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Br. 71. 17. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 25. März 1900.

Volkszählung

und industrielle Entwicklung. Im Jahre 1895 fanden im Deutschen Reich zwei größere Zählungen statt, am 14. Juni die Berufs- und Gewerbezählung und am 2. Dezember eine Volkszählung; beide große Aufnahmen waren verknüpft mit einer Zählung der Arbeitslosen. Während die Wieder­holung der Volkszählungen in fünfjährigen Zwischenräumen statt finden, werden Gewerbe- und Berufszählungen feltener und unregel mäßiger vorgenommen, seit Gründung des Deutschen Reichs bloß drei: die völlig mißglückte Gewerbezählung von 1875, dann die Berufs- und Gewerbezählungen von 1882 und 1895.

Alles spricht dafür, daß auch seit 1895 die Verschiebungen in der Lieferungsverträge mit den Industriellen mußten wegen Ueber­Landwirtschaft erheblich geringer gewesen sind, als in der Industrie beschäftigung der Fabriken auf sehr lange Zeiträume ausgedehnt und im Handel. Selbst das reichsstatistische Amit weist in seiner werden. Ja, die deutschen Eisenkartelle entschlossen sich, mit aus­Verarbeitung der Ergebnisse der Gewerbestatistik im Schlußbaud ländischen Eifenfartellen Vertragsabschlüsse einzugehen, um fremdes über die letzte Berufszählung auf die großen Fortschritte in der Eisen der deutschen Industrie zugänglich zu machen. In ähnlicher großindustriellen Entwicklung hin. Die einzige erhebliche Verschiebung Weise hat das Rheinisch- Westfälische Kohlensyndikat jeinen aus­in den Verhältnissen der deutschen Landwirtschaft dürfte die des stärkeren ländischen Konkurrenten zeitweise den deutschen Markt öffnen müssen. Abzugs der Arbeiterbevölkerung vom Lande in die Städte sein. An Wenn aber die Maschinenindustrie so außerordentlich stark beschäftigt diefer Feststellung liegt den Agrariern sehr viel, sie würde sich aber worden ist, so läßt dies Rückschlüsse auf die Entwicklung der ge­auf Grund der Aufzeichnungen der Invaliditätsversicherungs- famten Industrie zu; wenn die Verwendung motorischer Sträfte in Anstalten und der Polizeibehörden billiger und nach mancher Hinsicht der Periode seit 1895 ganz außerordentlich zugenommen hat, so sogar detaillierter gestalten lassen als auf Grund einer land- und haben selbstverständlich Verschiebungen in der gesamten socialen forstwirtschaftlichen Aufnahme. Struktur eintreten müssen.

Ohue statistische Aufnahme läßt sich dagegen die Entwicklung unfrer Industrie nicht feststellen, wenn auch sehr interessante Nüd schlüsse auf die Gesamtentwicklung aus einzelnen Thatsachen mög­

Gegen die Wiederholung der Volkszählungen ist sicherlich nichts Diese Erwägungen lassen es unverständlich, ja unverantwortlich einzuwenden, aber das Bedürfnis nach häufigeren Berufs- und erscheinen, die geplante Aufnahme auf die Landwirtschaft zu be­Gewerbezählungen ist ein weit dringenderes. Die Aenderungen, schränken und die viel dringlichere Wiederholung der eigentlichen welche im Zustand der Bevölkerung innerhalb des Zeitraums lich find. Gewerbezählung auf eine unbestimmte Zukunft zu vertagen. zwischen zwei Boltszählungen vor sich gehen, sind, wenn auch nicht So heißt es zum Beispiel auf den Seiten 117 und 118 des Wohl soil die nächste Volkszählung auch der socialpolitischen Er­mit absoluter, doch mit einer nicht allzu stark verminderten Schlußbands der letzten deutschen Berufsstatistik( Gewerbe und Handel kenntnis dienen, aber das, was sie erwarten läßt, ist bedeutungs­Genauigkeit durch die regelmäßigen Aufschreibungen der Geburts im Deutschen Reiche): Andrerseits darf namentlich in Bezug los gegenüber dem, was not thut. Es soll die auf deutschen Schiffen und Todesfälle, der Zu- und Abzüge festzustellen. Die Aende auf die Daten über die Betriebe mit Elektricität nicht aus dem außerhalb der heimischen Häfen befindliche Mannschaft gezählt werden, rungen im ökonomischen Aufbau der deutschen Volkswirtschaft, in der Auge gelassen werden, daß sie sich auf das Jahr 1895 beziehen, und es soll erforscht werden, bei wie vielen Personen Arbeitsort und Gliederung der Bevölkerung nach Berufen, in der Verteilung derselben während gerade in den darauffolgenden drei Jahren die Verwendung Wohnort zusammen fallen. Den Wert dieser Fragen wollen wir auf die einzelnen Gewerbe und innerhalb derselben auf die großen der Elektricität weiter gewaltige Fortschritte zu verzeichnen hat; fie nicht bemängeln, sie können uns aber nicht hinweg frösten über die Gruppen der Betriebe sind erheblich größer, sie entbehren bedeutend findet jetzt vornehmlich statt zum Zwede mechanischer Arbeiten, Thatsache, daß die genauere Erforschung der industriellen Ent­mehr der Regelmäßigkeit als die Aenderungen, die von Volks- durch den Betrieb von Arbeitsmaschinen in Fabriken und Werk- wicklung Deutschlands unterlassen wird. zählung zu Volkszählung festgestellt werden können. Zählungen, stätten und im Straßenbahn- Berkehr, zum Zwecke der Lichtgebung Freilich was man zur Begründung von Flottenvorlagen braucht, die ebenso wie das in den Publikationen über die Bevölkerungs- in Gestalt von Bogen- oder Glühlicht, zum Zwecke der Wärme- macht der Levy aus Halle, der sich von Halle nennt, schneller und bewegung verarbeitete Material Rückschlüsse auf die Aenderungen Erzengung, der elektrotechnischen Zersetzung, ferner zur Magnetisierung, billiger wie das Reichsstatistische Amt, und was die Hauptsache iſt, im Aufbau der Volkswirtschaft seit der letzten Berufszählung etwa in elektrischen Uhren oder sonstigen Zeichengebern, zum Betrieb seine Resultate stimmen stets mit dem überein, was die Regierungen gestatteten, fehlen, denn das einzige, was hier in Betracht läme, die von Induktionsapparaten, sowie zur Ladung von Accumulatoren, planen, während die Statistik doch nicht so elastisch wie der Zickzad Register über die Gewerbesteuern, sind aus find aus mannigfachen endlich auch zu therapeutischen Zwecken." Hierzu wird in einer An- furs gemacht werden kann. Gründer statistisch nicht verwertbar, ganz abgesehen davon, daß merkung beigefügt: Beispielsweise waren Ende des Jahres 1895 die Gewerbesteuern in den verschiedenen Bundesstaaten nach start an das Leitungsnetz der Berliner Elektricitätswerfe in ca. 300 Be­von einander abweichenden Grundsätzen erhoben werden, und daß sie trieben 930 Elektromotore angeschlossen. Diese Zahl ist bis Ende 1897 in einzelnen Bundesstaaten gar nicht zur Anwendung kommen, während auf 1250 Betriebe mit 2460 Motoren, Ende September 1899 auf Die Eintragungen in die Standesamtsregister gleichmäßig für das rund 2400 Betriebe mit 13 858 Elektromotore angewachsen." Achtung, sechster Wahlkreis! Den Genossen und Genofsinnen gesamte Reich zu erfolgen haben. Gerade die Zeit feit der Aber nicht bloß die elektrische Kraft ist in der Zeit seit 1895 in zur Nachricht, daß hente Sonntag, abends 6 Uhr, im Kolberger Leyten Berufs- und Gewerbezählung beweist, daß in außer sprunghaft steigender Weise zur Anwendung gekommen, stieg doch Salon, Kolbergerstr. 23, eine öffentliche Versammlung für ordentlich kurzer Zeit sehr tiefgreifende sociale Verschiebungen vor von 1895 bis zum 1. April 1899 die Gesamtleistungsfähigkeit der in Männer und Frauen stattfindet, in der Genosse Dr. Freudenberg kamen, und auch die lange Frist, die zwischen den beiden Berufs- Preußen vorhandenen Dampfmaschinen von 2766 511 auf 3 717 264 einen Vortrag hält über das Thema:" Die Kultur- Aufgaben leiden zählungen von 1882 und 1895 verflossen ist, lehrt uns, daß die durch Pferdekräfte bei steigender durchschnittlicher Leistungsfähigkeit der nicht." Zu recht zahlreichem Bejuch ladet ein die Zählung von 1882 festgestellten Thatsachen viel stärker dem einzelnen Dampfmaschine. Ueber drei Viertel der Dampffessel Wechsel unterworfen waren, als man allgemein annahm. Man dienen zur Krafterzeugung. Während 1894 1779 Dampf­braucht wohl nicht daran zu zweifeln, daß man bei Voraussicht maschinen mit 101 464 Pferdekräften zur Erzeugung von dieser starken Aenderungen innerhalb unsrer volkswirtschaftlichen Or Elektricität verwendet wurden, waren die auf 1898 bezüge ganisation nicht 13 Jahre hätte verfließen lassen bis zur Wieder- lichen Zahlen 3305 Dampfmaschinen 258 726 Pferde­holung der Berufs- und Gewerbezählung; es ist defto auffallender, fräften.") In dem einen Jahre von 1897 auf 1898 stieg die zur daß man so lange brauchte, um sich zu einer neuen Berufszählung Schaffung elektrischer Energie ausschließlich für den Motorenbetrieb zu entschließen, da zwischen der ersten und zweiten Gewerbezählung angewandte Zahl von Dampfmaschinen von 28 auf 61 und die innerhalb des Deutschen Reichs mur 7 Jahre verflossen waren. Pferdestärken von 4641 auf 10 785; im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der zur Beleuchtung und Kraftübertragung verwendeten Dampfmaschinen, die elektrische Energie erzeugten, von 120 auf 325 und ihre Pferdestärken von 15 308 auf 84 216.

mit

Die industrielle Entwicklung Preußens und die Accumulation in der Industrie spiegelt sich am besten in der Statistik der Dampf­maschinen, weshalb wir zur Ergänzung noch die folgenden Zahlen mitteilen. Die in Preußen verwendeten Dampfmaschinen verfügten insgesamt 1879 über 985 193 und jede einzelne im Durchschnitt über 27

1889 1899

1 803 454

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3 717 264

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" V

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Pferdekräfte.

31

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41

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Berliner Partei- Angelegenheiten.

Der Vertrauensmann. Dritter Wahlkreis. Den Parteigenossen zur Kenntnis, daß das gesellige Beisammensein am Sonntag, 8. April, bei Wöhring, Admiralstr. 18c, stattfindet. Der diesbezügliche Bericht der Wahlvereins- Versammlung ist irrtümlich erfolgt.

Arbeiter Bildungsschule. Heute abend 7 Uhr Vortrag des Reichstags- Abgeordneten August Bebel über Charles Fourier ", in den Arminhallen, Kommandantenstraße 20. Der lezte Vortragsabend in Gesezeskunde findet am Montag, 26. März, itatt; damit find die Kurse in diesem Vierteljahr beendet. Die Bibliothek ist jeden Donnerstag, abends von 8 bis 9 Uhr, geöffnet. Die Mitglieder werden gebeten, die ausgeliehenen Bücher möglichst bis zum 1. April zurückzugeben, um eine bessere Uebersicht am Schluß des Geschäftsjahrs zu gewinnen. Der Vorstand.

Steglit. Jm Arbeiter Bildungsverein spricht Dienstagabend. bei Schellhaje, Ahornstr. 15, der Genosse Stapp über den Gemeinde­haushalt. Gäste haben Zutritt.

Lokales.

Troydem beschließt der Bundesrat, im Jahre 1900 bloß eine Bolkszählung vorzunehmen. Wir würden diese Entschließung be­greifen, da die richtige Berteilung der Matrikularbeiträge die Wieder­holung der Volkszählungen den verbündeten Regierungen wünschens vert erscheinen läßt, war ja doch im Zollbündnis des Norddeutschen Bundes mit den füddeutschen Staaten vom Jahre 1867 eine Er­mittelung der der Bevölkerungszahl in dreijährigen Zwischen räumen vorgesehen. Unbegreiflich ist uns aber, daß man beabsichtigt, dem Reichstage vorzuschlagen, eine land- und forstwirtschaftliche Auf­nahme vorzunehmen, dagegen von der bedentend wichtigeren Wieder­holung der Gewerbezählung absicht. Noch unbegreiflicher ist die Begründung dieser Entschließung des Bundesrats damit, daß die Wiederholung der land mid forstwirtschaftlichen Aufnahme mit Die durchschnittliche Zahl der Pferdefräfte der feststehenden Rücksicht auf die Erneuerung der Handelsverträge nötig sein soll, Dampfmaschinen stieg von 1879 zu 1889 zu 1899 von 30 auf 34 Ter Stadtverordneten - Ausschuß zur Vorbereitung der Neu­während für die genaue Erkenntnis der Entwicklung unsrer auf 45, die der Schiffsmaschinen von 81 auf 92 auf 146. Industrie und unfres Handels fein Bedürfnis anerkannt wird. wahl des zweiten Bürgermeisters hielt gestern unter Vorsitz des Was diese Beispiele Ichren, läßt sich ohne große Gefahr, fehl Stadtverordneten - Vorstehers Dr. Langerhans feine letzte Sigung ab. Gerade zur Kontrolle der Daten der mit äußerster Ge- zu gehen, verallgemeiner. Die Entwicklung der Elektricitäts­heimnisthuerei aufgenommenen Produktions- Statistit erschiene Industrie, des Berg- und Maschinenbaus, der Gasmotoren- Produktion Der Ausschuß hat mit großer Mehrheit beschlossen, von den beiden 1: 115 eine Wiederholung der Berufs- und Gewerbezählung haben in den dem Tage der Aufnahme der letzten Berufsstatistit vorgeschlagenen Kandidaten, zweiten Bürgermeister Brinkmann dringend von nöthen. Durch den Vergleich der Berufszählungen folgenden Jahren ganz außerordentliche Dimensionen angenommen. in Stönigsberg und Stadtsyndikus Menbrink, der Stadtverordnetens von 1882 und 1895 erficht man, daß die Verschiebungen in der Die Anzahl der beschäftigten Arbeiter ist in diesen Betrieben erheblich Versammlung den ersteren zur Wahl vorzuschlagen. Landwirtschaft bedeutend geringer sind, als in der Industrie und im gestiegen, ja es hat sogar Zeiten gegeben, die wir seit Decennien nicht ge- Es kommt nunmehr auf die Entscheidung der Stadtverordneten Handel. Waren doch von je 10 000 Erwerbsthätigen im Deutschen habt haben, wo ein Mangel an Arbeitern in der Maschinen- Bersammlung an. Die Bolls- 3tg." teilt mit, daß zu Gunsten der Reiche Industrie fonstatiert wurde. Die Eisenproduktion Deutschlands ge- Wahl des Stadtrats Meubrink zum zweiten Bürgermeister ein sehr Gehilfen. nügte nicht mehr, trotz der lebhaftesten Anspannung aller bekanntes Mitglied der Stadtverordneten- Versammlung( Herr 1882 1895 1895 Kräfte. Wir haben in Zeiten stärkster Anspannung der Ar- Jacoby?)( Ned. d. Vorwärts)" das auch beim Abschlusse beiter Perioden von Eisennot und Kohlennot gehabt. Die des Kartells bei den Stadtverordneten- Wahlen des vorigen 7222 6902-320 Jahrs und bei den Verhandlungen über die Elektricitäts­6559 7510+951 5533 6393+960 6797 7106+809

Selbständige. 1882 1895 1895 ± Landwirtschaft 2778 3098+320 Industrie 3441 2490- 951 Handel 4467 3607-860 Zin gauzen 3203 2894 309

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Kulturbilder aus Schlesien .

Von Hans Wandrer..

VIII. Die Erdfenkungen in Biskupih.

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Ms ich von Zabrze nach Biskupitz ging, fah ich eine ganz mert würdige Chauffee. Gewöhnlich sollen Chausseen die Unebenheiten des Bodens ausgleichen. Diese Chaussee aber ging in solchen Schlangenlinie auf und ab, wie wenn sie die Bodenwellen, über die sie sich hinzog, noch übertreffen wolle. Und die Bäume an den Chauffeerändern strebten mit ihren Kronen nicht gerade in die Höhe. Dort, wo sich die Chaussee hob, neigten sie ihre Wipfel nach den Ab­hängen, so daß die Höhe frei war, während sich in den Tiefen die Baumwipfel ineinanderdrängten.

Dieses sonderbare Bild hatten die Erdfenkungen erzeugt. Ab­gebaute Strecken waren wohl ihrer Zimmerung oder ihrer gesetz­mäßig vorgeschriebenen Pfeiler beraubt, fodaß sich der Boden nach und nach gesenkt hatte, wo er nicht, durch keine festere Gebirgsart gestützt, trichterförmig zusammengestürzt war. Da diese Chaussee nur eine Brivatchaussee war, die einer Grube gehörte, so traf der Schaden die Grube allein.

*) Bei diesen Zahlen sind die Dampfmaschinen und Pferde werke und die Straßenbahnen sehr hervortrat, ungemein thätig stärken, die in der Verwaltung des Landheers und der Kriegs- sei und daß dieser Herr mit seinem Liebeswerben auch bei der marine angewandt wurden, und die Lokomotiven nicht einbegriffen. neuen Fraktion der Linken bereits Erfolg gehabt habe.

Ecken, über den Thüren, neben der Treppe, überall Risse, Sprünge und Spalten. Und als ich die Zimmer besichtigte, fand ich überall dasselbe Bild des schier unerfaßbaren Verfalls. Der Fuß­boden war zur schiefen Ebene geworden. Hier war der Putz von der Decke gefallen, dort von der Wand. Und auch hier gähnten überall die Zickzackriffe.

Die Besizerin des Hauses, eine gesunde, freundliche Frau, führte mich durchs ganze Haus. In ihren hellen Augen stand das Ent­sezen vor dem Unabänderlichen, jenes geheime Grauen, das der Mensch empfindet, wenn er ein Berderben über sich hereinbrechen sieht und sich doch nicht wehren kann. Und auch die Mieter hatten etwas von diesem Grauen im Gesicht.

Ausschachten waren vergangen. Da bekam die Besitzerin plötzlich von der Werkverwaltung die Aufforderung, nicht weiter zu bauen.

Die Frau hatte bereits eine Menge Geld in den Bau hinein­gesteckt und fühlte sich nicht berufen, dieser durchaus verspäteten Aufforderung Folge zu leisten. Sie baute ihr Haus fertig und ließ es beziehen. Die Polizei hatte auch nichts dagegen bis sich jetzt herausstellte, daß der Grund unterwühlt und nicht bebauungsfähig war. Nun werden die Leute gezwungen, ihr Heim zu verlassen.

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Und die Verwaltung des berühmten Borsigwerts? Sie weigert sich natürlich, die Besizerin zu entschädigen. Das ist hier so ge­bräuchlich. Die kleinen, nur zu häufig mittellofen Besitzer müssen erst prozessieren. Wer es fann der gewinnt vielleicht. Aber eben nur vielleicht. Hat doch das Werk das juristische Recht meist für sich, wie in diesem Fall. Hatte nicht der Vater zweitausend Mart Entschädigung bekommen? Wenn es auch nur für die ver­dorbenen Felder, nicht für den Baugrund war. Und war die Frau nicht seiner Zeit gewarnt worden, auf dem Fleck zu bauen? Wenn das auch ihr Eigentum war, und wenn die Warnung auch etwas verspätet gekommen war das große, reiche Borsig­Bert läßt sich zu einer Verpflichtung, die ein anständiger Mensch von selbst fühlt, uur gerichtlich zwingen. Der Frau bleibt also nichts weiter übrig, als zu flagen, wie ihr Bruder, dessen Haus mun ganz unbenutzt dasteht. Sie will aber erst abwarten, wie dessen Prozeß ausfällt.

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Diefe beiden Häuser sind nicht die einzigen, die von den Erd­senkungen zu leiden haben. Ein Ende weiter fam ich zu Häusern, die ganz und gar durch Anker, Bänder und Eisenplatten

Die Wirtin führte mich in den Keller. Sie zeigte mir die Brüche in den Gewölben und die Stützen und Balken, durch die der gänzliche Einsturz des Gewölbes verhütet wurde. Auch in leere Wohnungen führte sie mich, wo große Stücken aus der Decke gefallen waren und wo sich der Fußboden an den Seiten so gesenkt hatte, daß die Dielen in der Mitte wohl nahezu einen halben Meter höher standen, als an den Seiten. Wie eine Halbfugel jah der Boden aus. Und so zeigte sie mir noch mancherlei von der Zerstörung, die das fast neue Gebäude zur Ntuine machte, die unablässig an dem Besitz nagte; die bergenden und schüßenden Mauern auseinander Aber nicht immer trifft dies Verhängnis, der Schaden den, der sprengte und aus dem wohligen Heim einen Ort des Schreckens und vorher den Gewinn gezogen. In Biskupig"), unweit des gewaltigen der Furcht machte. Borsigwerks, stieß ich bald auf ein gänzlich leer stehendes Wohnhaus, Ach," meinte die Frau lächelnd zu mir:" Sie hätten wohl das etwa 16 Familien zum Obdach dienen konnte. In Oberschlesien nicht den Mut, hier zu wohnen. Es wäre auch ein elender Tod, zur jetzigen Zeit ein unbewohntes Haus, das war etwas durchaus wenn man unter den zusaminenstürzenden Trümmern begraben Ungewöhnliches. Sind doch sonst nie genug Wohnungen vorhanden. werden sollte. Aber die Polizei hat uns ja noch ein paar Monate zusammengehalten wurden. Es wurde mir berichtet, daß das Borsig­Ich ging weiter, um mich im Nachbarhaus nach der Ursache frei gegeben zur Räumung. Dann steht mein Haus ganz leer, wie werk schließlich diese, auch über ihren Strecken stehenden Häuser an­der Verlaffenheit des Hauses zu erkundigen. Die leeren, öden das nebenan, das meinem Bruder gehört. Der hat es schon vor gekauft habe. Für eins zahlte es 10 000 Mart, für ein anderes, Fenster des wenige Jahre alten Gebäudes machten einen unheimlichen drei Monaten ganz räumen müssen." Eindruck. Jetzt sprachen einige der uns umringenden Mieter dazwischen: Da bemerkte ich in dem Nachbarhause gewaltige Sprünge, die Ja, und wo sollen wir dann hin? Es ist teine aber auch gar teine vom Dach des zweistödigen Gebäudes bis zum Steller reichten, wo fie Wohnung frei. Die Frau, die da in der leeren Stube wohnte, hat in die Erde zu verlaufen schienen. Ihre Zickzacklinie schien wie vom ja auch viele Tage fein Dach über dem Kopfe gehabt." Blitz in die Mauern gebrochen zu sein. Und nicht einmal mehr Dann erzählte die Besizerin die Geschichte des Hauses. Vor fünf gerade stand das Gebäude. Wie wenn es altersschwach wäre, hatte undzwanzig Jahren waren ihrem Vater durch Erdsenkungen und auf­es sich nach der einen Seite vorgeneigt. steigende Grubenwasser Felder und der Garten erjoffen. Ich betrat den Flur. Auch hier gähnten große Spalten. Die Die Verwaltung des Borjigwerks, zu dem die in Betracht eine Strecke des Mosaitfußbodens schien wie von einer unter- konummende Grube gehört, gehört, zahlte den Bauern als Ent- Und trotzdem die Häuser mit Ankern und Platten förmlich ges irdischen Berserkerfaust in die Höhe gestoßen zu sein, so daß sie schädigung dafür zweitausend Mart. Der Bauer, wie alle ober- panzert waren, zeigten sich immer wieder Springe und Spalten in fich bedeutend über den anderen Teil des Fußbodens erhob. In den schlesischen Bauern, nicht die Zukunft berechnend, war seelenfroh, so den Manern. Ein Stück der Wölbung über einem der Fenster war viel Bargeld zu bekommen. Vor wenigen Jahren übernahm seine sogar herausgefallen; glücklicherweise hatte es niemand verlegt. *) In Vistupis besigen die Grafen v. Ballestrem die Grube Tochter ein Stück von dem Land und reichte einen Bauplan bei Ich hatte von mehreren Zimmern einen prächtigen Ausblick auf Hedwigswunsch". Die A. Borsigschen Erben haben dort ferner die der Polizei ein. Diese gab die Bauerlaubnis; sie wendete nicht das Wert und auf die Felder, ohne ein Fenster benutzen zu miliſen. Grube Ludwigsglück" mit den Pachtfeldern Borsig und Altenberg II, ein, daß der Baugrund zweifelhafter Boden sei, der nicht nicht weit vom Hause glänzte die Sonne auf einem Waffertümpel, von deren Förderung ein fuappes Viertel der" Donnersmardhütte" belastet werden dürfe. So wurde denn das Fundament gelegt, die der sich in der Mitte eines gesunkenen Roggenfeldes gebildet hatte. zufällt. Die Förderung der ersteren wurde im Jahre 1895 anf Kellergewölbe gemauert und ein Stein auf den andern geschichtet. Unter ihm hatten vor einigen Jahren vier Berglente bei einem 1790 000 M. geschätzt, die der letteren auf 1 060 000 M. Zwei Stockwerke waren schon aufgeführt; sechs Wochen nach dem Streckeneinsturz ihr Leben lassen müssen.

zu den größere Stallungen und ein schöner Obstgarten ge­hören, 18 000 Wart. Die frühere Besizerin des ersten Hauses hat außerdem noch freie Wohnung bis zum Tode. Von allen Seiten wurde behauptet, daß die Kaufpreise lange nicht den wirk­lichen Wert der Grundstücke, in denen je an 14-16 Familien wohnten, erreichten. Bei dem zweiten sei z. B. der Garten gar nicht abgeschätzt worden. Aber der ehemalige Besizer wage es nicht, ernst haft gegen das Werk vorzugehen da er auf demselben arbeite und fürchte, sein Brot zu verlieren.