Nr. 36. 1915.
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Unterhaltungsblatt des Vorwärts
In der Bukowina. Jn
Es war eine weite und ermüdende Reise, im Frieden nach der östlichsten Provinz Oesterreichs , dem Herzogtum Bukowina zu gelangen nah diesem eigenartigen Land, das Joseph II. von den Zürken gewann und das in seiner bizarren Völkermischung ein wahres Klein- Desterreich ist. Wohnen doch in dem Lande, das sich zwischen Galizien , Rußland und Rumänien erstreckt und sich an die östlichsten Karpathen, die Transsylvanischen Alpen lehnt, neben und durcheinander Polen , auch polonisierte Armenier, Deutsche , Ruthenen, Rumänen, Zigeuner, die in den Bergen herumstreifenden Huzulen und Lippowäner diese russischen Glaubens und viele tausend Juden, die im großen und ganzen weniger die mittelalterliche Gettoabschließung zur Schau tragen und wohl auch nicht strenggläubig ganz so chassidisch " find, wie die Hundert tausende ihrer Brüder in Galizien . In der Bukowina gibt es auch nicht wenige jüdische Landwirte, die man ruhig als Bauern bezeichnen kann.
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Der Vorpostencharakter des Landes war es vielleicht, der ihm ein fühlbares Oesterreichertum eingeprägt hat. Wenn man aus Wien mit seinem Skeptizismus und seinem nur der eigenen Stadt, nicmals dem Staat gewidmeten Gefühlsüberschwang nach der fernen Bukowina tam, spürte man, daß sich diese Menschen als Oesterreicher fühlten, vielleicht als Kulturbringer gegenüber dem barbarischen Rußland Podoliens, gegenüber dem feudalen und großes Glend bergenden Rumänien und selbst gegenüber Ungarn , das ja immer nur ein magharischer Staat sein wollte, während fast alle in der Bukowina in nationaler Freiheit lebenden Völker ihre Volfsgenossen drüben, jenseits der grün- weiß- roten Pfähle in ganz anderen und weniger sympathischen Verhältnissen wußten. Bielleicht entstand der plötzliche Eindruck des vorher taum gefann ten Desterreichertums auch daraus, daß nun, nach der langen Fahrt durch das weite grüne Galizien , hier, wo am Horizont wieder blaue Berge auftauchten, alles wieder deutschsprach, wenigstens auf dem Bahnhof- jo, als wäre man ins Salzkammergut gefahren und nicht in ein Land, in dem vor 150 Jahren noch der Halbmond geherrscht hatte.
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Czernomis, die Landeshauptstadt. Weit sauberer, netter und lebhafter als galizische Städte von derselben 50 000- EinwohnerGröße; die ganze liebe Stadt auf einer Hochebene über dem Bruth, der unten träge und seicht dahinglizerte, um ins ferne Ausland, nach Südosteuropa , hinauszugehen. Amtsgebäude, Kasernen, Theater, die jüngste österreichische Universität mit ganz deutschen Vorlesungen, deutsche Zeitungen, deutsche Aufschriften, ich glaube, selbst mit deutscher Amtssprache in der Gemeinde natürlich, welche denn sonst? Freilich auf der Straße hörte man wohl alles mögliche: das italienisch klingende Rumänisch, das zischende Bol nisch, das schmaßende Russisch, das dunkle Ukrainisch und vielfach den mittelalterlich- mittelhochdeutsch verschnörkelten, gurgelnden Jargon der Ostiuden, die da alle Gewerbe treiben und besonders das des Droschfenfutschers und Flickschusters erforen zu haben scheinen. In der glühenden Sommerfonne bekommt die Stadt mit der immerhin der Nähe des Orients geschuldeten Lässigkeit ihrer Obst- und Melonenstände leicht etwas Orientalisches. Schon gar, wenn man an der Gde einen Mann mit einem Defchen findet, fast wie ein Wiener Maroni- und Bramburimann aussehend, der seine gebratenen Edelkastanien und Salzkartoffeln, auch Bratäpfel und selbst gebackene Haselnüsse kreuzerweiſe absetzt, indem er dabei un ausgesezt in die Stälte ruft:„ Heißße Maroni heißße, Bramburi!!" Aber hier in Czernowih und im Hochſommer gibts was anderes an dem Straßenofen: gefottene und gebratene Maiskolben, Kukuruz genannt, von denen man die sehr wohlschmeckenden Körner abißt, indem man den heißen Kolben an seinen Enden hält. Als ich da war, tostete so ein Kukuruz, für den man in den Wiener Gastbäusern wohl 20 Heller zahlte, einen Kreuzer zwei Heller. Weiter nach Süden geht die Bahn, ziemlich gerade auf die Grenzorte im Süden los auf Suczawa , Kimpolung und IstanyBukowina, wo es nach Rumänien geht, aber auch nach Rus- Moldawiza, dem„ Russischen Moldauufer". Mehrfach geht die Grenze sogar mitten durch die Orte, und so gibt es bei den Bukowinaer Juden, wie ich mich erinnere, ein österreichisches Banilla und ein russisches, wo vielleicht keine Juden wohnen dürfen und das jedenfalls den gebräuchlichen Namen" Go isch( Christlich-)-Banilla" führt.
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Bevor man aber soweit nach dem Süden kommt, zweigt von dem zur Abwechselung wieder einmal echt magyarisch flingenden Ort Hadiffalva eine Kleinbahn ab, die gemütlich neben oder gar auf der Landstraße daherfährt und nach dem jetzt in den Kriegsberichten soviel genannten Radau führt. Diese für osteuropäische Begriffe ganz ansehnliche Stadt liegt nun schon im rein
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Ueberfluß.
Von Martin Andersen Nero . Wir sprechen so oft zusammen darüber und gehen die Karten durch," fuhr sie fort. Ich finde nun, er sollte Land kaufen und Farmer werden. Dann sollte er sich von hier aus der Heimat eine recht starke gesunde Frau mitnehmen; denn an den Frauen drüben ist gewiß nicht viel dran; man sagt, daß die Dienstmädchen Klavier spielen. Aber Platz, sich zu rühren, ist jedenfalls vorhanden."
Freitag, 12. Februar.
rumänischen Teil des Landes, ist aber selbst fast ganz jüdisch- lanzfolonne, mit der wir fuhren, bestand aus zwölf großen grauen deutsch . Aber die Religion der Mehrheit der Stadtbevölkerung Automobilen, die als Kranfenivagen benußt wurden. Als wir uns hielt, soviel ich sah, ein niedliches feistes Schweinchen nicht ab, auf Villers Cotteret näherten, einer reizenden fleinen Stadt an der Disc. dem Ringplatz seine ausgedehnte Verdauungspromenade zu unter die nun aber zur Hälfte zerstört ist, passierten wir ein Lager von nehmen. Damals war Radauß freilich ein sehr friedliches Nest. blauen algerischen Tirailleuren und roten zuaven, die sich ihren Reis Man say wohl in der Delikatessenhandlung und Frühstückstube, die fochten. Hier vernahmen wir den ersten von Norden kommenden sich- wie alle in Galizien und Lodomerien und den umliegenden Kanonendonner, und allmählich unterschied man auch die Esplosionen Gegenden- den weit berühmten Hawelka zum Muster genommen der deutschen Marmites", wie hier die ungeheuren Bomben ge= hatte. Mian saß da, trant und speiste und besprach gemächlich die nannt werden. Die Straßen von Villers Cotteret waren mit Truppen Ereignisse der Stadt und des Reiches und guckte mal auf, wenn überfüllt, Offiziere ritten hin und her, und Autos, mit Verwundeten draußen eine Uniform vorübertam oder vorbeikutschierte. Nahe überladen, bahnten sich mühsam den Weg. Diese Verwundeten komen bei Radaus ist nämlich eines der bedeutendsten f. u. f. Gestüte, direkt vom Kampfplatz und waren nur provisorisch verbunden. Manche Unter- Wifow( bitte das w auszusprechen!), und es wurde gar oft von ihnen waren gutes Mutes, andere aber ftarrten totenbleich vor von schneidigen Kavalleristen aus der Monarchie besucht, sandte sich hin, nicht wissend, was um sie her geschah. Der Arzt ging in auch nicht selten seine Fuhrwerke in die Stadt. Sonst gab es nur die im Güterschuppen am Bahnhof eingerichtete Ambulanz, wo die Gendarmerie da, deren jeßiger Landestommandant Oberst und Verwundeten untersucht wurden. Aufgeregt erklärte er, als er zurüdwohl schon Generalmajor Fischer zuerst wahrhaftig aus einem fam:" Es muß entsetzlich sein dort drüben, wir haben 5000 Vernichts die Landesverteidigung gegen die Russen organisiert und wundete. Die Deutschen bombardieren Soissons ." sie schon einmal zum Tempel hinausgejagt hat.
Als wir weiterfahren wollen, nähert sich uns ein junger Sergeant, Auf frachenden Bretterwagen fuhren uns die rumänischen der Sohn des Generals Castelnau, des Kommandanten der Armee Bauern hinaus aufs Land, und da ich ein paar Wochen dort ver- bei Soissons . Er steigt in unser Auto, da er den Arzt gut kennt, und brachte, lernte ich sie ziemlich kennen. Lauter große, prachtvolle erzählt uns natürlich von der soeben beendigten dreitätigen Schlacht Gestalten, die Sommer und Winter den gleichen weißledernen bei Soissons , infolge deren die Franzosen die Orte rechts des AisneSchafpelz tragen mur daß sie im Sommer das Fell, im Winter ufers räumen mußten. Bapa hatte nicht genug Mannschaften, da das Leder nach außen fehren. Für die Mode der Damen in West- war la fatalité," sagt der Sergeant. Er hatte nur drei Brigaden auf europa , die bei dem so schrecklichen Berliner oder Pariser Winter der anderen Seite des Flusses, und als der übertrat, war es nicht das kostbare Belzwert ihrer Jaden zur Schau tragen, dürften die möglich, die Brücken instandzuhalten. Bor Bregny , wo die deutschen Bukowinaer Bauern wenig Verständnis aufbringen. Stets gingen Reserven am dritten Tage ihren entscheidenden Ausfall unternahmen, sie ohne Hut und trugen langes Haar zum Zeichen, daß fie freie hatten wir nur ein Regiment, und die Pontonbrücke bei Missy wurde Männer find. An den Festtagen sparten sie nicht mit der schönsten wiederholt vom Strom fortgerissen, so daß wir den Kameraden auf Butter, die sie als Rosmetitum verwendeten und dann verdiente der anderen Seite feinen Entigt bringen konnten. Sie schlugen sich auch die Propination etwas der jüdische Bächter des der Guts- bis auf den letzten Mann." herrschaft zustehenden Schnapsausschanfrechts. Eine Zeitlang Je mehr wir uns Soissons näherten, desto mehr Truppen bc= tranten die Rumänen allerdings gar nichts. Zu der Zeit nämlich, gegneten wir. Die Wege waren hier von den schweren Gefährten wo ein ausgedienter Korporal vom Czernowißer 41. Infanterie- zerfahren, und die Soldaten marschierten bis zu den Knöcheln im regiment Erzherzog Eugen im Lande herumzog und seinen Lands Schlamm. Sie sahen erschöpft aus, und ihre Uniformen waren beleuten mit solch biblischer Kraft vom Trinken abriet, daß die sprißt und schmuzig. Vielen hingen um die Beinkleider lange SchmusBauern den Schnaps feierlich abschworen. Aber das hielt nicht auf fransen, die Schöße der Mäntel waren ihnen auf den Körpern verdie Dauer. Item diese Riesen hielten schon was aus, und fie fault. Ganz dicht vernahmen wir mun den Kanondendonner. Wir foffen auch nicht alle Tage. Freilich, wenn die Zeit da war, dann jahen die Darmites" am linken Aisneufer einschlagen, dichte schwarze taten sie es ordentlich. Dann sprachen sie wohl auch den Fremden Rauchsäulen stiegen auf. Kleine weiße oden schwammen in der an, der aber nur gelernt hatte zu sagen:" Ruschtiu rumaneschti" Luft, wo die Granaten explodierten. So rasch wie möglich fuhren oder„ Nuschtiu moldowanaschti" ich verstehe nicht rumänisch, wir über die enge, lehmige Landstraße, auf der wir immer ivieder ich verstehe die Bauernsprache nicht. ausweichen oder anhalten mußten. Fliehende Bürger kamen aus der bombardierten Stadt. Eine alte Frau hatte ihre Habseligkeiten auf einen kleinen Wagen gehäuft, der von einem Giel und einem und gezogen wurde. An manchen Stellen war die Straße vollfommen aufgerissen von den deutschen Granaten, so daß man auf das Feld nebenan lenten mußte. Dicht neben einem Trupp, der vor uns marschierte, explodierte eine Granate, so daß die Erde die Soldaten über und über besprite.
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Daß die Voltssprache das„ Moldowaneschti" ist, zeigt die Bedeutung des Molda u flusses, der durch das Land nach Süden zieht und fern in Rumänien in die Donau fällt; nach ihm hießen die Donaufürstentümer Moldau und die Walachei. Es ist freilich eine andere Moldau als jener stolze böhmische Strom, von deffen Uferbergen die Sagenburg Vyschehrad und der herrliche Hradschin mit dem St. Veitsdom herniederschauen. Diese östliche Moldau ist in ihrem Oberlauf ein rasches flares Wasser, von dessen Holzbrücken man jeden Kiesel auf seinem Grunde sehen kann. Dort unten im Süden des Landes sind die weiten schönen Buchenwälder, von denen das Land seinen Namen haben soll. Sie gehören zumeist dem Baron Popper oder dem reichen griechischorientalischen Religionsfonds. Diesen Religionsfonds hat Kaiser Joseph II. die von ihm säkularisierten Befiztümer der Klöster über wiesen, damit aus ihren Einkünften die Kultusausgaben gedeckt werden. Da der Religionsfonds so in manchen Brovinzen, auch im Buchenlande, einer der größten Grundbefizer ist, hat er auch das Wahlrecht in der Großgrundbefizerfurie, und bevor das gleiche Wahlrecht zum Abgeordnetenhause in Wien eingeführt war, sah man dort auch immer einen weißbärtigen Bopen mit goldenem Kreuz, vielfarbigem Ornat und den glänzenden Seidenfegelitus auf dem Haupte den Archimandriten Repta, der von den Großgrundbesizern der Bukowina gewählt war.
Tief in den Wäldern rasselten die Bretterjägen, von raschen Gebirgsbächen getrieben. Draußen aber auf der weiten Ebene brauste der Karpathensturm über die Maisfelder, der Sturm, der jest vielleicht den Klang des Eisens und den Donner der Geschüße daherträgt und das reiche Land befreit von den brutalen Scharen Väterchens.
R. B.
Gegen Mittag fuhren wir in Soissons cin. Das Bombardement hatte im Moment aufgehört, doch das Artillerieduell zwischen den französischen Batterien an den nahen Hügeln füdlich der Aisne und den deutschen, die sich irgendwo dort am blaugranen Horizont_befanden, dauerte fort. In einer der Hauptstraßen, der Rue de Commerce, waren alle Häuser geräumt. Hier waren die Dächer, dort die Mauern geborsten, voller Spalten und gähnender Löcher. einziges Geschäft in der ganzen Straße war noch offen. Da die Stadt seit vier Dionaten dem jeweiligen Bombardement der Deutschen ausgefest gewesen war, hatte bereits vor den letzten Kämpfen der größte Teil der Bevölkerung und fast alle Zivilbehörden sie verlassen.
Gin
Aber um so mehr Militär mar da. Ueberall begegneten wir ufanterie- und Artillerieabteilungen, reitenden und fahrenden. ffiziere galoppierten im gestreckten Galopp durch die engen Straßen. Es herrschte eine Haft, als bereite man sich auf einen feindlichen Angriff vor. Die Deutschen sind ja auch tätsächlich nur noch ein paar Kilometer von der Stadt entfernt. Ihre Infanterie ist sogar bereits in eine der Vorstädte jenseits der Aisnebrüde eingedrungen, aber durch einen wahnsinnigen Bajonettanfall wieder hinausgedrängt worden. Unsere Kolonne hält vor dem Lazarett die Sanitäter bringen Verwundete auf Bahren herbei, der Kampf tobt also noch immer.
Soissons während des Bombardements. bereits getroffen. 2000 Verwundete sind schon expediert worden,"
Der Pariser Korrespondent von Svenska Dagbladet" schreibt: Dank einem französisch- amerikanischen Arzt war es mir möglich, einen Blick hinter den eiserne Borhang zu werfen, der Paris den Arieg verbirgt. Der Arzt gestattete mir, ihn auf seiner Fahrt nach Soissons zum Einholen von Verwundeten zu begleiten. Die AntbuFrau Rask und hob den Kopf von ihrer Arbeit. Am Manne ist so vieles, was wir Frauen nicht verstehen, und womit wir uns nicht leicht vertraut machen fönnen, wenn wir erst anfangen, ihn zu fritisieren. Aber da kommt uns gerade das Vertrauen zu Hilfe! Ich denke oft, die Männer wären vielleicht gar keine Männer, wenn sie nicht alle diese sagen wir einmal: robusten Neigungen hätten. Und dann sind sie doch viel flüger als wir."
" Tja, es mag ja sehr angenehm für die Männer sein, sich blindlings bewundert zu wissen. Ich ziehe aber die Frauen vor, die wie jener Arbeiter sich auf ihre eigene Erfahrung verlassen und über die angemaßte Autorität lachen. Auf diesen Mann paßte das Wort Idiot wohl kaum."
Fühlen Sie sich durch die kleinen Verhältnisse hier in Angemaßte, Donnerivetter!" brauste der Kandidat auf. der Heimat bedrückt?" fragte Bauder den Kandidaten. Aber die Mathematif, mein Lieber?" " Ja, hier ist kein Ellbogenraum für den, der wirklich Bauder zuckte mit den Schultern. Er merkte, daß er sich etwas auf dem Herzen hat- und Gehör kann man sich auch zu ereifern begann, aber es war doch zu lächerlich, einen nicht verschaffen. Die Leute sind zu dünfelhaft. Schon in Menschen wie den Kandidaten feierlich zu nehmen. Er stand der Schule soll man die Gören über den Unterricht mit zu auf, um sich zu verabschieden. Nate ziehen, und die Idioten entschuldigen Sie, daß ich Wollen Sie nicht hier bleiben und mit uns zu Abend einen so starken Ausdruck gebrauche, aber die große Mehrzahl effen?" fragte Frau Rasf. Dann könnten Sie meinem Manne ist vorläufig leider nichts anderes- alle diese unbegabten Gesellschaft leisten; es ist nicht gut für ihn, so viel allein Wesen soll man hübsch nach ihrer Meinung fragen. So hab zu sein." ich zum Beispiel neulich einen Arbeiter darauf aufmerksam Ein Ehemann darf sich nicht einsam fühlen." erwiderte gemacht, daß er seine Hebestange verkehrt gebrauche, aber der Bauder lachend. Was sollen wir anderen armen Wesen dann Mann lachte mich bloß aus, obwohl ich viele Jahre Mechanik machen?" studiert habe. Und was fonnte es nigen, daß ich so einem mit mathematischen Beweisen fam? Er versteht sie ja nicht. Nein, Autoritätsglaube muß sein, und der eriſtiert nicht mehr unter den Männern irgendeiner Gesellschaftsklasse- nicht einmal unter den Schuljungen. Die Frauen sind die einzigen, Sie sich etwas davon bewahrt haben."
Meinen Sie, in ihrem Verhältnis zum Manne?" fragte Bauder lachend.
Ja, wie nun zum Beispiel eine gute Ehefrau oder noch lieber eine Wutter. Sie versteht die Interessen ihres Sohnes vielleicht gar nicht, aber sie glaubt on ihn und ist überzeugt davon, daß seine Sache die einzig richtige ist. Das ist das unmittelbare, findlich- unerschütterliche Vertrauen, das der Mann doch nicht zu entbehren vermag."
,, Aber warum nicht? Meinen Sie, er als Ganzes könne nicht vor dem Richterstuhl der weiblichen Kritik bestehen?" fragte Bauder und sah den Kandidaten ironisch an.
" Ich verstehe so gut, was mein Mann meint," sagte
Ich bin zu dumm und unwissend, ihm etwas sein zu fönnen. Ich kann ihn nur bewundern, und das ist auf die Dauer gemiß ermüdend. Nicht Louis?"
Der Kandidat brummte undeutlich. „ Na man kann doch allerlei vertragen," antwortete Bauder und verabschiedete sich.
Der Kandidat ging unruhig durch die Zimmer. Das ist ein ebenso anspruchsvoller wie oberflächlicher Herr," sagte er plöglich und blieb seiner Frau gegenüber stehen.
Ja, das weißt Du natürlich am besten, Louis, da Du ihn kennst. Aber ich finde- war nicht doch etwas daran" Reine Spur! Gott bewahre!" sagte der Kandidat bestimmt, ohne sie ausreden zu lassen.
„ Er will doch gewiß, daß wir Frauen flüger gemacht werden, damit wir neben Euch bestehen können?"
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Alüger? Neben uns bestehen? Aber, Frau, mie Du doch sprichst! Man sollte glauben, dieser alte 3ynifer hätte Eindruck auf Dich gemacht. Da bin ich denn doch der
Man ist im Begriff, das Lazarett zu räumen, da es den Verwundeten keine Sicherheit mehr bietet. Mehrere Bomben haben es fagt ein infirmier"( Krankenpfleger), der mit unserem Arzt spricht. Doch neue Züge kommen ununterbrochen. Und dennoch mußten viele in den Händen der Deutschen auf der anderen Seite des Flusses bleiben. Alle herbeizuschaffenden Wagen und Autos befördern Verwundete zur nächsten Bahnstation. In Soissons selbst ist nämlich die Station geschlossen. Sie war ein zu häufiges Ziel Meinung, daß ich die Frau bedeutend höher einschätze als er; daß sie aber, was den Verstand angeht, neben dem Manne stehen soll, das mach ich nicht mit, dazu bringt mich keiner. Herzenswärme ist ihre Sache-- alles, was die Sprache des Herzens redet, versteht sie aber Verstand? Wir wünschen es nicht einmal bei ihr, weil es llnnatur wäre."
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Nein," fuhr er fort und ging eifrig dabei auf und ab, und seine Stimme bekam Klang, nein, wir wünschen es abfolut nicht. Weil wir nicht daran mithelfen wollen, die Schönheit aus dem Dasein zu verbannen. Ich weiß recht gut, daß das Herz bei der Jugend unserer Zeit in Mißfredit gefommen ist, aber wenn der Verstand nicht länger ausreicht, wenn alles nach außen hin versagt oder sich gegen uns mendet, dann freuen wir uns doch darüber, daß zu Hause eine fikt, die uns nicht mit neuem Verſtand entgegenkommt, sondern die nur Herz ist lauter Herz. Und das Weib müßte stolz sein auf seine Aufgabe, zu mildern und zu besänftigen, denn das Herz ist doch unser Verhältnis zum Höheren. Und ich glaube nicht, daß jemand auf die Dauer sich auf sich selbst verlassen fann."
Frau Rask holte tief Atem:„ Du sprichst so schön, Louis - und so groß. Du hättest eine junge, hübsche Frau haben müssen, die Dich so recht an ihr Herz hätte nehmen und Dich alles Schlechte in der Welt hätte vergessen lassen können." ,, Na na! Ich beklage mich ja nicht."
Nein, und ich will nicht mehr unbillig sein- ich will vernünftig sein! Stomm mal ein bißchen her, mein Junge!" Zögernd beugte er sich über sie, und sie umfaßte feinen Kopf mit beiden Händen. In ihren matten Augen waren Tränen:
" Du darfst nicht mehr zornig sein, weil ich Dir beut nachmittag Borwürfe gemacht habe; es war garstig von mir. Aberaber könntest Du nicht ein andermal eine andere wählen? Nicht so eine?" Sie schluchste laut. Ich finde es so entseglich, mit so einer teilen zu sollen," stammelte sie zur Entschuldigung und versuchte zu lächeln. Ich bin doch auch ein Mensch, wenn ich auch alt bin! Und es gibt doch andere, die ordentlich sind." Vor Tränen konnte sie nicht spredjen, ,, Aber Anina, ich war ja meiner selbst nicht mächtig. Sonst hätte ich ja gar nicht Du kennst doch meinen Standpunkt zur Genüge."
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" Ja, das ist auch wahr und ich bin eine dumme Gans. Du wußtest überhaupt nicht, was Dit tatest, nicht mahr, mein Junge?" Sie trodnete ihre Tränen.( Forts. folgt.)