Haje Satire eines Maupasiant den Weg zu den LiebeSepü'oden des heutigen Krieges, wenn er die opfernden Abenteuer seiner dicken Patriotin, der boiüs de suif, dem Philistergeschmeiß zum Trotz verherrlicht. Aber in aller Vergangenheit gesellt sich natürlich und auftichtig zum Kriege das Weib. Selbst der alte Germane, der sein treu ge- liebtes Weib und die Kinder auf seine Kriegsziige mitnahm, er- leichterte sich den Heldentod, indem er an die unvergleichlichen Ilm - armungen dachte, mit denen die Walküren die Tapferen im Walhall beglücken. Und dem Türken würde sein tapferer Fatalismus des Sterbens weniger selbstverständlich erschienen sei», wenn er nicht in dein Glauben die Erde verlassen hätte, im Paradies die guten und großäugigen Mädchen auf grünen Kissen zu finden, die Huris, die weder ein Mann noch ein böser Geist je berührte. In einer eben erschienenen Schrift„Das D i r n e n w e s e n in den Heeren und seine Bekämpfung(Leipzig bei I. A. Barth) gibt der Garnisonsarzt der'Festung Köln Dr. H a b e r l i n g in übersichtlicher Zusammenfassung eine kleine Weltgeschichte der Prostitution im Kriege tauch in den Friedens- garmsonen), die in eine Reihe von Vorschlägen zur Unterdrückung der Geschlechtskrankheiten in den kriegführenden Heeren mündet. Ueber diese ärztlichen Vorschläge soll hier nicht diskutiert werden. Aber die kulturgeschichtlichen Ergebnisse dieser Wanderung durch Zeiten, Völker und Kriege mögen kürz angedeutet werden; auch sie beweisen, daß die Unlösbarkeit des Problems der Prostitution im Kriege und im Heere erst recht bisher aller Maßnahmen ge- spottet hat. In den astatischen Feldzügen der alten Zeit schleppten die Heere ganze Armeen von Frauen mrt. Ein Perserkönig zog nicht in den Krieg, ohne für sich allein einige hundert Flötenspielerinnen mitzu- nehmen. Alexander der Große fand nach der Schlacht bei Jssus im Jahre WS v. Chr. 32S Musikantinnen im Lager deS Königs Darius, die nun den Siegern preisgegeben wurden. Nur bei den Juden scheint den Dirnen der Eintritt ins Kriegslager verboten gewesen zu sein. Dagegen finden wir im Lager der homerischen Helden Alt- griechenlandS ein holdes Gewimmel schöner Sklavinnen und Hetären. Auch später zogen Dirnen zahlreich in den griechischen Heeren mit. In dem militärischen römischen Reich wurden die Weiber grundsätz- lich von den Heeren ausgeschlossen. Das hindert aber nicht, daß ein eifriger Verkehr stattfand. Sprichwörtlich ist ja das Leben in Capua geworden, durch dessen liebenswürdige Mädchen die karthagischen Krieger Hannibals zerrüttet wurden. Im ftühen Mittelalter fehlt die Dirne im Heere. Erst mit den Kreuzzügen beginnt jenes tolle Treiben, das in den Landsknechts- zeiten des dreizigjährigen Krieges seine höchste Steigerung erreicht. Die Dirnenschwänne, die die Kreuzfahrer in? heilige Land be« gleiteten, waren unübersehbar; vielfach entlaufene Nonnen. Allein im Gefolge Gottfried von Bouillons sollen 2(XX) Frauen gewesen sein. Bald beginnen auch die unzähligen ebenso grausamen wie vergeblichen Slrafverordnungen gegen das Dirnenwesen in den Heeren; übrigens wurden im Gegensatz zu den Christen die Türken als enthaltsam geschildert. Barbarossa befahl, als er 1158 gegen Mailand zog, daß jedem Weibe, das im Heere bettoffen würde, die Nase abgeschnitten werden sollte. Aber die Dirne triumphierte. Mit der Ausbildung des LandsknechiswesenS begannen die Heere mehr aus Frauen als aus Männern zu bestehen. Zugleich breitete sich Ende des 15. Jahrhunderts durch die KriegSzüge die Syphilis in ihrer furchtbarsten Form aus, die seitdem nicht ausgerottet werden konnte. Bon dem KriegSzug des französischen Königs Karls Vm. nach Italien schleppten die Söldner die Seuche in alle Länder. Dem Landsknecht war die Dirne eine opferwillige Gefährtin. In einem Gedicht wird geschildert, wie nützlich»wir Huren' dem Heere sein: Kochen, fegen, waschen; und wer Krank ist, dem warten wir dann auff. Wir Huren und Buben sind ein Gfinbj Ob wir schon werden übel geschlagen, So thun wir'S mit dem Landsknecht wagen, Bor uns ist auffzuheben wohl l Wenn man räumen und graben sol, Braucht man uns das Holz zu tragen; Thun wir'S nicht, so werden wir geschlagen. Unter den deutschen Landsknechten war das Dttnenwesen am stärksten entfaltet. Hier blieben die vielen Verbote auch glimpflich. Dagegen verfügte man in anderen Ländern die grausamsten Strafen: Spießrutenlaufen. Folterungen, Austreibungen und jeglicher Schimpf wurde den armen Wesen angedroht und zugefügt. Aber alle Strafen und Verbote blieben erfolglos. Am Ende deS dreißigjährigen Krieges waren bei der kaiserlichen und bayerischen Armee 10 000 Soldaten, aber der Frauentroß zählte 14()<XX1 Personen; auch die Soldaten- kinder wurden mitgeschleppt. Vielfach wurde verfügt, daß man nur mit ehelich verbundenen Weibern im Heere zusammenleben dürfe; die Folgen waren massenhafte Heiraten, aber an den Verhältnissen selbst wurde nichts geändert. Als dann im 17. und 18. Jahrhundert ein seßhaftes GarnisonS« leben entstand, traten die verheirateten Soldatenfrauen an die Stell«
Wir gingen zum Eingang deZ Hohlweges zurück und warteten dort ein wenig, als schließlich eine Gruppe schwarzer Schatten nach dem anderen durch das Dunkel herankam.— Es war unsere Hauptkolonne! Unsere Freude war grenzen- los. Wir erfuhren, daß es ihr nicht möglich gewesen war, zur verabredeten Stunde den Sammelplatz zu erreichen, weil ihr Marsch unausgesetzt durch die feindlichen Scheinwerfer gehindert wurde. Wir atmeten erleichtert auf, als wir so schließlich unsere Truppe wieder erreichten, und freuten uns über die Aussicht, mit ihr den Vortrupp beim ersten all- gemeinen Ansturm zu bilden. Der Ort jedoch, wo wir uns trafen, schützte uns weder gegen feindliches Feuer, noch war er geräumig genug zum Aufmarsch von so vielen Menschen: es war lediglich ein durch einen Steilabfall gegen die Sicht dos höher befindlichen Gegners geschützter Platz. Unter den hier befindlichen Offizieren befand sich Major Mat- sumttra, der sich bei Taku-shan nach dessen Einnahme durch unsere Armee dadurch besonders ausgezeichnet hatte, daß er den feindlichen Gegenangriff aushielt und ihn zurückschlug. Bei jener Gelegenheit hatte er seinen rechten Fuß verrenkt, wollte aber keine ärztliche Hilfe für eine so geringfügige Ver- letzung, wie er es nannte, in Anspruch nehmen und tat seinen Dienst als Bataillonskommandeur immer noch weiter, indem er sich auf einen Stock stützte. Auch in dieser Nacht litt er noch an dem Fuß, aber er hielt sich mit Hilfe eines Weiden- knüppels aufrecht und marschierte an der Spitze seines Bataillons. Als er sich an meiner Seite niedersetzte, sagte er:„End- lich ist unsere Zeit gekommen!"— Hauptmann Segawa, welcher seinem jüngeren Bruder bei Taku-shan so traurig Lebewohl gesagt hatte, kam vorbei mit einem Patronengürtel und einem Gewehr in der Hand. Ich fragte ihn, warum er so seltsam ausgerüstet sei, worauf er berichtete, daß er bei einem Patrouillengang in der ver- gangenen Nacht sein Schwert verloren und sich deshalb wie ein gemeiner Soldat bewaffnet habe. Alle Offiziere kamen hier zusammen, wünschten sich gegenseitig guten Erfolg und plauderten eine Weile gemütlich miteinander. Wenige Stunden darauf waren außer Major Matsumuva und mir alle tot. Jedesmal, wenn ich daran denke, ist es mir. als ob ich ihre Gesichter sähe und ihre Stimmen hörte. Brave Käme- raden! Arme Leute! Mein Herz ist voll seltsamer Gefühle im Gedanken an sie.
der Dirnen, aber deren soziales Los war fast noch schlimmer als das der wilden Buhlerinnen. Die legitimen Soldatenkinder ver- fielen dem Elend und der allgemeinen Verachtung. Die ersten ordent- lichen sanitären Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten hat Napoleon l. im Heer eingeführt; die Syphilis war bei den französischen Besatzungen in Deutschland am Ansang des 19. Jahr- Hunderts außerordentlich verbreitet. 1806 waren sämtliche Kavalleristen des Generals Wrede in Potsdam infiziert; 200 Potsdamer Dirnen wurden als krank befunden. Die Dirnen, die einst unter dem„Hurenweibel' militärisch organisiert waren, sind im Laufe des 19. Jahrhunderts aus den Heeren verschwunden; aber die Prostitution blieb in ihrer Um- gebung leben. Die Strafbestimmungen wurden allmählich als sinn- lose Grausamkeiten beseitigt. Heute hat der Arzt das Wort— auch im Kriege!_' Gibt es Kriegspsychosen! Die Ersahrungen der letzten Kriege, besonders des russisch - japanischen, haben zu der Annahme geführt, daß die Zahl der geistig Erkrankten in einem modernen Kriege sehr groß sein würde. Deshalb ist bei den kriegssanitären Vorbereitungen von vornherein daraus Rücksicht genommen. So wurde in Straßburg außer der psychischen Klinik ein besonderes Lazarett für Militärpsychosen in Aussicht genommen. In der Feldärztlichen Beilage der Münchener Medizinischen Wochenschrist vom 3. November berichtet Dr. Wollen- berg über die in den ersten sechs Kriegswochen daselbst gemachten Erfahrungen. Er teilt die behandelten Kranken in drei Gruppen ein: solche, die schon in der Mobilmachungsperiode krank wurden, solche, bei denen die Erkrankung während der kriegerischen Ope- rationen selbst zum Ausbruch kam, und solche, bei denen die ner. vösen Störungen sich erst während des Wundbetts oder Kranken- lagers einstellten. Bei der ersten Gruppe handelt es sich im wesent- lichen um Alkoholdelirien mit siefer Bewußtseinsstörung sowie um Erregungszustände mit schweren A n g st a s f e k t e n, z. B. spielt der Gedanke, für einen Spion gehalten und erschossen zu werden, eine große Rolle. Es waren das alles militärisch untüchtige Ele- mente, deren sich der Heeresorganismus gleich zu Beginn mit großer Sicherheit und Schnelligkeit entledigte. Da in Elsatz-Loth- ringen der Landsturm sofort mit aufgeboten wurde, ist es selbst- verständlich, daß eine Anzahl gesundheitlich und sozial un- sicherer Elemente, die plötzlich in ganz ungewohnte Verhältnisse versetzt wurden, sich bald als unbrauchbar erwiesen. In der zweiten Gruppe kamen einige Fälle vor, in denen die Aufregungen und Schrecknisse des Kampfes ganz unmittelbar psychische Störungen hervorgerufen hatten. Es handelte sich um hysterische Schreckpshchosen mit dramatischer Reproduksion gewisser Schlachterlebnisse, also Störungen, die auch sonst nach schweren Katastrophen beobachtet werden. Zahlreich waren die psychisch-nervösen Störungen, die auf Erschöpfung beruhten, wobei zu den bekannten geistigen und körperuchen Zeichen der Ueber- müdung merkwürdige Sinnestäuschungen deS Gesichts hinzutraten. So berichtet ein Offizier, daß er nach sehr anstrengenden Kampf- tagen Gesichtöhalluzinationen gehabt habe, die ihn sogar beinahe zu falschen Meldungen und unztveckinäßigen Anordnungen ver- anlaßt hätten. Ein plötzlich eintretender Anfall von Ohnmacht oder Bewußtlosigkeit hatte in anderen Fällen ein neurasthenisches Krankheitsbild eingeleitet. Es ttaten sehr mannigfache Krank- heitsbilder auf, auch eins, das man wohl am besten als neurästhe- nische Depression bezeichnen kann, die sich bei Leuten zeigte, die sehr schwere, meist wochenlang sortgesetzte Kämpfe im Gebirge durchgemacht hatten, während deren sie kaum je zur Ruhe ge. kommen waren. Sehr lange konnten sie die Vorstellung des Schlachtfeldes nicht los werden. Sie hatten die Empfindung, als käme jemand hinter ihnen her, als sähen sie Feinde heranschleichen usw. Die verzweifelte Stimmung besserte sich stets nach einiger Zeit, doch blieb die unausgesprochene krankhafte Uebereregbarkeit. Eine andere Entstehung haben die Fälle, in denen die Leute durch den Luftdruck platzender Granaten zu Boden geworfen wurden, ohne zunächst einen irgend erkennbaren Schaden davonzutragen. Die Fälle der dritten Gruppe betreffen solche Kranke, die im Zusammenhang mit einer Verwundung eine ausgesprochene Ueberempfindlichkeit aufweisen. Es handelte sich dabei meist um die Verletzung peripherer Nerven. Als Resultat der Beobachtung ergibt sich, daß es eine besondere, für den Krieg spe- zifische Geisteskrankheit nicht gibt. Die Anstrengungeft, die Gemütsbewegungen, der ungenügende Schlaf, die unregelmäßige und zum Teil ungenügende Ernährung sind Schädlichkeiten, die auch sonst als Ursache von psychisch-nervösen Störungen wohl bekannt sind. Sie treten im Krieg nur durch ihre besondere Jntensivität und Zckhl hervor. Auch die durch sie hervorgerufenen Krankheiten sind nicht von den im Frieden beobachteten Formen verschieden, sondern nur durch eine gewisse Kriegsfärbung ausgezeichnet. Das Beobachtungsmaterial ist ja etwas einseitig insofern, als es sich nur auf einen verhältnismäßig kleinen Abschnitt deS Kriegsschau. Platzes bezieht und nur die Fälle berücksichtigt, die einem großen Krankensammelplatz wie Stratzburg zuströmen, nicht auch die in der Front vorkommenden Krankheitsfälle. Doch ist es nicht wahr- scheinlich, daß sich dort ctwaS prinzipiell verschiedenes herausstellen würde. �_ kleines Zeuilleton. Guter Monö, üu gehst so stille... Heine sagt von irgend einer Episode, sie wäre so hübsch, daß sie verdiene, mit goldenen Lettern aus ein Kissen gestickt zu werden. Jetzt mackit ein Geschichtchen die Runde durch die Thüringer Blätter. das auch beinah wert ist, festgehalten zu werden, damit in diesen ttüben Tagen ein wenig harmlose Fröhlichkeit aufglimmen mag wie ein Sonnensttahl im Nebel— wenn auch nur für Augenblicke: .Als in einem Cafe die Nachricht bekannt wurde, daß die türkische Flotte russisch« Schiffe versenkt habe, da verlangte das begeisterte Stammpublikum von dem Kapellmeister, der den ganzen Abend abwechselnd»Die Wacht am Rhein ' oder den„Ruf wie Donnerhall' hatte erschallen lasten, stürmisch die türkische Nationalhymne. Ein Augenblick tiefsten Nachdenkens, Geflüster zwischen dem Dirigenten und seinen Musikern... dann lönte es sehr langsam und feierlich getragen, vibrierend über Zigarettenrauch und Kaffeeduft hinweg:.Guter Mond, du ge— eh— st so— o sti-i-lle.. Andachtsvoll erhob sich die pattiotische Caisbausgesellschaft, er» griffen lauschte sie den exotischen Klängen, stehend hörte sie die ver- hallende Melodie zu Ende... Erst nachher kam dem einen oder anderen die Sache so merkwürdig bekannt vor. Aber da war es zu spät, und keiner verriet'was.... Märtische perlen. Es handelt sich um künstliche Perlen, die aus Tieren der Mark Brandenburg gewonnen werden In dem bei Karl Si-gis- mund soeben erschienenen sehr reichhaltigen Groß-Berliner Kalen- der berichtet Karl Eckstein über diesen interessanten Industrie- zweig. Die märkischen Perlen stammen von einem Fischchen, dem Uckelei oder Uecklei, Xlburnus luciäus. Dieser gesellig an der Wasseroberfläche langsam fließender und stehender Gewässer lebende Fisch, der 10 bis 20 Zentimeter lang wird, ist am Rücken blau- grün, an den Seiten und am Bauch silberglänzend weiß. Der Silberglanz beruht auf dem Vorhandensein von stäbchenförmigen Kristallen, deren Substanz man als Buanin bezeichnet; die Kristalle behalten ihren Glanz auch, wenn sie von den Schuppen und der diese bedeckenden Haut losgelöst werden, und um ihres leuchtenden Schimmers willen werden sie zur Herstellung künstlicher Perlen benutzt. Man fängt die Uckelei zur Herbstzeit, besonder» im Grimnitz. see, nicht weit von Hubertusstock . Durch einen einzigen Zug des engmaschigen Netzes werden viele Hunderte und Tausende der Inseratenteil veranlw.: Tb. Glocke. Berlin . Druck u. Verlags
Fischchen gehoben; sie werden sofort verarbeitet, wobei man zu- nächst die Fische im See in großen Netzen lebend erhält, bis sie nach Bedarf in einen großen Holzschuppen gebracht werden. Sobald sie aus dem Wasser genommen werden, sterben die Fischchen sehr rasch. Eine große Anzahl von Frauen sitzt in der Schupperei und schabt mit breitklingigen scharfen Taschenmessern die silbcr- glänzenden Schuppen des Bauches und der Körperseiten ab. 5 bis 8 Fischchen ergeben eine Messerklinge voll Schuppen, die dann von dem Messer mit dem Finger in eine Tasse gestrichen werden. Es dauert einen halben Tag, bis eine solche Tasse voll Schuppen ist. Die Gesamtmenge der Schuppen wird in Schüsseln gemischt, geknetet und mit Reiserbesen geschlagen, bis die Masse flüssig ist. Diese bleibt dann 6 bis 8 Stunden stehen, um zu pökeln, und dar- aus wird sie in die Presse gebracht bis die Flüssigkeit ausgetrieben ist. In 10-Pftmd- oder 30-Pfund-Büchsen geht dann diese Masse in die Perlenfabriken. Hier werden die Schuppen in Porzellan- schalen unter Zusatz von Wasser gerieben und dann gefiltert, so daß schließlich nur die Silberglanztristalle übrig bleiben, die durch Be- Handlung mit Ammoniak von anhaftenden Hautresten befteit und m Flaschen gesammelt werden. Dann ist die„Perlen- oder Fisch- schuppeneyenz" fertig, von der etwa 40 000 Uckelei 1 Kilogramm liesern. Dieses mühsam gewonnene und teure Produkt, das einen prachtvollen Silberglanz verleiht, wird nun zu Perlen verarbeitet. Eine Menge von geschmolzener Gelatine und Perlenessenz wird in Form eines Tropfens vermittels einer spitz auslaufenden Glas- röhre in eine Glaskugel gebracht und auf deren Innenfläche durch geschicktes Drehen verteilt. Werden diese dünnwandigen Glas- kügelchen mit Metallpulver noch getrocknet, so sind sie zu künst- lichen Perlen geworden, die dann zu Perlenketten aufgereiht wer- den. Diese Ketten sind je nach der Schönheit der künstüchen Perlen im Preise höchst verschieden; neben ganz billigen gibt es auch solche zu 100 bis 700 M._ VaffenMftanö. Der Krieg, der auf Vernichtung des Gegners zielt, führt doch notgedrungen wieder zu Abmachungen, die dem Schutz des Lebens dienen. Ein eigenartige? Uebereinkommen hat sich zwischen den Schützengräben gebildet. In der»Franks. Ztg.' wird es so dargestellt:* Die Schaufel spielt heute im Kriege eine früher ungeahnte Rolle. DaS KampftSgeiriebe beruht und stützt sich gerade bei den Kämpfen, die als Entscheidungsschlacht zwischen Aisne und Marne seit Wochen ihren Mittelpunkt haben, auf die Arbeit der Schaufel, mit der Schützengräben und Artilleriestellungen geschaffen werden, die wider« standsfähiger sind als die mit wenigen Schüssen unserer 42 Zentr« meter-Mörser fallenden Sperrforts von Manonviller und Camp deS Romains. Daß aber die Schaufel jetzt auch das weiße Tuch zwischen den feindlichen Parteien zu ersetzen vermag, war mir etwas Neues und verdient, mag auch daS ästhetische Moment dabei nicht jedem zu Sinn stehen, der Nachwelt bekannt zu werden. Tage- und wochenlang liegen unsere Soldaten in von der Schaufel geschaffenen Schützengräben, einer bis zu 2 Meter tiefen, 1— l'/a Meter breiten langgezogenen Erdhöhle, aus der nur der Gewehrlaus hervorsteht. Hebt sich nur eine Helmspitze, so feuert der ?reind. Die Aerzte merken eS an der Häufigkeit der Kovffchüffe, die o manchem unvorsichtigen Krieger die Laufbahn vernickiten. Aber das Leben im Schützengraben ist eben doch das menschliche Leben mit seiphn Anforderungen an geistige und körperliche Aeußerungen. Der Soldat sucht sich nach Möglichkeit diese Höblenwohnung gemüt- lich einzurichten. Stühle und Sessel aus den benachbarten Häusern werden herbeigeschafft; Bilder aus illustrierten Zeitungen, auch wohl einmal ein irgendwo.gefaßter' gerahm er Oeldruck beleben die Wände. Und in so schön gestalteten Wohnungen sollen sich Dinge vollziehen, die man im bürgerlichen Leben still in geheime Gemächer zurückdrängt? Da hilft wieder die Schaufel. Aus dem Schützengraben der einen Seite— beide Parteien liegen sich hier oft nur in einer Entfernung von 200—100, selbst 80 Meter gegenüber— erhebt sich, dem Feind erkenntlich, eine Schaufel: Man versteht sich. Auf der anderen Seite das gleiche Bild: Und wenn beide Schaufeln aufgerichtet sind, dann tritt ein stillschweigendes Uebereinkommen in Kraft. Aus dem Graben ent- windet sich eine menschliche Gestalt... Nach einigen Minuten kehrt sie zurück. Die Gewehre haben so lange geruht. Die Schaufeln sinken wieder herab. Jetzt wehe dem, der sein Haupt oberhalb des Graben- randes zeigt!_
Nuflt.
Theater des WestenS : Don Cesar b�n Rudolf Dellinger . WaS so während der letzten Jahre»Operette' ge- nannt wurde, war bei Licht besehen nicht« mehr al« eine Tanzkarte geschmacklosester Art— eine Strlwidrigkeit ohne gleichen. Alles An- kämpfen dagegen schien vergeblich. Erst dem Kriege war eS vor- behalten, jenes greuliche Modeprodukt mit einem Schlage außer Kurs zu setzen. Runmehr wird die„Operette älterer Ordnung' wieder zu Ehren kommen. Mit»Don Cesar" wurde bereits be- gönnen. Mochte Dillinger, der nach langjähriger Wirksamkeit alS Kapellmeister an der Dresdener Hofoper dem Wahnsinn und einem frühen Tode verfiel, auch noch so unverhüllt den Spuren MillöckerS u. a. Lperetttsten folgen— immerhin gab er, neben ihnen, doch auch genug deS reizvollen Eigenen. DaS Ständchen»Komm herab o Madonna Therese' oder mancherlei»Schmachtfetzen' im ersten Akt zählen ja dahin weniger. Aber die Musik im zweiten, höchst dramatisch gestalteten Akt, der Glockenchor, das Weinlied und das Couplet der Donna Uraca von den reizenden Männern im Schlußakt sind entschieden glückliche Einfälle. Die Aufführung des Werkes— wenn man absieht von der etwas abgeblaßten Ausstattung und von einer zuweilen überhasteten Temponahme durck den ja bereits von der Eachsesckien Sommeroper her geschätzten Dirigenten Alfted Schink— stand unter guten Sternen. Alfted K u tz n e r zumal entfaltete als Don Cesar einen Glanz an stimmlichen wie darstellerischen Mitteln, der gerade hin- reißend wirkte. Desgleichen hatten am Erfolg des Ganzen aber auch die Herren Franz Groß, Poldi Deutsch und Theo Sieg- mund, sowie die Damen Poldi A u g u st i n und Rosy W e r g i n z reichlichen Anteil._ ek. Notizen. — Der»Kater Lampe' des verstorbenen Genoffen Rosenow ist am Sonnabend in das königliche Schauspielhaus ein- gestiegen. Ob man ihn vorher kastriert hatte, wissen wir nicht, weil wir nicht da waren.(Die Hofbühnen laden uns nicht ein— da sie noch Parteien kennen.) Vielleicht spielt man nun am Gendarmen- markt auch»Die im Schatten leben", nämlich wenn da§ Verbot dieses Roienow. das bekanntlich für Berlin noch gilt, aufgehoben wird. Lieber wäre es uns freilich, man überließe ihn der Freien Volksbühne , die bisher vergeblich gegen die Polrzeizensur ge- kämpft hat. — Vorträge. Karl Lamprecht , der Historiker der Leipziger Universität, wird am Dienstagabend 8 Uhr in der Urania über»Die deutsche Kultur und die Zukunft' sprechen. — Musikchronil» Im Schillersaal Charlpttevburg findet am Bußtag ein Geistliches Konzert statt. Karten sind an der Kaste des Schiller-TheatcrS Charlottenburg zum Preise von 60 Pf. und 1 M. einschließlich Garderobe und Programm zu haben. — Der Film gegen die Kriegslügen. Die„Frank- furter Zeitung' empfiehlt, allerlei FilmS herzustellen, die dem neu- tralen Ausland beweisen sollen, daß die Deutschen keine Barbaren sind, daß die Gefangenen eS bei ihnen gut haben usw. usw. Aber das Blatt entwertet seinen Vorschlag selber durch den Hinweis da- rauf, daß z. B. in London „von verschiedenen KinoS dem Volke in gefälschten Aufnahmen Schauergeschichten vorgeführt werden, wie deutsche Soldaten Verwundete mißhandeln und massakrieren, wie sie in einem mit dem Roten Kreuz bezeichneten Wagen Maschinen- gewehre und Kanonen versteckt haben usw.' WaS soll man also machen, wenn da« neutrale Ausland uns nicht glauben will? Es wird unsere FilmS einfach auch als gefälscht bezeichnen!_ iL Verlagsanstalt Paul Singer S- Co» Berlin SW,
Borwärr» Buchdruckerei
"perautwortlicher Siedaktrur: Alfred Wielevv. Neukölln. Für de»