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Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 102.
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Der Kakadu.
Freitag, den 29. Mai.
Erzählung von Anna Croissant- Rust . ., Herr Huller!" Frida war ganz blaß geworden, und er hätte am liebsten mit Neft geängelt, ob sie sich auch wie er über die prüde alte Jungfer mofiere, aber er schämte fid deffen auf einmal, er wußte zwar nicht recht weshalb, er fchämte sich einfach.' tschuldigen Sie, Frida! Ich glaube, ich bin nicht ganz aurednungsfähig; ich habe zu viel Wein getrunken. Das vertrage ich nie, das macht mich rabiat; es ist beffer, ich gehe jekt. Nur müssen Sie mir prompt sagen, daß Sie mir nicht bös find, ich weiß zwar nicht mehr, warum Sie mir bös sein sollten, ich bin nämlich wire im Kopf, oder so aber es ist meie, als hätte ich Ihnen etwas abgubitten oder so."
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Während Refi Licht bolte, um ihm hinunterzufeuchten, blieb er zwar etivas wadlig, aber sehr schuldbewußt vor Friba stehen. Er schämte sich vor ihr, obwohl sie ihm grandios" lächerlich vorfan. Er war falsch gegen sie gewefen, feine Frage, und das Rest war auch falsch. Sie waren einfach Plebejer und Friba von einer anderen Raffe. Lächerlich peüde, ein berrupfter, bergupfter Stakabu- und doch, er bettelte förmlich fann nicht geben, bis Sie mir fagen, daß Sie inir berziehen haben. Was und weshalb und wodurch weiß ich nicht mehr, aber schimpfen Sie, zanfen Sie, mur feien Sie wieder gut!"
Sch bin ja gut!"
Unsicher budte sich Huller über ihre Haub, drückte sie feft an die Lippen, sah ihr nochmals in die Augen, ganz erflaunt baß fie voll Tränen standen, schüttefte, ein wenig aus der Faffung gebracht, ben Stopf. tälschelte hierauf fiebfofend ihre Hand: Lieb sein, qut fein, lieb sein, qut fein" dabei murmelub,
Er war nicht ganz sicher beim Simuntergehen; auch fladerte das Rest, ungnädiger Laune wie sie schien, mit dem Licht hin und her, daß er fast die Stufen nicht gefunden und über die Treppe Ginabgestürzt wäre. Sie warf im noch ein ungnädiges:„ Schlafen's wohl!" nach, während sie die Treppe Hinaufrannte.
Frida stand noch auf denselben Fled wie vorbin; fie schloß Resi feft und lang in die Arme und füßte fie.
ekt fann ich Dir erst richtig Grüß Gott" fageit, liebes Rind. Hab mich ein wenig lieb, so wird es sehr schön werden bei uns. Ich hab' Dich ia geru, das weißt Du, und ich hoffe, es wird Dich nicht reuen
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Aber Fräulein von Kausnit! Ich bitt' Sie! Steine Spur! Sie wissen es ja selbst, wie's bei uns ist. Die Mutter! Ner! Grausen tut mir vor ihr! Wenn sie mich nur verkuppeln könnt', an den, den sie ausgesucht hat."
1914
Am nächsten Morgen wollte Frida ihr neues Pflegekind dem Hausherrn anmelden. Sie war schlechter Laune, denn sie hatte die halbe Nacht nicht schlafen können. Der Sylphiderich war wieder einmal betrunken nach Hause gekommen, batte fürchterlichen Radau auf der Treppe gemacht, mit seiner Frau trakebit, die Türen zugeschlagen und zuletzt scheinbar alles kurz und flein geschlagen. Huller mußte sich eingemischt und geschimpft haben, die Frau weinte und Rest fand das alles scheinbar sehr komisch, denn sie wäre am liebstent aus dem Bett gesprungen, unt zu sehen, was los sei; so neugierig war fie.
Frida batte gute Lust, den nächtlichen Standal dent Hausherrn zu berichten, doch hielt fie der Gedanke an die Sylphide mit ihren stieren Augen davon ab. Vielleicht schlug dann der Mann in der Wut dies arme, stumpfe, gleichgültige Weib erst recht.
Der Bengel, der Frida den Namen„ Kakadu" aufgebricht batte, öffnete. Er ließ sie draußen Steben, riß drinnen eine Tür auf und schrie aus vollem Haffe:
..Bapa, Bapa! Der Stafadu ist eben angeflogen getommen. Draußen wartet er!"
Der Bater fant nach einiger Zeit selbst und bat sie mit after Würde, in sein Arbeitszimmer einzutreten. Er war verbindlich mit einer gewissen herablaffenden Nitterlichkeit, die nicht frei von Strenge war. Dermächtige Bascha" nannte ihn Suller. Was wünschen Sie, Fräulein von ausnit?"
„ Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen und utödite fie bei Ihnen anmelden. Sie haben nichts dagegen?" Er betrachtete angelegentlich seinen dicken Smyrnateppich. Die Eltern wissen darum?"
„ Das junge Mädchen hak irgendeine Stellung?" Gewiß." „ st bei
Bei Weidner."
..Dante, ich habe natürlich nichts einzuwenden, empfehle mich, mein Fräulein."
Er hatte freilich nichts einzuwenden Befagtes Fräulein gefiel ihm sogar über alle Maßen qut, und er war Frauentenner! Ru feinem Freunde, dem Hauptmann im zweiten Stock, sagte er in aller Vertraulichkeit: Nun ist's aber faftisch ein Raritätenfasten drüben, denn die haben eine Schönheit. eine Schönheit sag' ich Dir! Vaß nur auf, wenn das Gefchäft aus ist und sie font. Du wirst Augen machen!"
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Es regnete. Ein milder, warmer Mairegelt nach heißen. sonnigen, Tagen, ein Regen, bei dem die Erde zu dampfen schien und die jungen Blätter griner, immer griner wurden. Es sah aus, als wolle die Sonne jeden Augenblick durchkommen, so weiß und leicht war der Himmel; doch regnete es
..Somin, set Dich zu mir und erzähle. Oder bist Du fachte weiter, nun schon den zweiten Tag. müde? Dann können wir auch zu Bett geben."
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Frida saß am offenen Fenster und stickte. Endlich wieder Nein, sie war nicht müde; das fannte sie überhaupt nicht. ein Tag, an dem sie mit Eifer arbeiten konnte! Sie war Aber was sollte sie erzählen? Zu Hause war eben immer unverantwortlich leichtsinnig und faul gewesen, seit Huiler mit derselbe Tanz, und jetzt gerade war es noch ärger. Rest ihr verkehrte. War er des Abends da, so stickte sie wohl, das stockte besser sie sagte gleich alles, was sie auf dem Herzen heißt, sie hielt ihre Arbeit in der Hand und tat mechanisch ein hatte. paar Stiche. Sie hörte zu begierig zu, sie hatte zu viel in sich aufzunehmen. Alles was er sprach und was er las, war für sie aus einer anderen Welt, aus einer, die sie nun fennenlernen wollte, um jeden Preis.
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Warum ärger?" Frida nahm sie bei der Hand. Mir fannst Du alles sagen, ich bin Dir wie eine beinahe hätte fie Mutter" gefagt, befann sich einen Augenblick und sagte: ,, vie eine Freundin!"
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ch trait' mich nicht!"
,, Oh, geb! Sag auch nicht immer Fräulein von Kausuib. Heiß mich Frida."
Sie sind so gut! Wissen Sie, die Mutter, ich hab's ja schon gesagt, hat einen für mich, der viel Geld hat und mich gleich heiraten würde. Ich mag ihn aber nicht"
Weil Du einen anderen gern bast! Sab' ich mir gleich gedacht. Will der Dich auch beiraten?"
Refi nickte eifrig:„ Darf ich ihn einmal bringen?" ..Gewiß, das mußt Du sogar. Schau, schau, hat sich bas Kind selbst einen gesucht!" Sie streichelte Resi die Baden:- ..und lieb bat sie ihn arg? Oh, Du Glückliche! Ich will alles für Dich tun, was ich fann, aber Du mußt ganz offen sein und mir alles sagen, fein Geheimnis vor mir haben. So, jezt bin ich beruhigt, nun gehen wir zu Bett."
Nun kam der Termin der Arbeitsablieferung, sie war sehr im Rückstand geblieben und stickte. ohne Unterbrechung. Es war ihr eine ganze Lust, daß es so schnell ging und sie fummite vor sich hin: Uebern Garten, durch die Lüfte, bör ich Wandervögel ziehn."
Wie lange hate sie wohl nicht mehr gesungen? Ganz feicht war's ihr heute zumut, wenn auch nicht rubig, nicht friedlich. Es war ein Drängen und Sehnen, ein wunderliches, bebendes Zusammenfassenwollen alt dieser untiaren, immer wieder fliehenden Gedanken, eine ffeine, beinabe süße, zitternde Angst, sie nicht festhalten zu können.
Sie hörte auf mit Singen und wurde sich jetzt erst mirffich bewußt, daß sie laut und bell gesungen batte.
Da lachte sie halb verlegen, Gaib belustigt vor sich bin und strich sich nachdentlich über die Saare: Dann stand sie auf, langfam, träg wie im Traum stellte sie sich vor den