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englischen Fauftdichters, des Shakespeare- Borläufers Marlowe, überfeyt A. W. Hehmel: dent prachtvollen historischen Gobelin „ Eduard II. ", ein Werk voll düsterer Tragit und mächtigem Gliederbau, das noch ant den größten Tragiker der Welt heranrüdt, ja, dichterisch nicht einmal hinter ihm zurüdbleibt. Das Trennende ist der Geist, der eben bei Shakespeare Menschheitsgeist ist, während der Vorläufer sich im inneren Anschauen des Ganzen nicht aus der Historie heraushebt. Aber die Aufführung des Kolossalgebildes, die Reinhardt plant, dürfte der Mühe lohnen und dürfte, neben seine Shakespeare- Aufführungen gestellt, praftisch greifbar den Unterschied zeigen zwischen Genie und Talent, diesen Unterschied, der nicht im Können, sondern im Geiste begründet ist. Marlowe bezwingt den Stoff; Shakespeare ver wandelt ihn und macht ihn zu Geist; er bezwingt nicht die Historie, sondern in der Historie die Welt. Eine ganz persönliche Freude habe ich an den Sentenzen und Magimen" des ehemaligen Barteigängers des Kardinals Rey, des Frondeurs Rochefoucauld. Dieser Franzose ist der unerbittliche Enthüller des menschlichen Komödienspiels, das die Eitelkeit inszeniert. In fristallklaren, scharf geschliffenen Säßen zieht er die Summe seiner Lebensbeobachtungen. Er ist ein Zeitgenosse des Totenrichters Ludwigs XIV., des Herzogs von Saint- Simon , und er gibt gewissermaßen die Essenz jener Welt, die der berühmte Memoirenschreiber mit breitem Pinsel in seinen mächtigen Fresken geschildert hat. P. H.
fich und freute sich auf den Rüdweg, der feinen Profit verdoppeln| Erscheinung aus einem neuen Menschheitskontinent aber strahlen sollte. Endlich brachen wir auf. Und als wir uns dem ersten Walt Whitmanns gewaltige Hymnen der Erde ". Die verwirrenden, Dorf näherten, hörten wir schon aus den Hütten rechts und links und doch lockenden Gebilde Boescher Novellen und Dostojewstischer am Wege ein Gedudel, ein Gefinge, als ob der Urwald verrückt Erzählungskunst( eine Novelle:" Die Sanfte") stehen neben einer geworden war. Mein Bob wurde ganz blaß, sprang vom Pferd, zarten Mimose von Stefan Zweig : Das Geheimnis". froch in die nächste Hütte, stürmte weiter und blieb dann stehen. Auf ein paar Bändchen möchte ich besonders aufmerksam machen. Die braven Nigger tamen aus ihren Lehmhütten gekrabbelt, strahlten E. Höfer refonstruiert die Wurzel von Goethes menscheitumfassender vor Freude und zeigten auf ihre Grammophone, die aus vollem Dichtung:„ Das Puppenspiel vom Dr. Faust". Eine Drama des Halje pardon Trichter spielten. Es war zum Tollwerden. Die ganzen alten Platten, die in Europa tein Mensch mehr faufte, waren natürlich für die Schwarzen gut genug gewesen. Jebt flangen hier im Urwald alte Gassenhauer, abgelegte Carusoarien und unmodern gewordene Operettenmelodien mit dem Jubelschrei der Neger zu einem unbeschreiblichen Getön gujammen. Aber das war fein Zweifel. Die Grammophone spielten jedes hatte eine Nadel- und sogar Reservenadeln waren da! Als Samson die Nadeln untersuchen wollte, wurden die Neger unhöflich und ließen ihn nicht mehr an den Bauber" heran. Aber sie erzählten auf unsere Fragen, was wir wissen wollten. Und während Bob Samson vor Wut fast einen Schlaganfall bekam, dachte ich, ich sollte mich über den Zauber" totlachen. Bandar Hut, der indische Gauner, hatte dem guten Bobbie nachspioniert, wahrscheinlich schon nach zwei Tagen den Trid gemerkt, sich in rasender Eile von seinen indischen Schmieden den geschicktesten Handwerkern der Welt Hunderte von Grammophonnadein machen lassen und war damit auf Tour" gegangen. Das heißt, er war uns nachmarschiert, brauchte keine Waren für den Tauschhandel zu schleppen und verfaufte den Negern die kleine Stahlnadel, die den Zauber erst möglich machte, für Haufen von Elfenbein. Und so war es. Wohin wir famen, freischten die Sprechmaschinen und waren die Nigger von Elfenbein so blank geplündert wie dieser Tisch hier. In ihrer berrückten Wut auf die Grammophonmusit hatten sie sogar die Gräber ihrer Vorfahren von dem heiligen Elfenbein befreit, um so auf ihre Art in die Reihen der Kulturmenschheit zu kommen. Ihr könnt nicht ahnen, wie unsere Stimmung war. Ich und meine Soldaten, wir haben uns vor Lachen nicht halten fönnen. Bobbie, unser Grammophon- Bobbie, erfand vor. Verzweiflung die Herrlichsten Flüche; aber es nütte nichts. die ganze Schinderei des Rüdweges war umsonst.
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Und dazu dieses Gedudel der Grammophone, wohin wir famen. Eine Urwaldstraße, wild, verwachsen, romantisch wie eine Mädchenphantasie und feucht wie ein Sumpf, verpestet mit diesen elenden Musitmaschinen! Und alle, soweit sie noch heil waren, in vollem Betrieb!
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Hier Yankeedoodle", dort Cakewaltmelodie", dazwischen Aufin- den- Kampf- Torero"-Geheul und„ Madonna Theresa"; nur ein Frrenarzt fönnte sich dieses Durcheinander ausmalen!
Endlich waren wir aus der furchtbaren musikalischen Zone heraus. Als wir wieder in Kismayu anlamen, war Bandar Huf mit dem Dampfer längst angekommen und hatte seinen Triumph natürlich nicht verschwiegen. Und Bobs Spibname war schon fertig, ehe wir nur von den Pferden stiegen!"
Major Curtig lachte wieder herzlich vor sich hin:
Mich haben sie damals sogar Grammophon- Bobbies Schuß truppe" genannt, aber mir war es egal. Das vergaß sich bald. Nur Bobbie Samson wird seinen Spißnamen für alle Zeit beHalten!"
Kleines Feuilleton.
Literarisches.
Aus der Chemie.
Die Chemie des Blattgrüns. In einer Sigung der Deutschen chemischen Gesellschaft hielt Professor St. Will stätter, Mitglied des Kaiser- Wilhelm Instituts in Dahlem , einen Vortrag über seine neuesten Forschungen über das Blattgrün und die Farbstoffe der Blütenblätter und Früchte. Die organische Chemie hat, so führte er aus, im Anfang des vergangenen Jahrhunderts fich zunächst mit Pflanzenfarbstoffen beschäftigt. Von Wöhlers Harnstoff synthese ausgehend, begann die Entwickelung des fünstlichen Aufbaues der Körper, die Ermittelung ihrer Konstitution. In diesen Beit abschnitt fallen givei Triumphe; die Darstellung des Alizarins und des Indigos. Jezt, nachdem die Methoden der Synthese vervollkommnet find, wendet sich die organische Chemie wieder dem Studium der Naturprodukte zu und sucht immer mehr von den Geheimnissen der lebenden Zelle zu erlauschen. Das Blattgrün ist der Stoff, durch den sich die Affimilation, also die Umwandlung der Kohlensäure der Luft in Stärfe, Zucker, Fett und Eiweiß vollzieht, also die wichtigste Funktion für alles organische Leben auf der Erde. Denn nur die grüne Pflanze befigt die Fähigkeit, sozusagen von Luft zu leben, alle übrigen Lebewesen verdanken ihr dann indirekt die Möglichkeit der Ernährung. Die Isolierung des Chlorophylls war, ehe wir seine chemischen Merkmale fannten, schwierig wegen seiner Veränderlichkeit, seiner Indifferenz und wegen der Leicht löslichkeit des mit so vielen farblosen und gelben Begleitern verdünnten Farbstoffes. Aber ohne das Chlorophyll selbst zu untersuchen, tonnten wir die Eigentümlichkeiten seiner Konstitution aus der Betrachtung seiner Derivate( Abkömmlinge) ableiten, die bei der Reaktion mit Säure und Alkalien entstehen. So konnten aus der Analyse der zwei Reihen von Abbauprodukten die Merkmale des Chlorophylls so vollständig fombiniert werden, daß sie nur zu Insel Bücher. Die schönste aller billigen Büchereien hat bestätigen waren, als es schließlich gelang, den natürlichen wieder eine neue Serie ihrer schmucken Bändchen herausgebracht. Farbstoff rein darzustellen. Er enthält Magnesium in fomIhre legten Veröffentlichungen standen unter dem Zeichen der beiden pleyer Bindung. Auf Grund dieser chemischen Kennzeichnung Hundertjahr- Genies Richard Wagner und Georg Büchner. ift eine vergleichende Untersuchung des Blattfarbstoffes von Wagner- Ausgaben wachsen jetzt ja wie Bilge. Die Bändchen der über zweihundert Pflanzen der verschiedenen Klassen unters Insel haben hier den Vorzug der äußeren Schönheit in Druck und nommen worden mit dem überraschend einfachen Ergebnis, daß Papier. Verdienstvoll aber erscheint es mir, daß hier endlich einmal in allen das Chlorophyll identisch ist. Und ferner ist auf der der große Bordeuter Büchner , der nach den Anlagen seiner Perfön- nämlichen Grundlage mittels neuer Methoden der Extraktion aus lichkeit bei weiterem Wachstum uns vielleicht ein Stück moderner frischen wie aus trodenen Blättern das Pigment in reinem Zustand Entwicklung zusammenfassend vorgelebt und spätere Wege überflüssig isoliert worden. Es kann heute so leicht und so reichlich gemacht hätte, für alle zugänglich wird; wenigstens als dichterische gewonnen werden wie irgend ein anderer Pflanzenbestandteil, Gestalt, denn das Dokument seines vormargistischen Sozialismus: ein Alkaloid oder ein Zucker. Das Chlorophyll ist ein Gemisch " Der hessische Landbote ", hat in den drei Büchlein feinen Blay zweier in ihrer Zusammensetzung sehr nahe verwandter Kompogefunden. nenten, von Chlorophyll a und Chlorophyll b, die sich wahrDie jüngste Serie greift nun wieder hinein in die weit aus- scheinlich nur in der Drydationsstufe ihres gemeinsamen gestreute Fülle dichterischen Lebens und bietet einen blühenden Sternes unterscheiden. Vom Blattgrün wandte sich dann Professor Frühlingsstrauß aus vielen Gärten. Der griechische Himmel spiegelt Willstätter zu der Farbenpracht der Blüten und Früchte, fich in den Blüten der antiken Lyrik. Drientalischer Märchenduft ent- in deren Rätselwelt die Forschungen gleichfalls Licht gebracht haben. strömt den 1000- und- eine- Nacht- Abenteuern Sindbads des See- Diese Farbstoffe bilden eine Gruppe unter dem Namen Anthochane. fahrers". Blutrot leuchtet das Buch Judith" aus Judäas Gefilden. Bei all diesen handelt es sich allgemein um drei Berbindungsformen. Ein Kranz echter deutscher Feldgewächse erfreut in den fernigen In Verbindungen mit Säuren sind sie rot, beim Neutralisieren find Schnurren des Rollwagenbüchleins". Die blaue Blume der sie violett, die Alkalisalze vieler sind blau. Das Blau der KornRomantit und die Blume der Passion sprießen in den Gedichten des blume ist dem Rot der Rose nahe verwandt, der Farbstoff des Notlieben Clemens Brentano . Betäubend duften die Blumen des weines dem der Heidelbeere, aber mit Hilfe von Eisenchlorid kann Bösen" aus Baudelaires höllischem Garten. Und das fünstliche Ge- man sie leicht unterscheiden. Sie alle find Glykoside, also Verwächs neuromantischen Aesthetizismus entzüdt im Parzival" Voll- bindungen mit verschiedenen Zuckerarten und stehen wahrscheinlich in möllers das Auge. Wie eine herzliche Blüte der Zukunft, wie eine sehr nahen Beziehungen zu gelben Farbstoffen. Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Drud u. Verlag: Vortvärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
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