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Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 95.
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Smetse der Schmied.
Dienstag, den 19. Mai.
Eine flämische Legende von Charles de Coster .
Wunderliche Teufel waren Affen von Quecksilber, so immerfort liefen, sprangen, tanzten und hin und her gingen. Selbige Teufel gingen zu den Faulen, so ihnen zugefallen waren, graben ihnen ein Grabscheit zum Graben, Gerät zum Fegen, einen Baum zum Abhauen, ein Buch zum Nachdenken. War die Arbeit angewiesen, so schaute der Faule sie an und sprach: morgen," reckte die Arme, träumte und gähnte; aber faum hatte er den Mund aufgesperrt, so stopfte der Affe einen Schwamm hinein, welcher in Quintessenz von Rhabarber getaucht war. Dies," hohnlachte er, ist für heute; arbeite, Lump, arbeite." Und derweil der Faule sich erbrach, schüttelte der Teufel ihn und zerrte ihn auf hunderterlei Weise und ließ ihm nicht mehr Ruhe denn die Bremse dem Pferd, und so durch alle Ewigkeit.
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Seurzweilige Teufel waren hübsche, kleine Kinder, gar aufgeweckt und boshaft, so Gewalt hatten, die Schulfüchse natürlich denken, sprechen, lachen und weinen zu lehren. Und so jie es nicht taten, schlugen sie ihnen derb auf die Finger. Aber die armen Schulfüchse fonnten nichts mehr lernen, maßen fie zu schwerfällig, alt und läppisch waren; also friegten jie alle Tage was auf die Finger und des Sonntags mit der Beitsche.
Und die Teufel riefen allzumal:„ Meister, wir leiden Hunger! Meister, gib uns zu essen. Lohne uns ein wenig
die guten Dienste, die wir dir leisten."
Und da der Mann auf dem Wagen plötzlich ein Zeichen gab, warf die Leye all diese Teufel auf den Damm, gleichwie das Meer sein Wasser aufs Ufer wirft, und beim Landen pfiffen sie grimmig und erschröcklich.
Und Smetse, sein Weib und die Gesellen hörten die Türen der Seller mit Kradsen aufspringen; und alle Fässer Braunbier stiegen pfeifend die Stiege hinauf, rollten in die Schmiede, und nachdem sie einen großen Kreis beschrieben, fielen sie pfeifend unter die Menge der Teufel. Dasselbige taten die vollen Weinflaschen, Schinken, Brote und Käse: desgleichen die schönen Crusados, Engelstaler, Philippstaler und andere Münzen, so sich alle in Speise und Trank verwandelten. Und die Teufel schlugen, stießen und verwundeten einander und waren nichts denn eine Masse von kämpfenden, Heufenden, aischenden Ungeheuern, so einander nichts gönnten. Als nicht Tropfen noch Brofamen übrig waren, winfte der Mann auf dent Wagen, und alle Teufel löften sich in schwarzes Wasser auf, zerfloffen im Fluß, und der Mann verschwand vom Himmel.
Und Smetfe, der Schmied, war arm wie zuvor, ausgenomen ein schönes Sädklein voll Goldstide, welches fein Weib von ohngefähr mit Weihwasser besprengt hatte und welches er behielt, wiewohl es vom Teufel fam. Aber es brachte ihm gar feinen Gewinn. Und er lebte, bis er plötzlich in seiner Schmiede starb, im hochbetagten und gesegneten
After von dreiundneunzig Jahren.
17. Von der Hölle, dem Fegfeuer, der fangen Leiter und endlich vom Paradiese. Da er tot war, mußte er durch die Hölle hindurch und war .als Schmied gekleidet. Da er zur Höllen fuhr, sah er durch die offenen Fenster die Teufel, so ihn auf der Leye erschreckt hatten und jetzo die armen Verdammten nach Kräften peinigten und quälten. Und Smetse kam zum Türhüter; aber da der ihn erblickte, heulte er erschröcklich: Smetse ist da, Smetse, der verräterische Schmied."
Und er wollte ihn nicht einlassen. Bei diesem Lärm famen Herr Luzifer , Frau Astarte und ihr ganzer Hofstaat an die Fenster und alle Teufel desgleichen. Und alle schrien vor Furcht:
,, Macht die Türen zu, es ist Smetfe, der Hinterlistige Schmied, der den Zauber hat, Smetse, der die armen Teufel prügelt. Wenn er herein kommt, wird er alles ni und um fehren, verderben und zerbrechen. Hebe Dich fort. Suetfe."
„ Edle Herren," sprach Smetse, wenn ich an diesen Ort fomme, Eure Schnauzen zu betrachten, welche nicht schön sind,
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wie ich Euch versichere, so geschieht es mit nichten zu meinent Ergötzen; im übrigen bin ich nicht begierig, bei Euch einzutreten, darum so vollführt nicht solch großes Lärmen, ihr Herren Teufel."
,, Heda, schöner Schmied," antwortete Frau Astarte ,,, jego zeigst Du die Samtpfote, aber wenn Du in unserem Quartier bist, so wirst Du Deine Krallen und Deine grausame Schlechtigkeit erweisen und uns allesamt umbringen, mich, meinen lieben Gemahl und meine Freunde. Hebe Dich fort, Smetse, bebe Dich fort, Schnied.
„ Edle Frau," sagte Smietie, Ihr seid die schönste Teufelin, so ich je erschaute, aber das genügt nicht, um so schlecht von Eures Nächsten Abfichten zu denken."
Hört Ihr den Biedermann?" sprach Frau Astarte . Wie er seine Gemeinheit unter Zuckerworten verbirgt! Jagt ihn fort, Teufel, aber tut ihm nicht zu webe."
,, Edle Frau," sagte Smetſe, geruhet mich anzuhören." ..Hebe Dich fort, Schmied," riefen die Teufel und warfen ihn mit glühenden Kohlen, beißen Steinen und allem, was sie erraffen fonnten. Und Smetse machte sich rasch aus dem Staube.
Da er etliche Zeit gewandert war, kam er an das Fegfeuer. Gegenüber war eine Leiter mit dieser Inschrift:„ Dies ist der Weg zum Paradiese."
Und Smetse stieg frobgemut die Leiter hinauf, welche von güldenen Drähten gemacht war, daraus hin und wieder scharfe Spizen hervorstachen, nach dem Worte des Herrn: Breit ist der Weg zur Hölle, mühselig und dornenvoll der Pfad zum Himmel." Und wahrlich, Smetie hatte in Bälde wunde Füße. Jedoch er stieg ohne Aufhören und hielt nicht eber an, als bis er zehnhunderttausend Sprossen gezählt hatte und nichts mehr von Erde und Hölle sab. Und der Durit überkam ihn, und da er nichts zu trinken fand. so ward ev mürrisch. Da jah er plöglich ein Wölflein vorbeischweben und fchlürfte es wohlgemut. Es deuchte ihn jedoch nicht so föstlich wie Braunbier, aber er getröstete sich und dachte, daß man nicht allerorten sein Behagen haben kann. Da er noch höher gestiegen war, hatte er mit einem Male große Mühe, seinen Sut festzuhalten, wegen eines tüdischen Herbstwindes, welcher zur Erde fuhr, um dort die letzten Blätter abzuweben. Und er ward von selbigem Winde trefflich geschüttelt und wäre um ein Haar heruntergefallen. Da er diese Prüfung bestanden, ergriff ihn der Hunger, und er sehnte sich nach dem guter Ochsenfleisch, über Tannzapfen geräuchert, welches arment Wanderern so wohl tut. Aber er faßte sich ein Herz und gedachte, daß dem Menschen nicht nach allem gelüften darf. Blöglich gewahrte er einen erschröcklichen Adler, welcher von der Erde auf ihn zufam. Gewißlich vermeinte er, daß er ein fetter Hammel sei, flog über ihn hin und wollte gleich einer Musfetenkugel auf ihn niederfallen: aber der wackere Schmied war ohne Furcht. Er wich im letzten Augenblic aus und packte den Vogel am Halse, welchen er ihm behende Stücke davon und fand sie zähe. Jedoch er nahm dies Fleisch umdrehte. Im Weiterklimmen rupfte er ihn emsig, aß robe mit Ergebung an, maßen er fein anderes hatte. Dann stieg er Stücke davon und fand sie zäbe. Jedoch er nahm dies Fleisch geduldig und tapfer mehrere Tage und mehrere Nächte und erblickte nichts denn das Blau des Himmels und zahllose Sonnen zu feinen Häupten, au seinen Füßen, zur Rechten, zur Linken und überall. Und es deuchte ihn, daß er inmitten einer schönen Kugel sei, deren Wände inwendig mit diesent herrlichen Blau bemalt und mit all diesen Sonnen, Monden und Sternen übersäet waren. Und er fürchtete sich ob der großen Stille und Unendlichkeit.
Plötzlich spiirte er linde Wärme, hörte harmonische Stintmen, ferne Musik, den Lärm einer emfigen Stadt und erblickte eine unermeßliche, mauerumgürtete Stadt, daraus Häuser, Bäume und Türme emborragten. Und er fühlte, daß er ohne seinen Willen schneller stieg, und da er die lebte Sprosse verließ, faßte er vor dem Tore der Stadt Fuß.
diese."
zu
,, Bei Artevelde," sprach er, ich bin vor dem guten ParaUnd er pochte ans Tor, und Herr Sankt Peter kam, ihm öffnen.
Smetse hatte ein wenig Furcht, da er die Riesengestalt des guten Heiligen, seinen starken Haarwuchs, seinen roten Bart,