Nr. 41.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Dounerstag, 18. februar.

,, Saint Sulpice", das Asyl der

Flüchtlinge.

Im Nieuwve Amsterdamsche Courant" schildert der Pariser Korrespondent das Leben der im Seminar Saint Sulpice unter­gebrachten Flüchtlinge aus Nordfrankreich und Westbelgien:

Derweil die Möglichkeit, mit einigen Zeppelinbomben Bekannt schaft zu machen, viele Herrschaften der oberen Zehntausend, die das Vertrauen zur Regierung in die Residenz gelockt hatte, wieder schleunigst in den Süden zurücktrieb, bleibt für die unglücklichen Flüchtlinge aus den Nordprovinzen Paris   nach wie vor der zu fluchtsort, den sie mit Vorliebe aufsuchen. Das konnte ich kon statieren, als ich gestern eines der Pariser   Asyle besuchte, nämlich das alte Seminar Saint Sulpice", das an dem Plaze und der Kirche gleichen Namens liegt. Das große, Jahrhunderte alte Gebäude, welches seit Jahren Teer steht und bestimmt war, die Schäße aufzunehmen, die das Luxembourg- Museum nicht mehr fassen tann, ist seit dem Beginn des Krieges als Stätte für die Flüchtlinge eingerichtet. Was be­sonders interessieren wird, ist, daß, obwohl es von Staat und Ge­meinde subsidiert wird, es ein reines Privatunternehmen ist. Und zwar sind es die Ladeninhaber und Polizeiagenten des 6. und 14. Arrondissements, die es eingerichtet haben und alle ihre freie Zeit der Versorgung der unglücklichen, vor der Invasion geflüchteten Obdachlosen zur Verfügung stellen. Was das heißt, wird man in Holland   verstehen, wenn ich bemerke, daß das Gebäude 1200 Personen faßt und fortwährend von oben bis unten besetzt ist.

Die Einrichtung dieses alten Hauses, dessen Oberstock in eine für die Studenten bestimmte Reihe Kämmerchen eingeteilt ist, er­weist sich zur Unterbringung von Familien als besonders geeignet. In jedem Kämmerchen haust eine Familie, die auf diese Weise eine Art eigene Wohnung besitzt und es sich darin, so weit es die Um­ſtände zulassen, bequem machen kann. Am Komfort hapert es frei lich ziemlich; so z. B. sind die meiſten Kammern nicht heizbar, so daß die Bewohner, wenn ſie frieven, die Kachelöfen auf den Gängen aufsuchen müssen. Zum Glück ist es noch nicht sehr falt gewesen, und dann - so ein Geplausche am Kachelofen hat ja auch seine Reize.

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rungen:

Von Japan   nach Deutschland  .

den allzu strengen Kriegszustand, der in Hongkong   herrschte. mußten sie doch zu ihrem größten Kummer schon um 5 Uhr zum Schiff zurückkehren. Wenn man die herrliche Stadt sieht, umringt von hohen Bergen, wie in einem Tal gelegen, zu dem man nur Eine Dame, die nach zwölfjährigem Aufenthalt in Japan   durch zwei enge Meerstraßen gelangen kann, deren Ufer von während des Krieges nach ihrer deutschen   Heimat zurückgekehrt ist, mächtigen Forts geschützt sind, so versteht man angesichts der Un­schildert der Köln  . 8tg." ihre Heimreise in folgenden Ausfüh- angreifbarkeit diefes Ortes den übermäßig strengen Kriegszustand nicht, der über ihn verhängt wurde. Auf Umwegen, mit abends Bisweilen erhielten Meine Freunde waren entsetzt, als ich ihnen von meinem Plan abgeblendeten Lichtern, fuhren wir weiter. sprach. Ich ließ mich indessen nicht abhalten, die nötigen Vor- wir durch Funkspruch die Nachricht, ein türkisches Schiff sei in bereitungen zu treffen. Zunächst begab ich mich zur Nippon Yusen   Sicht, da verstummten dann plößlich die Lieder, die soeben noch Kaisha, einer der größten Dampfschiffahrtsgesellschaften, um mir gemeinsam in die dunkle Nacht hinausgesungen worden waren. eine Fahrkarte zu besorgen. Bezeichnenderweise erklärte man mir. Kurz vor Singapur   führten die Japaner lebende Bilder und aller­es sei nicht erlaubt, Karten an Deutsche  , auch nicht an Damen, zu hand Vorstellungen auf, von denen ich zwei ganz besonders er­verkaufen. Die Gesellschaft habe von der englischen   Regierung wähnen möchte. Das eine lebende Bild stellte die Groberung die strengste Anweisung erhalten, Deutschen   die Mitnahme zu ver- Tsingtaus dar: zwei Soldaten, die triumphierend mit gezücktem weigern. Die englische Regierung erlaube keinem Schiff, in den Säbel auf einem Hügel standen, ein anderer Soldat erſtürmte Hafen von Hongkong   einzulaufen, wenn auch nur ein deutsches gerade diese Höhe. Dann gab es einen Schwerttanz, der die Ein­weibliches Wesen an Bord sei. Erst durch die Fürsprache des mir nahme Kiautschous versinnbildlichte. Mit zorngerötetem Gesicht bekannten japanischen Verkehrsministers gelang es mir, die Reise- und furchtbaren Gebärden führte der Schwertkämpfer diesen sym­erlaubnis zu erhalten, wobei sich die japanischen Behörden für bolischen Tanz aus, eine höchst lächerliche Sache. meine Person verbürgen mußten und mir verboten wurde, in den Bald liefen wir in den Hafen von Singapur   ein, wo wieder die englischen Häfen an Land zu gehen. So konnte ich dann am Untersuchung der Papiere erfolgte. Man sagte mir sogar, daß ich 4. November mit meiner Familie, fünf kleinen Kindern und der unter Umständen aussteigen und mich in Kriegsgefangenschaft be­Erzieherin, mit der Jasaka Maru von Jokohama   abreisen. geben müsse, wenn meine Papiere nicht in Ordnung seien. Nach Bis nach Nagasaki   verlief die Fahrt ohne besonderen Zwischen- einigen angstvollen Stunden kam der beruhigende Bescheid, daß fall; nur gab es kurz vor dem Einlaufen in den Hafen eine große der Paß in Ordnung sei. Hier erhielten wir nun wieder einen Aufregung: Durch Funkspruch wurde die Einnahme von Tsingtau   ganzen Schub von englischen Freiwilligen, so daß wir nunmehr gemeldet. An Bord blieb alles ruhig, nur in Nagasaki   herrschte 65 Mann an Bord hatten. Am selben Tage verließen noch fünf unendlicher Jubel. Ueberall wehten Fahnen, die Schulen ver- Schiffe den Hafen von Singapur  , die sämtlich englische Freiwillige anstalteten Umzüge, und dieses Feiern dauerte mehrere Tage. führten. Zwischen Singapur   und Penang   war die Angst vor feind­Das war der letzte Eindruck, den ich aus dem Lande mitnahm, lichen Schiffen besonders groß, denn hier war das Tätigkeitsgebiet Ich der Emden   gewesen. Man hatte einen heiligen Respekt vor den in dem ich zwölf Jahre gelebt, das ich liebgewonnen hatte. möchte hier einige Bemerkungen über die Behandlung der Deut- deutschen   Kriegsschiffen und war voller Bewunderung für den fchen in Japan   während des Krieges einschalten. Bei Beginn des Kommandeur der Emden  . Mit falschen Kursen und ohne Lichter Strieges hatte die Regierung strengen Befehl gegeben, allen Deut- fuhren wir weiter nach Penang  , wo wir drei Tage liegen mußten, fchen die größte Zuvorkommenheit zu erweisen. Man war äußerst weil, wie man sagte, zwischen Singapur   und Penang   eine neue höflich zu den Ausländern und zeigte gerade den Deutschen   be- Schlacht stattfand. Einen Tag lang hörte man den Kanonen­fondere Sympathie. Die Stimmung des Volkes war gegen den donner. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Penang   saben wir Strieg, und auch in den regierenden Kreisen hörte man immer ein gesunkenes französisches Schiff, von dem nur noch der Schorn­wieder die Entschuldigung: Wir waren als Verbündete Englands stein und ein Mast zu sehen war. Sehnsüchtig schauten wir, als wir uns Kolombo näherten, hinüber in die ragenden Palmenhaine gezwungen, am Kriege teilzunehmen. Fahrgäste hatten wir bei der Abreise nur wenige an Bord, und unter dem tiefblauen Tropenhimmel, alles erstrahlend in blenden­das waren nur englische Freiwillige; sie stiegen in den verschiede- den Farben, sprühender Beleuchtung. Zu meiner größten Freude Als ich meinen Besuch machte, war gerade Effenzeit. Aus nen Häfen zu. Weiteren Zuwachs an Freiwilligen erhielten wir erlaubte mir diesesmal der Offizier, an Land zu gehen, unter der gewaltigen Töpfen wird in der Küche die duftende Suppe in große in Schanghai  . Sie erwiesen sich als nette Reisegefährten. Es Bedingung, daß einer der englischen Freiwilligen uns begleitete. Schüsseln geschöpft und in den Ehsaal getragen, wo an langen waren Männer aus gebildeten Kreisen, die mit großer Begeiste- Mit nicht zu beschreibenden Gefühlen betraten wir nach langer Tafeln viele hungrige Gaumen darauf warten.... Ich brauchte rung dem Kriege entgegensahen. Mehrere unter ihnen hatten Zeit zum ersten Male wieder feſten Boden, rot leuchtende, glühend nicht zu fragen, ob es schmeat, so eifrig aßen sie davon. Wit früher schon gedient, und diese benutten ihre soldatischen Kennt erscheinende Erde, sahen die blendend weißen Häuser, die dunkeln Suppe, Fleisch, dazu nach französischer Art viel Brot, und noch nisse zum Einegerzieren der anderen. Alles ging mit großer Be- Palmen und saftig- grünen Rasenpläge, über die herrliche Menschen­einen kleinen Nachtisch, stellte sich das Essen als ein ganz gutes geisterung ans Werk: morgens und nachmittags wurde je eine gestalten wandelten, stolz und aufrecht wie Bronzestatuen. Sonder­Mahl dar. Viele arme Teufel, die sonst kaum satt zu essen hatten, Stunde egerziert. Zu meinem Erstaunen beobachtete ich aber, daß barerweise war Kolombo der einzige Plaz, der sich nicht im Kriegs­haben es hier besser als je. Und doch werden sie zeitweise be- die Beteiligung immer schwächer wurde, und daß zuletzt das Erer- zustande befand, ungestört konnte man zu später Stunde an Bord schwerlich. So erzählte mir der Magazinchef, der mich seine Vor- zieren ganz aufgegeben werden mußte, da keiner mehr mitmachen zurückkehren. räte sehen ließ( worunter auch einige von guten Gebern gestiftete wollte. Ganz besonders ergößten sich die mitreisenden Japaner Mit der üblichen Vorsicht sehen wir die Fahrt bis Sues fort. Fässer Wein für die Kranken waren), daß sie unter keinen Um- an der Energielosigkeit dieser Soldaten und sie ergingen sich in Außerordentlich fesselnd war die Fahrt durch den Sues- Kanal. ständen Reis essen wollten. Ballen hoch liegt er nun ein Ge- beißenden Spottreden über die Unfähigkeit der englischen   Soldaten unzählige Soldaten belebten seine stillen Ufer. Auf beiden Seiten schent eines Großhändlers aufgestapelt, aber der Vorrat nimmt überhaupt. Sie meinten, es gäbe überhaupt nur zwei Völker, die des Kanals erstreckten sich große Lager mit Tausenden von Zelten, nicht ab. Sie essen lieber nichts, als daß sie Reis essen, und ich gute Soldaten lieferten, die Deutschen   und die Japaner. Immer die von englischen und indischen Militärs besetzt waren. Auf den weiß wirklich nicht, was ich nun anfangen soll." wieder sagten mir die Japaner, ich solle mich nur ja nicht ängstigen, lehmigen Feldern wurden große Uebungen abgehalten, von denen Die Verwaltung des Asyls beschränkt sich jedoch nicht allein die Engländer könnten unmöglich fiegen. Als dann eines Tages ganz besonders die der Kamelreiter einen interessanten Anblick Von Zeit zu Zeit ertönte Ruf und Gegenruf zwischen auf die Verschaffung von Nahrung und Unterkunft, sondern es wird durch drahtlose Telegraphie die Nachricht kam, unser Dampfer boten. nach Möglichkeit danach getrachtet, den Männern Beschäftigung zu würde wahrscheinlich nicht bis London   fahren, da die Deutschen   unseren Freiwilligen und diesen Soldaten, ein hastiges Fragen suchen, was in vielen Fällen auch gelingt. Für die Kinder wird bereits die englische   Küste beschössen, herrschte unter den über den Stand der Dinge und dann ein begeistertes Hurra, denn Schule gehalten. Das brachte insofern einige Schwierigkeiten mit Japanern ein großer Jubel Grregt lief einer zum natürlich hatten die Verbündeten gefiegt, und die Vernichtung fich, als ein großer Teil der belgischen Kinder kein Französisch ver- andern, lobte die Deutschen  , und alle bedauerten, nicht mitmachen Deutschlands   ging Schritt für Schritt voran. Das waren die Nach­steht, aber man hilft sich so gut man kann. zu können beim Verhauen der Engländer. Diese Ansicht habe ich richten, welche die Küstenzeitungen brachten. Unsere Hoffnung. fannten, der nach Eſingtau ging, sagte:" Ich wünschte, es ging As wir dort anlangten, erklärte man uns in schroffer Weise, daß in Japan   wiederholt gehört, und jeder meiner japanischen Be- in Port Said   aussteigen zu dürfen, wurde schmählich enttäuscht. gegen die Engländer, nicht gegen die Deutschen  ." Der gleiche es nicht erlaubt sei, auszusteigen. Einer meiner englischen Freunde, wütende Haß war auf der englischen Seite zu finden, und das der sich an Land zum englischen Gouverneur begab, um sich für mich zu verwenden, wurde kurz und grob abgewiesen, nachdem Schimpfen auf die Japaner nahm kein Ende. Als das Schiff bei Hongkong   festgemacht hatte, kamen mehrere man ihn dreimal sich hatte entkleiden lassen und ihn von oben bis englische Offiziere an Bord, die meine Papiere verlangten und mich unten untersucht hatte. Man bat ihn, sich nicht für mich zu ver­einem längeren Verhör unterzogen. Darauf wurde mir strengstens wenden, da er dadurch Unannehmlichkeiten haben würde, denn man untersagt, das Schiff zu verlassen und den Hafen zu photographie- vermute, daß ich eine Spionin sei, vor deutschen   Frauen müsse man ren. Stets umgaben uns Geheimpolizisten. Die Stadt Hongkong   sich überhaupt in acht nehmen, sie seien schlimmer als die Männer. war im Kriegszustand, alle Männer in Uniform, wie uns unsere Noch schlimmer erging es einem anderen Reisegefährten, einem Freunde erzählten. Die Engländer selbst machten sich lustig über Italiener, der ebenfalls für mich sein Bestes versuchte: ihm nahm Ratschläge zu erteilen, wenn man ihm auf dem Wege zu der| Der gesunde Gang der Ereignisse macht sie jedoch immer eigenen Mätresse auf der Treppe begegnet. gründlicher zuschanden, um im Zeitungsjargon zu reden; und Du und ich, wir haben nichts anderes zu tun, als ge­bührenden Abstand von ihnen zu nehmen.

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Das niedlichste des Aſhls ist die pouponnerie", die Säuglings­abteilung, wo die kleinen Babys gepflegt werden. In einem hellen, äußerst reinlichen Raum stehen in langen Reihen die Wiegen nebeneinander, und eine Anzahl Pflegerinnen ist andauernd damit beschäftigt, die kleinen, zierlichen Puppen zu versorgen, zu be­sänftigen, zu waschen und ihnen zu trinken zu geben.

So tut man, was man kann, um den Flüchtlingen das Leben so erträglich als möglich zu gestalten, und dankbar wird dies auch anerkannt. Was aber alle beseelt, ist der eine Gedanke: Zurück in ihre Städte, ihre Dörfer, ihr Haus, um zu wissen, was der Krieg für ihr erbärmliches Leben noch übrig gelassen hat.... I. 3.

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Ueberfluß.

Von Martin Andersen Nerö. Ein stiller Ernst lag über ihm, der seinem Wesen lange fremd gewesen war; langsam nahm er Papier   hervor und setzte sich zum Schreiben hin: Domborg, 17. September 92.

Lieber Bater!

Ich danke Dir für Deinen Brief und für die Aufrichtig keit, die trotz allem aus jeder Zeile hervorleuchtet. Du windest Dich unter einem recht begreiflichen Gram und stellst Dich zynisch, Du übergibst Dich auf Gnade und Ungnade der Ge­meinheit und nennst Dich befreit.

Warum auch nicht? Ich finde nur, Du solltest gegenüber einer möglichen Baterschaft keinen Vorbehalt treffen. Sollte ein Mann mit Deiner Bildung und Deinem freien Blick sich nicht über solche Kleinigkeiten hinwegsetzen können, wie zum Beispiel darüber, daß seine Frau ihm mit Hilfe des Kommis ein oder zwei Kinder schenkt- Du bist ja doch Demokrat! Und Kinder sind ja doch eine ziemlich logische Folge des Rechtes der Eheleute, einander zu umgehen, wie Du selbst an­erkennst. Selbst wenn Du auf diese Weise das Dußend voll bekämst, darfst Du Dich darum doch nicht auf die Hinterbeine sezen. Neulich hat es einen Fischer hier betroffen, und ob­wohl der Mann nie den Katechismus der Freien im Geiste gelesen hat, erfüllt er in jeder Beziehung seine Verpflichtungen als Ehemann und Versorger. Möchte er Dir ein leuchtendes Beispiel sein!

Natürlich mußt Du Dein Haus nicht nur dem Kommis, sondern jedem anderen Liebhaber öffnen. Wozu hat Deine Frau sonst ein wohlmöbliertes Heim? Ob man ein bißchen Bordellwirt mehr oder weniger ist, kann Dich wohl nicht genieren.

Was hindert Dich wohl daran, feig Deiner Wege zu laufen, unter dem Vorwand, die Stellung werde Dir zu ge­mein, und Deinen Sohn in die traurige Lage zu versehen, fein Heim zu haben! Welch entsetzlicher Gedanke, wenn die Ehen und mit ihnen die Heimstätten aufgelöst würden! Man denke, wenn das kommende Geschlecht während seines Wachs­tums die Ofenecke für Halbheit, Anpassung und Kompromisse, wie ein Heim sie darbietet, entbehren müßte!

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Wenn Du diesen Brief gelesen hast, wirst Du wahrschein­lich sagen, mir fehlte das Verständnis und der daraus folgende weite Blick. Im Gegenteil! Ich kenne recht gut das Gefch des Verfalls und erwarte bald zu hören, daß Du Dich dent Trunk ergeben hast.

Mir selbst geht es so lala. Dein Karl. Freundlichen Gruß Aber dank Eurer Toleranz haben wir einen Ort gehabt, Er stand auf und schloß den Brief. In seinem Wesen wo wir lernen konnten, uns den praktischen Forderungen des Lebens anzupassen. Wir sahen, wie Ihr Euch zu Hause war nichts von der verbitterten Stimmung, die der Brief zanftet, manchmal prügeltet, aber Ihr seid nicht auseinander- barg, vielmehr nur steinerne Ruhe. Der Zorn lag hinter ihm, gelaufen, im Gegenteil, Ihr habt einander zärtlich angelächelt, in dem physischen Leiden des gestrigen Tages und der Nacht. wenn Ihr unter Menschen waret, und habt Euch- beholfen, Sein Geist war zu erschlafft gewesen, den starken Schlag so gut es ging. Und im Lauf der Zeit habt Ihr gelernt, ein- empfangen zu können, und hatte ihn auf den Körper nieder­ander zu ertragen, in den mageren Perioden vielleicht sogar gehen lassen. vorlieb miteinander zu nehmen. Welche Schule für uns!

17. Und wir, wir fingen an, auf die freie Liebe zu schwören, In der nächsten Zeit bekam Bauder wiederholt Briefe in voller Gewißheit, daß es keine andere gab. Aber Eure von Frau Sörensen. Meist waren es kurze Schreiben mit milden Augen begleiteten uns, Eure Toleranz machte uns einer besorgten Anfrage nach seinem Befinden oder einer weich, und wir glitten zur bürgerlichen Ehe hinüber und von halb verschleierten, vertraulichen Mitteilung; aber obwohl er da, einer nach dem anderen, auch zum kirchlichen Segen. Da nie antwortete, wurden die Briefe immer häufiger, länger nidtet Ihr anerkennend: man fann recht gut radikal sein, ohne Ansto3 zu erregen.

Wenn das Ganze verrechnet werden sollte, schuldeten wir Euch sicherlich viel!

und ihr Inhalt intimer. Offenbar verbohrte sie sich allen Tatsachen zum Troß immer mehr in die Vorstellung, daß er ihr lebhafte Teilnahme entgegenbringe, und wollte mit Ge­walt ihr Schicksal an das seine knüpfen.

Aber dieser und jener verschrobene junge Mann glaubt, Die Briefe waren sehr verschieden. Einige waren über­daß dies Verfall sei. Und er fragt sich, wie viele Ge- wiegend ruhig und atmeten erfahrene Resignation, der nerationen noch verfallen sollen, wieviel Jugend noch bei dem Grundton anderer war eine unbegreifliche Selbstsicherheit, Beginn des Kampfes und der dann folgenden Entwaffnung ein Stolz, wie ihn sonst nur ganz junge, prächtig ausgerüstete durch das milde, weltkluge Lächeln der Aelteren demoralisiert Frauen besaßen. Aber inmitten des Stolzes und der Selbst­werden soll. Der junge Mann war so idiotisch zu glauben, sicherheit hieß es dann: sie habe das Beste in ihrem Leben Ist die Ehe trok allen ihren Unflätigkeiten nicht doch daß er Menschen finden würde, die sich das Recht vorbehielten, bergeudet und wolle nun die Reste aufsammeln, um zu ver­eine menschenfreundliche Einrichtung, wenn man nur die alles zu untersuchen und eines Tages den Zweifel und suchen, von ihnen zu leben. Sie wolle von ihrem Manne rechte Auffassung von ihr hat? Die Alten haben sie nicht; die Analyse abzuschütteln und ein neues Leben in der Er- fort, wolle ihn abschütteln, ihn und ihre ganze Vergangenheit, fie verlangen, daß die Ehe vollständig und trotz allem fenntnis aufzubauen. Er glaubte, zusammen mit ihnen die und dann werde ihr die Welt offen stehen mit all ihrem aufrechterhalten werde; einige von uns Jungen wollen sie ersten Umrisse einer neuen hohen Moral ziehen zu können, Glück und Glanz. In den Strom wolle sie hinaus, wo die ganz ausgerottet sehen, aber Du und die Deinen, Ihr habt deren Grundlage vielleicht all das wäre, was die jetzt geltende Mätressen der Reichen sorglos Feste feierten vom Gelde dieser gezeigt, daß man sehr gut die Institution beibehalten und in verwirft. Aber er stieß nur auf alte Dogmen, neue Dogmen Männer, und mit plöblicher Hämmerlichkeit bat sie dann ihrem Schuß seinen fleinen Neigungen, ein jeder für sich, nach oder eine Vereinigung von beiden. Und er weinte vor Un- um einen guten Rat und fragte, wieviel eine alleinstehende, gehen kann. So wird das Heim zugunsten des aufwachsenden willen, weil es ihm schien, als wären der milde Blid, die anspruchslose Frau als Mindestsumme brauche, um in Kopen Geschlechts aufrechterhalten, und die Verhältnisse entwickeln Toleranz und das Kompromiß die Folgen eines geistigen bagen leben zu können. Und im nächsten Sazze hatte sie freien Blick, Nachsicht und diejenige Toleranz, die das Kenn- Schadens und nicht geistiger Kraft und Ueberlegenheit. Stolz und Demut vergessen und teilte mit geschwäßiger zeichen wahrer Bildung ist. Hat man Anlagen, so kann man Willst Du glauben, daß es wirklich solche Idioten in Freude mit, die Frau des Kandidaten sei nur eine Mutter es allmählich dahin bringen, dem Liebhaber seiner Frau unserer klugen, durch und durch gebildeten Gesellschaft gibt? für ihn und fühle sich glücklich dabei.

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