165. Sigung vom Montag, 12. März 1900, t 15r. Am Bundesratstisch: Frhr. v. Thielmann, Dr. Koch. Nach debattelofer Erledigung einiger Rechnungsfachen beginnt die zweite Beratung des Münzgefeges.
Artikel I bestimmt, daß goldene Fünfmartstüde auf Anordnung des Bundesrats mit einer Einlösungsfrist von einem Jahre außer Kurs zu sehen sind. Die Bekanntmachung über die Außerfurssezung ist durch das Reichsgefeßblatt" sowie durch die zu den amtlichen Bekanntmachungen der unteren Verwaltungsbehörden dienenden Tageszeitungen zu veröffentlichen. Damit wird die Beratung der folgenden von der Kommission beantragten Refolution verbunden. „ Den Herrn Reichstarzler zu erfuchen, bei Neu- Ausprägung von Reichs Goldmünzen auf eine vermehrte Ausprägung von Kronen hinzuwirken.
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Ebenso wird damit die Beratung des Artikels 4a verbunden. Nach ihm soll der Gesamtbetrag der Reich 3 Silbermünzen bis auf weiteres 15 Mart( Regierungsvorlage 14 M) für Sen Kopf der Bevölkerung des Reichs" nicht übersteigen. Bei Neuprägung dieser Münzen find Landessilbermünzen ( Thaler) insoweit einzuziehen und zu veräußern. als die hierdurch entstehenden Verluste in dem aus den Neuprägungen fich ergebenden Münzgewinne Dedung finden."
Dazu beantragt der Abg. Herold( 6) den 2. Abiaz folgendermaßen zu fassen: Zur Neuprägung dieser Münzen sind Landessilbermingen insoweit einzuziehen, als solche für die Neuprägung und deren Kosten erforderlich sind."
Der Abg. Schwarz( C.) hatte folgende Fasiung beantragt Zur Neuprägung dieser Münzen find Silberbarren anzukaufen." Er zicht diesen Antrag jedoch zurück.
Abg. Dr. Arendt( Rp.):
Meine Freunde haben sich in der Kommission bemüht. dem Gesetz eine für uns annehmbare Gestalt zu geben, leider ist uns das nicht gelungen; mir haben aber auf Einbringung neuer Abänderungs anträge verzichtet. Gegen den Artikel I haben wir nichts einzuwenden und er wird wohl auch zur einstimmigen Annahme gelangen. Was die Resolution anlangt, so ist sie in der Kommission nur mit 7 gegen 6 Stimmen angenommen Ich betrachte die Beseitigung der Zehnmarkstücke als im Interesse der Reichshank liegend. Das Behnmartstück ist ja gewiß ein beliebtes Geldstück, aber doch nur für die wohlhabenden Leute, zu Lohnzahlungen an die Arbeiter ist es fehr ungeeignet. Die Neuausprägung von Goldstücken würde auch den Goldbestand den Reichsbank verinindern und damit zu Distonterhöhungen führten. Die Einziehung der Thaler zu Gunsten der Zwei- und Fünf- Markstüde ist ganz verfehlt. Wie unbeliebt die letztern Geldstücke im Publikum sind, geht aus der Thatsache hervor, daß der Bestand der Reichsbank von Zwei- und Fünf- Mart stiden beträchtlich gestiegen ist. Wir müssen uns auch fernerhin bemühen, unsern nationalen Geldmarkt unabhängig zu haben. Ich drücke schließlich noch mein Bedauern darüber aus, daß der Antrag Schwarze, der zwischen den verschiedenen Anschauungen zu vermitteln geeignet war. zurüdgezogen ist. Ich bitte den Herrn Prä fidenten, den Antrag als von mir wieder aufgenommen zu bes trachten.
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Abg. Rettich( f.):
Wir stimmen der Einbeziehung der goldenen und silbernen Fünfmarfstüde zu; haben aber gegen die Beseitigung der Thaler die allerschwersten Bedenken. Für den Antrag Schwarze, der nun von Herrn Dr. Arendt wieder aufgenommen ist, werden wir stimmen.
Abg. Herold( C.):
Abg. Brömel( fr). Vg.):
Die Vorlage bedeutet einen großen Fortschritt. Für den Antrag Herold werden wir nicht stimmen. Sollte er aber angenommen werden, fo werden wir deshalb nicht gegen das ganze Gesez stimmen. Abg. b. Kardorff( Rp.):
fand am 12. März cr. in den Arminhallen statt. Es sind auf dems jelben Vertreter aus folgenden Orten anwesend: Altona , Berlin , Borna bei Leipzig , Erfurt . Halle a. S., Nigdorf, Schöneberg und Det fleine Mann wird durch die Vorlage geschädigt. Es werden Spandau , ihm nur 20 m. in Silber abgenommen werden, das übrige wird er Die Uriache zur Einberufung des Kongresses ist ein Erlaß des in Gold anschaffen müffen. Das wird große Schwierigkeiten im preußischen Juſtizminiſters Schönsted: vom 25 September 1899 Kleinverkehr geben. Und der Kleinverfehr ist, wie Adam Smith zu§ 157 Abfaz 4 der Civilprozeß- Ordnung betreffend die Zulassung ichon richtig gefagt hat, der eigentliche große Verkehr. Herr Büfing der Rechtskonsulenten zu mündlichen Verhandlungen vor den Gerichten. lagt, die Gold: vährung habe sich bewährt. Ja, find denn 30 Jahre Danach soll die Zulassung derselben in das Belieben des Landesgerichtsein Beweis für folche Behauptungen? Zudem ist mitten im tiefsten Präsidenten gestellt werden und von der Prüfung der Bedürfnis Frieden der Bankdistont auf 7 Pro3. gestiegen. Das nennt Herr Büsing frage abhängen. Es steht diese Auslegung im direkten Widerspruch ein Bewähren der Goldwährung: ich nenne das nicht so. Unter der Leitung zu der seiner Zeit bei der Beratung im Plenum des Reichstags des Reichsbank- Präsidenten Koch find wir in unfrem Bantivefen zu gegebenen Begründung des fraglichen Baragraphen. Der Kongreß ganz unthaltbaren Zuständen gekommen.( Präsident Koch lacht laut, nimmt zu dieſem Punkt nachstehende Resolution einstimmig an: Lachen links.) Wir werden natürlich auch für den Antrag Herold Der Kongreß zc. bedauert, daß dem§ 157, Abs. 4 der Civilprozeßftimmen, der immerhin eine Verbesserung der Vorlage bedeutet. Ordnung durch den Erlaß des Herrn preußischen Staats- und JustizMinisters eine andre Auslegung gegeben worden ist, als der Reichstag Abg Kirsch( C.): es bei Annahme des gedachten Baragraphen beabsichtigte. Kongres bedauert diesen Erlaß. legt gegen denselben im Interesse einer großen Anzahl redlicher Rechtskonsulenten Verwahrung ein und bittet den deutschen Reichstag, dahin wirken zu wollen, daß seinen einmal gefaßten Beschlüssen Rechnung getragen wird, die Bundesregierungen anzuweisen, die Bedürfnisfrage bei der Entscheidung über die Zulassung nicht in Betracht zu ziehen und dem Nach suchenden die Befugnis zum Verhandeln vor Gericht zu erteilen, sofern diesem die Ausübung des Gewerbes als Rechtskonsulent von der zuständigen Behörde erteilt ist."
Ich wünsche der jeßigen Goldwährung ein recht langes Leben, aber andrerseits fann ich mir wohl denken, bag man später einmal zu einer andren Währung übergehen wird. Ich wünsche statt der vermehrten Ausprägung von Fünfmarfstüden mehr zwei Abg. Dr. Hahn( wildt.):
martstüde.
Daß die Herren Büsing und Brömel nach wie vor von der Vortrefflichkeit der Goldwährung überzeugt find, wundert mich. Die Probe auf die Haltbarkeit unsrer Währung ist jo erst in Kriegszeiten zu machen. Redner volemisiert gegen die Banfpolitit des Reichsbankpräsidenten. Was die haute finance nicht mehr an neuen Gründungen verdienen tann, will sie jetzt durch die Hochzinspolitik herausschlagen. Herr Koch steht mit diefer haute finance in Verbindung. Die Diskontpolitik der Reichsbank ist total verkehrt. Die Prophezeiungen des Herrn Koch sind bisher nicht eingetroffen. die Diskussion geschlossen. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Gamp und Arendt wird Präsident Graf v. Ballestrem:
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In der Debatte über diese Nesolution wird auch das Verhalten des Vorstands des Jnnungsverbands von verschiedenen Rednern bemängelt, da derselbe, anstatt den Erlaß mit allen zulässigen Mitteln zu bekämpfen, sich auf die Absendung einer Petition beschränkt hat. Die Delegierten von Berlin und den Nachbarorten regen deshalb die Frage der Neuorganisation des gesamten Berufs an. Weiter wurde für notwendig anerkannt, unlaufere Elemente, besonders bestrafte Personen, mit Hilfe der Polizei und der Gesetzgebung von dem Beruf fern zu halten.
Die Beratungen über diese Angelegenheit endigten mit der An Ich schlage dem Hause vor, die Abstimmung über die Artikel I nahme einer Resolution, in welcher das Bureau des Kongresses be und IV bis zu einem späteren Zeitpunkt zu verschieben. auftragt wird, die Organisations- und die sonstigen Berufsfragen auf dem zu Ostern in Berlin stattfindenden Verbandstage des Jumungsverbands mit dem Verbandsvorstande zu regeln. Zehnt der letztere eine Regelung dieser Frage ab oder sollten die Beratungen zu feinem befriedigenden Ergebnis führen, dann beabsichtigen die norddeutschen Berufsangehörigen, mit der Gründung einer Organifation auf freierer Grundlage vorzugehen. Diesem wurde auch von einem Teil der übrigen Delegierten zugestimmt. Damit fanden die Verhandlungen ihren Abschluß. 10
erhebt dagegen Widerspruch, der je nach dem Ausfall der Abſtimmung über Artikel IV noch einen Artikel in die Vorlage ein zufügen beabsichtige.
Bei der Abstimmung wird dem Vorschlag des Präsidenten gegen einen Teil der Stimmen der Reichspartei zugestimmt und die AbStimmung über die Artikel I und IV bis auf einen späteren Zeit punkt ausgefegt. Ebenso wird die Abstimmung über die Artikel II und III( Außerkurssegung der silbernen und Nickel- Zwanzigpfennigstücke, ersteres nicht vor dem 1. Januar 1902. leßteres nicht vor dem 1. Januar 1903). zu denen niemand das Wort verlangt, ausgefeßt.
Hierauf beantragt der
Abg. Dr. Arendt( Rp.) folgenden
Art. IV a Niemand ist verpflichtet, filberne Fünfmarkstücke im Betrag von mehr als 1000 Mark und die übrigen Reichs Silbermünzen im Betrag bon mehr als 50 Mart in gahlung zu nehmen.
B
Abg. Dr. Arendt( Np.)
bittet. diefen Antrag anzunehmen; er solle seinen Freunden vor allem Gelegenheit geben. die Währungsfrage auch nach Zustandekommen diefes Gefeßes in Fluß zu halten. Ich halte diesen Artikel für so wichtig, daß ich im Falle der Annahme des Artikel! IV unter Ablehnung meines Antrags, beantrage diesen Artikel IVa an die Kom mission zurückzuverweisen.
Das Wort wird nicht weiter verlangt. Die Abstimmung über diesen neuen Artikel wird ebenfalls ausgesetzt, ebenso über Artikel V. Artikel VI ist von der Kommission neu eingefügt worden. Er lautet: Der Artikel 11 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873( Die Be31. Dezember 1873) ist aufgehoben. fugnis, Silbermünzen als Dentmünzen auszuprägen, erlischt mit dem
Wir sind der Ansicht, daß die Währungsfrage mit diesem Geiegentwurf nichts zu thun hat. Daher werden auch diejenigen meiner Freunde, die Gegner der Galdwährung sind, für das Gejez Stimmen. Was die Thaler anlangt, so find wir der Meinung, daß fie in unser heutiges Münzsystem nicht hineinpaffen. Unfer Antrag bezweckt, den jezigen Silberbestand unverändert zu belaffen und ich bitte Sie, ihn anzunehmen. Der Antrag meines Kollegen Schwarze wurde zurüdgezogen, weil die Regierung dafür nicht zu haben ist. Wenn Dr. Arendt ihn jetzt wieder aufgenommen hat, fo thäte er besser, statt dessen gegen das ganze Gesetz zu stimmen. Reichsschazsekretär Thielmann( auf der Tribüne sehr schwer verständlich) bittet, den Antrag Herold abzulehnen, da Dem Artikel III§ 2 diefes Gefeßes wird folgender Abfaz 2 er feine Verbesserung der beigefügt: Der Bundesrat wird ermächtigt. Fünfmarkstücke und Vorlage bedeute. Gegen den von Herrn Arendt wieder aufgenom: 3weimarkstüde als Dentmünzen in andrer Prägung herstellen menen Antrag muß ich mich ganz entschieden wenden, da er das Princip der Vorlage vollkommen umstürzt. zu lassen.
Abg. Schoenlant( Soc.):
Abg. Fischbeck( fr). Bp.) hält es für bedenklich, dem Bundesrat dieje Vollmacht zu geben. Es ist gefagt worden, diefe Bestimmung Ich halte es für überflüssig, auf die Ausführungen des Abg, aber in diefer Richtung beim Postwesen gemacht haben, halte ich folle das Kunstgewerbe anregen. Nach den Erfahrungen, die wir Arendt einzugehen, da wir diese Rede des Herrn Abg. Arendt schon seit 15 Jahren ununterbrochen hören.( Heiterfeit.) Das es nicht für angebracht. Es liegt auch die Gefahr vor, daß solche Wäfferchen fließt halt fo, weil es so hergebracht ist. Meine Freunde Denkmünzen nicht nur bei großen nationalen Anlässen, sondern bei geben dem Gefeßentwurf ihre Zustimmung, weil er die Möglichkeit ieder möglichen Gelegenheit ansgeprägt werden. giebt, von der hinkenden Goldwährung zur reinen Gold: Abg Kirsch( C.) Ich habe den Beschluß der Kommission mit währung überzugehen. Ich habe meinen Ausführungen Freuden begrüßt und hoffe, daß nur bei großen nationalen Ervon der ersten Lesung nichts hinzuzufügen und eignissen solche Denkmünzen ausgeprägt werden. erklären, daß wir auch, was den Artikel IV anlangt, zwar Reichs- Schagiefretär Frhr. v. Thielmann: Ich bitte. den ersten Die Regierungsvorlage vorziehen würden, da aber der Antrag nichts Abfaz des Kommissionsbeschlusses nicht anzunehmen. Gegen den am Geiste des Gesezes ändert. fo werden wir ihm zustimmen. zweiten Absaz habe ich nichts einzuwenden
Abg. Büfing( natl.):
nur zu
Abg. Gamp( Rp.): Es besteht ohne Zweifel ein Bedüfnis nach folchen Denkmünzen. Besonders erfreulich wäre es, wenn das as die vorliegende Resolution anlangt, so haben wir sie in Bildnis des Kaisers Friedrich mehr in die Bevölkerung fäme. Denk der Kommission beschlossen, weil von einer großen Zahl von münzen mit seinem Bildnis werden jetzt schon mit großem Aufschlag Handelskammern der Wunsch ausgesprochen wurde nach bezahlt. Finanziell würde das Reich dabei ein sehr gutes Geschäft einer Vermehrung der Zehnmarkstücke. Auf eine währungs- machen und ich begreife nicht, wie die Herren, die die Thaler so gern politische Debatte will ich mich nicht einlassen. Ich los jein möchten, sich gegen diese Bestimmung wenden: Die Thaler will nur darauf hinweisen, daß die Goldwährung bis jegt würden doch gerade durch solche Denkmünzen noch mehr beseitigt tadellos funktioniert und daß sie uns unsre Nachbarn auch werden. nachgemacht haben. Was die Einziehung der Thaler anlangt. fo Damit schließt die Diskussion. Die Petitionen werden durch die soll das Gesetz nur den gegenwärtigen Prozeß etwas befchleunigen. vorangegangene Beratung für erledigt erklärt. Sämtliche AbDie Erhöhung des Gesamtbetrags der Reichs Silbermünzen pro ſtimmungen bleiben ausgesezt. Kopf von 14 M. auf 15 M. hat die Kommission nur beschlossen, um dem heut schon bestehenden Bedürfnis nachzukommen. Auch meine Freunde haben nichts gegen den Antrag Herold einzuwenden und werden für Artikel IV in der von ihm vorgeschlagenen Fassung ftimmen.
Reichsbankpräsident Koch
Hierauf vertagt sich das Haus.
Nächste Sigung Dienstag 1 Uhr( Rechnungssachen, dritte Beratung der lex Heinze. Die heute ausgesezte Abstimmung über das Münzgefeß.) Schluß 6 Uhr.
Parteibureau.
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Die Kunst und die lex Heinze.
Die lex Heinze hat es zuwege gebracht, daß auch unsre Intelleftuellen sich rühren. Wenn das auch nicht mit dem grandiosen Elan geschieht, wie bei den temperamentvolleren Romanen zur Zeit der Dreyfus- Affaire, wenn bei uns auch fein Zola sein J'accuse " gegen die Dunkelmänner schleudert und keine Séverine die zarte Hand zur Faust ballt, so ist es doch immerhin schon sehr erfreulich, wenn Herr Sudermann von dem Verlassen der stillen Dichterklause spricht, wenn unsre Künstler, und was sich dazu rechnet, auch einmal das Wort Politif" gebrauchen lernen, ohne hochmütig die Achseln zu zuden. Nun, freuen wir uns, daß jezt endlich auch bei uns einmal der Intellekt erwacht ist, und wenn. wie das bei deutschen Intellektuellen nun einmal nicht anders ist, allerhand Absonderlichkeiten dabei mit unterlaufen 3. B die Ausschließung der Frauen von der am Freitag in der Philharmonie projektierten Versammlung-, so wollen wir doch einstweilen nur darauf Nachdruck legen, was uns e int. Und da sind uns die Protest- Versammlungen, die jeẞt in so großer Zahl einberufen werden, äußerst willkommen, und man darf nicht gleich ummutig werden, wenn einmal etwas mißglückt, wie lezthin die Versammlung in der Philharmonie. Die Leute beherrschen eben noch nicht die Technik der Sache. Sorgen wir dafür, daß ihr Eifer nicht nachläßt; dann werden sie schon von selbst sich größere Gewandheit aneignen.
Die Versammlung. bie Sonntag mittag int den Germania Sälen stattfand. war sehr gut besucht, wenn auch nicht so überfüllt. wie die vor einer Woche. Sie stand aber auf einem hohen Niveau. Der Vortragende, Prof. Bruno Meyer, beschränkte sich nicht darauf, blos die Kunst Paragraphen der lex Heinze lächerlich zu machen, sondern er beleuchtete den reaktionären Geist, der die ganze Vorlage überhaupt möglich fituierten Paragraphen, die die Herren von der Kunst gemacht hat und der grade in den 3 uhälter und Proneulich ganz ignoriert hatten, genau so in die Erscheinung tritt, wie in den Bestimmungen über das Anstößige in Kunstwerken. Der Vortragende charakterisierte diesen Geiſt ganz mit Recht als denselben, der aus der verflossenen Um stiravorlage, dem Zedlizichen Schulges ez und vor allem aus der lex Arons,„ dicjer geradezu schamlofen Vergewaltigung der Wissenschaft", spricht. Er stellte die Alternative: Entweder modernes Kulturvolk oder zurück in den alleinfeligmachenden Schoß der Kirche! Wofür sich die Versammlung entschied war leicht zu iehen aus den entrüsteten Zurufen bei Erwähnung der lex Arons, und als der Vortragende die Wirksamkeit der zum Schuß der geistig Schwachen getroffenen" Bestimmungen für die Hebung der Sittlichkeit des Nähern untersuchte.
Der Direktor des Schiller- Theaters, Herr Dr. R. Löwenfeld, zeigte darauf in einigen treffend gewählten Beispielen, wie die Negierung jegt bereits für diese Boltsbildung sorgt, indem sie der Bolizei die geistige Leitung des Theaterwesens in die Hände giebt. Der Redner forderte schließlich alle Anwesenden auf, dem neuen Goethe- Bunde beizutreten. Er sagte ganz mit Recht: Der Kampf gegen die Heinze- Männer muß organisiert werden!
Der freifimige Landtags- Abgeordnete und freireligiöse Prediger Sänger entfesselte sodann den stürmischen Beifall der Zuhörerschaft, indem er ein wenig die Tendenzen unsrer gauzen Regierungspolitik Sarlegte.
Bildhauer Reinhold machte noch darauf aufmerksam, ivie tief wir doch heruntergekommen sein müssen, wenn selbst der Regierungsvertreter, Staatssekretär Nieberding, der Reichstagskommision gegenüber den aufgeklärten Standpunkt vertreten mußte. Er gab sodann folgende Probe von der beseligenden Macht der Kirche zum besten: Ginent Kollegen von der Bildhauerei, einem frommen Katholiken, ist im Beichtstuhl von seinem Beichtvater gefagt worden:„ Mit dem Nackten
Das Parteibureau befindet sich vom 14. März ab nicht mehr dürfen Sie fich aber nicht beschäftigen, sonst bekommen Sie von der
fritt der Behauptung des Abg. Arendt gegenüber. daß die Zweiund Fünfmarkstücke unbeliebt seien. Der Abg. Arendt stüßt sich auf die Berichte vom Dezember der verschiedenen Jahre. Da müssen. aber die Bestände an Reichsmünzen höher fein als an Thalern, wegen der Neuausprägung. Aus der Höhe des Diskontsages fann man nicht folgern, daß der Zeitpunkt für das Gesch schlecht gewählt fondern ist. Diese Höhe ist auf den wirtschaftlichen Aufichwung überhaupt zurüdzuführen, nicht aber auf nicht ausreichende Metalldedung. Abg. Fischbeck( frf. Vp.):
Wir haben uns auch entichloffen, für den Antrag Herold zu ftimmen. Weitere Veranlassung, auf die bisherige Debatte einzu gehen, liegt für uns nicht vor.
Razbachstraße 9 Kreuzbergstraße 30.
Die Parteigenossen werden darauf aufmerksam gemacht, bei ihren Bufchriften an den Parteivorstand den Adressenwechsel zu beachten. Die Adresse für den Parteivorstand lautet vom 14. März ab: J. Auer, Berlin SW., Kreuzbergstraße 30. Zuschriften oder Geldsendungen an den Parteikassierer A. Gerisch Kreuzbergstraße 30
find ebenfalls
Abg. Frhr. v. Schele- Wunstorf ( Welfe) wünscht die Schaffung eines 25 Pfennigftücke. Die Doppelwährung wird wiederkommen. Einseitig fann fie freilich nicht eingeführt werden. Sie liegt aber im Interesse aller Erwerbsstände. vom 14. März ab zu adreffieren. Ich bitte Sie, das Gesez abzulehnen oder den Antraa Arendt anzu- Berlin , den 10. März 1900. nehmen.
Der Parteivorstand.
Kirche jedenfalls feine Aufträge mehr! Der Mann ist nicht wieder zur Beichte gegangen.
Die Stimmung der Versammlung wurde leider etwas getrübt, als ein Arbeiter à la Christlicher Verein junger Männer gegen den Materialismus und die Immoralität des Theaters zu Felde zog. Um zu beweisen, daß nicht alle dem Arbeiterstande Angehörenden diese Anschauungen haben, nahm mun Genosse Reichstags- Abgeordneter Geck das Wort. Er legte dar, ohne die Anwesenden im parteipolitischen Sinne beeinflussen zu wollen, daß die Socialdemokratie sich stets in den Dienst jeder Kulturbewegung gestellt habe, und wenn er auch hier, wo es sich um einen Stampf um die höchsten Güter des Volks, um Kunst und Wissenschaft bandelt, bescheiden den Künstlern und Wissenschaftlern den ersten Blaz einräumte, so gab er doch die Versicherung ab, daß sie in der Arbeiterbewegung stets ihren stärksten Rückhalt finden würden, wenn und wo fie ihn brauchten. Wir find