tntri, daß Mfi so gefürchieten Kosaken keineswegs in Greueltaten schwelgten und oft genug die angeblich zivilisiertereii Truppen des napoleonischen Heeres beschämten. Als die erst« Nachricht nach Bromberg kam, die Kosaken seien bereits in Schwetz, gab es in der Stadt große Bestürzung,„weil uran noch nicht wissen kann, wie die Sitten dieser Herren be- schassen sein werden". Eine große Anzahl französischer Offiziere erch'isf aus diese Kuirde hin schleunigst die Flucht und zahlte für. Fuht Enerke jeden geforderten Preis. Die anfängliche Furcht dier BurAerschast weicht aber größerer Zuversicht, nachdenr berichtet wird, da die Kosaken in Schwetz„säuberlich verfahren".«Einige Tage später erscheint die erste Kosakcnabtcilung am Danziger Tor..„Die Furcht ist weg, sie halten Manneszucht." Vor einem Ausfall der Thorner französischen Garnison ziehen sie sich über den zugefrorenen Brahefluß zurück und gehen einem offenen Kampfe aus dem Wege. Tie Franzosen machten insolgcdesien tvieder Kehst,„taten sich gütlich in der stadt und hatten nicht übel Lust,«k» prendre un peu". Diese Plünderungsgelüste sind um so erstaunlicher, als doch Bromberg zum Großherzogtum Warschan gehörte, das den Franzosen verbündet war. Nachts zogen sie nach Thorn zurück; tags darauf erschienen wieder die Kosaken. Ihr Hetmann, Herr von Luklveiken, verlangte eine ganze Zimmer- flucht; er verordnete, daß binnen einer halben Stunde alle Zimmer geräumt sein müßten, wenn nicht seine Kosaken die Mühe über- nehmen sollten., Es geht alles, wenn der Kantsch�l hinterher ist: in einer halben Stunde waren wir ausgezogen." Im übrigen benahmen sich die Russen inanierlich, ihre Osfi- ziere veranstalteten Festlichkeiten und die Genieinen machten Post- dienst und brachten„die Berliner Post und Zeitungen". Ter russische Befehlshaber Woronzew, der inzwischen angelangt ist, hält strenges Strafgericht über einen Denunzianten, der sich durch Verleumdung des Bürgermeisters bei den Russen beliebt machen will. Ueberhaupt wird viel aus Disziplin gehalten.„Heute früh wurde einigen Soldaten die Manneszucht durch 6000 Rutrn- hiebe eingeschärft." Im übrigen leben sie harmlos vergnügt.„Bei Schneiders haben die Russen einen Ball gegeben, wo es recht artig hergegangen sein soll." Verstöße gegen die guten Sitten kommen anscheinend nicht vor.„Ein Osfizico ist gestern herumgeritten. zum Ball auf heute inbitieren. Also fuhr ich mit der Frau gegen 9 Uhr nach oer„Harmonie" und fand den bal psre ebenso an. ständig als unter Europäern. Tie Herren tanzen ebenso gern als sie sich schlagen, wo nicht noch lieber." Erst acht Wochen nach der Besetzung der Stadt verlangt die russische Behörde 21 000 Gulden und Lebensmittel. Eine einzige Rempelei geschah zwischen dem Dokhor Friedrich Busler und einem russischen Offizier, der Pferde requirieren wollte.„Solches schlägst er patzig ab, und im Diskurs bedient er sich ungescheut eines Instrumentes, um Flüssigkeiten loszuwerden, welches man sonst nicht in fremder Gegenwart ergreift. Siehe, da ergrimmt der Krieger und wirft den Doktor in einen weinleeren Keller, wo er annoch sitzt." Er wurde aber nach kurzer Zeit wieder heraus- geholt. Monat auf Monat verstreicht, eine russische Truppe wechselt die andere im Quartier ab, doch gibt eS keinen Anlaß zu Klagen über unangemessenes Benehmen. Ter General Miloradowitsch wird sogar als„braver Mann" bezeichnet, und selbst die Bäsch kirxn benahmen sich anständig....L_ c, b. kleines Feuilleton. Der andere. De» einen haben wir am Freitag vorgeführt. Nämlich den Berichterstatter des„Berliner Tageblattes" auf dem östlichen Kriegsschauplatz, Herrn Paul Lindenberg . Den andern, Herrn teinrich Binder, der das„Tageblatt" auf dem westlichen riegSschauplatz repräsentiert, wollen wir mit den Worten kenn- zeichnen, die die„Aktion" dem Cheftedakteur des„Berliner Tage- blattes" widmet: „Vielleicht lesen Sie noch einmal, WaS im Feuilleton des .Vorwärts" vom 11. und vom 12. Oktober 1S12 über jenen literarischen Diebstahl steht, den der heutige Mitarbeiter Ihres B'altes, Heinrich Binder, verübte? Erwischter Binder hatte den Roman.Hafenstürme' des Engländers W. W. Jacobs kurz und binderich unter dem schönen Titel.Krischan Twietmeher, die Ge- schichte einer guten Seele" als eigenes GeisteSprooukt an die „Altonaer Nachrichten' verlaust. Zur Sicherheit hatte Binder den Namen des Romanhelden gefälscht. DaS Plagtat erschien— aber gleichzeitig erschien(zum Verhängnis des Plagiators) das Original st anderen Zeitungen. Doch das stört wohl nicht?" Kriegsberichterstatter sind, scheint's, oft wunderliche Leute,
Die Katheürale von Reims . Der Dom von Reims brennt! Die Meldung, die vom Schlacht- felde zu uns herübertönte, ließ das Herz jeden Kunftfteunde» schmerzlich erzittern bei dem Gedanken, daß französische Leicht« fertigkeit diese erlesene Perle frühgotischer Architektur in ernste Ge- fahr gebracht hat. Die Kathedrale, deren Bau im Jahre 1212 nach den Plänen des Meisters Robert de Couch begonnen wurde, war bereits 1241 so weit fertig, daß das Domkapitel sie beziehen konnte. Die prachtvolle Fassade mit ihren reichen Verzierungen wurde aber erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Angriff genommen, und etwa 100 Jahre später war sie vollendet. WaS dieses Wunder der Gotik por allem auszeichnet, ist die edle Harmonie aller Masse im Inneren wie im Aeußeren. Dem dreischifffgen Langhaus schließt sich vom Ouerschiff auS eine sünfschiffige Anlage an. Zu den fünf Kapellen, die den Thorumgang umftänzen, steht dieser in seiner schlich len Ein- fachheit in wirkungsvollem Gegensatz. DaS Mittelschiff steigt in stolzer Höhe mehr alS doppelt so hoch wie die Seitenschiffe. Die Kirche hat sieben Türme. Fünf davon sind 1481 durch einen Brand bis zur Dach- höhe herab zerstört worden. Auch die beiden Haupttürme der Fassade verlöre» damals ihre Spitzen, die auch nicht mehr ergänzt wurden. Aber trotz diesem Schönheitsfehler, der der Gesaintwirkung keinen Abbruch tut, ragen diese Türme immer noch zu der stattlichen Höhe von etwa 80 Metern empor. Die Fassade ist mit einer wahren fülle von Skulpturen ausgestattet. Die Fensterrose über dem tiefen iittelportal zeigt bei einem Durchmesser von zwölf Metern eine so wundervolle Formenschönheit, daß sie sich durchaus der be- rühmten Fensterrose der Notre- Dame in Paris an die Seit« stellen kann. Darüber ist die Taufe Chlodwig «, des erste» christlichen Frankenkönigs, dargestellt, der im Jahre 49« von dem Schutzheiligen von ReimS , dem Heiligen Remigius, getauft und gekrönt wurde. Noch höher zieht sich die sogenannte KönigSgalerie entlang, die ihren Namen den 42 Statuen französischer Könige verdankt, die in lebenswahrer Gestalt in Spitzbogennischen nebeneinander stehen. Diese Königsgalerie geht als dritter Stock quer über die ganze Fassade hinweg. Steht man so vor der Käthe- drale und versenkt sich in Ruhe in die Betrachtung der Einzelheiten, die sich zu so wunderbarem Einklang verschmelzen, so wird man den Eindruck haben, daß die Fassade als Gesamtheit viel weniger bizarr und unruhig wirkt, als die von Notre-Dame in Pari». Selbst da« Strebewerk zeichnet sich durch den ruhigen Adel seiner Formen au« und ist höchster Bewunderung wert. Die Seitenportale sind weniger reich geschmückt. Am Ende der Apsis strebt ein zier- licher Dachreiter empor, der„Engelsglockenturm'. Er wird gelragen von acht Riesenfiguren und gekrönt von einem Engel, der in seiner Hand das Wahrzeichen des Christentums, das Kreuz, emporhält. DaS Innere der Kathedrale ist verhältnismäßig einfach und wirkt gerade deshalb wohl besonders stark auf den Besucher. Sehr schön ind die runden Pfeiler, die das Gewölbe tragen. Sie find von v er Halbsäulen umgeben und ihre Kapitelle find reich mit Blattwerk geschmückt. Von den Glasmalereien der Fenster ist be- sonder« kunstvoll der malerische Schmuck der Fensterrose de« Südportals, die Gottvater im Kreise der zwölf Apostel darstellt. Unter den Gemälden, die die Kapellen schmücken, zeichnen sich zwei durch ihren Kunstwert aus. Das eine, das Tizian zugeschrieben wird, gibt die Begegnung des auferstandenen Christus mit Maria 'Verantwortlicher Redakteur:«kfreh Melepp, Neukölln. Für de»
Magdalena wieder; das andere. Christi Geburt , zeigt TintorettoS Meisterband. (Nach englischen Meldungen ist die Zerstörung der berühmten Kathedrale keineswegs so arg, daß sie nichr wieder hergestellt werden könntet Die Fassade mit ihren drei Toren ist fast unbeschädigt; ebenso sind die beiden Türme und die Fensterrosetten unbeschädigt.. Die Schäden des Dachstuhls sind reparierbar.)
Kulturüokumente. Die folgenden Strophen sind einem sogenannten.Soldatenlied' entnommen, das betitelt ist:„Hau sie. lieber Gott !" Verfasser ist der Realschulprofessor Fritz Ludin in Freiburg i. B. Vertont von einem Kapellmeister des Stadttheaters und„künstlerisch" geschmückt, wird das Machwerk zum Besten des Roten Kreuzes für eine Mark verkauft. Nur ein paar Strophen: Wieder juckt es den FrckiizoS Unter seiner roten HoS: Flöh in Hosen, Muck im Kopf. Laust ihm doch den welschen Schopf, :,: Oder besser:.: Haut ihn ab, dem falschen Tropf II Und in Rußland der Barbar, Der von je ein Schnapslump war: Reißt ihm�doch die Buddel'rus. Deutschen Schnaps schenkt ein dem Ruß, :.: Oder besser:,: Setzt den Kerl in Spiritus I! Und in England, Numro Drei, Lebt der Herr Minister Brey, Büffsteck frißt er roh und rot: Haut den feigen Krämer tot. :,: Oder besser:,: Hackt ihn breit zum EntrekSt! I Und im Balkan auch der Serb , Will, daß man ihm'S Leder gerb: Michel, nimm ihn beim Genack. Gerb ihm seinen laus'gen Frack, :,: Oder besser Zieh' ihm'S Fell ab. dem Schlawack l! Das ve*�?etie Lachen. Als wir beide Sck>T.1ter an Schulter an der Werkbank standen, wie konnte er de lachen. So hell, so laut, so fröhlich und von Herzen, daß es fast das Getöse der Maschinen, der Niethämmer, übertönt.� und alle Kehlen ansteckte. Es war ein gesundes,«in starkes Lachen, und gesund und stark war er auch, der ewig lachende üstaxe. Er lachte viel und gern, und doch traf das Sprichwort vom vielen Lachen auf ihn durchaus nicht zu. Er war kein Narr, nicht mal ein närrischer Kauz, sondern ein beller, kritischer Kops, der allzeit wußte, was er wollte. Aber sein Lachen war ihm alles und half ihm über alle Bitternisse seines Lebens hinweg: und die waren trotz seiner 80 Jahre nicht gering. Das Lachen war seine Medizin und seine Waffe, jawohl, Waffe. Wer sich an ihm reiben wollte, den setzte er mit seiner schmetternden Lache glatt in den Sand. Und als einmal in einer öffentlichen Versammlung ein antisemitischer Konfusionsrat seine krausen Ge- dantengänge über die Partei entwickeln wollte und sich dabei ver- schluckte, da klang mit einem Male aus der hintersten Ecke des Saales ein Lachen, das wie«in ungestümer Bergbach über die dicht gedrängte Zuhörerschaft prasselte. Maxe lachte, und da wußten wir, die wir neben ihm sahen, daß der arme Schwätzer vorn auf dem Podium unrettbar verloren war. Einige Sekunden stutzte die Versammlung, dann aber brach eine Lachsalve los, so stark und un- gehemmt, daß die Fenster dröhnten und der Redner mit offenem Munde wie in einer Versenkung verschwand. So konnte unser Maxe lachen. Die spätere Zeit trennte mich von ihm. Kürzlich aber sah ich ihn wieder, als ich über dem Alexanderplatz ging. Er war fcld- grau gekleidet und stand an einer Haltestelle der Straßenbahn. Ich hätte ihn beinahe nicht mehr erkannt. ES war noch immer das alte, gutmütige Gesicht, aber die Augen— Herrgott, die Augen waren eS nicht mehr. Die Augen, die ehemals so lieb und lustig gucken konnten. Und der sonst ewig lachende Mund war herb ge- schloffen. Es lang etwas Verkniffenes über den Zügen, etwas Fremde». Fürchterliche».... Er drückte mir die Hand, ganz kurz und hart, dann versenkte er sie wieder in seine Hosentasche. Er konnte mir nicht mehr voll in die Augen sehen. Sein Blick hatte ein scheue» Flimmern. Wir gingen eine Tasse Kaffee trinken und sprachen lange. Aber fröhlich wurde er nicht. Er blieb düster und ernst, als drückte etwas mit Zentnerschwere auf ihn. Es tat mir weh. „Maxe, lach' doch mal!" bettelte ich. „Lachen?" fragte er schmerzlich,„ach, das Lachen Hab' ich ver- loren, dort," er zeigte mit der Zigarre in die unbestimmte Ferne, „dort haben wir'S verscharrt, bei Lüttich !" Line Kriegsausfteilung in Leipzig . Auf der Leipziger Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik, die ihren Betrieb aufrechterhält, wird zurzeit eine KriegSauSstellung vorbereitet, deren Eröffnung am 1. Oktober stattfinden soll. Die Ausstellung wird nur den gegenwärtigen Weltkrieg behandeln; historische Rückblicke auf frühere Kriege find im allgemeinen nicht beabsichtigt. Diese neu« Sonderausstellung steht in gewissem Zu- sammenhang mit der Bugra, indem unter anderem gezeigt werden wird, wie groß der Einfluß ist. den der Krieg bereit» auf Buch- aewerbe und Graphik ausgeübt hat. So werden Bücher. Broschüren, Plakate, Maueranschläge, Karten von de»» Kriegsschauplätzen. Bilder- Postkarten ausgestellt werden. Sehr reich wird sich voraussichtlich die Ausstellung der Tagespress« und illustrierten Zeitschriften ge- stalten. Dabei werden nicht nur deutsche Zeitungen, sondern auch die Presse der neutralen Länder und die Zettungen unserer Feinde zu sehen sein. Die Grenzen der Ausstellung bleiben aber nicht auf das Buch- gewerbe beschränkt. Sondern der Krieg wird noch in vielen anderen Einzelheiten zur Anschauung gebracht werden. Uniformen deutscher und feindlicher Truppen werden ausgestellt, Waffen, Munition, Material der Sanitätskolonnen usw. Was verwundete Soldaten an Keinen und großen Kriegserinnerungen(??) in die Heimat mit- bringen, ist alles willkommen und wird nach Schluß der Ausstellung gut verpackt zurückgesandt. Die Leitung der Leipziger Kriegs- auSstellung liegt in den Händen des MuseumSdirektorS Dr. Schramm, dem ein kleiner Ausschuß, bestebend aus den Herren Verwaltungs- direktor Fiedler, Maler Prof. Hsroux. Redakteur Meyer und Schrift- steller Dr. Stettenheim zur Seite steht.
Theater. Schiller-Theater 0: Kleiner Krieg, historische Komödie von Ludwig R o h m a n n. Ein Schulmädchenstreich in dem adligen Altenburger Fräuleinstift, der in den von Herrn Roh- mann herausgegebenen„Briefen an Fritz von Stein "(den Sohn von Goethes berühmter Weimarer Freundin) mit ein paar Zeilen erwähnt wird, hat ihm den unglücklichen Gedanken dieser Komödie eingegeben. Die Fräuleins demonstrierten 1807 nach den Rapoleo- nischen Siegen ihre deutsche Gesinnung durch einen Boykott gegen ihren französischen Sprachmeistcr, erklärten, überhaupt kein Wort mehr in der verhaßten fremden Sprache reden zu wollen. Zu vier verdrießlich langen Akten ist diese Anekdote auSgereckt. Dem Lehrer. der die Gesinnungslumperei franzmännischer Großmannssucht in Reinkultur zu repräsentieren hat, bekommt von den Damen und
anderen gutzti Deutschen ordentlich die Wahrheit zu hören, um zu guterletzt-Mn dem Minister des Ländchens selber vor die Tür ge- setzt zi� werden. Aber eS gibt unter den Franzosen und den Deutschen , die in französische Dienste traten, auch gute -xrm'chen. Einen Major, der, als er Fräulein TrudeS Liebhaber, den tapferen preußischen Offizier arretieren soll, ihm— man weiß nicht recht warum, doch jedenfalls zur frohen Ueberraschung des Publikums— einen Freipaß ausstellt, und einen Provinzialrat, der den Berfolgten über die Grenze schmuggelt. Alles löst sich aufs erfreulichste, und nach dem Sieg über den Sprachmeisler wird auch der allzu radikale Streikbeschluß der Damen wider den französischen Unterricht zurückgezogen. So wenig wie in der Erfindung, traten in Dialog und Charakteristik irgend welche über das Niveau farblosester Routine sich erhebende Züge hervor: loas indes dem Beifall. namentlich bei den sogenannten patriotischen Stellen, nichts anzu- haben vermochte. Gespielt wurde im Ganzen flott und temperament- voll. Besondere Erwähnung verdient, daß Herr W e r a n a in der Figur des Sprachlehrers sich dankenswert von jedem billigen Kari« kieren fernhielt._ ät. Notize». — Schweine-Humor. Die„Hamb. Nachr.' veröffentlichen aus einem Feldposibriese folgendes: „... Gottlob gibt es auch heitere Episoden. Am Sonntag morgen zogen wir in das brennende Ethe(Belgien ) ein. Hier blühte unS ein Straßenkampf, der aber durw die Feigheit der Bewohner nicht sehr blutig für uns war. Wir nahmen alles Män»- liche und auch alle Schinken und Speckseiten mit, denn ersten« muß der Mensch leben, und von hinten läßt man sich auch nickt gern er- schießen. Vor einer HauStür lag ein verwundeter Franktireur, und dicht hinter ihm grunzte friedlich eine schöne fette«au. Der vorbeireitende Major rief uns zu: Nehmen Sie das Schwein mit! worauf prompt ein Mann fragte: Welches denn, Herr Major?' � Diese Art„Humor' ist— das 1« hier festgestellt— seit dem 30jährigen Kriege in Deutschland nickt mehr üblich gewesen. Sie findet ihre Vorbilder im„SimpliciuS SimpliciffimuS" des Grimmelshausen. Vielleicht daß auf diesem Gebiete die vielbetufene„Auferstehung der deutschen Kunst" erfolgen wirdl — Theaterchronik. HumperdinckS„Marketenderin', die am nächsten Montag ihre Erstaufführung am Deutschen Opern- hause erlebt, ist ein Singspiel, daS am letzten Tage des Jahres 1813 spielt, unmittelbar vor dem Uebergange BlücherS bei Caub. Das Textbuch ist von Robert Misch . — Konzertchronik. Am 3. Oktober findet in den Kammer« sälen. Teltower Str. 1, ein Konzert zum Besten der Kriegshilfe statt. Eintritt 30 Pf. — DieKun st schätze deSLouvre sind in Sicherheit ge« bracht worden. Alle Fenster wurden vermauert. Die Mona Lisa wurde nach Toulouse gebracht. Sehnliche Maßnahmen wurden m allen anderen Pariser Museen getroffen. — Die Große Berliner Kunstausstellung am Lehrter Bahnhof ist am Sonntag zum letzten Male dem Besuch ge« öffnet. Bei Eintritt der Dunkelheit wird sie geschloffen. — Der Schutz von Kunstwerken im Kriege.§27 des Uebereinkommens der zweiten Friedenskonferenz über den Landkrieg vom 18. Oktober 1907 bestimmt:„Bei Belagerungen und Beschießungen sollen alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen lverden, um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichrn Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, soviel als möglich zu schonen, vorausgesetzt, daß sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zweck Verwendung finden.' — Die Geistesarmut. Auch bei den Komponisten langt es nicht. Also langen sie zu. Will sagen: da sie nicht« eigenes schaffen können,„leihen' sie, nach guter alter Komponistensitte. S» ersckeint bei Karl Simon, Mufikverlag, Berlin W 35, ein„Deutsches Kampflied' von Emund Kühn, Text nach(!) Julius Rodenberg . Titel sehr kühn:„Nach Paris ! 1813. 1870. 1914." Mitten der Strophe geht die sogenannte Melodie einfach über in den alte« „ITridoricus rex". Eine merkwürdige„Wiedergeburt der deutschen Kunst", von der chauvinistische Aesthrtiker bereits allenthalben faseln — Kein Ruß' Musikus. Der von seinen Tharlotteu« burger Kollegen kaltgestellte Tenorist Arensen gastierte in Hamburg als Walter Stolzing! Weniger anständig ist maxi in Bremen , wo die Chauvinisten nach Charlottenburger Muster einen russischen Untertan, den Tenoristen Spivak, hinausgesetzt haben. — Dem Protest gegen die chauvinistischen Ge« lehrten haben sich auch die Professoren W a l d e y e r und Orth angeschlossen. — Wie'S gemacht wird.„Belgische Jäger, die si# nach einem Gesecht mit einem Schwerverwundeten sechs Tage lang in einen, Kanalrohr versteckten." So nennt der. T a fl ein Bild, daS er bor einigen Tagen bracht«. Die München « Zeitschnsi „Zeit im Bild" macht die Sache interessanter und schreibt unter genau dasselbe Bild:„Absuchen eines Schlachtfeldes. Einet« Icho ssener Franktireur wird aus einem Graben gezogen- — Wenn das übrigens mit Schlacktfeldbildern so weiter gehen soll, wie bisher, können wir noch nelte Dinge erleben. Un» soll eS rechs sein.„Zeit im Biw" brachte, nebenbei bemetft, kürzlich ein Bild- Deutsche Ulanen vdr Paris . Natürlich keine Photographie, sondern ein« Zeichnung! Just als sie erschien, war der rechte deutsche Flügtt zurückgenommen worden. — Künftlerpolitik und Kun st Politik. Der Vorstand der„ArtisteS gran?aiS" hat beschlosien, in Zukunft keine deutschen Künstler mehr als Aussteller zuzulassen. Der Salon der.Artist«« FranyaiS" ist die Gesellschaft der Kitscher und Zuckerbäcker, die jedem Frühjahr daS Grand Palais der elytäischen Felder� ZN einer Wüste macht. Die Ironie deS Schicksals will, daß es just He» Bonnat und seine �ippe waren, die im offiziellen Deutschland bisher als die Vertreter einer.gesunden" Kunstrichtung galten und in hohen Gnaden standen. — Charles Peguy , einer der vornehmsten und eigen« artigsten Spracklünstler Frankreichs , ist auf dem Schlachtfeld gefallen- Ein Kind des Volkes, hatte er in seinen ersten Schöpfungen d» moderne Weltanschauung und ihre sozialen Ideen verkündigt, aber dann wie so manche seiner Generation einen Weg gegangen- der ihn den traditionellen Patteien in Religion und Polirik imntt- näher führte. So wurde auS dem revolutionären Vorkämpfer dS DreyfuS-Zeit der schwärmerische Poet deS Jeanne d'Src-KuItus, den nur noch sein Glauben an die Demokratie von den raffinierteren Machern der neumonarchistischen ReaktionS- Ideologie trennte- Idealistische Selbstlosigkeit und edler Trotz haben Pvguy bi» zuw Schluß ausgezeichnet und ihm ermöglicht, sein Werk, die„veffie» äs 1s gurnrsius" am Leben zu erhalten. — Roda Roda über die Kosaken. Der auf der« galizischen Kriegsschauplatz weilende Schriftsteller Roda Roda schreibt aus Grund von Mitteilungen, die ihm Verwundete machten:„Vnn den Kosaken erzählen die Verwundeten überhaupt nichts. Wenn P das Gelichter jemals zu Gesicht kriegen, zeigen die Kosaken imw» den Rücken. Sine» Kampf zu Pferde nehmen sie nickt auf. Furcht vor den Kosaken besteht auch nur bei den Einwohner» GalizienS . Sie sind es, die jeden Tag da und dort KoiakeN' Patrouillen gesehen haben wollen. Leute aber, die mit den donisdsi» Reitern wirklich schon zu tun halten, die Flüchtlinge au« Ostgalizie» etwa, berichten erstaunt, daß jene Halbbatbaren gar nicht so unebew Gesellen wären. Sie rauben und sengen nicht. Sie bezahlen, w"« sie brauchen, dann trollen sie sich ibre» Wege«, der österreichisch� Kavallerie entgegen. Haben sie sie aber gefunden, dann nehmen vc Reißau».'