Ur. 192.1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Wo des Krieges Wunden heilen.

zug wieder.

n Kapitel bes Buches

Sonntag, 22. Auguft.

Abteilung vor der antiseptischen Zeit ausgesehen haben muß. Man den Gebirgsbogen umgeht und in die von Seen, Sümpfen und fönnte getroft fagen, daß die Chirurgie an der Front die Chirurgie Flüssen durchzogenen Tieflandsgebiete Afrikas ausstrahlt, zeigt sich des Wundfiebers ist. die Bedeutung von Höhenzügen, Strandlinien und größeren Der Dozent am schwedischen Karolineninstitut, Dr. Gunnar Dr. Nyström dann noch folgendermaßen: Ueber die amerikanischen Munitionslieferungen äußert sich Wasserlinien für die Wegwahl als ein durch die Jahrtausende wirkender Faktor. Die Grenzscheide zwischen den beiden Richtun­Nyström, der zum Studium des deutschen Lazarettwesens im Kriege Meine deutschen Kollegen sprachen über die Rolle, die Amerika gen in Deutschland , die von Prof. Thienemann in der Weser an­Deutschland bereist und bei dieser Gelegenheit auch längere Zeit an in diesem Kriege spielt, mit großer Bitterfeit, wenn sie sich auch, wie genommen wurde, ist noch nicht sicher festgestellt. Für die süd= der Weſtfront geteilt hat, veröffentlicht nun unter obigem Titel in ich betonen muß, nie zu schroffen oder unbeherrschten Aeußerungen iv e st I ich e Richtung liegen über Spanien hinaus noch keine Mel­einem Stockholmer Verlag seine vorher bereits in einem Teil der hinreißen ließen." Wie ein jeder weiß, fließt von Amerika aus ein Dungen von gefundenen Markierungen vor. Man kann jedoch nach Tagespresse erschienenen Eindrücke in Buchform. Wir geben aus ununterbrochener Strom von Kriegsmaterial in das Lager der Ver- anderen Mitteilungen annehmen, daß diese Linien zum Teil en einem der intereſſanteſten Kapitel des Buches hier einen kurzen Aus- bündeten, dem bereits Tausende und Abertausende von deutschen Sol- der Atlantischen Küste hin weiter nach Westafrika führen, zum Nach der Schilderung eines in einer Talmulde unmittelbar daten zum Opfer gefallen find. In entgegengesetzter Richtung flutet denn Teil auch von Gibraltar oder anderen Küstengegenden Südspaniens hinter der Feuerlinie liegenden Verbandplates führt der Verfaffer aber auch ein gewaltiger Strom von Gold, der den smarten Yankees über das Mittelmeer hin sich im nördlichen Afrike verlieren. Mon den Leser durch das an der Aisne gelegene Städtchen Rethel. in der Tat allen Anlaß gibt, sich über den Aufschwung der Geschäfte hat über die Meerenge von Gibraltar gewaltige Schwärme voa die Hände zu reiben". Man muß schon zugeben, daß sich in diesen Störchen ziehen sehen. Bis nach Südwestafrika ist der europäische " Vor dem Kriege", schreibt er. lebten hier in tiefstem Frieden fortgesetzten Kriegslieferungen eine recht eigenartige Aeußerung des Storch gekommen, der hier frühestens Anfang Dezember und zu­etwa 6000 Menschen. Heute ist die Stadt zum größten Teil zusammen- Neutralitätsbegriffes dokumentiert, und man möchte es dahingestellt letzt im Februar gesehen wurde. geschossen; ganze Stadtviertel sind in Schutt- und Trümmerhaufen sein lassen, ob ein so großes Land wie Amerika , das sich seit jeher Ueber die südöstlich wandernden Störche sind Meldungen verwandelt, aus denen nur hier und da noch die Reſte einer Mauer so viel auf seine Moral zugute getan hat, ein derartiges Verfahren über Funde von Ringen bis 100 Kilometer vor der Südküste von oder ein Schornſtein emporragen. Droben, auf der die Stadt be- mit dieſer Moral und mit seiner Würde vereinbar findet. Afrika erstattet. Die Fahrt geht zunächst an der Donau entlang Man vergegenwärtige sich: die Deutschen haben einen Teil bis zum Schwarzen Meer und über den Bosporus , dann an der Häusern ringsum ist kein Stein auf dem andern geblieben, der alte ihres Wundkrampfserums von Amerika bezogen, und nun kann man fleinasiatischen Küste weiter nach Syrien und Palästina, wobei Tempel aber steht noch heute völlig unbeschädigt da, ganz als wären in den Lazaretten allerorten deutsche Soldaten sehen, die zuerst schon vorher manche Schwärme in gerader Richtung auf das Nil­Granaten und Feuerzungen dem ernſten, hoheitsvollen Antlitz der von amerikanischen Granaten verstümmelt und delta zu abschwenken, und vom Nil aus führen die nun wieder Heiligen ausgewichen, die zwischen den Mauerpfeilern und fein ge- fodann mit dem amerikanischen Serum behandelt vereinten Bahnen mit Abzweigungen nach Often und Westen strom= schnitten Ornamenten der prächtigen Portale thronen. Hier in diefer werden. aufwärts. Fern im Süden häufen sich die Fundstellen, so daß Gegend müssen furchtbare Stämpfe gerast haben. Schon wenn man, ( Deutsch von W. P. Larsen.) Transvaal und Natal bis zum Basutolande als die Hauptwinter­von Norden kommend, in die zur Stadt führende Landstraße ein­quartiere dieser Störche zu erkennen sind. Der südlichste Findling biegt, begegnet man den Verwüstungsspuren des Artilleriefeuers. war ein Storch, der im Juli 1910 in Ostpreußen gezeichnet und ein Viele der mächtigen Bäume, die die Straße einsäumen, sind von Jahr später im Kapland in der Gegend von East- London gefunden Granaten getroffen und zersplittert worden, andere liegen geknickt wurde. und entwurzelt am Boden. In denjenigen Stadtteilen jedoch, die von der Verwüstung verschont worden sind, herrscht nun ein außerordent­lich lebhaftes Treiben, und besonders für das Kriegslazarettwesen ist Rethel ein überaus wichtiger Brennpunkt.

Herrschenden Höhe steht eine Kirche inmitten der Ruinen. Von den

Kleines Feuilleton.

Der gute Genosse Bollezischt".

Aus der Schweiz wird uns folgendes wahre Geschichtchen mit­geteilt: Frauenversammlung. Ein schmuckloser Raum im Ver­Eine große neue Baumwollspinnerei, die der Zerstörung ent- einshaus" von St. Gallen . Arbeiterfrauen lauschen mit tiefem gangen, ist heute Rethels bedeutendstes Lazarett. In der riesigen Interesse den Ausführungen des Redners. Tiefe Stille, andächtiges Maschinenhalle stehen die Spinnmaschinen nach wie vor in langen Schweigen; nur die Stimme des Redners schwebt über dem Raum." Reihen geordnet, der Platz zwischen ihnen aber ist mit Betten be­Ein schrilles Telephonklingeln im Nebenraum bricht jäh in die legt, deren in diesem Raum allein mehrere Hundert stehen. Nun Stille. Gleich darauf kommt auch schon die freundliche Wirtin her­würde vielleicht mancher meinen, daß in einer so großen, mit Ver- über und winkt von der halboffenen Tür aus einer der Frauen, wundeten belegten Halle nichts als Jammern und Stöhnen sein die bei dem Telephonklingeln schon lauschend aufgeschaut hatte und müsse. Das ist jedoch keineswegs der Fall, sondern die Stimmung nun eifrig hinauseilte. iſt im Gegenteil, wenn man sich so ausdrüden will, recht gemütlich. Da die Tür nur halb angelehnt war, hörten wir unwillkürlich Die meisten Verwundeten sehen überhaupt nicht leidend aus, man die eine Hälfte des Telephondialogs mit an, der also anhub: Grüß fieht auch in keinem einzigen der Gesichter etwas von Ver- Sie, Herr Bollezischt( Polizist), i grüß Sie! Die Chindli( Kinder) zweiflung oder Bitterkeit, nicht einmal bei den Schwer- schreiet?? Dank schö, dank schö, i chumm glei! Adjö, Herr verwundeten, die ihr Schicksal, wie alle anderen, mit Ruhe tragen. Bollezischt, adjö, dank schö!".. Rrrr. Ueberall stößt man auf Aeußerungen des deutschen Gemütes: man scherzt und unterhält sich so gut es geht" und ist bemüht, über die mißliche Lage so leicht wie möglich hinwegzukommen. liber die In den Operationssälen aber wird eine Operations- und Ver­bandsarbeit geleistet, die sich sowohl der Beschaffenheit wie auch der Größe der Arbeitsleistung nach von der Arbeit in chirurgischen Seliniken zu Friedenszeiten gewaltig unterscheidet. So versichert man, daß es gar nichts Außergewöhnliches sei, wenn ein Chirurg im Feldlazarett täglich seine 20-30 Operationen ausführe, und will man selbst gelten lassen, daß vielleicht ein Teil dieser Operationen nur in leichteren Eingriffen besteht, so gesellt sich zu diesen doch außerdem noch eine derartige Summe von anderen Arbeiten, daß das Geleistete geradezu erstaunlich erscheint.

Wie mir die Vorsitzende nach Schluß der Versammlung er­zählte, wohnte jene Genossin, die wegen der schreiete Chindli" nach Haus geeilt war, in einem Haus, in dem fich die Polizeiwache befindet. Da der Ehemann zurzeit auf Grenzwache ist, die brave Frau aber die Versammlung nicht versäumen wollte, so hatte sie den wachthabenden Polizisten, den sie auch als gutes Parteimitglied kannte, gebeten:" eppis( ein wenig) nach die Chindli zu luege, un zu telefonire wanns schreiete", was der Mann denn auch redlich besorgte.

" Ein Polizist als Parteigenosse?" Gewiß, warum nicht? Das Geschichtchen spielt doch in der Schweiz . In Basel ist selbst der Polizeidirektor eingeschriebenes Mitglied unserer Partei.

Die Zugstraßen der Störche.

Die Frage, ob die Störche bei ihrer Rückkehr aus ihren Winterquartieren auch in ihre besondere Geburtsheimat, teilweise sogar ins alte Nest zurückfinden, erfährt durch die Markierungen eine neue Beleuchtung. Es ist zwar noch kein einziges Beispiel nachgewiesen, daß ein markiertes Tier nach seiner Wanderfahrt das alte Nest wieder in Besitz genommen hätte. Wohl aber zeigten die Feststellungen, daß der Storch meistens in den alten Heimatgan zurückkehrt. Vielleicht versucht er auch, das Nest, in dem er auf­wuchs, zu gewinnen, aber durch die Markierung konnte dies noch nicht festgestellt werden, da es sich bei der Markierung in der Regel um junge Störche handelt, die bei der Rückkehr von den älteren vom Neste weggebissen werden und weiterziehen müssen. am wenigsten wird unser Storch seiner engeren Heimat in der Periode des Bruttriebes entfremdet. Einjährige Störche und " Junggesellen" oder Raubstörche", die nicht horsten, werden da­gegen häufiger in größerer oder geringerer Entfernung von der ursprünglichen Heimat aufgefunden. Einjährige Störche, die noch ohne Nistsorgen sind, bummeln" auch wohl noch den Sommer über in Afrika umher. Dagegen haftet der eigentliche Brutvogel unbedingt an der Scholle. So ergibt es sich, daß fich der Storch­bestand einer Gegend vorwiegend aus den in ihr erbrüteten Jungen zusammensetzt.

Notizen.

- Theaterchronit. Die Erstaufführung der Fledermaus" findet am Mittwoch, den 25. August, im Deutschen Opern hause statt.

-

Als Intendant des Mannheimer Sof theaters wurde vom Mannheimer Stadtrat Dr. Karl Hage­Jm gegenivärtigen Krieg sind nach übereinstimmenden Fest­mann, der zurzeit im Felde ist, in Aussicht genommen. Hagemann stellungen die weitaus meisten Verwundungen auf Granatiplitter zurückzuführen, was man im Vergleich zu vorhergegangenen Striegen, Vogelwarte Rosjitten, Professor Thienemann, eingeführt sind, haben Die deutschen Storchmarkierungen, die von dem Leiter der war bereits von 1906-1910 in gleicher Weise in Mannheim tätig. Prof. Jaro Springer , der Kustos am Berliner in denen die Mehrzahl der Verwundungen noch von Gewehr in den letzten Jahren eine Reihe von wertvollen Ergebnissen ge- Kupferstichkabinett, ist als Hauptmann gefallen. Er galt als guter geschossen herrührte, wohl schwerlich als Humanisierung des Krieges zeitigt, über die A. Wesemüller in den letzten Heften der Natur- Kenner altdeutscher Kunst und hat Holbein und Adrian van Ostate bezeichnen tann. Man muß hierbei bedenken, daß die gebräuchlichen wissenschaftlichen Wochenschrift" zusammenfassend berichtet. Die literarische Arbeiten gewidmet. Seine besondere Vorliebe aber Gewehrgeschosse häufig nur einen dünnen Kanal durch den Körper Aluminiumringe, die von der Vogelwarte ausgegeben wurden und galt den Radierungen von Herkules Seghers, den er zu Ehren 24 bohren, so daß die Wunde, wenn feine Komplikationen hinzutreten, die mit genauer Bezeichnung des Datums und des Ortes des Auf- bringen bestrebt war. sehr oft schon unter dem ersten Verband heilt. Ganz anders da- lassens gefangenen Störchen auf den Fuß gestreift wurden, sind in gegen die von Granatsplittern herrührenden Verwundungen. Die beträchtlicher Zahl nach der Erlegung des Tieres zurückgesandi Die Hundepost. Daily Chronicle" berichtet aus Paris fleineren und größeren Sprengstücke, die das explodierende Geschoß worden, und die Fundstellen, die an den verschiedensten Bunkten folgendes Geschichtchen: Im Westen liegen die deutschen und fran­um sich schleudert, zerreißen nur allzu oft die Gewebe und führen der Landkarte von Europa und Afrika eingetragen werden konnten, zösischen Schüßengräben sich oft in sehr geringer Entfernung gegen Erde, Schmus und zuteilen auch leiderfeßen mit sich geben wichtige Aufschlüsse über die Zugstraßen und die Flugweite über. Darum geschieht es, daß die Deutschen ihren Gegnern durch in die Bunde ein. Die von Granaten stammenden Wunden der Störche. Selbst Gingeborene in Afrika sind an der Ablieferung Hinüberwerfen von Zeitungen von den Siegen im Osten Mitteilung unterliegen deshalb in ihrer überwiegenden Mehrzahl der der Ringe mitbeteiligt. Das Ergebnis dieser Beobachtungen ist, machen. Eines Tages aber staunten die Franzosen sehr, als statt Infektion. Sehr bald schon stellt sich Fieber und Eiterung daß die Zugstraßen innerhalb Europas zwei völlig verschiedene der Zeitungspost ein Hund aus den deutschen Linien inmitten der ein, und geht man hier hinter der Front durch die Kranken- Hauptrichtungen zeigen, eine südöstliche und eine südwestliche, von Franzosen erschien. An seinem Halsband war ein Zettel befestigt, jäle und betrachtet sich die Wunden, die bereits wenige Tage nach denen jede aus einem System von Einzelstraßen für die verschie- der die Mitteilung enthielt: Sagt dem Korporal X., daß seine ihrer Entstehung ganze Ströme von Eiter absondern, so tommt denen Reviergruppen zu bestehen scheint. In diesem Bahnsystem, Familie, die hinter der deutschen Feuerlinie wohnt, sich wohl befindet einem unwillkürlich der Gedanke, wie es wohl in einer chirurgischen das den von Spanien über die Alpen bis zum Baltan sich erstrecken- und ihn grüßen läßt.

3]

1911

,, Walzer! Walzer!" grinste der Harmonikaspieler, spielte

und stampfte mit dem Fuße auf.

olmund

Rotes Vlamenblut. wol Von Pierre Broodcoorens . Berechtigte Uebersehung von Johannes Schlafgibon Die ersten Griffe versetzten die Paare in ein plump gro­testes gänsemäßiges Schaufeln. Souhe Flohil, der sein Glas geleert hatte, wandte den Kopf nach der Richtung hin, nach der der Harmonikaspieler gezeigt hatte.

Rebhaft berührt zog er die Brauen hoch.

-

,, Sind Sie allein da?" fragte er sie, indem er die Brust rundete.

Nein. Ein Bruder und eine Schwester von mir sind

Sie hatte sich nachlässig erhoben. Eilig zog der Mann Sich mit dem Taschentuch fächelnd sah sie ihn von der fie mit sich und lavierte mit ihr zwischen die Paare hinein. Seite her an. Mit drohenden Elbogen machte er die rückwärtsgewandte Tour des Walzers. Sie folgte ihm, ihre zierlichen Stiefelchen mit schnell in der Richtung seiner plumpen Schuhe bewegend. Schließlich fand er einen Play. Ein mächtiger Wirbel riß sie mit sich.

Hm, hm! So etwas hast du noch nicht erlebt," schmei­chelte eine spöttische Stimme in Flohils Innerm.

Es war, als freisten die Wände in einer infernalischen Ein schönes mittelgroßes Mädchen in einem grauen Rock Runde, und im rasenden Wirbel zergingen die Gesichter. und einer Bluse aus meergrünem Satin saß ganz allein auf Ganz war es Rausch von Bewegung und Lärm. Drollig der Bank unter einer der Fensterluken, den Blid fest auf ihn hüpften da irgendwelche rote Flecken im dunklen Gewoge, gerichtet. Ihre vom letzten Tanz noch hochatmende Brust in diesem feinen Goldstaub, den eine unsichtbare Mühle hob und senkte ihr das Mieder. Von Zeit zu Zeit wischte beutelte. fie sich mit dem Taschentuch die Lippen. Aber ihre heißen" Feste druff, Jungs und Mädels!" rief wiederholentlich Augen ließen nicht von Souhe ab. der zynische Maleuvens.

Ja! Ja!" antworteten sie auf die leidenschaftliche Frage des Mannes.

Der Mann senkte die Lider und umhüllte mit dem Blick seine Tänzerin. Sie freiselte wie der Teufel. Ein Eine Blutwelle rötete Flohils Brauen. Seine Lider Stadtmädel hätte nicht leichter sein können. Die Augen zudten. Und plöglich faßte er einen Entschluß, und die züchtig geschlossen, hatte sie eine zugleich keusche und spöttische Blicke unverwandt in ihre Augen gesenkt schritt er gerade- Miene. Während er die Beine warf wie ein Verrückter, wegs auf sie zu.

Sie blickte ihm entgegen, wie er daherkam. Ein unbe­stimmtes Lächeln öffnete ihr den sinnlichen, von einem dunk­len Flaum überschatteten Mund. Sie hatte eine gleichgültige Wiene angenommen; und während er sich vor sie hinstellte, angelegentlich darüber nachdenkend, was er ihr sagen sollte, heftete sie ihre Aufmerksamkeit angelegentlich auf die Spigen ihrer zierlichen gelben Lederschuhe und preßte nachlässig das Taschentuch zwischen ihren etwas feuchten Händen.

2.

Den Maleuvens hat die Windmühle auf den Kopf geschlagen," sagte er endlich mit Anstrengung und hatte eine Grimasse, die sich zugleich recht einnehmend und wißig. vorkam.

bewegte sie sich mit einem still gleichmäßigen, schwebenden Schritt, durch die regelwidrigen Sprünge, die wilden Hopser ihres Partners etwas aus dem Konzept gebracht. Ihr Rock umflatterte sie beide mit einem vom Durcheinander dann wieder geglätteten Schwung.

Seine breite Hand auf ihrer runden Hüfte, umfaßte er sie eng. Unter dem straffen Stoff fühlte er die Fischbein stäbe ihres Schnürleibchens hindurch. Stoßweise stieg ihm eine Glut ins Gesicht, die ihn mehr und mehr bedrängte. Immer hätte er so in der Krümmung seiner schivieligen Hand das runde, feuchte Händchen halten mögen, das in ihr bebte. .., Ach, schon aus!" grinste er mit trockenem Munde. Der Harmonikaspieler endete seine barbarische Melodie und unterbrach den Taumel auf seinem Höhepunkt. Die Er spukte nach der Seite hin aus, spie sein Briemchen Fersen beruhigten sich auf dem Estrich. Die Gesichter ver­in sein schwarzes Tabaksetui und rundete den Arm. loren ihren ekstatisch gespannten Ausdrud. Sie nahmen eine Hm, Mädelchen, wenn Sie sich nicht vor mir fürchten?" lebhaftere Farbe an. Mit einem Mal lösten sich die Zungen. Mit einem Kopfniden willigte sie ein. Er sah, wie sie und unter diesem, von hellem Lachen unterbrochenen Tächelte und hielt dies Lächeln für Spott. Innerlich war er Stimmengewirr führte Souhe Flohil seine Tänzerin zu davon beunruhigt, nahm sich aber vor, ihr eine andere Mei- ihrer Bank zurück. nung von sich beizubringen.

Er setzte sich neben fic

da."

Er fand, daß sie eine angenehme Stimme hatte. Sind sie im Saal?"

Sie wies sie ihm mit dem ausgestreckten Daumen. ,, Der kleine Blonde da?"

Ungläubig senkte er den Kopf.

Wirklich! Er sieht Ihnen gar nicht ähnlich, das Kerlchen."

Aber es ist so."

Mit heimlicher Sorgfalt betrachtete sie ihren Partner. indem sie ihre lässig gewordenen Blide von seiner etwas zurückweichenden Stirn auf seine spizze Nase, seinen Pan­durenschnurrbart und sein eigensinniges Kinn gleiten ließ. " Ihre Schwester scheint sich mit ihrem Grenadier nicht langweilen." Sie verzog den Mund.

zu

" O, es hat keine Gefahr. Er ist ein Better." ,, Ach so! Ein Spaßvogel, wie's scheint."

Sie machte, die Augen gesenkt, ein bejahendes Zeichen. Er wagte eine Galanterie.

,, Wahrhaftig, wenn ich zwischen Ihrer Schwester und Ihnen wählen müßte, würde ich auf der Stelle Sie nehmen." ,, Sie schmeicheln."

Von der Lobpreisung nicht allzu lebhaft berührt, hieb sie mit dem Taschentuch nach ihn. Aber ihre Gestt hatte etwas schmeichelnd Herausforderndes. Der Blick, den sie ihm gleichzeitig über die Schulter her zuwarf, setzte ihn in Flammen, wie ein Feuerbrand. Hastig griff er nach ihrem Handgelenk und drückte es ihr derb zwischen Zeigefinger und Daumen.

Sie schrie.

Das tut ja weh!"

Indem er sie verstohlen ansah, lachte er mit all seinen weißen Zähnen. Halb lächelnd, halb verdrießlich wandte sie den Blick ab. Und um sich zu beherrschen, prüfte sie auf­merksam die roten Spuren, die die rauh- männliche Lieb­fofung auf ihrer Haut zurückgelassen hatte.

Hm, hm! Das steht ja nicht übel mit dem Liebespaar! Es scheint, die Sache kommt in Gang!" ( Forts. folgt.)