Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 98.

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Smetse der Schmied.

Freitag, den 15. Mai.

Eine flämische Legende von Charles de Coster . Und der tönigliche Teufel befreuzte sich, schlug sich an die Brust, murmelte viele Paternoster, stund auf und sagte zu Smetſe: Sade mich ein, Schmied."

Solches tat Smetse gar behende, steckte den Teufel in den Sad, also daß nur der Kopf herausgudte, zog die starke Schnur fest um den Hals und stellte den Teufel auf einen Amboy.

Bei diesem Schauspiel brachen die Gesellen in Gelächter aus, flatschten in die Hände und machten tausend Scherze

zumal.

Schmied," fragte der Teufel, treiben diese Flämen

ihren Spott mit mir?" Ja, Sire."

Und was sagen sie, Schmied?"

Ei, Sire, sie sagen, daß man Pferde mit Hafer fängt, mit Leber Hunde, mit Disteln Esel, mit Kot Schweine, Fo­rellen mit geronnenem Blut, Karpfen mit Stäie, Sechte mit dem Gründling und Heuchler Eures Schlages mit Erzäh­lungen falscher Wunder."

Ha! Verräterischer Schmied," heulte der Teufel zähne­fuirschend, er hat den Namen des Herrn Sankt Joseph un­nüglich geführet, er hat schamlos gelogen!"

Sa, Sire."

Und Du wagtest mich zu schlagen wie Jakob Hessels und meinen getreuen Herzog?"

Mehr, Sire, jedoch nur, wenn Ihr wollt. Ihr werdet frei sein, wenn es Euch beliebt: frei, wenn Ihr mir den Baft zurückgebet, und geprügelt, wenn Ihr darauf bestehet, mich mitzuschleppen."

Dir den Pakt zurückgeben!" Heulte der Teufel, lieber will ich tausend Tode in einem Augenblick sterben.'

Herr König," sprach Smetse, ich beschwöre Euch, an Eure Knochen zu denken, welche mich schon nicht gar fräftig dünken. Bedentet auch, daß die Gelegenheit uns günstig ist, unser armes Flandern zu rächen, welches durch Eure Schuld mit Blut besudelt ist; aber es widersteht mir, da zu richten, wo der Zorn des allgerechten Gottes schon gerichtet bat, darum sputet Euch, mir den Bakt zurückzugeben; be: gnadigt mich, Herr König, oder es wird allsogleich regnen." Begnadigen!" sprach der Teufel, einen Flämen be­gnabigen, eher möge Flandern zugrunde gehen! Ha, warum habe ich nicht für einen Tag Macht, Heere und Schäße, so­viel ich will, dann wäre es mit Flandern bald zu Ende! Dann fähe man dort Teuerung herrschen, welche den Boden dörrt und das Wasser der Quellen und das Leben der Pflanzen ber­Stegen macht. Man sähe die letzten bleichen Bewohner der entvölterten Städte wie Gespenster umherirren und sich ein­ander auf dem Dunghaufen totschlagen, um etwelche verfaulte Nahrung zu suchen. Scharen von ausgehungerten Hunden riffen die Neugeborenen von der versiegten Mutterbrust, um fie zu verfchlingen, und Teuerung herrschte allda, wo Ueber­fluß war, Staub, wo Städte stunden, Tod, wo Leben war, Raben an Stelle der Menschen; und auf der nackten, steinigen, wüsten Erde, auf diesem Totenader würde ich ein schwarzes Kreuz mit dieser Inschrift aufstellen: Hier ruht das fegerische Flandern , Philipp von Hispanien schritt über seine Leiche." So sprechend, schäumte der Teufel vor böser Raserei; aber faum war sein fettes Wörtlein erffungen, so fiel alles, was an Eisenstangen und Hämmern in der Schmiede war, auf ihn nieder. Und Smetse und seine Leute schlugen wechselsweis zu und sprachen dabei: Dies ist für unsere Verträge und Vorrechte, welche Du trog Deiner Eide brochen und verlegt hast, denn Du warest meineidig."

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ihrem Hab und Gut zu bereichern: denn Du warest eint Dieb."

Dies ist für den unschuldigen Markgrafen von Berg op Zoom ,, den Du in seinem Gefängnis vergiftetest, um ihn zur beerben. Für den Prinzen von Ascoli , welchen Du zwangst, Dona Eufrafia, die von Dir schwanger war, zu heiraten, auf daß der künftige Banfert durch seine Besizungen reich würde, Der Prinz starb gleich vielen anderen: denn Du warest ein Giftmischer."

Dies ist für die falschen Zeugen, welche Du bestachest, und für Dein Versprechen, den, welcher den Prinzen Wilhelm töten würde, zu adeln; denn Du warst ein Seelenvergifter."

Und die Schläge fielen hageldicht, und die Krone des königlichen Teufels fiel zu Boden, und sein Leib war gleich dem des Herzogs nichts anderes denn ein Brei von Knochen Schlagen: Das ist dafür, daß Du die Garrotte erfandeſt, und Fleisch ohne Blut. Und die Gesellen sprachen beim um Montigny, Deines Sohnes Freund, zu erdrosseln; denn Du warest ein Erfinder neuer Martern."

,, Dies ist für den Herzog von Alba, für die Grafen van Egmont und van Hoorn, für all unsere armen Toten, für unsere Reufleute, welche von dannen zogen und Deutschland und England bereicherten; denn Du warest der Mörder und Verderber des Landes."

,, Dies ist für Dein Weib, das durch Deine Schuld starb; denn Du warest ein Gatte ohne Liebe."

,, Dies ist für Deinen armen Sohn Carfos, welcher starb, ohne frank gewesen zu sein; denn Du warest ein Vater, der fein Herz im Leibe hatte."

Dies ist, weil Du auf Sanftmut, Vertrauen und guten

willen unserer Lande mit Haß, Grausamkeit und Mord Be­scheid gabest; denn Du warest ein König ohne Gerechtigkeit." seinen abscheulichen Verordnungen und Ediften das Verderben ,, Und dies ist für den Kaiser, Deinen Vater, welcher mit unserer Lande einläutete. Bläue ihn in unserem Namen und sage uns, ob es Dir noch nicht beliebt, dem Baas den Bakt zurückzugeben?"

von Knochen und Fleisch herfürfam, Du hast alles, Smetse, a," greinte eine trübselige Stimme, so aus dem Brei Du bist quitt."

,, Gib mir das Bergament," sprach Smetse.

,, Deffne den Sack," gab die Stimme zur Antwort. weit aufmachen, und Mosie Philipp wird herauskommen Jawohl," sagte Smetse, ich werde unverweilt den Sack und mich gar hurtig in die Höllen schleppen! O, der gute, fleine Teufel! Aber es ist noch nicht die Stunde des hoch­notpeinlichen Blutgerichts. Darum so wage ich Eure Maje­ftät anzuflehen, mir zuvor das Pergament wiederzugeben, welches sie ohne Mühe durch die Oeffnung zwischen ihrem Salse und dem Rande des Sackes stecken könnte."

,, Das werde ich nicht tun."

,, Es wird geschehen, wie es Eurer scharfsinnigen Majestät beliebt. Im Sad ist sie und im Sad wird sie bleiben, ich habe nichts dawider. Jedem nach seinem Sinn; der meine ist, sie hübsch im Sacke zu lassen und sie also nach Middelburg in Walcheren zu bringen und allda von der Gemeine zu er­bitten, daß ich ein sicheres Kleines Gehäuse von Stein erbaue, Eure Majestät darin einzuschließen und nur ihr melancholisch Gesicht herfürschauen zu lassen. So einquartiert, kann sie Glüd, Frohsinn und Reichtum der Reformierten aus der Nähe sehen; das wird ihr ein groß Vergnügen sein, welches an den Meß- und Markttagen noch durch etliche boshaftige Maul­schellen in ihr Gesicht, etliche hinterlistige Stockschläge oder etlichen respektlosen Speichel vermehrt werden kann. Des weiteren, Sire, hättet Ihr die unaussprechliche Genugtuung, von Flandern , Brabant und Euren anderen Ländern, so durch Eure Schuld mit Blut besudelt wurden, manch wackere Pilger gekommen zu sehen, so Eurer barmherzigen Majestät Ihre Schuld mit dem Knippel in klingender Münze heimzahlen werden."

..Dies ist dafür, daß Du, als wir Dich riefen, nicht in unsere Lande zu kommen wagtest, zu der Zeit, da allein Deine Gegenwart die Erbittertesten beruhigt hätte; denn Du warest feige."

Dies ist für die reichen Römischen und Reformierten, die Du vom Leben zum Tode bringen ließest, um Dich an

Diese Schmach will ich nicht," sagte der Teufel; nimum, Schmied, nimm das Pergament."

Smetse gehorchte und fahe, daß es das seine war, unb nachdem er es in Weihwasser getaucht, zerfiel bas Bergament zu Staub.