Nr. 88.- 1916.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Donering, 18. april.

Die Landstraße.

Weit drüber den Feldern, die sich an dem Fluß hinziehen, läuft als grauweißes Band die Landstraße. Ein mächtiger fahler Streifen, der über die Wiesen gelegt zu sein scheint und sie in zwei Riesen­Hälften teilt. Die Landstraße ist mir seit Tagen ein Gegenstand des Grübelns, ein Weg, auf dem ich in der Erinnerung zurückwandere in eine Zeit, die jetzt unfagbar ferne liegt. Die Landstraße hat viele Sänger gefunden. Wanderburschen und Dichter, die sich gar oft auf ihr das erstemal von Frau Muse füssen ließen, widmeten ihr glühende Lieder einer wenn auch ein wenig leichtsinnigen Poesie. Aber in ihr spiegelt sich das Leben so recht wider. Denn das Leben zieht keine gerade Linie, es hüpft in tollen Sprüngen querfeldein, schlängelt sich in den fühnsten Mäandern durch den weiten Erdengarten, manchmal wieder zurück­eilend, niemals gerade. Das ist ein Gesetz, das die Verhältnisse liebevoll beachten, sehr oft gegen den Willen des Wanderers... Die Landstraße, die sich vor meinen Blicken erstreckt, beginnt sich in der Ferne mit Staubwolken zu verdunkeln. Schon taucht die Spize des großen Körpers auf: eine marschierende Truppe, die gegen den Kamm des Gebirges zieht, jenseits dessen die Russen seit Monaten liegen. Viele wandern dort in der Schar, die nie eine Landstraße zu längerem Marsch betraten, oft nur im Wagen darüber rollten oder sie von einem waldigen Hügel betrachteten. Aber viele aus den Dörfern ziehen dort durch das fremde Land und nehmen die Bilder der Landstraße in sich auf. Dachten einstmals, noch in friedlicher Zeit, die Heimatliche Landstraße begrenze die Welt und darüber hinaus sei das Leben nicht mehr lebenswert. Nun ge­wahren sie den Irrtum und sehen, daß das Leben überall gelebt werden kann.

Die Landstraße ist eine unheimliche Zauberin, die jeden festhält, der sich ihr einst anvertraute. Die Walzbrüder aller Länder wissen davon ein Lied zu singen, und wenn ein deutscher Dichter seufzend ausruft, er gäbe feinen Hofratstitel her, fönnte er als froher Bursch noch einmal über die Landstraße traben, fo mag dies etwas be­deuten. Wieviel früher tritt dies einem einfachen Bauernknecht nahe, der bisher unbefümmert und beschränkt im Dorfe lebte und nun sieht, wie groß und wie schön die Welt ist.

Von der

durch

aus oder kehrt wieder zur Straße zurüd. Ich aber sehe den einer ausgestorbenen Art stammen und zwar von dem neuerdings durch Menschenmassen nach, die am Horizont verschwinden. einen russischen Forscher in Zentralasien entdeckten Wildpferd. Dafür Was ersieht mein Blick in dem Hinstarren auf den zitternden spricht auch, daß alle geschichtlichen Funde darauf hinweisen, daß großen Fleck, der in der Ferne auf eine formlose Masse zusammen- das Pferd aus Zentralasien zu uns gekommen ist. Das erste dem ähnliche Tier( Anchitherium) wurde in der Nähe schmilzt? Das Sterben einer Jdeologie werde ich gewahr, die der Pferde ähnliche Tier( Anchitherium) Industrie neue Stämpfer zuführt und die Massen jener stärkt, denen von Athen bei dem Kloster Pekerni gefunden. das Brot die Heimat schafft. Ungeheuere Heere sind es, die zu den heutigen Form unterscheidet es fich hauptsächlich und die Zehen. Es ist anzunehmen, daß Städtern oder den Fabriklern" zu stoßen versprechen, die gleich die Zähne strömenden Bächen auf der Landstraße der Industrie zueilen. Eine dieses Tier mit allen drei gehen auf dem Boden stand. Gegen neue Armee, die die Grenzen der kleinen Heimat sprengt und nun Ende des Miozän macht das Anchitherium neuen Arten Platz. Es sind dies immer noch mehr gehen, doch tritt das Tier nur noch mit in die bisher verschlossene neue Welt eintritt. den Hufen der mittleren Behen auf( Hipparion). Die Fundorte von Hipparion find weit verbreitet. Jm Diluvium finden wir Neste von Pferden, die gar nicht oder nur wenig von den heutigen Pferden ab­weichen. Infolgedessen gehen die Meinungen etwas auseinander. Einige sprechen von zwei Arten, andere nehmen an, daß es nur eine Art, und zwar das heutige Pferd, gewesen ist.

-

Ich preise dich, Landstraße, die du wie so oft neues Blut dem Herzen des Fortschritts zuführst. Du, die die Dichter als Werdezeit des Poeten verherrlichen, du bist auch der Bundesgenosse jener, die in der Welt nur ein Menschengeschlecht fennen, das in gleicher Art auch überall die Existenzbedingungen findet.

werden.

Kleines Feuilleton.

Der Triumph der Modenarrheit.

Die Landstraße ist die alte Mutter geblieben, die ihre Kinder Beim Rinde mit seinen vielen Rassen gestaltet sich die Er­liebt und sie beschenkt. Sie wird auch derer nicht vergessen, die nun auf ihr anderen bewaffneten Menschen entgegenzieben und dabei in forschung seiner Abstammung schwieriger wie etwa beim Pferd. Die ihrer Seele den Wunsch tragen, wieder heimzukehren. Aber nicht Forschungen nach der Abstammung unserer heutigen Rinderrassen mehr in die alten dumpfen Verhältnisse, sondern in neue, von denen stüßen sich in erster Linie auf Knochen- und Schädelmessungen. man in den vielen Stunden träumte, wenn man mit der Waffe in Aus ihnen lassen sich vier Grundformen ableiten, das Ur­das Großstirnrind, das Langstirnrind, der Hand anderen Menschen gegenüber lag. Freilich, es werden oder Primigeniusrind Diese vielen Formen lassent sich leicht biele der Landstraße fluchen, die die Kinder der engeren Heimat das Kurzkopfrind. durch Kreuzungen und Vermischungen erklären, denn man könnte raubt. Aber fürchte dich nicht, Landstraße. Flüche wirken nicht. Und ich sehe im Geiste die vielen Landstraßen, wie sie sich jetzt neben der Geschichte der Völkerwanderung auch gleichzeitig eine Ge­behaglich in der Sonne dehnen und auf die Menschen zu warten schichte der Wanderung unserer Haustiere schreiben, wenn man, scheinen, die nach dem Kriege eine neue, weitere Heimat suchen wie dies das Wahrscheinliche ist, annimmt, daß diese vier Ab­Joh. F. arten von einer gemeinsamen Stammform herrühren. Dann ist ist dies wohl der Urochse oder Auerochse. Sein erstes Auftreten fällt in das Diluvium, wo er neben dem Bison vorkam. Er ver­breitete sich über ganz Europa , wurde aber immer mehr ver­drängt; im 16. Jahrhundert sollen die legten Tiere in der Gegend südlich von Warschau vorgekommen sein. Zahlreiche Knochenfunde und Untersuchungen bestätigen die Annahme, daß das alte ein­heimische Rind der gezähmte Ur, mit anderen Arten gefreuzt wurde. Der Köln . Ztg." wird geschrieben:" Schon lange hat die Die Kreuzung erfolgte mit Tieren der Wisentrasse und zwar mit trinoline wie ein drohender Krankheitsstoff in der Luft gelegen. den Bebus. Aus dieser Kreuzung entstanden unser Langstirnrind Dann machte sie sich, wenn auch noch schüchtern, in den Schau- und Kurzkopfrind, während die beiden anderen Arten zu den reinen fenstern der Damenmodegeschäfte bemerfbar. Gestern nun Formen des alten Stammes zu rechnen sind. habe ich die erste in der Ausübung ihrer Bestimmung Jeder, der sich in der Welt herumfah, tennt das Gefühl des gesehen, noch nicht auf der Straße, sondern vorerst nur in Wandervogels, der die Zeit zum Streichen fommen fühlt. Und die einem geschlossenen Gesellschaftsraum. Das war ihr noch nicht ganz Landstraße, die am Dorfe vorbeiführt, wird loden, rufen und werben gut bekommen; sie war etwas windschief und dreiviertel nach hinten Wie unter den Menschen viele zu einer vollen Entwickelung in mit einem Zauber, dem man nur schwer wird widerstehen können. Das war sie etwas eingedrückt, wie ein angebeultes Blechgefäß. Das Größe und Gewicht nicht gelangen können, ohne deshalb nur im ge­Dorf wird dem Heimgekehrten winzig flein ericheinen. Die Welt ist mochte daher kommen, daß sie in ihrer technischen Ausgestaltung ringsten an Lebenskraft zurückstehen zu müssen, so weist auch die groß, und auf der Landstraße figen Wagemut und Unternehmungs- noch nicht ganz auf der Höhe ist, oder vielleicht auch daher, daß es Baumwelt solche Individuen auf, die sogar teilweise eine ganz her­Lust und die Erkenntnis, daß die Welt Güter zu verleihen hat, ihrer Trägerin noch an der nötigen Gewandtheit mangelte, fie uns vorragende Langlebigkeit und gesunde Knorrigkeit aufweisen. Sehr die man sich in der weiten Welt fuchen und erringen tann. Man gefährdet durch Schlla und Charybdis der Umwelt hindurch zu bekannt sind die in den Felsen der Hochgebirge verwurzelten braucht nur die Landstraße zu betreten und gelangt ins Weite. bugfieren. Sei dem, wie es fet, die Tatsache steht fest: sie ist da! Konifeven, die sogenannten Latschen". Noch interessanter find Und es sind auf dieser Straße vor mir schon viele Tausende Und wenn manche Frau ihr heute noch mit einem kleinen Bittern ähnliche Erscheinungen der Hochmoore. So zeigte, wie Buder in marschiert, die die Jugend im tieinen Dorfe verlebten und nun aus und 3agen gegenübersteht, so wird es doch nicht lange mehr der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" mitteilt, ein Exemplar Rußland in die Karpathen gekommen sind und wenn sie das dauern, daß sie sich auf der Straße, in der Elektrischen, im Theater der Pinus montana , auf einem Moor des Schwarzwaldes, das ein Glück beschützt auch nach dem Süden wandern werden. Täglich und allenthalben breit macht. Denn der Mode gegenüber ist die Frau­Alter von 115 Jahren besaß und eine Stammdide von 4,2 8enti­rollen fich neue Bilder vor ihren Augen ab, die alte Welt, die fleine, mit einigen wenigen Ausnahmen ein Herdenwesen ohne eigenen meter, so daß auf den Jahreszuwachs eine Breite von 0,182 Milli­die die Landstraße einengte und umschloß, ist längst von den Er- Geschmack und Vernunft. Sie wird also auch die krinoline aufnehmen, meter trifft. Bei einer anderen Spirke", wie sie auch genannt fabrungen des Krieges gesprengt ein neues Leben hat begonnen. gerade so, wie sie vor einigen Jahren die zweck- und geschmacklose Hinter- werden, die eine Höhe von 6 Meter und 65-66 Zentimeter Stamm­Ach, der Lehrer in der Schule, der bei der Arbeitshilfe in feinem ichürze aufgenommen, zu der das Bergmannsleder( im Sprachgebrauch durchmesser erreichte, konnte ein Alter von über 1000 Jahren nach Garten den Kindern viele Geschichten über die Heimat erzählte, hat es eine etwas drastischere Bezeichnung) das Vorbild gewesen und dem Ringbefund unterster Weste errechnet werden; der Baum, der sprach nicht alles aus, was er wußte. Die Welt ist viel deren man heute noch hin und wieder eine verspätete sehen kann. Und sie bekannt älteste Badens, zeigte nicht die geringsten Altersschäden größer, man gewöhnte sich in diesen vielen Monaten an die Größe und scheint noch eine große Spanne gefunden Gedeihens vor sich und wird sicherlich die Heimat, deren Mittelpunkt die Kirche und der zu haben. Die ältesten Linden derselben Gegend weisen dagegen Friedhof bilden, zu klein finden. nur ein Alter von 700 Jahren, Gichen, Edelkastanien, Weißtannen usw. nicht über 400 Jahren auf.

-

-

-

Landstraße, du bist undantbar gegen die Menschheit! Sie ließ dich frei vom Ackerpflug und hält dich in stand. Und auf ihr flüchten dann die Kinder derer, die dich bauten, in die Weite.

-

wird die Krinoline tragen, wenn diese auch noch so unbequem und das Sizen in ihr leicht an empfindlichen Körperteilen schmerzlich werden fann. Daran wird nichts mehr zu ändern sein. Uns aber liegt ob, einem löblichen Zug der Beit folgend, für ihren französischen Namen eine gute deutiche Bezeichnung zu finden. Ich für mein Teil schlage

"

Die Abstammung unserer Haustiere.

Alte Baumzwerge.

Notizen.

-Eine Gedächtnisfeier für Ernst Mach veranstaltet die Humboldt- Akademie Freie Hochschule am Sonnabend, den 15. April, in der Aula des Realgymnasiums, Dorotheenstr. 12. Dr. M. H. Baege spricht über die Weltanschauung eines modernen Naturforschers". Eintritt frei.

Gänseforb" vor. Denn eine Gans steckt immer darin." Der Einsender dieser geharnischten Zuschrift mag es selbst ver Und das Lied, das du fingst, dieses betörende lockende Lied! antworten, daß er der Frau" mit wenigen Ausnahmen zutraut, Daß entlang deiner weißen Flanken auch viele Häufer stehen, sie werde sich durch diese Mißgeburt des zweiten Kaiserreichs ver­in denen Hunderte Arbeit finden können, ohne daß sie unstalten. Die proletarische Frauenwelt hat jedenfalls andere der Landstraße untreu zu werden brauchen! Die Wanderer Sorgen. sahen auf den vielen Märschen die Burgen der Industrie, die eigentlich gar nicht so fürchterlichen Gefängnissen glichen, als sie der Pfarrer oder der Dorflehrer schilderten. Und die Kameraden, Lederer an die Berliner Kunsthochschule die während des Marsches auf der Landstraße von der dreimal Es ist recht begreiflich, wenn der gebildete Mensch dem ent- berufen. Der neue Direktor der Kunsthochschule in Charlotten­feligen Friedenszeit erzählten, in der sie auf den Landstraßen der wicklungsgeschichtlichen Werdegang seiner Mitarbeiter aus dem Tier- burg Artur Kampf scheint neues Leben in dieser Anstalt erwecken zu ganzen Welt wanderten! Der einfache Bauernknecht schlürft gleich reich Intereffe entgegenbringt. In der Natur" behandelt Land wollen. Er hat jetzt die Berufung Hugo Lederers als Beiter einer einem berauschenden Trank diese Worte, die ihm neue Ziele geben, wirtschaftsschuldirektor A. Hans die Abstammung einiger unserer Bildhauerwerkstätte durchgesezt. Der Schöpfer des monumentalen die vor seinem Auge wie eine Fata Morgana entstehen und der Nuztierarten und deren Raffen. Jedenfalls hat der Mensch das und nicht bloß massigen Bismarckdentmals ist ein Mann, der das alten Tätigkeit in der engen fleinen Heimat ein Totenlied fingen... Pferd als Haustier später gehalten als Schaf oder Nind und Schwein. Handwerkliche von Grund auf gelernt hat und der dadurch berufen Der Staub wirbelt um die Truppen, breitet sich auf dem Nain Wir müssen annehmen, daß das heutige Pferd und seine Maffen von scheint, auch als Lehrer gesunde Bahnen einzuschlagen.

8]

Endrik Kraupatis.

Eine litauische Geschichte von Ernst Wichert .

Draußen in der fühlen Luft aber ging ihm schon nach wenigen schwankenden Schritten ganz die Besinnung aus. Er stolperte über Steine, stieß gegen Bäume und schimpfte in den derbsten Ausdrücken auf das nichtsnugige, betrunkene Volk; das ihn nicht ruhig seines Weges gehen lassen wollte. Endlich gelangte er doch an das Mühlenhäuschen, kroch die Steinstufen hinauf und wollte die Tür öffnen. Sie war ver­schlossen, und es mochte ihm nun dunkel durch den Sinn gehen, daß ihm der Eintritt verboten sein sollte. Darüber entrüstete er sich in lauten Drohreden und fing an, mit Fäusten gegen die Tür zu schlagen. Dabei verlor er das Gleich gewicht, taumelte zur Seite und stürzte die drei Stufen hinab. Unten blieb er bewußtlos liegen.

Als er am anderen Morgen ziemlich spät erwachte, sah

Die Wahrheit die Wahrheit! Infam gelogen haft Du, Schurke. Vorgestern ist's herausgekommen." " Nein, Müller, gelogen hab' ich nicht, damals nicht und auch nicht vorgestern."

"

"

Was? Du willst auch jetzt noch behaupten, daß ich die Mühle ange- Er verschluckte sich und hustete eine Weile. Der Alte blieb ganz ruhig. Ich will behaupten, was immer behauptet habe. Denn das ist wahr."

ich

,, Du hast mich mit Deinen blinden Augen gesehen?" Meine Augen sind nicht so blind."

" In der dunklen Nacht?"

"

Es war nicht so dunkel, und ich hatte vorher die Luke geöffnet, weil ich aufgestanden war, nach den Schüßen zu sehen. Es war großes Wasser, und sie konnten von dem Ge­sellen nicht aufgezogen sein, als er fortfuhr."

,, So magst Du einen Menschen gesehen haben, aber nicht mich." Es muß sich ia jemand eingeschlichen haben, der das Feuer angelegt hat."

er fich auf einem Strohlager in einem niedrigen und engen Deinem Gang und an Deiner Kleidung_sch kenne Dich

Gemach, dessen hintere schmale Wand mit Kleidern behängt

Dich hab' ich gesehen, Müller, " Pah!"

an

war. Auf einem buntbemalten Holzkasten dicht am Ausgange" Ich hab' aber auch Dein Gesicht gesehen. Du famft mir auf der anderen Seite saß der alte Ensikat, die Füße auf ganz nahe vorbei- mit der Hand zu faffen. Ich war hinter einem Schemel, und rauchte aus einer kurzen Pfeife, die ihm die Getreidesäcke getreten, als ich jemand kommen hörte, und im Mundwinkel hing. Er schien hier auf des Herrn Erwachen Du gingst mir gerade so vorüber, daß Dein Gesicht sich gegen zu warten. Kraupat richtete sich auf, blickte noch im halben die offene Bufe abzeichnete. Es ist gar fein Irrtum möglich." Dusel um, erkannte den Alten und schrie ihn an: Verfluchter" Das alles hast Du so zusammengelogen, damit es glaub­Hund, was willst Du von mir? Ich lass' mich nicht ein- haft erscheint." Sperren."

" Ich hab's beschworen."

" So hast Du falsch geschworen." ,, Müller! Das sage nicht noch einmal. Gott wird Dich strafen."

jener Nacht gar nicht in der Mühle sein können. Das hat vor­gestern auch das Gericht anerkannt."

den Kopf gefagt, daß sie ligt, so wär's gegen mich losge­gangen: Seht den rachsüchtigen Menschen, er will des Müllers Verderben!" Aber Gott weiß, daß ich Dein Ver­derben nicht gewollt habe. Meine Schuld ist's nicht, daß Du Dich selbst tiefer und tiefer hineinbringst."

Araupat sprang vom Lager auf und gab dem Alten einen Stoß, daß er vom Kasten herabflog. Willst Du die Jlsze Balnus in Deinen Gedanken meineidig machen, Du Schuft?"

Ensikat erhob sich stöhnend und hinkte nach der Tür zu. " In meinen Gedanken ist sie's," sagte er, denn ich weiß, was ich weiß, und Du wirst es aus mir nicht herausschlagen. Die Fisze ist von Deiner Mutter bestochen, vor Gericht die Un­wahrheit zu sagen und Dich herauszulügen

Der Müller drang wieder auf ihn ein. Schweige, Hund, oder ich schlage Dir den Schädel ein-"

Der Alte hielt nicht einmal zur Abwehr seinen Arm vor. Schlage zu, Müller, dann bin ich in Gwigkeit still. Aber Gott sieht und weiß alles, und den wirst Du nicht hinter­

"

Du mir angetan hast, da Du mich als einen Lügner und Meineidigen vor Gericht hast überführen wollen. Das hat aber nur geschehen können durch einen Meineid. Das Gericht hat dem falschen Zeugen geglaubt, und Du bist freigesprochen. Darüber freue Dich, wenn Du kannst. Von mir aber fordere nicht, daß ich Dir ins Gesicht lüge. Schlage mich tot- Du hast doch die Mühle angestedt."

gehen. Mir fannst Du schon nichts Schwereres antun, als

www

Kraupat ließ die erhobene Hand sinken; er mochte fürchten, daß es dem Alten wirklich ans Leben gehen könnte. Er lachte auf. Schrei's doch im Dorf herum; man weiß dann erst recht, was man von Dir zu denken hat. Ich will mich an so einem nicht versündigen." Leiser fuhr er fort: Wenn Du aber nicht ganz dumm und vernagelt bist, so nimm Deinen Vorteil wahr und stelle Dich mit mir auf guten Fuß. Sage den Leuten, daß Du Dich geirrt haben kannst."

,, Nein, Müller, ich will mit reinem Gewissen sterben." Was ist's denn weiter? Du kannst Dich doch geirrt " Das kann ich nicht."

haben."

Du bist nicht eingesperrt, Herr," antwortete Ensikat in litauischer Sprache. In der Nacht hab' ich Dich gehört an die Tür klopfen. Weil Dir doch nicht geöffnet wurde, stand ich auf und ging hinaus. Da fand ich Dich ganz betrunken" Ich sage, Du hast falsch geschworen. Denn ich habe in an der Treppe liegen, erbarmte mich Deiner und schleppte Dich in meine Kammer hinein. Auf meinem Bett hast Du ausgeschlafen, während ich an der Erde lag. Ein verfluchter Hund, denk ich, war's nicht, der das für Dich getan hat." Und ein verfluchter Hund bist Du doch," rief Kraupat, die Faust gegen ihn ballend. Du hast mich ins Unglück ge­bracht." " Das ist mir leid genug gewesen," antwortete Ensikat, Das weiß ich nicht. Ich habe kein Wort zurück­,, war aber doch nicht zu ändern. Ich habe mich als Zeuge genommen. Ich habe nur gesagt, es kann ja sein, daß Du heit sagen." nicht gestellt, sondern Du weißt wohl, daß sie mich vorge- mit der Person etwas zu tun gehabt hast und daß sie in gutem" So ersticke daran, Du Hund!" schrie der Müller, riß die fordert haben, und da hab' ich denn auf meinen Eid die Wahr-| Glauben meint, es sei in jener Nacht gewesen ich sah ja Tür auf und stürmte fort. heit sagen müssen."

Der alte Mann seufzte. Ich habe gehört, was die Ilsze Balnus ausgesagt und beeidet hat. Sie hat mir's auch auf Befehl des Herrn Präsidenten ins Gesicht wiederholt und das hat sie dreist genug getan-"

,, Du aber bist unsicher geworden."

doch, wie's geplant war, Dich zu retten. Hätt' ich ihr's auf

" Und Du wirst auch ferner bei Deiner Beschuldigung bleiben?"

Wenn man mich fragt, werde ich nach wie vor die Wahr­

( Forts. folgt.)