese Welt von Kinder so lang ziehen, wie sie selbst mal werden wollen und dann Würmern, und verstehe es beinahe, wenn gewisse Leute immer im Wettessen verschlingen, bis die Nasen aufeinanderplaßen. Um wieder von der Speise der Würmer" reden. Als ich indes näher meine Nerven wieder so elastisch zu machen in diesen eisigen, un- zuschaue, sehe ich, daß es wiederum zwei Würmer sind, die mit glaublich erquickenden Aprikvädern, glaubte ich an die Havel ge- einem Teil des rötlich- violetten Leibes eng aneinandergeschmiegt zogen zu sein; aber in Wirklichkeit tat ich es, um morgens um vier daliegen. Was mich veranlaßte, sie für zertreten zu halten, ist ein Uhr mit einem Nervenchok aus dem schönsten Schlaf zu schrecken. weißlicher zarter Schaumstrich, der zwischen den kleinen roten " Wilhelm aufstehn! Otto aufstehn! Frit! Friß!!- aufstehn!!!" Schlänglein sich hinwindet und sie aneinander zu leben scheint. - dröhnt dann eine mark- und betterschütternde Stentorstimme durch Die anderen Enden des Körpers stecken wiederum in zwei sich das nachtstille, schlaftrunkene Haus. Aber nein, zur Verwirklichung gegenüberliegenden Löchern in dieser kleinen Lehmkuhle, dieses Schlafideals bin ich auch nicht an die Havel gezogen- jonso wie vorher, Das Geheimniswunder der Schöpfung vollzieht sich
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genau