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Der Hügelbauer schwieg und sah verschlossen aus ganz beschränkt, aber in ihm leuchtete es vor Verschlagenheit. Schau, schau, der Hardesvogt war sogar unterrichtet; bann war es wohl kein reines Versehen. Irgendein Licht begann ihm jetzt aufzugehen.
Er schwieg lange. Der Hardesvogt muß es ungeschehen machen, erklärte er endlich eindringlich.
Lange Zeit verhielt er sich ruhig, und man meinte, er habe Bernunft angenommen. Aber er fann bloß nach und behielt feine Ueberlegungen für sich, damit ihm niemand zuborläme. Den bäter lichen Hof versah er aber nicht mit der alten Sicherheit; es war etwas bei der fatalen Entmündigung in ihm zerbrochen. Es war, als ob eine eiserne Tür hinter ihm zugeschlagen wäre nach dem Leben und den Menschen hin. Er hielt sich für sich und war düster. Seinen Kampf fämpfte er hartnädig weiter. Er sammelte und Sparte, und als ei tausend Kronen in barem Gelde hatte, ging er zum Amtmann. Hier sind tausend Kronen", sagte er siegesficher und legte den Lederbeutel mit dem Gelde auf den Tisch vor den Amtmann hin. Kann ich nun vielleicht mein Recht friegen?"
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Nur für die zwei Brüder nicht.
Jetzt war die Situation eben ivie gefchaffen für file: jest sollte feine Macht ihre Pläne durchkreuzen! Insgeheim rüsteten fie fich zu weiter Fahrt, und eines Nachts begaben sie sich auf das Eis hinaus, um zur Hauptstadt zu wandern und den König aufzusuchen. Später hat niemand sie gesehen.
Der Vogt ging auf ihn zu und ergriff ihn an den Schultern: Herrgott, Mann, was soll ich denn nach Ihrer Ansicht tun? Es ist ja berbessert! Begreifen Sie denn nicht, daß Sie nichts als querulieren? Sie wollen vielleicht einen Prozeß führen, was?" Er wandte ihm den Rücken und ging in sein Privatbureau; er fannte diese Bauern mit ihren endlosen Rechthabereien diese Prozeß Hostes dum vulnerati fratres", dieser prägnante lateinische hansel! Der Hügelbauer nahm seine Müge und ging. Nun sab Satz enthüllt schon den Grundgedanken dessen, was der moderne er's: es war eine abgefartete Sache! In den Papieren da drüben Mensch mit dem Begriff Genfer Konvention " verbindet. Der ver stand gewiß Jens Peter und nicht Jens, das würde man sehen! undete Feind muß als Bruder, als Freund gelten", so etwa läßt Diese Leute wußten wohl, was sie taten! Aber nun wollte er nicht fich der Satz verdeutschen. Aber wie lange hat es gedauert, bis er eher nachlassen, bis er sein Recht bekam! sich zunächst einmal bei den zibilisierten Wölfern einbürgerte und unsch nun gar, bis er durch internationale Vereinbarung nicht mehr blieb, organisierte Hilfe im Krieg Eine sondern zu anerkanntem Recht wurde. einem Jahrtausend; schon damals schlossen fich Vereine zum Schutz finden wir schon vor und zur Pflege der Genossen zusammen, die nach der Sitte des Mittelalters zu Drden ausgestaltet wurden. Die Tradition Heilige Grab auszogen, die Ungläubigen zu töten und ihre Brüder dieser Ritterorden, die mit dem doppelten Gelübde zum Kampf ums freundliche Aufgabe vielfach im Streben nach Macht und Ruhm verzu heilen, find zwar bald verweltlicht und haben ihre menschengeffen; nur die Tradition blieb erhalten, und auch heute noch ge hören zum Roten Kreuz die sogenannten Ritterorden der preußischen Johanniter, der Malthefer- und St. Georgs- Ritter. Was jahrhunderte lang freiwilliger Pflege und Hilfe überlassen geblieben, das erfuhr in den napoleonischen Kriegen zum ersten Mal eine militärische Drömung und Organisation. War es nicht Mitleid, so war es doch die praktisch richtige Einsicht des Vorteils, die dazu drängte, dem Sanitätswesen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Segensreiches und Vorbildliches ist damals bon den napoleonischen Militärärzten Wie weit man vor 100 Jahren in Deutschland noch von der Ver durch ihre Einrichtungen für die Verwundetenpflege geschaffen worden. wirklichung des Gages hostes dum vulnerati fratres" entfernt war, geht auch aus der Tatsache hervor, daß die Verordnung für den Landsturm von 1813 im§ 8 ausdrücklich bestimmte, daß auch die Hofpitäler des Feindes aufzuheben seien. Diese Verordnung soll fogar noch 1870 bestanden haben, ist aber praktisch nicht in Frage gekommen, da ja kein Feind den deutschen Boden betrat.
Der höchste Beamte der Infel galt für etwas beschränkt; aber so viel verstand er doch, daß dies ein Versuch von Bestechung war. Er ließ Jens Peter Köller zur Tür hinauswerfen.
Nun war also das Ganze gesperrt! Hier auf der Insel gab es niemand, der ihm zu seinem Rechte verhelfen wollte. Er hatte die Sache bis zur höchsten Instanz verfolgt und war nun darauf angewiesen, seinen Teil allein zu tragen.
Es gibt wenige Menschen, die lange einsam bleiben tönnen. Jede Sache verlangt außerdem Anhänger; ein einziger reicht aus, aber dieser eine ist nicht zu entbehren.
So fanden er und der Bruder einander. Die beiden waren gleich überzeugt von der verhängnisvollen Bedeutung des Versehens und gleich erfüllt von dem Wunsch, es verbessert zu sehen. Der Borrehof ruhte nach wie vor als Bürde auf des Jens Schultern; er fümmerte sich um nichts, und doch war ihm zu Mute, als hätte er fich mit allem herumzuschlagen. Er sehnte sich nach Erlösung.
Die beiden hatten sich so eingerichtet, wie die allgemeine Auf faffung von der Lage der Dinge es berlangte. Jens Peter stand dem Hofe vor und trat in allen Punkten als Vormund des Bruders auf. Aber sicher in seinen Handlungen war er nicht. Jetzt verfügte er endlich über den väterlichen Hof und konnte nach eignem Gutdünken schalten und walten. Und doch war ihm nicht danach ums Herz; in ihm saß beständig irgend Etwas, das ihn dem Bruder gegenüber niederbeugte, und das den halbkindifchen armen Menschen zum eigentlichen Herrn im Hause machte. Ruhe gab die Ordnung der Dinge teinem von ihnen.
So fanden sie also einander. Sie hatten das gleiche Ziel, den gleichen Kampf, und als die Frage zwischen ihnen erst einmal angeschnitten war, entdeckte Jens Peter bald, daß Jens gar nicht so töricht war, wie man allgemein glaubte. Mit anderen konnten sie nicht so gut über das reden, was sie stets beschäftigte; sie waren achtsam und argwöhnisch und fingen das geringste Lächeln in den Augenwinkeln der Leute auf. Aber unter vier Augen besprachen sie die Frage um so freier und entwarfen Pläne und wie verstanden fle einander!
Bei alledem wurde Jens ernster und ausdauernder; er suchte nicht mehr die Stadt auf, um sich dort herumzutreiben, sondern blieb am liebsten in der Nähe des Bruders. Jens Peter wiederum wurde von ihm angesteckt und nahm etwas von seinem leichteren Sinn an. So wenig dister wie jetzt war er seit Jahr und Tag nicht gewesen. Die Leute waren erstaunt darüber, wie viel die beiden jetzt zu sammen zu besprechen hatten. Und es fam vor, daß sie gemeinsam ein wenig lachten; das hatte früher niemand erlebt.
Sie grübelten große Pläne aus, wie sie der Insel zu Leibe rücken wollten denn jetzt hatten sie ja das Ganze gegen sich! Nach und nach gewannen ihre Pläne eine bestimmte großzügige Form. Sie wollten heimlich zum König reisen und ihn dazu bestimmen, die Berbesserung in den Papieren vorzunehmen, und dann mit den richtiggestellten Dokumenten nach Hause kommen! Durch eine große Umgebungsbewegung würden sie dem Feind in den Rüden fallen und ihn zu Boden schlagen.
Aber es tam darauf an, im Verborgenen zu handeln, so daß niemand ihre Pläne zu freuzen vermochte! Den ganzen Winter fannen sie zusammen, wie sie es ermöglichen könnten, hinüber zu gelangen und den König zu sprechen, ohne daß es jemand erführe. Den Dampfer zu benutzen, würde ja zwecklos fein, wenn die Reise geheim bleiben sollte; und feiner von ihnen verstand es, ein Boot zu führen. Aber im März endlich kam die Natur ihnen zu Hilfe. Oben aus dem Nuffischen ber schwamm das Treibeis heran mit strengem Rachwinter und ballte sich um Bornholm zusammen, so daß jede Berbindung mit der Umwelt unterbrochen wurde.pbiotest
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Immer größer wurden im 19. Jahrhundert die Heere, immer furchtbarer die Verheerungen, die der Krieg unter den Soldaten anrichtete. Während des Krimkrieges stiegen die Verluste der englischen Armee bor Sebastopol ins Ungeheure. Von 83 000 Mann, die Britannien innerhalb von zwei Jahren nach der Krim sandte, starben 16 000, d. h. jeder fünfte Mann. Die Sterblichkeit in den Spitälern, in denen mehr Cholerakrante als Vertvundete lagen, wuchs ins Unermeßliche. Da ging im Auftrag des Kriegsministers Lord Sidney eine Frau nach dem Kriegsschauplak, eine Helferin der Menschheit, die berühmte Miß Nightingale, die durch ihre Kenntnisse, ihre Ausdauer und persönliche Hingebung eine völlige Umwandlung im Spitalwesen der Engländer hervorbrachte, so daß in den Hofpitälern, wo borher die Hälfte der Kranken unerbittlich dem Lode verfallen war, nunmehr fast alle bis auf zwei oder brei genasen. Das Auftreten dieser Frau bezeichnet einen Wendepunkt im Sanitätswesen des Krieges; auch die Russen lernten von ihr. Auf dem Schlachtfeld selbst aber blieb es bei dem alten Leid, das in nichts die Qual der Verwundeten milderte. Da führte der mörderische Tag von Solferino auch hier den Anbruch segensreicher Neuerungen herauf. Ein edler Menschenfreund, der Genfer Henry Dunant sah das grausige Bild der Schlachtfelder von Solferino unmittelbar nach dem Kampfe und in der ergreifenden Schilderung seines ernsten Mahnbuches Eine Erinnerung an Solferino" führte er der Menschheit die Grausamkeit eines solchen Verfahrens, das die Verwundeten auf dem Schlachtfeld sich selbst überläßt, eindringlich vor Augen. Aus dem unablässigen Wirken Dunants entstand nun eine Reform des Kriegsrechtes. Die Berivundeten dürfen nur soweit leiden, als es der Zweck des Krieges verlangt, diese Forderung stellte Dunant mit einer Schar Gleichgesinnter auf, und er verlangte weiter: Sind fie außer Kampf gesezt, so hören fie auf, Feinde zu sein, und werden Gegenstand der Hilfe. Diese Hitfe darf nicht gestört werden durch feindliche Maßregeln: Aerzte, Spitäler, Heilsmaterial find außer halb des Krieges gestellt... Das militärische Bersonal reicht aber nicht aus und wird nie ausreichen, wenn es auch verdoppelt umb verbreifacht würde. Man muß sich unabweisbar an die Bevölkerung wenden. Also muß man einen Aufruf erlassen und eine Bitte richten an jedermann, in allen Ländern, jeden Ranges, jeder Stellung, an Männer wie Frauen, an die Prinzessin wie an die arme Witwe, an alle, die noch ein Herz für ihren Nächsten haben. Die Menschlich teit wie die Gefittung verlangen gebieterisch ein solches Wert." Diese Worte gingen gedruckt in alle Welt und fanden fruchtbaren Boden, so daß 1863 eine Genfer Konferenz zusammentrat. Schon vorher hatte im amerikanischen Sezessionstriege die neue Welt ein Vorbild geboten, denn hier trat eine, Gesundheitskommission der amerikanischen Frauenvereine zusammen, die bereits ein Borbote des Roten Kreuz" war und Besseres zur Heilung des Krieges leistete, als je borher gelungen war.