Nun, Stapel hak Urteil unS WahrheitSmuk. Er soll uns sagen,ob bisher auch nur eine Schöpfung(unter zehntaufenden) zutagegetreten ist, die sich künstlerisch rechtfertigen ließetKriegerische Kunst.Da? Berliner Künstlerhaus hat den Ansang gemacht. Es zeigtOelbilder und Zeichnungen, auch einige Tempera- und Aquarell-Malereien zum Thema: Heer und Marine. Es ist durchaus zu ver-stehen und auch zu billigen, daß in diesen Zeiten die Kunst daraus-hin geprüft wird, welche Werte sie aus dem Krieg zu heben vermag.Es wäre ein Irrtum zu glauben, daß Kunst und Krieg nichts mit-einander zu tun haben können. Im Gegenteil, die Kunstgeschichtezeigt zahllose und fruchtbare Verknüpfungen zwischen diesen schein-bar so verschiedenen Lebonsäußerungen der Menschheit, zwischender rücksichtslosesten Wirklichkeit und dem heitersten Schein. Vonder Zeit der Höhlenbewohner an hat der Krieg die Künstler erregt,hat sie begeistert oder in Verzweiflung gesenkt, hat aber jedenfallsheftig an den tönendsten Saiten ihrer Seele gerissen. Der Schmuck,der den Waffen angeheftet wurde, die Federkrone des Häuptlings,die Hieroglyphe, die das Erschlagen des Feindes mit tastenden Linienfestzuhalten versuchte, die klirrenden Worte, mit denen Homer denSchild des Achilles leuchten machte, jeder Schlachtgesang, jederTriumphbogen: das alles sind Beweise dafür, daß die Kunst sich anden Feuerbränden deS Krieges zu gewaltigen Flammen zu entzünden vermag. Von jeher haben sich große Künstler durch die er-schlitternde Tragik und die heldenhafte Lebenssteigerung des Kriegespacken lassen: der Triumphzug vom Parthenon, die Gigantenschlachtvom Pergamonaltar, die sterbenden Gallier, das Mosaik derAlcxanderschlacht, die Sarkophage der Römer, die Feldherrenstatuender Renaissance, Schlüters Totenmasken am Berliner Zeughaus,die schlichte Gestalt, die Schinkel dem Eisernen Kreuz gab, das sindnur einige beliebig gewählte Zeugen für die Leidenschaft, mit derdie Künstler aller Zeiten und aller Völker den Rhythmus des Kriegeszu bannen suchten. Man muß wissen, daß Lionardo ein großerArtillerist gewesen ist, und daß Benvenuto Cellini, der köstlichsteGoldschmied, mit Büchsenkugeln und Kanonenschüssen zahllose. Feindedes Papstes hinstreckte; man muß sich der Kanonen, wie sie dassiebzehnte und achtzehnte Jahrhundert gössen, erinnern, dieser aus-gezeichneten Bronzearbeiten, die nach Stichen bedeutender Meistermit Figuren und Ornamenten geschmückt waren. Dürer hat sichtheoretisch mit der Kriegskunst befaßt; VelaSquez hat das kriege-rische Pathos der königlichen Modelle mit besonderer Sinnlichkeitgestaltet. Goya erfüllte seine genialen Radierungen mit demFuriengeschrei der Gemetzel. Delacroix, der die Rubenssche Wild-heit fortsetzte, ist zu nennen und dann die Entwickelungslinie, dievon Chodvwiecki, dem Ruhmzeichner des zweiten Friedrich, überKrüger, den trockenen Berliner, zu Menzel, dem Klassiker desPreußentums, führt. Der Krieg kann gezeichnet und gemalt wer-den; wie jeder Ausbruch menschlicher Kraft, so vermag auch dasGcgeneinanderstiirmen der Gewappneten den Künstler zu berauschen.Auch die Kunst ist eine Waffe; sie hilft den Völkern zum Sieg undzum ewigen Bestand. Sie wandelt auf den Spuren der Heldenund setzt ihnen Denkmale, die aus dem irdischen Blutgeschäst dasDiagramm deS Geistes und der Kraft entklären.Indessen: nur dem wirklich großen Künstle» kann es gelingen,das Geheimnis großen Geschehens festzuhalten und durch die Gewaltder Form den nachfolgenden Geschlechtern zu überliefern. Die sichWunden und Tod holen, dürfen verlangen, Maler zu finden, denenes eine Erschütterung deS ganzen SeinS,«in angestrengtes Ringenund Sieg oder Untergang ist, wenn sie vor der grausamen Leinwandstehen und von dem Dämon sich treiben lassen. Es ist Heldenläste-rnng, de» Krieg zum Publikumsmoiiv für schlechte Bilder zu machen.Aus solcher sittlichen Erkenntnis heraus verneinen wir die Berechti-gung solcher Oelpinseleien, wie sie das Künstlerbaus vorführt. DieLeistungen unseres Heeres sind Qualitätsarbeit, Arbeit, die denganzen Menschen zu seiner höchsten Spannung fordert. Es ist un-erträglich, wenn Tubenquetscher und Pinselwäscher, die kaum zustammeln vermögen, es wagen, von sturmenden Kolonnen, stürzen-den Geschwadern, von triumphierenden Wunden und lachend brechen-den Augen klägliche Bildlein zu faseln. Um etwa? anderes handeltes sich aber nicht bei den Anmaßungen dieser Herren Röchling,Echuch, Pape, Bohrdt usw., die vorgeben, den Krieg malen zukönnen, und die nicht einmal das Vermögen besitzen, ein einzigesBlatt oder eine Sandscholle mit Inbrunst zu gestalten. Diese kon-vcntionelle, abgeklapperte Schlachtenmalerei darf nicht wieder auf-kommen; wir sind verpflichtet, da? gewaltige Geschehen dieser Tagevor solchem Schimpf zu bewahren. R. Er.*Zur Ergänzung dieser Ausführungen unseres Mitarbeitersteilen wir folgende amtliche Nachricht mit:„In der bis 21. September d. I. dauernden Großen BerlinerKunstausstellung 1914 sind, den Zeitereignissen Rechnung tragend,die drei Sedan-Dioramen von Anton von Werner(1. Bismarcks und Napoleons Zusammentreffen aus der Chausseebei Tonchery, 2. General Reille überbringt den Brief Napoleonsan König Wilhelm, 3. Die Kapitulationsverhandlungen in Dort-chery) zur Ausstellung gelangt. Die Werke waren seit Jahr-zehnten der Oesfentllchkeit entzogen. Tie Kom-Mission der Großen Berliner Kunstausstellung hat dem Magistratmitgeteilt, daß sie sämtlichen Schulen die tägliche freie Besichtigungder drei Dioramen unter Führung der Lehrer gewährt."Also läßt man die weislich gehüteten Wernerschen Schinkenauf das Volk los. Die Kunst scheint die a ch t e Macht zu sein, gegendie Teutschland jetzt Krieg führen will.Sanitatshunöe.Bei der verheerenden Feuerwirkung der heutigen Schußwaffenist die gruppenweise Verwendung von Krankenträgern unmöglich.Natürlich beeinträchtigt diese Tatsache die Genauigkeit der Nachsucheerheblich. Die Hauptmenge der Verletzten vermag man überhaupterst nach dem Kampfe zu bergen. Indessen ist die Nacht für diesesVorhaben nicht günstig, da die Krankenträger bei der Verwendungkünstlichen Lichtes das feindliche Feuer auf sich lenken. Diese Ilm-stände hatten auch zur Folge, daß im russisch-japanischen Kriege aufjapanischer Seite 32 Krankenträger erschossen und 294 verwundetwurden. Besonders erschwert wird die Bergung der Verwundeten nochdurch die große Ausdehnung des modernen Schlachtfeldes. Sehrost kommt es vor, daß Verwundete, um sich aus der Feuerlinie zuschleppen, hinter einem Gestrüpp oder sonst in einem verlorenen Winkelliegen bleiben und vergeblich auf Hilfe warten. Trotz der angeblichschlechten Erfahrungen mit Sanitätshunden im Hererofeldzug habensich diese im englischen und russischen Heere nicht übel bewährt;namentlich taten sich in Transvaal dressierte schottische Schäferhunde,Collies, hervor. In den europäischen Staaten bestehen Gesellschaftenzur Zucht solcher Hunde, wie die„Deutsche militärärztliche Wochen-schrifl" erwähnt. In Frankreich wurde vor drei Jahren eine mili«tärische Anstalt für SanitätSbunde in Avon-Fontainebleau gegründet.Etwa fünfzig Hunde befinden sich dort dauernd in Dressur undwerden durch häufige Uebungen in ihrer Ausbildung gefördert. ImKriege erhält jede Krankenträgertruppe der Abulanz solche Hundeals Beistand für das Aufsuchen von Verwundeten. Auch privateOrganisationen Pflegen diese Art der Dressur; im Kriegsfalle gehendie ausgebildeten Hunde, sofern sie den Bedingungen genügen, in denBesitz des Heeres über. Am geeignetsten erwiesen sich bisher Schäferhundeund Ayredaleterriers, Sie zeigten Klugbeit, Sanftnrut, Gehorsam undein ausgezeichnetes Witterungsvermögen. Auch bei uns in Deutscheland existieren Vereine für die Zucht von Sanitätshunden. DerBedarf des deutschen Heeres ist mit zweitausend Hunden angesetzt.Indessen reicht die Tätigkeit deS Vereins troy eigener Zucht undDressurstationen nicht aus. Man machte infolgedessen den Versuch,Polizeihunde für den KriegSsanitätsdienst auszubilden; die Befürch-tung, diese Tiere könnten zu scharf sein, erwies sich als irrig. Sieverletzten keinen der Verwundeten, zeigten sich vielmehr ihrer Auf-gäbe als Sanitätshunde im vollsten Maße gewachsen. Die Zahl derim Dienst stehenden und in Privathand befindlichen Polizeihundebeläuft sich auf über sechstausend, so daß der Bedarf leicht gedecktwerden kann. Verschiedene Uebungen der ausgebildeten Hundezeigten durchaus zufriedenstellende Resultate.spüren. Der Lärm der vielen Stimmen, da? nächtliche von Lage«»feuern nur matt erhellte Dunkel, in dem sich die Aktion vollzleht»verwirren und erschweren das Verständnis.kleines Zeuilleton.Eine französische Kriegskontribution.Achnlich, wie es den Belgiern jetzt geht, ist es den Deutschenim Jahre 1793 ergangen, als die Truppen der jungen französischenRepublik mit Waffengewalt Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeitüber den Rhein trugen. Als die freie Reichsstadt Franrsurt hörte,daß die Franzosen vor Mainz ständen, daß sich Mainz ergebenund Custine dort sein Hauptquartier aufgeschlagen hätte, erfaßtedie Bürger ein furchtbarer Schreck. Ehe sie sich davon noch erholenkonnten, stand ein Korps von 890 Franzosen, von General Neu-winger befehligt, vor den Toren der Reichs- und Wahlstadt undbegehrte Einlaß. Zuerst verlies alles ziemlich gut, und die Frank-furter, die französisch parlieren konnten, fanden in ihren unge-betenen Gästen ganz umgängliche und amüsante Leute. Als aberam folgenden Morgen, am 22. Oktober, bekannt wurde, daß Custineeine Kontribution von zwei Millionen Gulden von der Stadt ver-langt habe— da hörte auch für die Frankfurter die Gemütlichkeitauf. Der Senat sandte in seiner Angst eine Deputation anCustine und bat ihn um Ermäßigung und in der Tat ließ derGeneral eine halbe Million ab. Tie Erklärung, die Custine inFrankfurt anschlagen ließ, lautete:„Bürger, als ich mich entschloß, im Namen der fränkischenNation Frankfurt eine Brandschatzung aufzulegen,»m diejenigenzu bestrafen, deren Anschläge die unverjährbaren Rechte der Völkerzu vernichten zielten, glaubte ich nicht, daß Ihre Vorsteher ihreUngerechtigkeit so weit treiben würden, diese Auflage von denDürstigen unter Euch zu erpressen. Nach den Grundpfeilern derGerechtigkeit, die nunmehr die Richtschnur unserer Republik ist.befehle ich dem General, den ich in Eure Mauern beorderte, dasverlangte Geld nur von den Schuldigen und den Reichen zu er-heben, die ihre Gewalt und ihre Reichtümer mißbrauchen, dieArmen zu unterdrücken, und die offenbaren Feinde aller Gerechtig-feit sind. Ter Bürger-General Custine."In unglaublich kurzer Zeit war die Kontribution bezahlt, wasnatürlich bei einer so reichen Stadt wie Frankfurt nicht wunder-nehmen kann. Aber die Freude über die inzwischen auf 4<XX> Mannangewachsene Besatzung hatte bei den Einwohnern merklich nach-gelassen und man betrachtete sie mit äußerst kritischen Augen. Auseinem naiven Briefe, den ein Senator damals an einen Freundschrieb, können wir heute noch feststellen, aus wie hoher Kultur-stufe die französischen Soldaten standen. In dem Briefe heißt es:„O, wie tief kann der Mensch doch sinken! Die Franzosen, diealle Völker frei machen wollen, rauchen und singen in denStraßen und auf den öffentlichen Plätzen in Gegenwart ihrxrAnführer und sind ihre eigenen W a s ch w e i b e r!"Theater.Lessing-Theater. Vaterländische Vorträge;„Die Tor«gauer Heide", Schauspiel von Otto Ludwig. Die RezitationenKayßlers gaben dem Abend Ton und Farbe. Seine verschlosseneherbe Männlichkeit, die die ins Innere zurückgestauten Empfindungennur wie«in ferne» Wetterleuchten sehen läßt, wirkten anregender,anfeuernder, als jugendlich stürmisches Pathos es ze vermocht hätte,wahrte auch in den Ueberschwenglichkeiten des Hardtschen Prologsnoch den Eindruck ruhig stiller Kraft. Es folgte das ArndtscheKampflied auS den Freiheitskriegen:.Der Gott, der Eisen wachsenließ", LiliencronS„Unter der Buche" und, wunderbar anschaulich inihrem martialischen Humor nachgeschaffen, eine Kriegsanekdote Hein-rich Kleists.— Theodor Loos trug einige Fontanesche Gedichte, JlkaGrüning einen Abschnitt aus GoetheS„Hermann und Dorothea"vor: Das menschlich teilnahmsvolle freundliche Gespräch, in dem dieAlten der durch den Krieg aus Frankreich vertriebenen Flüchtlingegedenken.Otto Ludwigs, nun vor mehr als einem halben Jahrhundertgeschriebene„Torgauer Heide", stimmungsvoll von Barnowsky in-szeniert, bringt bunte Szenen aus dem Preußenlager nach derSchlacht von Torgau, die den Geist der friderizianischen Armee,ihre Begeisterung für den König schildern wollen. Ziethen undFriedrich selber treten auf. Von der plastischen CharakterisierungS«kunst, die Ludwigs„Erbsörster" berühmt gemacht hat, überhauptvon dichterischen Qualitäten ist in dem Stücke, das sich eigentlichnur aus allerhand Soldatenerzählungen zusammensetzt, nicht viel zuNotize».— Theaterchronik. Die erste Aufführung deS.Feld«Prediger" von Millöcker findet im Deutschen Opern«Hause am nächsten Sonnabend statt.— Schöne Septembertage. DaS sommerliche Wetter,das fast den ganzen August hindurch geherrscht hat, ebenso wie auchim Juni und Juli, scheint sich auch im September noch fortzusetzen.Es trat zwar durch den Vorbeigang eines Nordeuropa durchziehendenMinimums Abkühlung ein. und in den östlichen Landesteilen, auchin einzelnen Gegenden Mitteldeutschlands, kam es zu leichten Regen-fällen; in allen anderen Gebieten dauerte jedoch, von kurzerTrübung und einzelnen Schauern abgesehen, das heitere Wetterfort. Da von der Nordsee schon wieder ein neueS hohes Maximumherannaht, wird das schöne, sommerliche Wetter auch weiter an«halten.— Wie weit schießen die Kanonen? Die größteSchußweite der Feldgeschütze und leichten Schiffskanonen beträgtetwa 7 Kilometer, die der Belagerungs« und FestungSgeschütze sowieder mittleren Schiffsartillerie annähernd 12, während schwer«Schiffs- und Küstengeschütze 17—24 Kilometer, also über drei deutscheMeilen reichen!— Der militarisierte Sankt Ballhorn geht jetzt sogar imLessing-Theater um. Der Theaterreferent des.Berliner Tageblatts'stellt fest, daß„in Otto Ludwigs dramatischem Vorspiele„Die Tor-gauer Heide" plötzlich der preußische Feldwebel von den EngländernIprach, die„die ärgsten Krämerseelen von ganz Europa" seien. Da»gab eine jubelnde Zustimmung im Publikum; nur schade, da«Wort steht nicht bei Otto Ludwig, der die„TorgauerHeide" vor siebzig Jahren gedichtet hat und damals gewiß nicht soabfällig über das Volk seines Shakespeare dachte."— Manchmalist man doch versucht, die Theaterspielerei während des Krieges zubedauern.habe den Verschluß nicht mehr ausgebracht, weil der Zündstift nichtzurückgegangen ist.Jetzt ist mir der Spektakel noch ärger vorgekommen, und ichhabe gemeint, eZ trifft mich leichter, weil ich ganz wehrlos ge-Wesen bin.» Vielleicht zehn Schritte vor mir hat es einen Kameraden hin-geschmissen, und er hat sich herumgedreht, und hat die Hände zu-sammengcschlagen, als wenn er um etwa? bittet.Ich habe gedacht, wenn ich nur sein Gewehr hätte; er brauchtes doch nicht mehr, und mit meinem verdammten Prügel kann ichnichts machen.Aber hinspringen habe ich nicht kbnnen, weil über mir dieKugeln wir närrisch gepfiffen haben.Da bin ich hingekrochen und habe schnell nach dem Gewehrgelangt.Er hat sein Gesicht zu mir gedreht, vielleicht, weil er gemeinthat, ich will ihm helfen.Der Atem ist ihm kurz gegangen und er hat gelechzt, wie einHund, der Durst hat.„Ganz tot schießen! Ganz tot schießen!" hat er schnell hinter-einander gesagt und die Stimme ist ihm alleweil höher geworden.Ich habe mir gedacht, ich darf eS wohl nicht tun,.armer Teufel, under hat mich erbarmt.Ich war aber froh, daß ich wieder schießen konnte; wenn manselber etwa? tut, gibt man nicht so Obacht, waS links und rechtsgeschieht.Die Offiziere sind aufgesprungen, und es ist daS Kommando„Vorwärts!" gekommen.Ihr Leute, das ist das härteste. Wenn man liegt und glaubt,man hat eine Deckung, und es müssen dann alle Mann in die Höheund den Schutz verlassen.Man muß sich in der Gewalt haben und alle? tun, als wie vonselber; das Denken und Ueberlegen darf einer nicht anfangen.Also ich bin aufgesprungen und vorwärts gelaufen, und ichbin an die Bäume gestoßen, und ich bin über die Wurzeln ge-stolpert. Geschrieen habe ich ganz furchtbar, als wenn ich damitden Feind verschrecken könnte.Wir sind an eine Straße gekommen, und ich habe vor mireinen Pack Franzosen gesehen.Von links sind Preuße» zu uns gekommen, und jetzt habenwir wieder teufelsmäßig geschossen.Mein Nebenmann ist ein Preuße gewesen; ich h abe ganz gutSevBÜKwltljcher Redakteur: Alfred Wiclepp, Neukölln. Für deaunterscheiden können, daß er schneller fertig war, weil die Metall-Patronen beim Laden nicht aufhalten, und weil sie herausfliegen,wenn man das Schloß aufreißt.Ich habe auch jetzt zum erstenmal gesehen, wie unsere Kugelngetroffen haben.Aber nicht lange, weil eS den Rauch niedergedrückt hat, dennes war nach dem Regen eine dämpfige Luft, und der Rauch hatnicht in die Höhe können.Ich weiß nicht, ist noch ein Feind vor unS gewesen oder nicht,aber auf einmal sind wir aus dem verdammten Wald heraus undhaben vor uns daS freie Feld gesehen.Sakrament, da ist mir aber schon wohler gewesen, und ich bingleich lustig geworden. Jetzt fehlt eS soweit nicht mehr, habe ichgedacht.Die Schlacht war gewonnen, und wir haben bei Lembach daSBiwak bezogen in einem großen Durcheinander, aber für die Ver-pflegung haben die Franzosen gesorgt, denn sie haben ihre Koch-geschirre zurückgelassen.Meine Kompagnie ist auf Wache zu den Gefangenen gekommenund da waren verwundete Turkos dabei.Einer hat mich angerufen und hat auf meine Feldflasche hin-gedutet, daß ich ihn trinken lassen soll. Ich habe es getan, undda hat er mich mit seinen kohlschwarzen Augen ganz dankbar an-geschaut und hat immer gesagt, ah Musfiö!Am Morgen haben die Turkos bei Sonnenaufgang ihre An-dacht verrichtet, und es war spaffig, weil sie sich auf und niedergebückt haben.Sie sind aber bald forttransportiert worden.Der 7. August ist ein Sonntag gewesen, und wir haben nocham Platz bleiben müssen, weil viel Militär nachgerückt ist. Wermögen hat, der hat das Schlachtfeld abgehen dürfen, aber ich habemir schon am vorigen Tag genug gesehen.Links von der Straße haben bayrische Soldaten vier Grubenausgeworfen, und dahinein sind die toten Kameraden gelegt worden;vielleicht zwanzig nebeneinander, dann hat man Kalk darauf ge-warfen und die zweite Schichte hinaufgelegt, auch wieder zwanzigTote und so weiter, bis vier Reihen aufeinander gelegen sind, danndrei Schuh hoch Erde darauf, und fertig ist es gewesen.Währenddem ich dabei zuschaue, haben die Feldgendarmen einpaar Zivilisten daher gebracht, und es waren Bauern und einSchullehrer dabei, dje haben verwundete Soldaten mißhandelt. Siehaben jeder seine eigene Grube einzeln graben müssen, und dannsind sie von rückwärts hinein gsschossen worden.Der Tag verging und abends kam ein Gewitter, und ich binbis auf die Haut naß geworden, und in Schlamm und Morast binich gelegen. Am 8. August früh wurde aufgebrochen, und es gingim Regen vorwärts, und wir haben nicht einmal einen trockenenStecken zum Feuer machen gehabt, wie wir in Bärnthal das Biwakbezogen haben. Den 9. August ging es weiter. Wir kamen ineinen Ort, den Namen weiß ich nicht mehr, ins Quartier, mußteneS leider gleich wieder verlassen, weil zum Abmarschieren geblasenwurde. In dem anderen Dorf, wo wir sodann hinkamen, bin ichin der Kirche untergebracht worden, und mehrere Kameraden er-krankten von der kalten Luft. Es gab keinen Bissen zu essen, nichteinmal Brot.)Im ersten Ort, wo schon welsch geredet ist worden, da ging eSmir schlecht, denn ich kann kein Wort französisch, und ich braucheWaffer zum Abkochen. Ich kam in ein Haus und redete eine Frauum Waffer an und deutete aus meinen Feldkessel, aber da war keinVerstehen, bis mir die Geduld riß und ich zum fluchen anfing. Dakam ein Artillerieleutnant und fragte, was ich will, und er mußtelachen und redete welsch mit der Frau. Sie brachte gleich Wasser,und dann sagte der Leutnant zu mir, wir sind jetzt nicht mehr inDeutschland, das merkt Euch, Wasser heißt de Loh.Von diesem Biwak ging es fort über Luneville nach Nanzig,wo wir aber bloß durchzogen und nach Toul mußten, daß dieFestung eingeschlossen wurde.Wir marschierten weiter bis Barleduc, und in diesem Orthaben wir den Namenstag von König Ludwig gefeiert, aber noch inder Nacht hieß es plötzlich auf!Es war der Marsch nach Sedan, und da haben wir marschierenmüssen, daß einem jeden seine Füße gebrannt haben.Am 39. August ist das Gefecht bei Bcaumont gewesen, und wirmüssen vorwärts, einen Wald durchsuchen. Es ging schnell in eineTalschlucht und wieder hinauf, und von ferne sahen wir, daß einfranzösisches Biwak überfallen wurde. Gegen Abend mußten wirdann vorrücken und bei einem Wald übernachten, und dursten aberkein Feuer anzünden.Am 31. August marschierten wir nach Remillh und als wir einpaar tausend Schritt entfernt waren, hören wir Gewehrfeuer, undhat auch schon eine Kugel den Georg Schefsler getroffen. Er schreiterbärmlich, weils ihm in den Bauch gegangen ist, und vor lauterSchmerz sangt er zum fluchen an, ein Sakrament nach dem andern,und beißt mit den Zähnen in den Boden.(Schluß folgt.).Lnseralentert veranlw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. KTerlagT Lorwärth Vttchdruckerci u. Verlagsanstalt Paul Singer u. Co., Berit«