Nr. 302.- 1915.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts freitag, 31. Dezember.
Schluß.
Eine Silvestererinnerung von Sepp Derter.
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Am Silvesterabend im Jahre 1888, wenn ich nicht irre, tam ich als Handwerksbursche auf die Herberge in dem sächsischen Städtchen Treuen . Dieser legte Tag im Jahre war ein bittertalter Tag gewesen. Durch Schnee und Sturm waren wir zwei Reisegefährten und ich den lieben langen Tag hindurchgetapft, nichts im Magen und nichts im Beutel. Ach war das eine Wohltat, als wir in die schmierige und warme Herberge tamen und die müden Beine unter einen Tisch stecken konnten.
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Als wir gerade so am Ueberlegen waren, wie wir uns das Städtchen zum Abdalfen einteilen sollten, tam noch ein Kunde in die Stube. Eine seltsame Erscheinung! Er war baumlang, so daß er mit dem Kopf fast die räucherige Dede der Stube berührte. Die lange Geſtalt war in einen schlotternd um die Glieder hängenden Gehrod gefleidet. Die Beine ftaten in grauen Hosen und die Füße der rechte in einem Schaftstiefel und der linte in einem Hausschuh. Den zweiten Stiefel trug er wie einen Berliner an einer Schnur um die Schulter. Der Kunde war alt, seine Haare waren ergraut, auch die Bartstoppeln, die Kinn und Wangen bedeckten.
Auf seinen Gruß öffnete sich das Schiebefenster, das zur Schenkstube ging, die Herbergsmutter steckte den Kopf durch die Deffnung
und meinte:
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" Nanu, Provisor", find Sie auch wieder da?" " Ja, verehrteste Frau Mutter," antwortete der Neuankömmling. " Himmel, es ist ja eine Sünde, einen lebendigen Christenmenschen und Veteranen, der Siebzig mitgemacht hat, bei so einem Hundeund Höllenwetter auf die Straße zu jagen."
Es wurde bereits dunkel. Wir anderen Kunden erhoben uns, um einen Gang durch die Stadt anzutreten. Der Provisor" schaute auf.
„ Wohin?"
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Schlummergeld!" war die kurze Antwort.
Er schlug eine laute Lache auf: Jungens, wie lange seid Ihr auf der Tippelei? Ihr kommt wohl geraden Wegs von Muttern! Nee, bei dem Wetter macht feener auf. Erstens, weil gescheuert is und zweitens, weil es falt bereinkommt. Nee, Jungens, wenn een Spießer warm fitt, fann een Kunde verfrieren. Mich hat sogar heute seine Frau herausgeschmissen; mich wo sie doch gar nicht seine Frau wär', wenn ich nicht gewesen wär."
Er sentte den Kopf. Seine Naje tropfte. Nach einer Weile, während wir unschlüssig und uns gegenseitig fragend ansehend das standen, griff er in die Westentasche, schmiß er ein Fünfmarkstück auf den Tisch und rief!
Bleibt! Ich zahle Schlummergeld und alles für Euch. Der Scheufendedel muß weg. Sie schmiß mich raus! Belästigen Sie uns doch nicht in einem fort, alter Stromer!" hat sie gesagt. Schluß, fage ich, Schluß!"
Er sprang auf, rannte an das Schiebefenster, trommelte an die Scheiben und rief, als die Herbergsmutter fam: Staffee für alle! Ne Butterstulle und' ne warme Blutwurst für alle!" Wir hatten uns mittlerweile wieder an den warmen Ofen gesetzt, froh nicht mehr hinaus zu müssen in den Abend, das Schneegestöber und die schneidende Kälte. Der Provisor" segte sich zu uns in die Ecke, wo ein ffeiner Weihnachtsbaum, mit Papierketten und Papierroien geschmückt, stand. Vor dem Weihnachtsbaum hing an einem großen, eisernen Haken, der im Deckenbalten eingeschlagen war, eine Art Kronleuchter herab. Die Nadeln rieselten bei jeder fleinen Bewegung, die der Provisor" machte auf ihn herab und hingen fich fest in seinem Haar und in den Bartstoppeln seines Gefichts. Er schien es gar nicht zu bemerfen.
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Der Hausdiener brachte den Kaffee und die Näpfe mit Stampffartoffeln und Blutwurst. Die Mahlzeit wurde schweigend mit der Andacht, die Hungrige beim Essen haben, verzehrt. In den Näpfen blieb nichts zurüd. Nach dem Essen tramte der Provisor" in dem Stiefel, den er als Berliner benutte, feitdem er ihn nicht mehr an seinen frostgeschwollenen Fuß brachte. Er holte ein Päckchen, in bunte Lumpen gewickelt hervor. Es enthielt vier Orden, darunter das Eiserne Kreuz . Er steckte die Orden an seinen abgeschabten Gehrod: Heute ist ein Festtag," meinte er. Als wir ihn fragend anfahen, lachte er:" Ja, ja, Ritter des Eifernen Kreuzes, der Verdienstmedaille und so weiter! Hier die Bescheinigungen!" Er griff in die Tasche und hielt uns einige Papiere hin.
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Will Euch was erzählen. Siebzig war ich dabei. Ihr seht's." Er zeigte auf seine Orden.„ Gines Abends übrigens bin ich tein Provisor, das sagt die Alte nur wegen meinem Alabakenschwenter; von Sunst bin ich Bildhauer also, eines Abends Siebzig hatten ein Kamerad und ich ba unten gegen Pontarlier zu eine Patrouille. Vor uns lag ein Wald; dahin sollten wir, um den Feind festzustellen. Wir waren kaum im Walde, als das Geknatter auf uns losging. Wir natürlich zurück. Der Zwed war ja erreicht. Aber, als wir auf das freie Feld tamen, wo wir uns von der weißen Schneedede so gut abhoben, schreit mein Kamerad auf:" Ich hab's!" und bricht zusammen. Ihn liegen
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Die Schicksalsmaus.
Eine Erzählung von Tieren und Menschen. Von Harald Tandrup.
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lassen und hoidi machen das gab's nicht. Ich sehe einen Graben und schleppe meinen Kameraden dahin. So, mun liegt er drin und ich lug über den Grabenrand. Sooft einer aus dem Walde heraustritt, knall ich los. Dabei schrei ich in allen Tonarten:" Feuer! Feuer!", damit sie meinen sollen, ich sei ein ganzer Haufen.
Eine höllische Kälte war. Mein Kamerad wimmerte. Ich gab ihm meinen Waffenrock. In Hemdsärmeln lieg ich da und halte Wacht. Damals hab ich auch den Frost in die Füße gekriegt, und er ist heute noch darin.
Das taten wir gerne. Wir schliefen den festen traumlosen Schlaf der müden Handwerksburschen. Nur einmal in der Nacht war es mir, als hörte ich jemanden aus dem Schlafraum gehen.
Wir schliefen am Neujahrstag länger als sonst. Plötzlich weckte uns lautes Rufen und Schreien. Wir eilten hinunter. Die Herbergsmutter stand unten an der Treppe; die Haare hingen ihr wirr um den Kopf; sie zeterte in die Fremdenstube hinein: der Sauhund! So' ne Schweinerei macht der uns zu Neujahr!" In der Fremdenstube vor dem Weihnachtsbaum hing starr und steif und tot der alte Handwerksbursche.
Silvester.
Endlich kommt Hilfe von den unsrigen. Mein Kamerad hat einen Schuß in der Hüfte, ich einen in der linken Hand. Hatte es gar nicht bemerkt. Hier seht ihr's noch." Er zeigte seine Hand mit der Narbe.„ Na, ich hab das Eiserne Kreuz gefriegt, mein Kamerad tam in das Lazarett, und so tamen wir auseinander. Der Krieg, Jungens, ist kein Pensionat. Es kommt Dreck an Nicht immer und bei allen Völkern war es Sitte, den Beginn die Seele, und er bleibt daran haften. Also besser wird man im des neuen Jahres auf die Mitternachtsstunde zwischen dem 31. DeStriege nicht. Ein Dreck war das da." Er holte eine Schnaps- zember und dem 1. Januar zu legen; manche Völker, wie die flasche aus der Tasche, zeigte sie uns und nahm einen tüchtigen Griechen, kannten die Sitte, Neujahr zu feiern, überhaupt nicht, die Schluck.„ Mit der Arbeit gings zurück und damit erst recht mit Juden begannen das Jahr im Herbst, die Römer der frühesten Zeit dem Schnaps voran. Und so bin ich so ganz allmählich auf die am 1. März, und noch der französische Revolutionskalender führt Landstraße gekommen." die Mitternacht, die der Herbstnachtgleiche vorausgeht, als JahresEr schwieg wieder und starrte zu dem eisernen Hafen empor, beginn an. In Rom wurden aber noch in vorchristlicher Zeit die der das Ding von Stronleuchter hielt. Nach einer Zeitlang fuhr Calenden", d. h. der erste Tag des Januar, zum Neujahr, und die er fort: ersten Christen schlossen sich dieser Auffassung an, sehr zur Unzufriedenheit der Kirchenobersten, denen dieser Brauch durchaus heidnisch und verwerflich erschien, um so mehr als die lockeren Bräuche, die mit dem Fest verbunden waren, für unwürdig einer wahren christlichen Gesinnung gelten mußten. Lange Zeit galt der fällt Mariä Verkündigung, die erste Tatsache, die auf das Erscheinen des Christus hinweist, und wie nach christlicher Auffassung damit eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte einsetzte, so sollte der Gedenktag auch der Beginn jedes neuen Beitabschnittes sein. Später trat an die Stelle diefes Tages der 25. Dezember, und dies blieb so bis zu Papst Innocenz XII. Auch hier liegt die Symbolik klar zutage, ebenso wie bei dem im Norden früher üblichen Jahresanfang zu Advent. Erst das 17. Jahrhundert brachte dann unsere heutige Sitte, man legte das Neujahr in die Mitte der 12 heiligen Nächte, die vom 24. Dezember bis 6. Januar dauern, und damit kam auch die Bezeichnung Silvester allmählig in Aufnahme, denn auf den 31. Dezember fällt der Namenstag Silvesters I., der von 314 bis 335 den Stuhl Betri inne hatte und dem die Legende die Befehrung des Kaisers Konstantin zuschreibt. Die Verlegung des Jahresanfangs in die Mitte der 12 heiligen Nächte tam den alten Volks bräuchen des germanischen Nordens, die sich an das Julfest knüpfen, entgegen, und viele unserer Silvesterfitten stammen aus jener Zeit. Altheidnischer und christlicher Brauch mischen sich eng in der Silvesternacht. Der einst übliche Mummenschanz ist heute nicht mehr üblich, wohl aber fennen auch wir noch die Silvester, Weisjagungen". Das Salz, das Symbol der Unverweslichkeit, hat dabei einst eine große Molle gespielt, 12 Zwiebeln, die ausgehöhlt waren und mit Salz gefüllt wurden, sollten je nach der Menge des Wassers, das fich in ihnen sammelte, trodenes oder feuchtes Wetter für die 12 Monate voraus verkünden, für die einzelnen Mitglieder der Familie wurden Salzhäuflein aufgesetzt, deren rasches oder langsames Berfließen als Drakel für die Lebensdauer jedes einzelnen gedeutet wurde. Auch Mehl diente der Weissagung in verschiedener Weise, und Brot, in das man zwei Messer in Kreuzes form steckte, sollte einem Mädchen die Fähigkeit geben, den aufünftigen Bräutigam zu sehen. Neben abergläubischen Vorstellungen spielte früher auch das gegenseitige Beschenken zu Silvester eine große Rolle, und endlich ist das Glückwünschen natürlich ein alter Brauch. Es ist interessant, daß zu den ältesten Holzschnitten, die wir aus der Zeit der Entstehung dieser Technik besitzen, Neujahrstarten aus dem 15. Jahrhundert gehören. Sie stellen das Christkind dar, das in Händen ein Band hält mit der Aufschrift„ ein gut fällig Jor!"
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" Vor zehn Jahren, auch an einem Silvesterabend, kam ich das erste Mal hierher. Es war ein verteufelter Tag. Gin Graupeln und Rieseln und auf dem Boden alles Gis! Und feinen warmen Löffelstiel im Leib und feinen Tropfen in der Flasche. Jungens, das geht an die Nieren! Beim Stoßen gab's harte talte Worte, 25. März für die offizielle Stirche als Neujahrstag. Auf diesen Tag und die Türen wurden mir vor der Nase zugeschlagen. Ich war ganz belämmert. Da hör ich zufällig, daß der Kriegerverein eine Silvesterfeier habe. Zehn Pfennige hatte ich doch zusammengebracht. Ich kauf mir eine Seelenstärkung, und nun war Mut da. Also, ich leg die Orden an und geh nach dem Saal, wo die Feier ist. Nichts im Leib und den Schnaps im Kopf Ihr könnt Such denken. Reiß ich also die Saaltür auf, schultere meinen Steden, mach Stechschritt, marschier mitten in den Saal und brüll aus Leibeskräften: " Hurra! Elisabeth- Grenadierregiment, zweites Bataillon. Linker Flügelmann der vierten Kompagnie: Hurra! Hurra!" Na, der Empfang war fein fameradschaftlicher. Schnapsbruder!" ,, Gemeinheit!"-" So'n Sterl!"" Der Lump hat die Orden gestohlen!" und so weiter. Die Kellner wollen mich gerade hinausschmeißen, als einer aufsteht, auf mich zutritt, mich am Arm packt und sagt:„ Komm mit, Hölzinger!" So groß war mein Dufel, daß ich auch ihn anbrüll. Aber er zerrt mich aus dem Saal, redet mit dem Wirt, der mich mit dem Hausknecht aufpackt, in ein Zimmer bringt und ins Bett zwingt. Im Dusel und vor Müdigkeit bin ich gleich eingeschlafen. Am andern Tag, wie ich runter komm, krieg ich vom Wirt einen guten Kaffee und was Tüchtiges zu essen. Dann sagt der Wirt, indem er mir einen Bettel gibt:" Da sollen Sie heute morgen hinkommen!" Auf dem Zettel stand der Name: Friß Schlabert, Drogist, und Straße und Hausnummer. Ich hin. Der Herr Drogist empfängt mich, als wenn er bereits gewartet hätte: „ Hölzinger, Du kennst mich wohl nicht mehr? Ich bin Dein Nebenmann von damals bei Pontarlier , Hölzinger, Du tust mir leid. Komm herein!" Drin ist eine liebe, nette Frau, die mir, ohne viel zu sagen, die Hand gibt, wobei ihr das Wasser in den Augen steht. Ich muß mich in der warmen Stube an den weißgedeckten Tisch sehen und eine Bigarre anrauchen. Der Herr Drogist erzählte die Geschichte von Pontarlier und meint zu seiner Frau: Ja, Lieschen, ohne den da ter weiß es par ein Tag! Jungens, man fann viel verlieren im Leben! Er hat mir auch recht gute Ratschläge gegeben, der Drogijt. Auch seine Frau. War nichts mehr zu machen. Am Abend bin ich weggegangen. Hier den Gehrod hab ich angehabt, zum Schnabulieren ein ganzes Bündel, und Bigarren, und ein Zwanzigmeterstück, das hat er mir in die Hand hineingedrückt. Die Frau hat mir die weiche Hand zum Abschied gegeben:" Viel, recht viel Glück im neuen Jahr, Herr Hölzinger. Mög's Ihnen gut gehen. Und besuchen Sie uns wieder."
Na
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Notizen.
- Eine flämische Hochschule. Einem Wolff- Telegramm zufolge hat der deutsche Generalgouverneur angeordnet, daß in den belgischen Etat für 1916 die Summen eingestellt werden, die zunächst Na, ich bin öfter wiedergekommen. Immer so zum Silvester- erforderlich sind, um die Umwandlung der Universität Gent in tag 30g's mich hierher. Ach, man hat mal so' me Sehnsucht nach eine flämische Hochschule in die Wege zu leiten. Die Schaffung einer einer warmen Stube, einem weißgedeckten Tisch und auch flämischen Universität ist ein alter Wunsch der flämischen Bewegung. Herrgott, was bin ich für ein Narr! Ich kam und bekam immer der wiederholt auch in Anträgen in der belgischen Stammer zum meinen Teil. Aber sie ist doch immer fälter geworden. Und sie Ausdrud fam. wurde doch von Jahr zu Jahr dicker und rotbackiger. heute? Was hat sie gesagt?" Belästigen Sie uns doch nicht in Weihnachtstragödie„ Advent", bereits 1898 geschrieben, gelangte Gine Strindberg Premiere. Strindbergs einemfort, alter Stromer!" Ach, Jungens, das geht ans Herz! in den Münchener Kammerspielen zur ersten Aufführung. Da ist alles, alles aus!"
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Und
Er stützte den Kopf in beide Hände und schwieg. Wir andern sagten auch nichts. Wir saßen still da. Der Hausdiener brachte uns Bier, das der„ Provisor" zahlte. Um zehn Uhr gab es für jeden ein Glas Punsch und einen Pfannkuchen. Die Wirtin rief durch das Schiebefenster: Also Prost Neujahr!" Und dann geht Ihr schlafen."
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Preisausschreiben für Ariegerdenkmäler. Der Deutsche Werkbund erläßt ein Preisausschreiben zur Erlangung fünstlerischer Entwürfe für Kriegerdenkmäler und Kriegergrabmäler aus Granit; 5000 m. stehen für die Preisverteilung zur Verfügung. Ein anderes Preisausschreiben verlangt Ideenstizzen zur Ausgestaltung eines Ausstellungsraumes für moderne Modenerzeugnisse.
" Ist's so recht?" sagte er, indem er die Feder auf den Menschen huschten in dem Schneegestöber aneinander vorbei Tisch schleuderte.„ Ein Fremder, wie ich, bekommt hierzulande wie Schatten. hierzulande wie Schatten. doch nicht sein Recht."
" Das nennt man ein Komplott", entgegnete er mit einer Würde, hinter der man die Angst heraushörte. Ich bin zwar gezwungen, den Herren die gewünschte Erklärung zu geben- ich das?" aber ich protestiere."
Hierauf zog er die Tischschublade auf und holte Papier, Feder und Tinte heraus. ,, Bedenken Sie denn gar nicht, was für einen Weihnachtsabend Sie einem armen, einsamen Mann bereiten?" fragte er mit einem legten Versuch, sie zu rühren.
,, Das Weihnachtsfest, das Sie Andersen bereitet haben, ist auch nicht besser," erwiderte Lars Larsen.„ Schreiben Sie nur!"
Blomberg warf einen Blick zur Decke hinauf, als müsse diefer durch alle Stockwerke bis zum Thron des Herrn hindurchbringen. Dann taute er an seinem Federhalter, tunkte ein paarmal ein, segte die Feder aufs Papier und nahm sie wieder weg. Endlich schrieb er:
Wohnhaus Schwarzes Schaf," Weihnachtsabend. Durch gewisse Umstände gezwungen, erklärt der Unterzeichnete, daß er aus Herrn Larsens Wohnung im Scherz ungefähr zweihundert Kronen genommen und ebenso in Herrn Schneider Andersens Truhe einen kleinen Beutel mit zwei Goldstücken gelegt hat. Es ist mir kein Gedanke daran gefommen, Herrn Andersen könne daraus irgendein Schaden entstehen, und ich bin jetzt mit Herrn Larsen ausgeföhnt, der die Sache nicht verfolgen will, dieweilen ich das Geld zurückbezahle.
Ihr
ergebener Diener Herr Joseph Blomberg Schneidermeister.
In dem engen Gäßchen, wo das schwarze Schaf lag, Christensen las den anderen die Erklärung vor und fügte merkte man nichts von Weihnachtsstimmung; aber sobald hinzu, daß sie seiner Ansicht nach genüge. Wenn es Blom- die beiden um die Ecke in einen der Ausläufer der Hauptberg eine Freude mache, zu tun, als habe man ihm diese Er- straßen einbogen, waren sie mitten in dem Weihnachtstrubel. flärung abgezwungen, so sei das sein Privatvergnügen. Hier wimmelte es von bepackten Weihnachtsmännern, die, " Und das Geld?" fragte Lars Larsen. Wann bekomme geblendet von den weißen Flocken an ihren Augenwimpern, durch den Schnee vorwärtshafteten und sich bemühten, ihre zerbrechliche Last zu beschüßen. Sie rannten gegen andere Weihnachtsmänner an und wären sicher sonst mürrisch darüber geworden, doch heute ließen sie feinen Aerger aufkommen, sondern entschuldigten sich lächelnd nach allen Seiten. „ Der Kerl ist uns sicher", sagte Pedersen, wir werden Christensen zog Lars Larsen mit nach dem Kongens schon mit ihm fertig. Wenn er austneift, gehen wir zur Nytorv. Polizei." Christensen aber steckte die Erklärung zu sich und sagte Lars Larsen:
„ Das muß ich erst von meinen paar armen Sparpfennigen holen", erwiderte Blomberg bitter. Hier im Haus habe ich keine Krone. Wenn die Feiertage vorbei sind, wird das Geld bezahlt."
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,, Wir beide müssen weiter; es gibt noch viel zu tun." " Was denn?" fragte der andere verwundert. " Andersen muß noch heute abend freigelassen werden", antwortete Christensen. Das habe ich Ihrer Tochter sprochen."
,, Das ist unmöglich," erklärte Lars Larsen.
,, Wir nehmen einen Wagen," sagte er.
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„ Das kommt gewiß teuer," warf Larsen vorsichtig ein. " Geben Sie acht, daß Sie keinen Rückfall bekommen," mahnte Christensen.
Dann gingen sie über den Plat, und der Schnee deckte fie barmherzig zu. Hätte er es nicht getan, so würde sich ber- Lars Larsen sicher durch seinen Begleiter etwas bedrückt gefühlt haben, denn Christensen erregte überall Aufsehen, wo er sich zeigte.
Unmöglich?" wiederholte Christensen. Wenn Sie erlebt hätten, was ich heute abend erlebt habe, würden Sie mit der Anwendung des Wortes unmöglich" sehr vorsichtig sein."
,, Verlassen Sie sich nur auf Christensen," sagte der Spielmann, er wird schon alles ordnen".
In diesem Augenblic trat Blomberg mit großer Würde ein paar Schritte vor und sagte:
er
Hier steht eine Droschke," sagte Lars Larsen, indem auf einen dunkeln Schatten deutete, der sich vom Schnee abhob. ,, Ein Automobil ist noch besser," entgegnete Christensen und rief einen Chauffeur an.
Lars Larsen hegte einen tief eingewurzelten Groll gegen Automobile von der Zeit her, wo er selbst auf dem Lande Nun wünsche ich den Herren einen frohen Weihnachts - gewohnt hatte. Er hätte es nie für möglich gehalten, daß er abend und ersuche sie, sich möglichst rasch aus dem Staube zu je in einem solchen sigen würde; aber es half ihm nichts, er machen. Ich möchte jetzt endlich meine Ruhe bekommen." mußte hinein. Hierauf fausten sie den Nytorv entlang und ehe Lars Larsen mit seinen Einwänden, die er gegen Autos Als Lars Larsen und Christensen turz darauf auf die hatte, fertig war, hielten sie vor dem Gerichtsgebäude. Straße traten, fiel der Schnee in dichten Flocken. Die ( Forts, folgt.)
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