einSezieht 23,53 Millionen Ouadratkilometer. Obenan steht das russische Reick mit 5,31 beziehungsweise 21,84 Millionen Luadratkilometer. In weitem Abstand folgen mit 536 464 Quadrat- tilometer Frankreich , mit 313 649 Großbritannien . Diesen großen Ländern reihen sich an Serbien mit zirka 84 90(1, Belgien mit 29 455 und Montenegro mit rund 15 909 Quadratkilometer. Sämtliche Länder Europas umfassen eine Fläche von 19,0 Millionen Quadrat- kilometer oder noch nicht einmal den dreizehnten Teil der Erd- oberfläche mit 134,7 Millionen Quadratkilometer. Von dem europäischen Ländergebiet von 19 Millionen Quadratkilometer be- finden sich also zurzeit nicht weniger als 7,51 Millionen im Krieg. Berücksichtigt man, daß auch noch die meisten neutralen Länder in Europa mobil gemocht haben, so kann man ohne Uebertreibung sagen, daß das gesamte Europa sich im Kriegs- zustande befindet. Das ist aber schließlich in der Geschichte Europas nichts Neues, daS Besondere des gegenwärtigen Krieges ist die numerische Uebcrmacht der gegnerischen Bevölkerung. Das Deutsche Reich zählt nach der letzten Zählung 64,92 Millionen, Oesterreich- Ungarn 51,39 Millionen, die beiden Länder zusammen also 116,31 Millionen Menschen. Die vereinigten gegnerischen Länder haben dagegen eine Bevölkerung von 269,91 Millionen Menschen, die sich auf die einzelnen Gebiete wie folgt verteilt: das russische Reich hat eine Bevölkerung von 163 Millionen, Großbritannien eine solche von 45,22. Frankreich von 39,69, Belgien von 7,42, Serbien von zirka 4,49 Millionen und Montenegro von etwa 259 999 Menschen. Die Bevölkerung aller am Kriege beteiligten Länder stellt sich auf 376,32 Millionen Menschen. Erwägt man nun, daß Europa insgesamt 465 Millionen Einwohner, mit Einbeziehung des asiatischen Rußlands 493 Millionen haben mag, so sichr man, daß der Ausdruck.Europa in Waffen" bei diesem Kriege in Wirklichkeit zutrifft. Die Bevölkerung der ganzen Welt kann man mit 1672 Millionen Menschen annehmen. Fast der dritte Teil der Menschheit ist also durch den jetzigen Krieg in direkte Mitleiden- schaft gezogen. Jntereffant ist noch eine Trennung der Bevölkerung nach dem Geschlecht. Auf der einen Seite 57. auf der anderen Seite 128 Millionen oder mehr als dos Doppelte Männer. Die numerische Ucberlegenheit der Gegner ist da- mit sicherlich sehr erheblich. Aber an dieser Gegenüberstellung sieht man wieder einmal, wie vorsichtig man in der Wertung von Ziffern sein muß und was für eine schwierige Wissenschaft die Statistik ist. Die numerische Ueberlegenheit braucht Deutschland und die Donaumonarchie keineswegs zu schrecken. Die Zahl der Menschen ist gewiß nicht gleichgültig, aber wichtiger ist die Qualität der Menschen. _

Paris nach öer ersten Niederlage 1$70* Emile Olivier , der napoleonische Minister, hat in seinem großen Werk über die Geschichte des zweiten Kaiserreichs auf Grund seiner persönlichen Erlebnisse die Stimmung in Paris nach den ersten Niederlagen geschildert. Kaiserin Eugenie hatte schon in der Nacht des 4. August die Meldung erhalten, daß die Franzosen bei Weißenburg geschlagen seien, aber sie hatte sie erst um 11 Uhr morgen? des anderen TageS den Ministern mitgeteilt. Die Oeffent- lichkeit erfuhr von diesen Kämpfen nur durch eine sehr abgeschwächte und veränderte Meldung:.Drei Regimenter der Division de« Generals Douap und eine Brigade leichter Kavallerie sind von sehr beträcht- lichen Kräften bei Weißenburg angegriffen worden. Die Truppen haben während mehrerer Stunden den feindlichen Angriffen widerstanden und sich dann zurückgezogen." Auch in dieser Fassung, die das Publikum im unklaren ließ, war die Depesche geeignet. Beunruhigung hervorzu- rufen, und so drängte sich die Menge auf den Boulevards in einer furchtbaren Erregung. Lange Reihen von Fußgängern schoben sich aneinander vorüber, dazwischen standen Gruppen herum, in deren Mitte irgend ein Redner mehr oder weniger falsche Nachrichten mit- teilte. Man drängte sich an den Verkaufsständen der Zeitungen, da- zwischen zogen wieder Trupps junger Leute, die zu ihren Regimentern gingen, vorüber. An ihrer Spitze wurde eine Fahne getragen. Freunde und Bekannte gingen mit, und Kriegslieder wurden angestimmt, so daß die Stimmung immer erregter wurde. Während die Kaiserin nicht entmutigt schien und den Ministern, die ihr ihr Beileid bezeugen wollten, eine Stelle in der Bibel zeigte und sagte:.Nicht wahr, läßt sich das nicht in einem günstigen Sinne ausdeuten?", stand Ollivicr selbst ganz unter dem Druck schwerer Befürchtungen. Von seinen Erlebnissen, während er sich zu Fuß nach den Tuilerien begab, erzählt er folgendes:.An der Place de la Eon- corde traf ich auf Pferde, die kleine Fahnen auf ihren Köpfen trugen; ich sah empor und bemerkte, daß viele Häuser geflaggt hatten. Ich fühlte einen unbeschreiblichen Druck auf dem Herfen. Ich hielt einen Vorbeigehenden an und fragte ihn:Warum diese Fahnen? ES gibt doch nichts Neues?".O gewiß, mein Herr", antwortete der andere freudestrahlend,man hat soeben an der Börse die Nachricht von einem großen Siege Mac Mahons angeschlagen. 25 999 Gefangene sind gemacht und der Kronprinz ist darunter." Die Wirkung dieser gefälschten Depesche war unbeschreiblich. Im Augen- blick war die Börse leer, die Menge zerstreute sich über die Straßen. Klärung herbeizuführen, sie könnten höchstens verwirren und damit ist uns nicht gedient." Ach, Herr Rechtsanwalt, ich lasse mich nicht irre machen." unterbrach Frau Dietze,Sie können ja auch meinen Mann fragen." Ich verbitte mir den Ausdruck Einschüchterungsversuch. Ich fordere die Verteidigung auf, diesen Ausdruck zurück- zunehmen." Staatsanwalt Diestel glühte, seine Stimme über- schlug sich. Es ist wohl meine Befugnis, die Verteldigung aufzu- fordern, einen gefallenen Ausdruck zurückzunehmen. Aber auch ich bitte den Herrn Justizrat, nicht von Einschiichterungs- versuch zu sprechen, was leicht zu Mißdeutungen Anlaß geben könnte." Justizrat Losso verbeugte sich:Wenn es die Ansicht des Herrn Vorsitzenden ist, daß der Ausdruck zu Mißdeutungen Anlaß geben könnte, trage ich dem Wunsche natürlich Rech- nung." Und dann zur Zeugin gewendet:War Ihr Mann bei der Unterredung zugegen?" Mein Mann stand hinter der Türe. Er war gerade von der Arbeit gekommen und wir wollten uns zu Tisch setzen. Ich hatte deshalb den Kriminalen gebeten, auf dem Flur zu warten. Mein Mann liebt solche Schnüffeleien nicht und kann recht rabiat werden. Er wurde ungeduldig, als der Schutz- mann immer mehr wissen wollte und pochte an die Türe, und als ich wieder rein kam, machte er mir Vorwürfe, daß ich mich hätte so aushorchen lassen." Dann müßte die Verteidigung den Schlosser Dietze als Zeugen benennen, doch gibt vielleicht der Zeuge Trenkler jetzt zu, sich verhört zu haben." Ter Kriminalschutzmann Trenkler zögerte, dann sagte er: Es könnte sein, daß ich mich vielleicht verhört habe, aber ich habe das so aufgefaßt." Das genügt der Verteidigung. Dem Fortschicken ist es ergangen wie dem Gelage, das sich auf eine harmlose Tasse Tee reduziert hat.-- Und der Herr Staatsanwalt wird wohl, keinen HaftbefeM gegen die Zeugin Dietze erlassen." Der Vorsitzende lächelte kaum merklich, dann frug er: Werden weitere Fragen gestellt?" Und da die Frage der- neint wurdeTie Zeugen können Platz nehnicn." Frau Dietze setzte sich. Sie sah wieder ganz bescheiden drein und suchte halb entschuldigend mit den Augen Dr. Werner, p>ie eis Hund, der gegen das Verbot seines Herrn

um das Glück allen zu verkünden. Die Bravos, die Schreie, der Gesang der Marseillaise wurden mit Begeisterung aufgenommen, im Nu hatte sich die Neuigkeit über die Stadt verbreitet und die Erregung war in ein Delirium umgeschlagen... Ich schlug einen eiligeren Schritt ein; auf dem Vendöme-Platz geriet ich in eine wild erregte Menge, die Wutschreie gegen die Regierung ausstieß, die kein Wort sage und die Siegesnachricht verbergen wolle. Mit Mühe kam ich unerkannt hindurch. Aber kaum war ich im Ministerium, so hörte ich die Rufe der Menge:Auf den Balkon, auf den Ballon." Ich trat hinaus und sagte mit schmerzerfllllter Stimme:Die heute an der Börse angeschlagene Nachricht ist ein unwürdiges Manöver. Eine Unter- suchung ist eingeleitet, um die zu bestrafen, die in einem so feier- lichen Äugenblick die öffentliche Ruhe stören, die die Regierung auf- recht erhalten hat. Die Regierung gibt allen Zeitungen unverzüglich die Nachrichten, die sie erhält.(Eine Stimme:Zehn Stunden später I" Rufe:Die Börse schließen!"> Sie fordern von mir die Schließung der Börse.(Ja! Ja 1") Das ist eine sehr schwere Maßnahme, zu der sich die Regierung erst nach reiflicher Ueberlegung entschließen wird. Aber was ich Ihnen sagen kann, das ist, daß alle Vorsichtsmaßregeln gc- troffen sind, damit sich nicht von neuem ein so skandalöser Vorfall wiederhole. Hier alle Neuigkeiten, die wir haben:Der Marschall Mac Mahon zieht seine Truppen zusammen, um die Schlappe wieder gutzumachen, die eine unserer Divisionen erlitten hat." Eilen Sie durch ganz Paris und sagen Sie überall, daß die Regierung alle bestimmten Nachrichten veröffentlichen wird. Wenn sie gut sind, werden wir sie Ihnen mit Freuden mitteilen; sind sie schlecht, so werden wir sie veröffentlichen mit dem festen Vertrauen, daß ein vorübergehendes Unglück niemals hre Vaterlandsliebe und Ihren Glauben an den glücklichen nderfolg erschüttern wird. Setzen Sie Vertrauen in uns, wie wir Vertrauen in Sie setzen. Während unsere Brüder an der Grenze kämpfen, wollen auch wir genug Selbstzucht zeigen, um durch unsere Geduld sie zu unterstützen, und vereinigen wir uns in dem ein- stimmigen Ruf:.Es lebe das Vateriand, es lebe Frankreich !" (Beifall. Rufe: ES lebe Frankreich !) Nach diesen Worten verlief sich die Menge." Die Folge dieser Erlebnisie war der Beschluß der französischen Minister, einen der ihrigen nach Metz zu schicken, um den Kaiser zu unterrichten, welche Schwierigkeiten durch diese Art der Bericht- erstattung entstehen könnten, und zugleich einen direkten Eindruck von dem Geist des Heeres zu erhalten.

Der Urmensthenfunö von Gberkastel* Der erste Fund von nahezu vollständigen menschlichen Skeletten aus der Rennnerzeit ist in Deutschland vor einigen Monaten in Oberkaffel bei Bonn gemacht worden. Seine hervorragende Bedeu- tung wird in da? rechte Licht gerückt durch die Mitteilungen, die die Professoren Verworn und Bonnet vor kurzem in der Bonner Ambro« pologifchen Gesellschaft darüber gemacht haben. Wie wir einem Be- licht derDeutschen Literalurzcitung" entnehmen, ließen sich die beiden Skelette mit größter Schärfe und Genauigkeit der älteren Steinzeit, und zwar dem sog. Magdalsnien, d. h. der jüngsten Renntier - zeit, zuweisen. Bei den Skeletten fanden sich verschiedene Beigaben. nämlich Tierknochen und aus Knochen geschnitzte Gegenstände. Der Haarpfeil", der nach Angabe der Arbeiter unter dem Kopf des einen SlelettS lag, ist ein aus harten Knochen geschnitztes, ca. 29 Zentimeter langes, sehr fein poliertes Glättinstrument von großer Schönheit der Arbeit und vorzüglicher Erhaltung. Der Griff zeigt einen kleinen Tierkopf, der Aehnlichkeit mit einem Nagetier- oder Marderkopf hat. Auf den Schmalseiten weist das Instrument eine für die Renntier - zeit sehr charakteristische Kerbschnittverzierung auf. Die zweite Knochenschmtzerei ist einer jener Keinen auf beiden Seiten gravierten Pferdeköpfe, wie sie auch sonst in den unteren Magdalönienschichten gesunden wurden. Bei dem Fund handelt es sich zweifellos um einen Begräbnisplatz, nicht um ein Lager; dieses befand sich wahrscheinlich in der Nähe im Schutze einer Basaltwand, und die diluvialen Jäger begruben ihre Toten in nicht allzu großer Ent- fernung, indem sie diese nach dem üblichen Ritus mit reichlichen Mengen roter Farbe umgaben und mit großen Steinen sorgfältig überdeckten. DaS wichtigste des Fundes sind die beiden Menschenskelette, die durch ihren Erhaltungszustand, durch ihre Vollständigkeit und dadurch, daß es ein männliches und ein weibliches Skelett ist, sich den besten diluvialen Funden an die Seite stellen, die man überhaupt gemacht hat. Der Schädel der etwa 20jährigen Frau konnte bis auf Teile der beiden Schläfenschuppen, die Nasenbeine und einige Defekte an der Schädelbasis vorzüglich zusammengesetzt werden. Der lang- köpfige, in der Scheitelansicht durch Einziehung der flachen Schläfen leicht gitarrenförmige Hirnschädel verläuft über die gutgewölble steile Stirn in schönem Bogen. Die Stirn ist mäßig breit, da« Geficht zeigt einen kräftig entwickelten Kieferapparat. Die übrigen Skelettknochen deuten auf eine» zierlichen Körper von etwa 155 Zentimeter Länge. Während dieser weibliche Schädel eine gewisse Feinheit der Linien aufweist, zeigt der männliche Schädel im schroffen Gegensatz dazu einen brutalen Gesichts- auSdruck, da durch die Breite und Niedrigkeit des Gesichts ein grobe» Mißverhältnis zu der mätzig breiten und etwas geneigten Stirn und einen Strolch angebellt hat. Das Geflüster des Publikums hinter ihr war ihr ganz gleichgültig. Mit der Vernehmung dieser Zeugen war eine kostbare halbe Stunde vergeuhet, die Verteidigung erregt, der Vor- sitzende gelangwcilt und Frank Werner Qualen bereitet wor- den, völlig zwecklos, wie eine schnoddrige Bemerkung in einem ernsten Gespräch. Das Publikum hatte mit Interesse zu- gehört, aber es war doch für ihn nur wie das Auftreten der Clowns im Zirkus gewesen, die eine Pause ausfüllen sollen: es war belustigt worden, hatte gelacht, blieb aber ungeduldig, erwartungsvoll auf die große Nummer, die angekündigt war. Den Chaiitpion Jongleur Felix Blinker und die Verwand- lungskünstlerin Mrs. Blinker-Crighton. Als Felix Blinker aufgerufen wurde, reckten sich die Hälse, die Neugierde sprang wie Funken aus ihren Augen. Er habe sein Bestes getan, um seiner Frau zu retten, was zu retten war. Aber Dr. Werner sei immer ein Hemmnis gewesen und er bedaure sehr, daß durch dessen Eingreifen die Sanierung gestört worden sei. Die Schäsfersche Hypothek habe er für feine Mutter erworben, denn er habe doch wohl auch für seine alte Mutter zu sorgen. Das Geld hierfür habe er schon früher für seine Mutter zurückgelegt. Und daß seine Mutter den Anspruch seiner Frau gegen ihn in Höhe von 10 000 Mark gepfändet habe, sei ihre Sache, er könne ihr nicht hineinreden, wie sie ihr Vermögen anlegen wolle... Ahl Er war ein Ehrenmann, der sein Bestes getan hatte! Staatsanwalt Diestel strahlte. Mit diesem Zeugen ließ sich doch noch Staat machen. Der Vorsitzende schien nicht ganz die Begeisterung für diesen Zeugen zu teilen, und sie schmolz immer mehr zusam- men, jemehr andere Zeugen die geschäftliche Tätigkeit Felix Blinkers beleuchteten. Das schien aber diesen nicht zu stören. Er bewahrte seine Ruhe, hatte für alles eine Erklärung ja damals war eine schlechte geschäftliche Lage oder das konnte der vor- fichtigste Kaufniann nicht voraussehen hätten die Leute noch gewartet, dann wäre alles gut geworden. Jetzt prasselten Fragen auf ihn herab, mit bitterem Hohne aus dem Munde von Dr. Renker und anscheinend harmlose Fragen, die Justizrat Losso mit gleickiblcibender Verbindlichkeit stellte, die aber messerscharf geschliffen waren und ein glattes Ja od« Rem erforderten.(Forts, folgt.)

dem gut gewölbten Hirnschädel entsteht. Eine Verbiegung deS Ober« kiesers nach rechts und das mangelhafte Gebiß machen die Physiognomie noch abstoßender und lasten den Schädel greisenhafter erscheinen, als er tatsächlich ist. Die Obergesichtsbreite ist durch ein un- gewöhnlich großes Jochbein sehr beträchtlich; die niedrigen, recht- eckigen Augenböhlen sind stark nach außen und unten geneigt, und über ihnen fällt ein einheitlicher breiter Oberaugenhöhlenwulst auf. Das Aller des Mannes ist auf 4959 Jahre anzusetzen. Die beträchtlichen Abweichungen der beiden Oberkasseler Schädel von- einander sind nicht nur durch die Verschiedenheit der Geschlechter zu erklären, sondern sie sind die sehr bemerkbaren Folgen von Kreuzungen, die während des Diluviums staltgefunden haben. Während der Mann Rastezeichen der Urmenschen vom Neandertal und Cro-Magnon aufweist, treten bei der Frau die Cro-Magnon- Merkmale zurück._

kleines Zeuilleton. Jn üer Schule. Kommt näher," sagt der Lehrer zu den Schülern,ich will Euch zeigen, wie weit unsere Truppen schon vorgedrungen sind." Gut fünfzig Knaben schieben sich in fiebernder Hast aus den Bänken. Sie springen auf den Katheder und drängen sich eng zu- sammen. Sie drücken den Lehrer gegen die Wandkarte von Europa . Werdet Ihr gleich nickt so drängen!" ruft er, die flachen Hände zur Abwehr von sich streckend. Ein Schwanken noch in der Masse, als wollte sie daS Gleichgewicht gewinnen, und dann steht sie still. So," sagt der Lehrer.Und nicht drängen. Wer drängt, muß in die Bank zurück." Lächelnd kehrt er sich der Landkarte zu. Hier also seht Ihr Lüttich , das bereits in unseren Händen ist. Könnt Ihr alle sehen?" Ja," antwortet das halbe Hundert gleichzeitig. Die Eroberung dieser Stadt hat viel Blut gekostet. Auf beiden Seiten sind sehr viel Soldaten gefallen." «Herr Lehrer," fragt einer der Knaben,.ist mein Bruder auch schon gefallen?" Hoffentlich nicht." Aber er schreibt gar nicht mehr. Meine Mutter weint schon immerzu." Dann tröste sie. Sage ihr, eS fällt nicht jeder. Es ist auch im Kriege nicht viel Zeit zum Briefe schreiben. Ja. Und hier unten, in Frankreich , seht Ihr Brietz, ein kleiner Ort, der auch schon in unscren Händen ist." Freilich, Herr Lehrer, wir werden gewinnen." Der Feind hat die Uebcrmacht, aber wir haben die besteren Soldaten." Wird der Krieg lange dauern?" will ein anderer Junge wisten. DaS kann niemand sagen", antwortet der Lehrer. Aber wenn Belfort erst gefallen ist... Ihr seht es hier. Es liegt in gerader Richtung mit Altkirch . 1871 haben eS die deutschen Truppen im Januar eingenommen." Herr Lehrer, mein Vater hat gesagt, Weihnachten bin ich wieder zurück. Ja. Und einen Weihnachtsbaum bringe ich mit aus Ruß- land, hat er gesagt." Die andern lachen und der Lehrer selbex lächelt in die hohle Hand. Ist aber mal wahr; hat er gesagt", beteuert der Knabe, und et steigt ihm ein brennendes Rot rn die Wangen . Wir glauben es Dir, mein Junge", nickt ihm der Lehrer zu. Vielleicht ist tatsächlich bis zu Weihnachten alles wieder vorüber." Ja. Herr Lehrer", schreit ein Knirps in vorwurfsvollem Ton. meine Mutter hat gestern gesagt, �wenn sie«S nicht rasch machen, so verhungern wir noch alle. Eene Stulle kriege ich auch nicht mehr mit. Mein Vater hat keene Arbeit. Und meine Mutter auch nicht. Und... und..." Der Junge schlägt mit den Fäusten um sich, eilt auf seinen Platz zurück, legt das Gesicht auf die Bank und weint. Geht auf Euer« Plätze." sagt der Lehrer zu den anderen, und bedrückt schleichen sie in die Bänke zurück. Beruhige Dich doch, Wittle, die schwere Zeit wird vorüber- gehen und es werden wieder bessere Tage kommen. Für alle. Für Deine Eltern auch." Aus der letzten Bank ruft einer:Hier, Wittke, hast Du eine halbe Schrippe. Ehrlich geteilt." Man drückt sie dem Hungrigen in die Hand. Theater. Charlottenburger Schiller -Tbeater. EröffnungS- Vorstellung zum Besten des Roten Kreuzes: Prinz von Hom- bürg von Heinrich von Klei st. Je schwerer die Sorge lastet, um so wertvoller erscheint eS, daß Stätten bleiben, wo dann und wann der Sinn im Anschauen dessen, was die Kunst geschaffen, Vergessen finden, aus der Not des TageS sich sammeln und erheben kann. Die Vorstellung fand vor vollbesetztem und beifallsfreudigem Hause statt. Die kriegerisch-palriotischcn Stellen des Klcistschen Preußendramas, das die Schlacht von Fehrbellin , die Vertreibung der Schweden durch den Großen Kurfürsten zum historischen Hinter- gründe hat, wurden mit stürmischen Ovationen aufgenommen. Der Dichter, der die� Unterwerfung Deutschlands durch Napoleons Armeen voll glühenden JngrimmS mit erlebt hat, doch, früh durch Selbstmord endend, den ersehnten Ausbruch de« Frei- heitSkrieges nicht mehr sah, verherrlicht hier in der Ent- Wickelung seines Homburg die fest gefügte Macht der Disziplin, der jede noch so stürmisch genialische Individualität um der gemeinen Sache willen im Krieg Gehorsam schulde. Entgegen der erteilten Order schlägt der Prinz bei Fehrbellin los. Mit glänzendem Er- folge. Ihm scheint der Sieg zu danken. Aber der Kurfürst, sein Verwandter, stellt ihn vor« Kriegsgericht, das ihn nach über- liefertem Gesetz zum Tode verurteilt. Alles empört sich wider die schonungslose Härte. Doch als der Kurfürst an das unbestochene Gefühl des eben noch vom Todesgrauen geschüttelte» Jünjflings appelliert, als er ihm durch die Braut den Brief in das Gefängnis schickt: Wenn der Prinz in Wahrheit den Spruch für ungerecht erachte, so habe er die Freiheit loieder, vollzieht sich im Verurteilten die Wandlung. Jenes Gesetz, das ihm bisher »icklt ungerecht schien, kann er nicht darum ungerecht nennen, weil es sich nun gegen ihn kehrt. Er erklärt sich schuldig und ist bereit, mit dem Tod zu büßen. So hat es fein Kriegsherr erwartet. Er reicht ihm den Lorbeerkranz. An der Spitze seines Heeres soll Homburg zum letzten Kampfe wider die Schweden ziehn, und enthusiastisch jubeln die Obersten ihm zu. Alfred Braun , der an Stelle Pacschkcs den Prinzen spielen mußte, setzte sich mit redlichem Bemühen für die Aufgabe ein. Klug- verständig zeichnete Pategg die Figur des Kurfürsten. Adele StasiewSki war eine sympathische Natalie, Artur Menzel im Schluß- akt ein trefflicher Oberst Kottwitz. dt. Notizen. Ein altes Tischgebet wird in derTägl. Rundschau" folgendermaßen travestiert:Herrgott, komm! Sri du unser Gast, In Not und Sieg. Segne, was du uns bescheret hast, Auch diesen Krieg l Schirm' uns're Kinder und Frauen lind laß uns die' Feinde verhauen! Amen." FürJefuS" istGott " gesetzt. Man würde sonst zu peinlich an das unpatriotische Jesu«- wortLiebet eure Feinde!" erinnert werden. , A l l« s k l a g t." So steht�es groß und fett über einem Artikelchen der.Vossischen Zeitung". Sollte dieTante" kriegSmüde geworden sein? dachten wir und lasen die Geschichte durch. Aber es war nur ein HyinnuS auf unseren Aufmarsch, und die lieber- schrist sollte offenbar lauten:AlleS klappt." So geht es bei der Sucht, die Abendblätter möglichst früh herauszubringen. Nächstens wird man sie schon vormittags ausrufen. Julius Raschdorff , der Erbauer des Berliner Domes, ist im Auer von 91 Jahre« gestorben.