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In der Schlacht haben sie Mut

Hoch die von Saint- Sauveur!"

Es ist die alte Weise für Querpfeifen, nach deren Takt die Nord

armee des Herrn Marquis von Villars bei Denain marschierte. Ja, sie waren in Denain dabei, die von Saint- Sauveur, das flandrische Fußvoll.

über eine Lichtung mit junggrünem Rasen auf dunkle' Ja, die vom Süden haben in Wattignies, unweit Mendenge, Tannen, der blaue Simmel stand drüber und leichtflodige mitgetan. Und nun kommen die aus jenem Viertel, wo die Hütten noch Wölfchen. Die Luft war gesättigt mit dem schweren Geruch junger Pflanzen und ruhte; in der Ferne rasselte ein Wagen, enger aneinander gedrängt jind, erdrückt von den erstickenden Wällen sonst war's ganz still, noch früh am Mittag. Sie waren zuerst der Kriegsstadt- die aus dem Biertel Saint- Sauveur. Sie fingen: in fauler und behaglicher Stimmung, daß sie gar nicht reden mochten; endlich fing Frieda doch an zu sprechen, zögernd auerst, dann lebhafter. Sie konnte nicht mehr allein sein, es ging nicht, daß fie so weiter lebte, fie ertrug es einfach nicht. Das hatte sie wohl alle die Jahre gequält und geängstigt: die Einsamkeit, sie war nicht geschaffen nur für sich allein zu leben. Und nun drückte sie ein Gedanke schon ein paar Tage Wie alt ist es doch, dieses langsame Volt, dies Voll, dem ehedem und sie konnte zu feinem Entschluß kommen. Er müsse raten die Barone mit langer Lanze, heute die Unternehmer mit der und helfen. Die Hausfrau, bei der sie früher wohnte, draußen großen Fabrit das Blut abzapfen! Geftoßen, geplündert, ausgebentet, in der Au war es, hatte eine hübsche, junge Tochter, wirklich beugte es seine breiten Schultern. Unterworfen und dreift, unter­ein prachtvolles Mädel, und sie, Frieda, hatte sie gern. Aber brüdt und unbesiegt, weiß es sich zu erheben- ein geduldiger die Mutter! Absolut wollte sie das Mädel schlecht machen, find zahlreich gekommen. Es ist Broquelet", das Fest des Spinn­Riese. Es muß nur wollen. Heute ist es aufgeftanden. Die Frauen und die hatte sich nur zu wehren und zu wehren Tag für fabens. Broquelet" so hieß die fleine Spule der, dintellières", Tag. Damals, als sie noch dort wohnte, versprach sie schon der alten Spizenklöpplerinnen von Flandern , die ihren Kleinen dem Mädel, etwas für sie zu tun, sie hatte ja ein kleines Ber - fangen: mögen neben ihrem Verdienst, und sie konnte gut ein wenig helfen. Aber noch hatte sie nichts getan, und nun ließ fie der Gedanke an das Kind nicht los.

Sturmflut.

Bon Pierre Hamp *).

( Forts. folgt.)

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Schläfst Du nicht bis zum Morgen, So machst Du mir viele Sorgen."

Es gibt feine dintellières" mehr und feine broquelets". Aber der Broquelet ist als Fest der Textilarbeiter geblieben, für alles Voll der Spinnereien und Webereien.

Die Musit stellt sich in einer Reihe auf. Unter ihren Klängen rüdt das Bolt vor, unter der Saat der Fahnen, von Mauer au Mauer die Straßen der Hütten und Fabriken füllend. Es marschiert einmütig, ohne Aneinanderprall, ohne Stoßen einher. Zwanzig­tausend Schultern berühren einander, bis auf die Stellen, wo die in dieser Dichte unsichtbaren Kinder marschieren. Dort ist es immer wie ein Schacht in der Menge.

Hinter der Mufit blüht ein Garten von wandelnden Blumen­sträußen um die Abgeordneten berum, die mit ihren Bornamen begrüßt werden. Männer mit geistlichen Hüten machen Prediger­gebärden. Die tomischen Kopfbededungen wollen auf ihren nicht ge­wöhnlichen Köpfen nicht figen bleiben. Gewissenhaft drüden sie sie so weit ins Gesicht, als sie nur können.

Es ist Montag, der elfte Mai, sechs Uhr abend. Wir sind auf der Arbeitsbörse von Ville. Der untere Saal, dort, wo Bier ge­trunken wird, ist voll. Die weißen Rauchschwaden aus den Thon pfeifen verschmelzen in blauem Nebel. Kein Schrei tönt aus dem gleichmäßigen Brausen der starken Stimmen des Bolte heraus. Das Boll ist heute zufrieden, weil es zu Abgeordneten die Männer ge­wählt hat, die in seiner Not, in seinen Wohnhöhlen, in seiner Arbeit gelebt haben. Es duzt sie und trägt sie auf seinen Schultern. Es hat sie erwählt trotz des Wahlbetrugs der Herren von der Partei der anftändigen Lente". Die anständigen Leute" haben aus Belgien An die Manern der Häuser und Fabriken gelehnt, bilden Lente verkleidete Mönche fommen laffen, die mit ben vom einen Lattenzaun, den die Flut der Masse zerbricht. Fort­Bürgermeisteramt gelieferten falschen Wählerkarten neunzehnmal geriffen, lösen sie sich ab und lassen ihren Plazz an der Mauer nadt oder auch etwas öfter wählen gingen. Die Männer von zurüd.

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der Arbeitsbörse aber, schlau und entschlossen, spürten die Der donnernde rote und schwarze Wildbach heult in den alten Fährte des geschickten Geistlichen auf und zwangen die Polizei, fie Straßen: Wazenimes, das lleine Belgien, die Nue de Juliers, wo in flagranti festzunehmen. Der Standal schlug jab und dröhnend die Blamen von der Lys wohnen, Entel derjenigen, die bei Kortreit empor. Der Herr Bürgermeister, der eine hochangesehene Persön- die Ritter Philipps des Schönen zur Ader ließen. Und die Männer lichleit ist, mußte heute morgen plötzlich zurücktreten. Gelächter, aus dem Lande von Gent , der unbezähmbaren Stadt. Mit tiefem feifte Freude und Gelärm. Eine Kermeß in den Wohnhöhlen. Noch Ernst öffnen sie in ihrem blonden Geficht den großen Mund der einmal hat die alte Gemeinde" von Flandern , maffig und ver- Biertrinker, um auf vlämisch die Worte der Internationale" zu schlagen, den vergoldeten Edelmann von seinem hohen Roß ge- fingen. Es wird Nacht. Ueber der fingenden Menge heben Stöde worfen. Und es lacht den Reichen aus. Lacht über den Briefter, rote Lichter empor. Geduldig, mächtig rüdt das Bolt mit den denn er ist des Reichen Freund. Er hat einen Gott aus Gold ein Fadeln vor. gefegt, einen Feind des Bolles, den Gott, der seine Gunst ben Leuten mit großem Vermögen schenkt. Und er dient ihm, um den Armen zu unterdrücken, der ohne Erbarmen zu schlecht entlohnter Arbeit und zur totbringenden Wohnhöhle verurteilt ist

Ein Mann mit einem Priesterhut auf dem Stopf steigt auf einen Tisch und taucht die Borften einer Abtrittsbürfte in einen Bierschoppen. Mit diesem Weibwedel besprengt er das lachende Boll, das an den gefirnißten Tischen fitzt, die das von den weißen Zinnkannen abtropfende Vier benäßt.

Ein niedliches Kind, auf Schultern Hudepad reitend, öffnet ob dieser wunderbaren Dinge die Augen groß und doch beruhigt, denn es ist der Bater, der es trägt: Gebeugt geht er einher und fingt. Die Kleine schwenkt eine Groschenfahne. Wenn die Musik wieder anhebt, fängt sie immer an zu vopsen. Der Vater hält ihre Füße fest, denn sie schlägt mit den Abfägen auf ihn ein. Der noch von Wilch rinnende Mund bewegt sich. Was sagt er? Die dröhnende Menge trägt sie fort, unvernehmbar und wie im Triumph.

Auf dem Blaz draußen streuen die Verkäufer von roten Papier - fie ein, hinter seinen vorausfliegenden Geschrei. Sternlos liegt die Hier sind die schönen Stadtviertel. Das düstere Volt zicht in fähnchen eine Blüte von Nellen über die Menge aus. Jezt kommt Nacht auf der Stadt der Reichen. Auf den Boulevards mit den hinter ihrer Ziehharmonika die Parteifektion der Boftvorstadt: Der Süden", wie man hierzulande sagt. Die vom Süden find wadere wohlhäbigen Häusern lodert sich die Menge und verdreifacht, ihre Jungen." Der Vormarsch bringt die geduldige Menge langfam in Breite. Die zum Stehen gebrachten Straßenbahnwagen bilden Riffe, Bewegung. Der Mufitant spielt mit ernster Miene vor der roten an denen sich die Flut teilt und wieder schließt. Ein Mann schlägt Fahne mit goldener Aufschrift. Aus den alten Häuschen des Südens, auf die niedergelassenen Rollbalfen der schönen Geschäftslädey. Ans die so niedrig, schwarz und tödlich find, aus den Blankenbütten der Freude am Lärm. Dort, wo der Rollbalken nicht heruntergezogen Feftungszone tommen diese trogigen Gesichter her, um zu lachen weinen jetzt vor Müdigkeit. Die kleine mit der Fahne schläft ist, rührt er nicht an die Spiegelscheiben. Die getragenen Kinder und zu tanzen. Und um den Priester zu verspotten, der gegen den mit gekreuzten Armen auf dem Kopf des Baters, der immer noch Armen unbarmherzig ist, denn er übt in den Wohnhöhlen die Wohl­weiter fingt. tätigkeit des reichen Unternehmers aus die abscheuliche Wohl­tätigkeit.

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Die rote Fahne des schwarzen Elends zieht ein, vom lauten Buruf empfangen, den die Liebe der Frauen und die Freude der Kinder füllt. Arbeiterarme halten die Kappen hoch.

Der Mann mit der Harmonika steht jezt auf dem Tisch des Segenspenders. Er spielt mit strengem, firchlichem, geweihtem Ernst. Spielt die alte Carmagnole der Soldaten von Wattignies:

Brot ffre unsere Brüder, Hoch der Kanonenschall..."

*) Wir entnehmen diese anschauliche Schilderung einer Bolts­fundgebung im franzöfifchen Norden der Humanité". Der Verfasser, Pierre Hamp , hat durch eine Reihe literarisch wertvoller Darstellungen aus der modernen industriellen Welt( vor allem Le Rail", das Gleis) rasch ein hohis Ansehen ertvorben.

Das arme Stadtviertel überschwemmt mit seiner Menge das reiche. Die Masse ist auf dem Großen Blak", den Cafés mit verlassenen Terrassen umfäumen. Geschützt hinter den beleuchteten Spiegelscheiben schauen Herren mit schönen Krawatten heraus. Die auf die Tische steigen. Sie zerbrechen nichts. Ihre unwiderstehliche Maffe sprigt Wellen hinein, aus denen Männer emportauchen, die Anmaßung begnügt sich damit, die Füße hinzustellen, wo der Reiche fein Glas hinftellt. Ihre Woge, die tief wie das Elend der alten Biertel ist, schlägt fanft an die Mauern der großen Häufer. ihnen ist die Kraft, die die Mauer zum Berften bringen könnte. Sie ziehen vorüber. Ihre roten Feuer und ihre Fahnen entfernen sich, nach ihren Vierteln der Fabriken und Baraden hin. Die Kellner tommen hervor und wischen die Tische ab. Und das beschimpfte Viertel der Reichen hört da unten, in den schwarzen Straßen die alte Gemeinde" von Flandern , geduldig und unbesieg­lich, fingend zu ihrem Elend heimziehen.

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