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doch nicht aus dem Wasser zu steigen und an das Ufer zu Hinterbeinen und den weit fürzeren und dünneren Vorderbeinen, die gehen, wo Smetse stand. Und er schwamm ans andere Ufer er bloß als Arme benugen fann, so wie wir es ebenfalls manchmal mit dem Aas auf dem Kopfe und schnaufte wie hundert tun, aber natürlich nur, wenn es uns paßt. Teufel.

Sollah," sprach Sentse, wie findest Du das Braunbier, ist es nicht das beste im ganzen Lande Flandern  . Aber, Herr, nehmet doch beim Trinken Eure Kopfbedeckung ab; nie malen hat man Leute mit solcher Behauptung sich im Flusse ergehen sehen."

Da Slimbroek in der Mitte des Wassers hart an der Brücke war, fam Smetse mit dem ganzen Schwarm auf be­sogte Brücke, und Slimbroek, so nicht aufhörte zu schnaufen, schrie Smetse zu: Ich werde sorgen, daß Du gehenft wirst, Du schändlicher Reformierter."

Soho, sprach Smetse, Ihr seid im Irrtum, Freund, nicht ich will Reform, sondern Ihr, die Ihr sie in Kopf­bedeckungen einführet. Wo habt Ihr diese her? Ich habe nie ihresgleichen gesehen, weder so schön, noch so boll von Quasten und Anhängseln. Wird diese Mode in Bälde nach Gent   kommen?"

Slimbroek erwiderte kein Wort und plagte sich, den toten Hund loszuwerden, aber umsonst; und also hörte er auf zu schwimmen und tauchte unter und kam noch wütender wieder herauf, schnaufte noch mehr und versuchte immerdar, den Hund loszuwerden.

Bedeckt Euch, Herr," sagte Smetse, macht nicht soviel Umstände, mich zu grüßen; ich bin es durchaus nicht wert. Bedeckt Euch."

Am Ende kam Slimbroek aus dem Wasser heraus. Am User riß er sich den Hund ab und entwich mit großen Schritten nach seinem Hause. Aber der ganze Schwarm junger Schiffer und Knaben rannte ihm nach, höhnte ihn, pfiff und bewarf ihn mit Kot und anderem Unrat. Und das gleiche taten sie an seinem Hause, als er hineingegangen war.

( Forti. folgt.)

Die Philosophie des Murmeltiers.")

Das Murmeltier spricht über den Menschen: " Jept will ich über den Menschen sprechen, ganz frei heraus will ich über ihn sprechen.

Der Mensch hat eine merkwürdige, bewegliche Haut, die er wechseln und verändern, an- und ablegen kann. Fast bei allen Menschen ist diese Haut verschieden nach Farbe und Form, und wollte man sie als Gattungsmerkmal nehmen, dann gäbe es so viele Menschenrassen, als es Individuen gibt. Aber man hat Grund zu der Annahme, daß diese Haut feine natürliche Haut, fein Bestand­feil des menschlichen Körpers ist, sondern daß er sie fünstlich erzeugt. Was ich in der Zeit meiner Gefangenschaft darüber beobachten fonnte, hat mich in dieser Auffassung bestärkt. Es ist eine Eigen­tümlichkeit des Menschen, daß er eine Menge Dinge macht, die kein anderes Wesen je gemacht hat oder machen wird.

Der Mensch ist das mißratenste aller Tiere. Er hat Haare, die bei dem einen das ganze Gesicht umrahmen, bei dem anderen bloß den Scheitel bedecken. Das Haar fällt ihm im Alter aus, also dann, wenn er es am nötigsten hätte, um sich vor Kälte zu schützen. Man weiß übrigens nicht genau, wozu es ihm eigentlich dient. leber den Haaren trägt er gewöhnlich noch eine Bedeckung auf dem Kopfe. Soweit man es beurteilen kann, ist der übrige Körper nackt, abgesehen von der Haut, in die er sich einhüllt.

Alle anderen Tiere haben eine bestimmte Farbe. Die Kuh ist weiß oder rot oder braun oder gefleckt; der Schneehase ist im Winter weiß, im Sommer rötlich; der Bär ist braun; das Murmeltier hat ein geschmackvoll gefärbtes Fell, das von graubraun ins schwärzliche spielt. Nur die Haut des Menschen hat keine bestimmte Farbe. Sie ist halb durchsichtig und läßt das Blut und Fleisch durchschimmern. Das ist ohne Beispiel in der Natur. Wahrscheinlich schämt sich der Mensch dieser Abscheulichkeit und bedeckt sich aus diesem Grunde mit einer falschen Haut von bestimmter Färbung. Aber er läßt das Geficht frei, und auch die Hände, was einem Lust macht, hinein­zubeißen. Wäre ich ein wildes Tier, ich würde viele Menschen fressen.

Der Mensch wäre das wehrloseste der Tiere, denn er ist das ingefchickteste, wenn er nicht durch seine Erfindungskraft die natür lichen Mängel ersetzen könnte. Er hat feinen Geruchsfinn, kein Ge Hör, seine Sehkraft ist minderwertig; aber er hat einen erfindungs­reichen Kopf. Er nimmt ein längliches Instrument vors Auge und fann damit seine Beute aus jeder Entfernung entdecken. Gewöhnlich trägt er auf seiner Schulter ein anderes noch längeres Werkzeug; dieses richtet er gegen seine Opfer und dann sprigen unter schred lichem Krachen Feuer, Rauch und fleine, runde, schwere Steine heraus, die auf riesige Distanz diejenigen treffen, Nur ein Gott fann den Menschen gelehrt haben, solchermaßen den Blizz in seinen Dienst zu stellen. Warum blieb diese Kunst gerade dem Menschen vorbehalten, warum nicht anderen Tieren, beispielsweise uns? Womit hat der Mensch diesen Vorzug verdient? Ist es eine Auszeichnung vor den Göttern, wenn man unschuldig Blut vergießt?

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Der Mensch hat einen Zauber. Manche Arten von Tieren beugen sich vor ihm, erkennen ihn offen als ihren Herrn an und dienen ihm eifrig. Andere mißtrauen ihm und hassen ihn. Er ist nicht blutgierig wie der Geier. Man hat nie gefehen, daß er in das Fleisch seines Opfers gebiffen oder ihr Blut getrunken hätte. Er ist nicht zum Mörder geboren. Er hat keine scharfen Krallen, keinen Hacken­schnabel, feine spizzen Zähne. Er scheint auch gegen uns gar feinen natürlichen Haß zu haben. Er ist nicht grausam, er ist nur furchtbar hoch­mütig und von sich eingenommen. Der Mensch will die Unterwerfung der anderen Tiere. Er will herrschen oder sich wenigstens einbilden, au herrschen. Er liebt es, fich mit Stlaven zu umgeben. Jedes freie Wesen ist für ihn eine Beleidigung. Sein Traum wäre, der Herr der Erde zu sein. Dieses Streben wird sich erst dann erfüllen, bis Und die freien Geschöpfe der Berge aus der Welt geschafft find. Saran arbeitet der Mensch. Er tötet uns, weil er uns nicht knechten fann. Auf solche Art rächt sich seine Unfähigkeit. Mag er töten, soviel er will, uns wird er nicht zwingen, ihm Gefolgschaft zu leisten. Wer für die Freiheit geboren ist, wird den Menschen und seine Tra banten ewig haffen.

Das Reich des Menschen mehrt sich. Wohin er dringt, wird es ringsum öde und verlassen. Er bevölkert dann die Einöde mit seinen Kreaturen. Welches Naturspiel, daß gerade das mißlungenste aller Geschöpfe zur Herrschaft bestimmt sein soll! Und trotzdem: der Mensch schreitet vor, das Murmeltier geht zurück. Von unserer einstigen Ueberbevölkerung ist nicht mehr viel zu spüren. Ein dem anderen müssen wir verlassen. Nirgends ift Tal nach es mehr sicher. Unsere Urväter tannten nicht den Anblick, der sich uns nur allzu oft bietet, daß wir plöglich auf irgendeinem Berggrat die Kontur eines Menschen erblicken, die sich gegen den Himmel abhebt. Das sehen wir jetzt fast jeden Tag, be fonders im Sommer. In ganzen Karavanen ziehen sie zur Höhe, von Felsen zu Felsen. Einer hilft dem anderen, sie ziehen und stützen einander, bis sie oben sind. Dann fann man sie hören, wenn sie den Gipfel erreicht haben, wie sie mit lautem Freudengefchrei' den Sieg feiern, den sie über ihre ungeschicklichkeit davontrugen. Der Mensch will nicht allein über die Tiere herrschen, sondern auch über die Erde selbst. Er hat es sich zugeschworen, daß es kein Ge­biet gebeit soll, das er nicht durch seine Anwesenheit besudelt hätte. So viel Selbstülberhebung muß die Langmut des Himmels erschöpfen. Die Welt ist nicht für den Triumph des Unrechts geschaffen. Auch der Mensch und sein Ruhm sind vergänglich.

In meiner Gefangenschaft machte ich eine überraschende Ent­Deckung: der Mensch könnte gutherzig sein, er ist es sogar manchmal wirklich. Bergeblich sträubte ich mich, daran zu glauben. Ich sah selbst in seinen Augen den sanften Ausdruck des Mitgefühls. Man braucht einige Uebung, um sich da nicht zu täuschen. Diese beweg­lichen Augen, ganz gerade nach vorne gerichtet, flößen anfangs nur Angst ein. Der Blick ist so fest und zugleich so flüchtig wie bei feinem anderen Tier. Niemals ist man in Sicherheit vor diesem Auge. Auf die Dauer lernt man jedoch, darin zu lesen. Meistens liest man darin Hochmut oder Schurkerei. Manchmal las ich aber ganz deutlich darin die Güte. An dem Tage, als der Mensch mit den langen und feinen Haaren mich in das Gebirge zurücktrug, sah ich in seinen bläulichen Augen ein wahrhaftiges Lächeln. Ich bin jetzt überzeugt, daß er mich absichtlich freilassen. wollte. glaubt, daß die Menschen mit den feinen Haaren und mit der wallenden Haut um die Beine, daß diese Menschen Weibchen find. Ich glaube es auch. Daraus erklärt es sich, weshalb fie mehr Der Mensch kann sitzen und auf den Hinterbeinen stehen wie Sanftmut in der Bewegung und im Ausdruck haben. Aber nicht wir; hingegen fann er nicht auf allen Bieren laufen. Das einzig allein die Weibchen sind sanfterer Gefühle fähig. Der Mensch, der Richtige ist doch, je nach Bedarf entweder auf den Hinterbeinen oder morgens und abends die Milch von den Kühen holte, hatte sehr. auf allen Vieren zu gehen, so wie es die Murmeltiere tun. Der struppiges Haar und harte Gesichtszüge. Auch dieses Menschen Auge Mensch ist aber auf zwei Beinen nicht sicher; er scheint immer zu fab ich freundlich glänzen, wenn er eine Kleine Ruh streichelte, die er Hätte ich stolpern. Oft bedient er sich eines Baumzweiges, um sich bei seinem jedesmal liebkoste. Auch mir war er nicht böse gesinnt. langsamen und linkischen Gang zu stützen. Er läuft schwerfällig. Wie gewollt, so hätte er mich an den Lieblosungen teilnehmen könnte er auch leichtfüßig rennen, mit einer solchen Figur! Es ist lassen. Sch wies sie zurück wegen meiner Gefangenschaft, gar fein Verhältnis zwischen seinen unförmig dicen, pfeilerartigen und ich würde fie

Man

in Freis quich heute zurückweisen, heit. Denn schließlich, was muß man von einem Wesen *) Unter dem Titel Das Murmeltier mit dem Halsband" er- denken, daß der Güte fähig ist, und an der Güte nicht seine scheint in Kürze im Verlage von Georg Müller in München   ein Buch Freude findet, sondern sie gewaltsam unterdrückt? Das ist unerhört von Eugene Rambert  , das Paul Deutsch frei ins Deutsche übersetzt in der ganzen Natur. Ich verstehe den Geier, der nichts von Er­hat( Preis geheftet 3 M., gebunden 4 M.). Mit Genehmigung des barmen weiß; ich verstehe den Hund, der nichts ist als Niedrigkeit Verlages veröffentlichen wir hier das nachstehende Kapitel. und Wildheit. Aber der Mensch! Wie kann er die Geschöpfe, die mouers das Auge. Berantw. Rebatteur: Alfred Wielepp, Neukölln.-Drud u. Berlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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