Nr. 284.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Donnerstag, 9. Desember.

das ganze Lager umschließt, zu patrouillieren. Immer auf und der Chormeister der ersteren beiden hat nicht bloß diese Auf Nachtposten im Gefangenenlager.it beber ist bestrebt, sich durch Bewegung die Füße warm Frauen im jozialen und politiſchen Kampfleben der Arbeiterklasse ab, immer hin und wieder. Es sind verschiedene Grad Kälte, keiner Tatsache erfaßt, sondern auch die Bedeutung, die die stehen, Ein Berliner Genosse, der als Landsturmmann zur Bewachung zu halten. Dabei hat er reichlich Zeit, seinen Gedanken freien fünftighin einnehmen werden. Sein Frauenchor: Wacht auf!" ist eines Gefangenenlagers kommandiert ist, sendet uns folgende Schil- Lauf zu lassen. O diese Gedanken. Dabei ist es ihm immer namentlich im Mittelstück( Nach Freiheit ruft auch unser Herz usw.") derung: noch möglich, auch seiner Pflicht zu genügen und auf die Umgebung trefflich gearbeitet und dürfte Zündkraft haben sofern er tadellos Sämtliche Nachtposten raustreten! Der Ruf des wachthaben- des Drahtzaunes zu achten. Hinüber oder zwischendurch darf nie- vorgetragen wird. Hieran fehlt es diesen jüngsten unter allen Ar­den Unteroffiziers hallt laut in die Wachtstube. Erst vor einer mand, auch nicht von außen, sich dem Baun gar zu sehr nähern. beiterfängerchören, was ja auch nicht anders sein kann, noch ganz halben Stunde, um die Mittagszeit, ist die Wachtmannschaft ein- Alle 50 Schritt jorgen hoch angebrachte elektrische Lampen rund erheblich. Im Interesse der guten Sache wird es gelegen sein, wenn gezogen. Einige Instruktionen sind noch erteilt, die scharfen Pa- um das Lager für ausreichende Beleuchtung, niemand kann unge- der sehr wohl verständliche Ehrgeiz des öffentlichen Hervortretens tronen ausgegeben. Jeder hat es sich bequem gemacht, den in der sehen näherkommen. borläufig eingedämmt, dagegen fleißig Stimmfehlentechnik und Noten­Wachtstube überflüssigen Mantel ausgezogen, zum Briefschreiben sich Aus dem Lager dringt Gesang. Die Russen haben eines fenntnis geübt würde. Wille und offenbar auch musikalische Be­hingesetzt oder zu einem Schafkopf oder Stat sich gruppiert, vielleicht ihrer schönen Lieder angestimmt, auch sie denken an Heimat und fähigung sind da. Das sind gute Ansäge, die eine schöne Zukunft auch mit seinen Nachbarn ein gemütliches Plauderstündchen begonnen. Familie. Trok aller Bewegung sind letzten Endes doch die Füße erwarten lassen. Nur die Nachtposten wissen, was ihrer harrt. Allerdings, auf Posten talt geworden, jeder ist herzlich zufrieden, wenn nach zwei Stunden brauchen sie vorläufig nicht, eine andere Aufgabe wartet ihrer. die Ablösung sich naht. In dem Gefangenenlager, das hier zu bewachen ist, wird fleißig In der Wachtstube gloßt ihm der eiserne Ofen rotglühend an der Vergrößerung des Lagers gearbeitet. Hunderte und aber entgegen. Gin Trost denen, die gar zu sehr durchfroren sind und Hunderte der Gefangenen, alles Russen, treten im Lager an, werden gern sich um den freundlichen Wärmespender versammeln und die eingeteilt und zur Arbeit entlassen. Jeder Trupp wird von einem erstarrten Glieder aufwärmen. Bald ist es auch Zeit, das Lager oder zwei Landsturmleuten mit geladenem Gewehr, Seitengewehr aufzusuchen: Kaum ist genügend Platz für alle die Müden, der aufgepflanzt, begleitet. Allerdings sind dazu gesonderte Begleitleute Ruhe Bedürftigen. Mann an Mann liegen sie, schon hebt das tommandiert, aber ihre Zahl reicht nie aus, die Nachtposten müssen Schnarchkonzert an. einspringen. Ein Bettel mit der Zahl der Gefangenen, der münd­liche oder schriftliche Auftrag, wohin, und ab geht es.

Der Arbeiten sind viele. Verschiedene Trupps gehen nach der nahen Entladestelle der Eisenbahn und laden aus. Balten, Bretter, Kohlen, Kartoffeln, Kohl und alle die anderen Dinge, die zur Her­stellung und Verproviantierung eines großen Lagers benötigt werden. Andere Trupps befördern alle diese Dinge an den Ort des Gebrauchs. Die Feldeisenbahn wird benutt, vieles wird getragen, oft viele Hun­derte von Metern. Auf der Chaussee, die von der Bahn nach dem Lager führt, ist ein immerwährendes Kommen und Gehen.

An anderer Stelle sind Erdarbeiten auszuführen. Für die neu zu errichtenden Baracken muß der Boden ausgegraben werden. Balken werden gerichtet, es wird gehämmert, gesägt, auch geschimpft, russisch und deutsch . Bei all dem hat der begleitende Posten bei seinem Trupp zu bleiben, ihn zu beaufsichtigen und nötigenfalls zur Arbeit anzu­halten. Die Verständigung gelingt in den meisten Fällen sehr leicht. Die russischen Worte für vorwärts marsch, halt, rechts und links", für schnell, langsam, gut" und noch einige andere lernt jeder Land­Sturmmann in furzer Zeit. Und reicht es nicht aus, muß die Zeichen­sprache aushelfen oder einer der Deutsch- Russen oder ein polnischer Jude, des Deutschen leidlich mächtig, muß als Dolmetscher einsprin­gen. So geht alles seinen Gang. Jm allgemeinen sind die Russen willig. Es wird ja auch nicht zuviel von ihnen verlangt. Ist aber doch einer widerspenstig und will sich absolut nicht zur Arbeit be­quemen, ein Fall, der sehr selten eintritt, so genügt es für den Bosten, sich die Nummer des Gefangenen, die ihm von außen sichtbar am Mantel angeheftet ist, zu merken. Eine Meldung bei der Rück­funft, und der Sünder sieht seiner Bestrafung entgegen. Gern rauchen die Gefangenen bei der Arbeit eine selbstgedrehte Zigarette. Ein wenig Tabat, ein Stückchen Papier , oft nur Zeitungspapier und in wenigen Augenblicken ist so ein Ding fertig und wird mit sicht­barem Behagen in Brand gesetzt. Einige Trupps hatten einen wei­teren Weg. Unternehmer in der Nachbarschaft verwenden die Ge­fangenen als Monteure oder Hilfsarbeiter. Diese Kommandos find bei den Gefangenen die beliebtesten. Erhalten sie doch hier eine Extraentschädigung, sowohl in Geld als auch in besserer Be­töſtigung, oft auch noch Zigaretten extra. Es sind auch fast immer dieselben Leute, die oft wochenlang zu demselben Unternehmer gehen. Der wiederum tann sich seine Leute aussuchen, die Un­geschickten oder Trägen ausmerzen. Braucht er doch keine Sorge zu haben in bezug auf mangelndes Angebot.

Schiller- Theater:

Jungbrunnen".

ek.

ganz vor

Der drei Jahrzehnte alte, flüchtig zusammengezimmerte Luft­spielschwant Paul Lindaus arbeitet mit Anleihen an den tra ditionellen, neuerdings anscheinend aussterbenden Typus des zer­streuten Herrn Professors, dem man schon lange nicht mehr auf der Bühne begegnete. Das Wiedersehen im Charlottenburger Schiller­Theater gestaltete sich dank des famosen Spieles Elzers, der den Am anderen Vormittag wieder der gleiche Arbeitsdienst. Bis gelahrten Herrn mit einem Einschuß modischen Dandytums, nervöser auch den Nachtposten, zusammen mit der ganzen Wache, das ge- Fahrigkeit und selbstgefälliger Rhetorit ausstattete, Die kindliche Eitelkeit, die überall aus dem mütlichere Heim in seiner Bavade wieder aufnimmt. Und so geht züglich. es einen Tag um den anderen. patenten Wesen vorlugte, und die cholerische Aufgeregtheit bertrugen sich ausgezeichnet mit der Konfusion. Die aufgeblähte Wichtigtuerei, die hahnenmäßige Haltung und der gutmütige, ein bißchen einfältige Blick, der alle Wünsche, sich in Respekt zu setzen, von vornherein als hoffnungslos erscheinen ließ, flossen zu einem höchst possierlichen und dabei überzeugenden Gesamteindrud zu­ſammen. Den Gipfelpunkt erreichte feine Komik in den Listen, die

Kleines Feuilleton.

er bei dem Lesuche eines enthusiastischen, natürlich längst vergeffenen

Fünfundzwanzig Jahre Arbeiter- Sängerbund". Jugendfreundes anwendet, dem Unbekannten feinen Namen abzu­Ein Vierteljahrhundert ist in diefen Tagen verflossen, seit der locken. Aber auch jede andere winzige Pointe des Tertes erhielt Deutsche Arbeiter- Sängerbund, Gau Berlin und Umgegend" ge- durch ihn die Färbung behaglich temperamentvollen Humors. gründet wurde. Arbeiter- Geiangvereine gab es allerdings schon Munter stand ihm Alfred Braun als burschifoser fneipfroher weit früher an verschiedenen Orten. So in Berlin ſeit 1870. Aber Assistent zur Seite. Die beiden verhalfen dem in der Erfindung der Bestand war klein. Zudem fegte das Sozialistengeieß darüber recht mageren Stückchen zu starkem Lacherfolg. Nur die Möglich­hinweg. Gleich nach dessen Beseitigung regte sich allenthalben neues teiten, welche die Rolle der nach zwanzigjähriger Häuslichkeit noch Leben. So ist's erklärlich, daß dem 1890 im Spätherbst gegrün- einmal vom Theaterteufel gepackten Professorsgattin geboten hätte, deten Bunde 49 von 74 Vereinen beitraten. Von seinem stetigen blieben in der Darstellung unausgenügt. Wachstum zeugt die Verzehnfachung jener Zahl nach zwanzig­jährigem Bestande. Seitdem hat infolge Verschmelzung fleinerer Sängergrüppchen zu großen, daher weit leistungsfähigeren Gefangstörpern die Vereinsziffer zwar ab, hingegen die Zahl aktiver und inaktiver Mitglieder beträchtlich zugenommen. Noch faal ein Lichtbildvortrag von Senie- Suad- Hanum( Konstantinopel ) Vorträge. Donnerstagabend 8 Uhr findet im Klindworth­erfreulicher war der Künstlerische Aufstieg einzelner Chöre sowohl mit dem Thema: Als türkische Frau in Stambul " statt. als der singenden Arbeiterschaft im allgemeinen. Da brach un­vermutet der Krieg herein.

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Notizen.

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dt.

Menzel Ausstellungen. Jm Künstlerhause Die furchtbare Hemmung durch ihn vermag man erst vollauf zu wird vom 9. Dezember an eine Ausstellung von Werken Menzels begreifen, wenn man erfährt, daß allein der Gau Berlin und Um- aus dem Besitz der Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts zu gegend über 2000 Sänger durch Einberufung verloren hat. sehen sein. Im Märkischen Museum ist fast das gesamte feftes am Sonntag in Obiglos großem Saale entboten hatte, zeigte, find awei Delgemälde Menzels( Wolfen" und Treppenaufgang") Die Heeresschan, die die Bundesleitung zur Feier des 25. Stiftungs - graphische Werk Menzels ausgestellt. Außerdem sind allerlei An­denten an ihn zusammengestellt. In der Berliner Sezession daß fie noch alle beſtehen, die großen Vereine, doch sind sie ersichtlich sind zwei Delgemälde Menzels( Wolfen und Treppenaufgang") zusammengeschmolzen. Hiermit ist naturgemäß eine verminderte neu hinzugekommen. Leistungsfähigkeit verknüpft. So fann es geschehen, daß Vereine, Verwirrung in der Verdeutschung. Die Gea die ehedem schon einen bemerklichen Hochstand einnahmen, jezi schäftsordnung des Reichstages spricht von der Kommission für den weniger geben werden, nur weil sie vielleicht mehr altbewährte Reichshaushaltetat". Viele Jahrzehnte hat der Reichstag genau Stimmenfräfte einbüßten, als andere, die ihnen nachstanden. so feine Budgetfommission gehabt wie beide Häuser des Preußischen Diesmal beteiligten sich zwölf Vereine in sieben Gruppen unter Landtages und kein Mensch fand etwas dabei. Da tam Herr gleich viel Dirigenten am Wettsingen. Obenan steht die Typo Baffermann in der letzten Sigung und gerade von dem Ausschuß graphia". br am nächsten kommen die Thilo schen Chöre. für den Reichshaushalt". An fich ist gegen diese Verdeutschung nichts Gin Trompetensignal gibt endlich für alle das Zeichen zum Mendelssohns" Türkisches Schenkenlied" beispielsweise, aber auch einzuwenden( die süddeutschen Landtage und alle Barlamente in Dester­Arbeitsschluß. Alles rückt wieder ein. Jekt ist auch das Tempo das volksliedmäßige Bum Wandertor hinaus" wurden ganz famos reich fennen längst nur Ausschüsse). Aber in den Zeitungen lieft man jetzt flott, zur Arbeit ging es gemütlicher. Der Zettel mit der Anzahl vorgetragen. Duftig- zart, dem Text angemessen brachte der Berdurcheinander vom Reichshaushalt"," Haushalt", und sogar vom der Gefangenen wird abgegeben. Gewöhnlich stimmt die Zahl, liner Sänger chor" die von Philipp Wolfram vierstimmig ge- Haupt" ausschuß des Reichstages. Richtig fann nur der Reichs­mitunter hat sich auch einer bei dem Trubel verlaufen und kehrt fette Badische Volksweise". Uthmanns" Fernes Land" hingegen will haushaltausschuß" fein; bei einem" Haushaltausschuß des mit einer anderen Kolonne heim. Daß einer der Gefangenen mir wenig wert erscheinen. Der Chor" Fichte- Georginia" hielt Reichstages" wird jeder denken, daß diese Körperschaft entweicht, selbst bei Arbeiten, die an abgelegenen oder schwer über- fich mit zwei Kunstliedern von Kaun und Daubert auf bewährter den Haushalt des Reichstages berate und einen Hauptausschuß" sichtlichen Stellen ausgeführt werden, kommt jezt zur Winterszeit Linie. Die Gruppe Streuzberger Harmonie", Männer- hat der Reichstag nicht, weil die Ausschüsse zu einander in feinem in dem bereits stark verschneiten Ostpreußen nicht vor. So dumm chor Norden" und" Norddeutsche Schleife" brachte fich gleichfalls in Verhältnis stehen. Uebrigens- wie lange wird man noch die sind die Russen nicht. Wissen sie doch, daß sie, ohne Nahrungs- mancher Hinsicht gut in Erinnerung. Präsidenten", den Direktor" und die Stenographen" des Reichs­mittel, ohne Zivilkleidung, der Sprache nicht mächtig, nur kurze Neu sind für Berlin der dem Arbeiterfängerbunde im ersten tags dulden? Zeit der goldenen Freiheit sich erfreuen würden. Kriegsjahr angegliederte Frauen und Mädchenchor- Das von den Deutschen besette Gebiet in Die Nachtposten kehren zur Wachtstube zurück, ein paar Bissen Norden" und Schöneberg " sowie endlich der Männer Bolen beträgt nach genauen Berechnungen der Gazeta Lodzka" Brot, etwas Kaffee werden eiligst genossen, und schon müssen die und Frauenchor Neukölln". Wir begrüßen diesen aktiven 73 120 Quadratkilometer. Dieses Gebiet wird bewohnt von ersten wieder auf Posten ziehen. Die Tagespostentette wird ver- Anteil der Frauen als den Ausgangspunkt einer Neuordnung 7 595 000 Menschen; von diesen wohnen 2906 000 in den Städten, ſtärkt. Etwa 100 Meter hat jeder an dem Stacheldrahtzaun, der und Fortentwickelung des Arbeitergefanges. D. Wellmann, I die übrigen auf dem Lande.

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Die Schicksalsmaus.

Eine Erzählung von Tieren und Menschen. ama Bon Harald Tandrup.

Von dem Augenblick an, wo es Lars Larsen klar wurde, daß er den unseligen Geiz seines Weibes geerbt habe, bemühte er sich, Gründe zu finden, die ihn selbst davon überzeugen konnten, daß er auf dem richtigen Weg sei.

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Aber sie halten nichts, Vater."

,, Nein, das tun sie natürlich nicht, doch für die Trauerzeit werden sie schon gehen, kleine Maren, und man weiß nie, was geschehen kann."

Maren starrte ihn verwundert an. ,, Vater! Du wirst doch nicht jetzt auch so geizig werden- wie die Mutter war?"

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Leise schlich er über den Fußboden; als ein Brett knarrte. blieb er lauschend stehen.

Draußen tummelte sich Maren mit dem Abspüren, und es ging nicht gerade lautlos dabei zu. Sie machte ihrem Herzen Luft, indem sie rumorte, als solle alles in Stücke gehen.

,, Nein, wie die Menschen heutzutage heftig sind", murmelte Larsen vor sich hin.

den fleinen, glühenden Ofen beugte, brannte ihn die Hize im Endlich war er an seinem Ziel. Als er sich über Gesicht.

Rasch schob er die Platte weg und griff in den hohlen Raum allein er fand nichts.

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,, Schweig!" erwiderte er ernst. Ueber eine Tote soll man nichts Böses reden. Deine Mutter war auch nicht gerade, was man geizig nennt, sondern sie war nur ein wenig Sklave des Geldes- dachte er das ist einer jener sparsam. Es ist nicht mehr als recht und billig, daß man sein dummen Ausdrücke aus einer Zeit, in der man sich über sich Geld zusammenhält." selbst nicht klar war. Eigentlich sind doch die Armen Sklaven Bei diesen Worten brach Maren in Tränen aus. des Geldes und nicht die, die etwas haben. Wer wagte es, ,, Nun, so etwas ist mir doch noch nicht vorgekommen," Gottes zu spotten? Ein jeder prüfe sein eigen Herz und stieß sie schluchzend hervor. Hast du mir nicht immer er- Er kam nicht gleich darauf, daß das Geld fort sein könne, Gewissen, damit er sich einst als getreuer Haushalter erweise zählt, wie gut wir es haben sollten, wenn du einmal Geld in sondern dachte, es sei vielleicht auf die Seite gerutscht und so, oder wenigstens ähnlich, hatte der Pfarrer einmal in die Hand bekämest, wie wir uns vergnügt machen uns ließ darum die Hand in allen Ecken herumlaufen. Dann aber der Kirche von Svogerslev gesagt. Jetzt fühlte Larsen, daß schöne Kleider kaufen-" wurde er bedenklich. Seine Finger streckten sich unnatürlich, das ein wahres Wort sei. " Allerdings," fiel er ihr lebhaft ins Wort, aber alles bogen fich auf- und abwärts wie Fühler; er zündete Streich­Bedächtig schob er das Geld in den ledernen Beutel mit Maß und Ziel. Wir entbehren doch wirklich nichts, fleine hölzer an und leuchtete in das Loch hinab-. zurück; aber als er Marens Schritt vor der Türe hörte, be- Maren." Der Beutel war nicht da. eilte er sich, fertig zu werden. Das Kind hatte noch nicht ,, Aber wir wollten doch auch einmal versuchen, so zu den rechten Sinn und das richtige Verständnis für Geld; leben wie andere Menschen." jedoch das würde schon kommen, wie es jetzt über ihn selbst ,, Laß doch die andern Menschen in Ruh," sagte er gekommen war. sanftmütig. Haben sie es vielleicht besser? Mit einem raschen Griff steckte er den Beutel in die Christensen." Tasche und wendete sich nach der Eintretenden um: ,, Nun, kleine Maren?"

,, Schau, Vater," sagte fie, während sie glättend über ihren Rod fuhr, ich fann doch weiß Gott nicht in so einem Fetzen zum Begräbnis gehen."

Lars Larsen sah sie scheel von der Seite an und schlug dann rasch die Augen nieder. Ihn schauerte, als ob er friere, er sagte aber nichts.

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In diesem Augenblick wurde er von dem Unglück ganz überwältigt. Und er rief mit durchdringeendr Stimme: ,, Hilfe Hilfe Diebe!"

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Aber noch während ihm der Ruf in den Dhren gellte, schämte er sich, daß er seinen Gefühlen so unbeherrscht Luft Ich gehe in diesem Rock nicht zum Begräbnis," ent- gemacht hatte. Allein es war zu spät das Haus wurde gegrete sie störrisch ,,, mun weißt du es." schon lebendig.

Lars Larsen sah scheu nach der Tür.

Damit lief fie in die Küche hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Sie war fest entschlossen, ihren Stopf durchzu- Löffel in der geballten Faust vor ihm, fichtlich bereit, ihm, Maren riß die Türe auf und stand mit einem Koch­setzen, und wenn sie sich so etwas einmal vorgenommen hatte, wenn nötig, zu helfen. Gleich darauf polterte Andersen mit war sie ebenso eigensinnig wie ihre Mutter. seinen Pantoffeln die Treppe herab uud drang unerschrocken in die Wohnung ein. Und hinter diesem kam etwas ruhiger der Philosoph. Mit lebhaften Armbewegungen erklärte Lars Larsen den Vorfall. Er war dunkelrot vor Aufregung, seine Augen blickten starr vor Entsetzen. Plötzlich stand Blomberg unter ihnen, der lautlos und schleichend wie ein Gespenst aufgetaucht war.

Ach, wenn doch die Mutter noch lebte," sagte er leise. ,, Meinst du das nicht auch?" fragte sie. Dann zog er wieder seinen Geldbeutel heraus und zählte ,, Schön ist er nicht", erwiderte er. ,, Aber du wirst dir noch einmal dessen Inhalt. Aber das Geld genügte bei weitem doch nicht einbilden, daß die Kleider die Trauer ausmachen? nicht, denn der Rock war das wenigste- es mußten ja auch Und an das Geld dentst du natürlich gar nicht, Marenchen", der Pfarrer, der Meßner und Gott weiß was noch bezahlt fügte er beinahe verzweifelt hinzu. So ein Rod toftet ge- werden. Wohl sagt man, das Leben sei teuer, aber es ist wiß viel." wirklich auch nicht billig, zu sterben. Man kann schon einen recht hübschen für acht Kronen

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bekommen."

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Acht Kronen! Nein, weißt du, Maren, das ist wirklich zu toll. Ich habe schon neumodische und schöne gesehen, und die fofteten nicht mehr als die Sälfte."

Natürlich sollte Maren den Rock haben, wenn es durch­aus sein mußte. Das Begräbnis der Mutter war doch nur einmal, und den Rock konnte man noch lange nachher brauchen. Es half nichts, er mußte zu der Reservefaffe unter dem Dfen.

,, Ich kam hierher, um nach unsern paar Spargroschen g sehen," berichtete Lars Larsen ,,, man muß doch die Frau de­graben. Und was glaubt ihr? Sie sind fort gestohlen! Bweihundert drei und eine halbe Krone." Fort. folgt.)

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