Nr. 267.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts fretag, 19. Nouember.

Jüd  ... e Offizier!?

Genrebildchen aus Polen   von Mar Ed- Troll, im Felbe. E Jüd.... e Offizier!?

Noch heute sehe ich die freudig leuchtenden Blicke der Kleinen, schwarzäugigen Jüdin von Krasnosielc  , als ich mit ihr um den Preis eines halben Batetes leicht- russischen Labates feilschte und dabei zu ihr im Yiddisch   sagte: Sie finn meschugge worn. 8wei Mart wollen Se haben for so e bißchen Tabat, wo das ganze Patet nor 2 Mart foft. Zwei Mart... Se wollen bemogeln e baitschen Jüden, wo sich kost der Tabat in Friedenszeit nor 1 Mark?"

familie den Baronstitel erwirft habe und einem

aber

es unter

und Charakteristit anlangt, fticht es von dem Niveau des besseren auf ihren Geldbeutel auf die Auflage und auf das Fett Mittelmaßes faum erheblich ab. In der Galerie der auf Einladung Verzicht leisten, auch abgesehen hiervon empfiehlt des Wiener Rothschild dort verfammelten Brüder trägt eigentlich Rubner mit dem Fett sparsam zu sein und nur der älteste, in Frankfurt   refidierende in Ton und Sprache fetthaltiger Auflage nicht zu verwenden. Heute würde dadurch eine feiner geprägte und dabei gewisse Raffezüge schärfer ein Minderkonsum von Fett eintreten, der große Mengen für die­Viel weniger schon der jenigen verfügbar macht, die es wirklich nötig haben, und in herausarbeitende Individualisierung. Wiener  , der eigentliche Macher, ber die Sippe mit normalen Zeiten würde eine solche Aenderung der Eßgewohnheiten, der freudigen Botschaft überrascht, daß er für die Gesamt- eine Vermeidung der überfetteten Stoft, fehr zum förperlichen Wohle pump- und zur Erhaltung der Gesundheit beitragen. Es ist ein Zeichen bedürftigen Herzog beim Abschluß des Geschäftes sein Töchterchen von unbildung, in Ernährungsfachen gleichgültig der Gewohnheit sentimentale in sein Nichtchen selbst verliebte Barijer Jaföble, ent als Gemahlin aufzuoftrohieren hoffe. Die anderen drei, auch das zu folgen, anstatt nach rationellen Grundsägen zu verfahren. behren völlig jeder originelleren Komödienfarbe. Am besten ist das alte, gute Stammütterchen, die sich in all dem Plunderglanz grad­ G Jüb. .... e daitscher Offizier!? Werd ich Ihnen jäben finnig natürliches Empfinden bewahrt hat, gezeichnet. Der Mittel­den Tabak for eine Markstück, weil Se sind e daitscher Jüd... akt: der Aufmarsch der Brüderschaft beim Herzog, ihre Kon im Auto durch einen großen Teil des Landes gefahren ist, schilbert Luciano Magrini, der seit Mitte Oktober in Serbien   teilt und und freudig leicht wie eine Gazelle sprang fie durch den kleinen trastierung mit dem leichtfertigen jungen Grandſeigneur, bringt im Mailänder Secolo" den Todestampf des serbischen Volkes: freudigste Ereignis der Welt eingetreten sei, rief fie hell auf in die Handel eigentlich doch hätte fragen sollen, tam Salomon dem Weisen" Was man hier zu ſehen bekommt," erzählt er, ist der Rüdaug gar nicht in den Sinn. Doch als sie unter großmütterlichem Bei eines ganzen Voltes, nicht der einer Armee. Auf den fotigen Land­stand bei dem Erscheinen des windigen Freiers in der Judengasse traßen begegnet man überall endlosen Zügen von Kanonen und beglüdt, ergibt er fich nach einigen Seufzern in das Schidial. Auch unbekannte Fernen. Man sieht die unmöglichsten Wagen, angefüllt ablehnt und das Jaköble, den jüngsten der Dheime, mit ihrer Hand Bauern, die ihre heimatliche Scholle verlaffen haben, irgendwohin in Munitionswagen, und mitten unter den Soldaten wandern die jo bringt das schon abgeschlossene Geschäft genügende Prozente.

Offizier!"

Kleintramladen an die Türe, die zur Stube führte. Wie wenn das

fleine niedrige Babenstube:

E daitscher Jüd

e Offizier!?

Beide Flügel der Türe öffneten sich sperrangelweit und heraus traten freudig bewegt Mamme, Tatte nebst zahlreichen Kindern, um mich mit großen neugierigen Augen zu bestaunen... wie die größte Sehenswürdigkeit des zwanzigsten Jahrhunderts, wie eine Attraktion in Caftans Panoptikum.

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In Bialystof:

Bon der Oriskommandantur wurde mir zum Uebernachten ein Zimmer in einem hübschen Hotel in der Nikolaistraße angewiesen. In Bialystok   sind alle Hotels in jüdischem Besiz. Fast alle find sehr sauber und ziemlich modern eingerichtet.

Ein junger Mann, vornehm angezogen, zeigte mir in feiner Funktion als Ortspolizist das Quartier. Er tat es im Auftrag der Ortskommandant, die ihn zum Zeichen seines Amtes und seiner Würde mit einer grün- weiß gestreiften Armbinde ausgestattet hatte. Der Wirt sagte sofort, als er mich sah, die Worte:

Es tut mer leid, alle Zimmer sein vernimmen!" Schon wollte ich mich fang- und flanglos entfernen, als mein Begleiter hilfreich eingriff:"

manches Amüsante.

er fein Lottchen bor   dem

Eine neue Oper von Waltershausen.  

dt.

Ein Volk auf der Flucht.

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der Herren Bat egg und Menzel. Bei der Besetzung der übrigen igen Gruppen armseliger, zerlumpter Gestalten und warten, bis fie Die beiden Hauptrollen unter den Fünf lagen in den Händen mit Beibern, Kindern, Greifen, Kranken und Verwundeten und das zwischen wieder Hammel-, Rinder- und Schweineherden. Am Wegerand batte wohl die Not der Kriegszeit mitgespielt. Die Güte der mütter- figen lich schlichten Alten und das nonchalante Schwerenötertum der sich dem großen Auswandererzuge anschließen fönnen. Nach Süden, Brauns zu glücklich treffendem Ausdrud. Das Publikum spendete blid bieten die Verwundeten. Einige haben sich ihre Wunden ver­Durchlaucht tamen in der Darstellung Fanny Wolffs und Alfred immer weiter nach Süden wendet sich die Riefentarawane, aber nie­mand weiß, wo sie enden wird. Einen geradezu grauenvollen An­reichlichen Beifall. binden lassen, aber fast alle gehen zu Fuß, da keine Tragbahren borhanden sind. Viele tragen ihre Wunden offen zur Schau, ohne jede Binde, und Kopf und Gesicht sind mit Blut beflebt die meisten Der erfolgreiche Komponist des Oberst Chabert", der junge find nämlich durch Schrapnells am Kopfe verwundet worden...." an einem unheilbaren Leiden erkrankte Münchener   Komponist Magrini erzählt dann von einem furzen Besuch in Nisch  , das H. W. v. Waltershausen   brachte in Karlsruhe   mit sehr starkem damals noch in den Händen der Serben war: Nisch   ist eine düftere, Erfolg seine neue romantische Oper Richardis  " zur Urauf- traurige Stadt geworden" schreibt er. Fast alle Läden find geschloffen führung. Die Dichtung, die W., der sich seine Bücher selbst zu und die meisten Bewohner der Stadt befinden sich auf der Flucht. schreiben pflegt, mit Richardis  " dem deutschen Opernmarkt über- Für Mietswagen werden Preise gefordert, die ins Fabelhafte gehen. gibt, verdient besonderes Interesse, denn es ist im Stil der Legende Für eine Fahrt nach Pristina  , die etwa zwei Tage dauert, fordert das dichterisch wertvollste und theatralisch wirksamste Buch, das seit man bis zu 1000 m. Einen eigenartigen Anblid gewähren die langem erscheint. Die Oper behandelt die Heiligsprechung er vielen Fahnen in den Straßen von Nisch  . Man hatte sie heraus­schönen edlen Webtissin Richardis  , deren Leib die Flammen des gesteckt, als die Nachricht fam, daß die Verbündeten den Serben zu mort." No, selbstverständlich hob ich ä Zimmer for Sie Scheiterhaufens meiden, weil sie unschuldig der Buhlschaft mit dem Hilfe eilten. Die Verbündeten sind nicht gekommen, aber die Fahnen e feines Zimmer... 8immer Numero einsi" jungen Mönch Andelo bezichtigt wird und zum Tode verurteilt flattern noch im Winde. Während die Leute von Nisch   davonlaufen, Fünf Minuten später saß ich mitten im guten Zimmer" des wurde. Stärker wie diese aus der Ekkehardtsphäre entnommenen tommen aus anderen Städten viele Flüchtlinge nach Nisch  . Die Die ganze Familie um mich herum: Tatteleben, Figuren fesselt die in allen menschlichen Trieben aufgewühlte Ge- meisten find abgerissen und geben barfuß; viele find über und über Mammeleben, Rebecchen, das 17jährige Töchterchen, Nathanche, das ftalt des morschen Kaisers Karl ber Reiche, des Begten seines mit tot befprigt und faum noch als Menschen zu erkennen... 8 Jahre alte Söhnchen und eine Reihe von Verwandten und Be- Namens, dem Richardis   den erflehten Grben versagt. Es ist dem tannten des Hauses. Aus aller Augen leuchtete mir die freudvolle Dichter in W. gelungen, dieses ferne Milieu, die zeitfremden Pro­Antwort mit dem Frage- und Ausrufungszeichen entgegen: bleme durch scharfe Seelencharatteristik und leidenschaftliche, ge Notizen. E Jüd... e Offizier?!" dankentiefe Sprache in das Licht des Gegenwartsinteresses zu rüden.- Der Schriftsteller 5. S. antenus in in Der Mufiter W. aber enttäuscht wiederum start. Er bemüht sich Leipzig   im Alter von 72 Jahren gestorben. Er ftammie aus einer Und wir tranten Tee, aßen Mazzes dazu und rauchten famose um den Stil der musikalischen Legende und arbeitet viel mit ge- deutschen Pastorenfamilie in Kurland. Seine meisten Erzählungen ruffische Zigaretten, die der Vater des Hauses bereitwilligst herumschlossenen Formen, Gebeten, Traumvisionen, Männerchören. Er spielen in Kurland. Bilder aus dem alten patriarchalischen Kurland schreibt nicht unvollständig, aber dieses Selbständige ist schwach und bot er auch in seiner Schrift Aus meinen Jugendjahren, die fürz­erfindungsarm. Wenn die Oper, die einen großen Apparat er lich in 2. Auflage bei Voigtländer   erschien. fordert, trotzdem ihren Weg macht, hat sie das, wie beim Oberst Chabert", nur dem wirksamen Buch zu banken.

" Na, Movik: Du wirst doch noch haben e gutes Bimmer für e deitschen Offizier. e Jüd?!"

" E deitschen Offizier e Jüd?!" war die erstaunte Ant­

Wirtes

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reichte.

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Dabei plauderten wir in der angenehmsten Form über alles mögliche: Selbstverständlich zuerst über den Krieg, über die Herr­schaft der Ruffen in der Stadt, schließlich über Kunst, deutsche und russische   Literatur und über die bevorstehenden jüdischen Feiertage .. Neujahr... Laubhütten.

So habe ich in diesem netten Familienkreise einen der schönsten Abende im polnischen Feldzug erlebt.

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Spart mit Fett!

m.

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- Gine bayerische Felbbruderei. Gine fahrbare bayerische   Feldbruderei ist nach der Buchdruderwoche" in einem Eisenbahnzug von drei Wagen auf einem Güterbahnhof im Westen eingerichtet. Da gibt es den technischen Leiter und Urheber des Ge­Diese Mahnung wird heute zwar jedem, namentlich jeder Haus- dankens, einen Münchener Ingenieur, ferner einen Beamten aus Und so könnte ich noch so manches ähnliche Erlebnis schildern, müssen, auf das nachdrücklichſte eingefchärft und Taufende und aber zu überwachen hat, einen Oberdrucker, einen Elektrotechnißer und eine frau durch die hohen Preise, die für Fett jeder Art gezahlt werden dem bayerischen Topographischen Bureau, der den Druck der Karten das immer wieder ausflang in der staunenden Frage: Tausende von Familien bedürfen feiner anderen Mahnung, da ihte arbeitet mit einem Benzinmotor und einer Schnellpresse, mit deren Anzahl von Lithographen  . Die bayerische   Kartenfelddruderei G Jüd.... e Offizier!?" Einkommensverhältnisse sie zu möglichster Sparsamkeit auf jedem Hilfe in einer Stunde etwa tausend Karten fertiggestellt werden Gebiet zwingen. Trotzdem werden, wie der bekannte Ernährungs- tönnen. Diese Karten werden so angefertigt, daß rote Farben die physiologe Prof. Rubner in den Blättern für Volksgesundheits- eigenen und blaue die feindlichen Stellungen angeben. pflege hervorhebt, einfach durch Volksgewohnheit in bielen Gegenden große Mengen von Fett in ganz unnötiger, ja Sprecht nicht vom Kriegel" Eine merkwürdige wie er fagt, in ganz unvernünftiger Weise verbraucht. In vielen Einrichtung wurde, wenn man einem Bericht des Temps" Glauben Gegenden Deutschlands   wird unbestrichenes Brot zum Kaffee, und ichenten will, in Holland   eingeführt. In den Niederlanden  , gleich­zwar bei Arm und Reich verzehrt, es ist nur unüberlegte Gewohn wie in Spanien  , ist man angeblich mit allen Mitteln bestrebt, den heit, die den ausschließlichen Genuß von gefettetem Brot fordert. Strieg feinem Ende zuzuführen. Und da die verschiedentlichen Auch die belegten Brote brauchen, wie es in vielen Gegenden Deutsch   Friedensaufrufe der Neutralen feinerlei Erfolg aufzuweisen hatten, Das Stückchen, eines der größten Kaffenerfolge der letzten lands, namentlich Süddeutschlands   heute schon Sitte ift, fein Butter foll man in Holland   furz und bündig beschlossen baben, den Krieg Theaterjahre, verdankt sein Glück dem Einfall, die vielberufene oder anderes Speisefett unter der Auflage, gleichviel ob die Auf- totzuschweigen. Um dies Ergebnis möglichst rasch und einhellig Rothschildfamilie, der nach den Napoleonischen Kriegen jahrzehnte- lage aus Fleisch, Wurst, Schinken oder Käse besteht, da in allen zu erzielen, wurde eine holländische Liga gegründet, deren Mit­lang die Rolle einer leitenden Finanzmacht zufiel, auf ihrem diesen Auflagen burchaus genügende Fettmengen enthalten glieder verpflichtet sind, ein weithin sichtbares Abzeichen mit der Stammsiz der Frankfurter Judengasse   vorzuführen. Was Erfindung| find. Freilich müssen Beute biele Leute mit Rücksicht Aufschrift: Sprecht nicht vom Kriege", zu tragen.

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Kleines Feuilleton.

Charlottenburger   Schillertheater.

Die fünf Frankfurter  , Lustspiel von Karl Rößler.

Die Schicksalsmaus.

Eine Erzählung von Tieren und Menschen. Von Harald Tandrup.

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Es gibt nur eine Seele," entgegnete der Schneider, das Geld die Seele von allem." Bon mir nicht das dürfen Sie mir glauben," er­widerte Andersen. Ich denke nie darüber nach, ob es Men­schen gibt, die mehr Geld haben als ich. Der liebe Gott wird mir schon geben, was ich brauche. und dann bin ich glücklich." Blomberg schüttelte den Kopf.

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,, Wie ich sagte. Erst wurden sie blau im Gesicht, dann wanden sie sich wie Razen, die Gift bekommen haben." " Pfui, pfui!" rief Andersen und hielt die Hände vor die Augen.

,, Eine Zeitlang stand das Haus leer," erzählte Blom­berg weiter. Kein Mensch wollte darin einmieten, selbst die ärmsten Landstreicher gingen in weitem Bogen außen herum. Aber im Laufe der Jahre gerieten die alten Ge­schichten in Vergessenheit. Jezt gehört das Ganze einem Käsehändler, einem alten, scheinheiligen Kerl, der sein Leben lang arme Leute geprellt hat und sich nun auf seine alten Tage einen Ponywagen und zwei Frauen halten kann."

" Zwei Frauen?" fragte Andersen entsetzt.

" Ja. Auf Ehre! Der Mensch hat, wie gesagt, Geld wie Seu, und darum drückt die Polizei ein Auge zu. Ach, wenn Geldstücke reden könnten-bon was für Unrecht, Mord und Totschlag würden sie schreien, diese verfluchten Dinger!"

" Das mag wohl sein, aber nur so glücklich wie die Tiere. Wenn Sie ein solches Sehnen in sich hätten wie ich, Andersen, würden Sie anders reben. Ich werde nie glücklich, solange es Menschen gibt, die mehr haben als ich," schrie Blomberg außer sich. Ich kann nie genug bekommen. Alles in mir schreit nach Gelb ich sehne mich wahnsinnig danach, einer jener berg?" Aber Sie möchten doch selbst Geld haben, Herr Blom­Menschen zu sein, die das Leben genießen. Warum muß nur Ja, das versteht sich! Geldstücke sind auch ein Segen, ich im Schatten leben, wenn ich doch dieselbe Sehnsucht nach es kommt nur darauf an, wem sie gehören, Andersen. Sehen Glück und Sonne habe wie die anderen? Antworten Sie mir Sie nur hier im Haus, wie uns alle die Armut wie eine darauf, Andersen, wenn Sie fönnen!" große Spinne umgarnt. In der Mansarde sitzt Christensen, der Philosoph  -"

So etwas dürfen Sie mich nicht fragen, Herr Blomberg," stammelte Andersen. Das kann nur der liebe Gott entscheiden. Er will für einen jeden von uns das Beste, sagte mein alter Meister. Sind wir nicht alle Gottes Kinder, Herr Blom.

berg?"

Und Sie gehören zu jenen artigen Kindern, die beten und hoffen und warten und nie etwas bekommen. Nein, Andersen, das ist ein verkehrter Weg."

Blomberg hatte ein breites Geficht mit vorstehenden Backenfnochen. Es konnte den Ausdruck wechseln wie ein See, der sich im Sturm fräuselt und dunkel wird. Und ein solches Unwetter zog jetzt über Blombergs Antlik herauf.

" Sie wissen doch, daß das Haus hier Das schwarze Saf" heißt?" fragte er.

Andersen verneinte. Er sprach nie mit Fremden, kam auch nie über den Hinterhof hinaus, außer wenn er für Blom­berg etwas besorgen mußte.

" Ja, dieses Gebäude hat eine ganze Geschichte," fuhr Blomberg fort. Es war zur Beit der Cholera berühmt, weil die Beute in ihm umfielen wie die Müden." ,, Hier in diesem Haus?"

Christensen ist ein fluger Mann," fiel Andersen ein. Er ist längst für die Zwangsjacke und das Narrenhaus reif, Alug?" Blomberg lachte höhnisch." Der arme Tropf! obgleich er gewiß nicht der Schlimmste ist.- Nehmen wir dann die Leute im ersten Stock, Larsen und die Alte, die weder leben noch sterben kann, und diese Bauerntrampel, die Maren"

Nein, aber Herr Blomberg!" unterbrach ihn Andersen heftig. Maren ist das beste Mädchen, das ich jemals gesehen habe so gut und ehrlich."

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die wie ein dunkles Loch aussah. Gerade dort hatten sich die Diebe ein Versteck unter dem Fußboden eingerichtet; aber die Polizei hat es doch gefunden."

,, Und was ist aus diesen Leuten geworden?" " Ich denke, sie bereiten sich jetzt im Buchthaus auf Beih­nachten vor. Ach ja, nun ist das Fest bald da; in fünf Tagen haben wir Weihnachtsabend."

" Das liebe, gesegnete Weihnachten," sagte Andersen leise, während er an die Feste bei seinem früheren Meister dachte. ,, Ein schöner Segen," knurrte Blomberg gereizt. Die reichen Leute fressen sich mit Gänsebraten und Reisgrüße alle möglichen Krankheiten an. Wie aber leben wir anderen?" Aus einer Ecke des Zimmers ertönte ein ganz schwaches Pfeifen. Mons stand auf und bewegte langsam den Schwanz.

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" Haben Sie's gehört? Ja, gerade wie die Ratten, Mäuse und Ungeziefer leben wir armen Leute," fuhr der Schneider fort. Wir pfeifen, springen, bekommen Junge und werden gejagt immer im Schatten und Elend, bis uns eines schönen Tages der Tod, die Kaze Ihres lieben Gottes, Andersen, erwischt. Dann ist das Liedchen aus." richtig an." Nein," sagte Andersen zuversichtlich, dann fängt es erst Wahrscheinlich in der Hölle," entgegnete Blomberg ver stockt. Vorsichtig schlüpfte die Kake unter Andersens   Hand weg, dunkelste Ecke mit der Schnauze gegen die Wand. schlich durch das Zimmer und legte sich lautlos in die

" Ich glaube wahrhaftig, Mons hat ein Mausloch ge­funden," bemerkte Andersen. Sehen Sie nur, wie er dort hinten auf der Lauer liegt."

Und wirklich! Mons lag vor einem Loch, aber nicht um zu lauern, sondern er sprach mit jemand, der auf der andern Seite der Vertäfelung faß.

Es war Langzahn, der Meister Grau durch einen Ratten­Gut und ehrlich," wiederholte der andere spöttisch. Sie gang zwischen den Grundsteinen des Hauses in eine Art Höhle hätten lieber Pfarrer statt Schneider werden sollen. Aber geführt hatte, vor der sich ganz unten am Fußboden ein Loch mag es mit dieser Ehrlichkeit sein, wie es will, mit dem schwarzen Schaf hat sie jedenfalls nichts zu tun! Wissen Sie, was für Leute früher hier wohnten, Andersen? Eine Diebsbande! Ja!"

,, Leute, die stahlen?"

" Freilich, und wie! Sehen Sie das Loch dort oben?" Blomberg deutete auf eine abgeblätterte Stelle an der Decke,

befand.

Guten Abend, Mons," pfiff es aus der Höhle. Die Ratte Langzahn und ihr Freund, Meister Grau, eine Maus, begrüßen Dich."

"

Was wollt Ihr?" fragte Mons mürrisch, denn er konnte den Geruch von Mäusen vor der Jagdzeit nicht leiden. Worth folgt