Nr. 94.- 1916.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Donnerstag, 20. April.
Der polnische Jude.
Von Dr. Jakob Fromer.
Das
Die Ensembles fönnten jedoch leistungsfähiger sein. Und die Spielleitung wird noch tüchtig arbeiten müssen, bis alles flappt, wie es notwendig ist. Denn in den ersten drei Bildern wollte es am vor zu langen Baufen. Dienstag gar nicht recht lebendig werden- Hernach war ein flotteres Tempo. Und der Humor kam zu ſeinem Recht. Da stellte sich denn auch der Applaus ein, der oft stürmisch ek. laut wurde und bis zum Schluß anhielt.
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über
erklärte,
auf das geringste Versehen gesetzt ist. Wie qualvoll er sich die Hölle wird sich schon an Einzelheiten wie ganzen Szenen erfreuenausmalt, geht aus der Sage hervor, die man sich im Getto von Die Sigung des Mottenburger Stadtparlaments, das Septett der einem Märtyrer erzählt, dem bei lebendigem Leibe die Haut ab ortssässigen Klatschbasen, so da zugleich die Spigen der„ feinen" gezogen wurde. Dabei hielt er fortwährend seine Gedanken auf Gesellschaft verkörpern: dies und manche andere Vorgänge noch sind Gott gerichtet. Nur einen Augenblick verließ ihn die Willenskraft. höchlich ergögende Dinge. Auf ihre Herausarbeitung wurde offenMancher der jetzt in Russisch- Polen weilenden deutschen Krieger Dafür mußte er auf dem Wege zum Paradiese die Hölle passieren. sichtlich auch viel Sorgfalt verwendet. Dazu treten einige darwird wohl die Gelegenheit wahrgenommen haben, sich die dortigen Später offenbarte er sich einem Freunde und erzählte ihm, daß seine ftelleriiche Gesangskräfte von erprobtem Ruf: Hans Waßmann , Getto- Juben, von denen er so vielerlei Sonderbares gelesen und Todesqualen sich zu der Bein, die er in den wenigen Augenblicken Gertrud Hesterberg, Eugen Rey, Karl Wallauer vor allen. gehört hatte, näher anzusehen. Wenn er sich mit ihnen eingehend des Aufenthalts in der Hölle empfunden hatte, wie ein Tropfen zum unterhalten, einen Einblick in ihr Leben und Treiben gewonnen hat, Meer verhielten. Umso großartiger malt sich der polnische Jude wird er sich vielleicht enttäuscht gesagt haben, daß diese Menschen seine Paradiesesfreuden aus. Er begnügt sich nicht mit einem sich wohl durch Kleidung und Sprache und sonstige Aeußer- Palaste, einem Lande, einer einzigen Welt. Nicht weniger als lichkeiten etwas feltsam ausnehmen, im Grund aber ich 310 Welten werden ihm drüben zur eigenen Verfügung gestellt von anderen Volksschichten, die unter ähnlichen Verhältnissen werden. leben, nicht unterscheiden. Wie verfehlt eine solche Betrachtungs- Eine andere auffallende Erscheinung im Leben des polnischen weise wäre, können wir am deutlichsten ersehen, wenn wir einen Juden, die sich bis auf die Zeit verfolgen läßt, da die Menschen aus unserer nächsten Umgebung, dessen Leben vor uns wie Juden durch die Eroberung des Drients durch Alexander Nahrungsmittel im Kriege. ein aufgeschlagenes Buch zu liegen scheint, zu ergründen versuchen. den Großen mit der griechischen Philosophie in Berührung gefommen Nahrungsmittel find in erster Linie zum Essen bestimmt und daß Da, würde es uns wenig nügen, wenn wir wissen, wie er sich bei sind, ist das„ Lernen", wie er das Studium des Talmud nennt. sie zu namentlich im Kriege es aber auch recht nützlich ist dieser oder jener Gelegenheit benimmt und äußert. Worauf es uns wenn es nach seinem Herzen ginge, würde er von der Wiege bis untersuchen, das zeigte ein Vortrag von Prof. Thoms, dem Direktor eigentlich anfommt, ist, zu erfahren, wie er kraft der in seinem zum Grabe ununterbrochen lernen. Das ist freilich nicht ganz durch des Pharmazeutischen Instituts der Universität Berlin in der Deutschen Unterbewußtsein wirkenden Triebe, die auf dem Wege der Ver- führbar. Das Leben nötigt ihm manche Baufen ab. Diese Unter Pharmazeutischen Gesellschaft. Das Institut, dessen Leiter Thoms ist, erbung auf ihn gekommen sind, in allen Lebenslagen und bei allen brechungen" sucht er auf das Mindestmaß herabzudrücken. In zwei hat für die Kriegszeit die Untersuchung der Nahrungsmittel für Gelegenheiten auf bestimmte Reize gleichmäßig reagieren muß. Diese bis drei Jahren eignet er sich im Cheeder, der Elementarschule, in die einen Berliner Vorort von 100 000 Einwohnern Triebe, in denen allein das Wesen zum Ausdruck kommt, sind freilich er im fünften Lebensjahre kommt, hastig die für das Talmudstudium nommen. Man darf aus den Ergebnissen dieser Untersuchungen stets durch äußere Einflüsse gefärbt. Dennoch schimmern sie durch notwendigen Vorkenntnisse an: die Uebersetzung der Gebete und des wohl auch einen Schluß auf den Zustand unserer Nahrungsmittel fede Lebensäußerung durch. Um sie zu erkennen und mit unwesent- Pentateuchs in seine Muttersprache, das Jüdisch- Deutsche. während der Kriegszeit ziehen. Das wichtigste Nahrungsmittel und lichen Zügen nicht zu verwechseln, müssen wir in dem Menschen, den ist alles. Für die übrigen biblischen Bücher, Schreiben und wir zu ergründen suchen, gleichsam untertauchen, mit ihm fühlen Grammatik, hat er feine Zeit. Die Beschäftigung damit gilt für häufigste Verfälschungsobjekt ist die Milch. Die untersuchten Milchund wirken und leiden, und dabei unsere eigenen Neigungen und Wünsche ihn sogar als anstößig. An profane Kenntnisse, wie die Landes- proben, es waren 209, waren zu 26,3 Proz. verfälscht und hauptsächlich war das Verfälschungsmittel Wasser. Auf den Gea und Urteile nach Möglichkeit ausschalten. Wenn wir uns derart mit sprache, Rechnen und andere weltliche Lehrgegenstände, ist überhaupt bieten der Kohlehydrate hat es an Angaben zum Zwecke des feinem Leben vertraut gemacht haben, müssen wir, ohne Haß und Liebe, nicht zu denken. Die Beschäftigung mit ihnen ist für ihn sogar Ersages wirklich nicht gefehlt. Geheimrat Thoms sozusagen von der Vogelperspektive aus, seine Erlebnisse als Indivi- mehr als anstößig, fle ist gottlos. Nun stürzt er sich auf das vor kurzem habe er bei einer Militärbehörde ein Schild gesehen duum und Volksglied zu erfassen, jeden Zug, den wir bei ihm ge- Bernen. Er lernt bis zu seiner Verheiratung, die im Alter vom mit der Aufschrift: Erfinder werden nicht angenommen. Dasselbe funden haben, bis auf die Uranfänge feiner Geschichte hinauf 18. bis zum 18. Jahre zu erfolgen pflegt, auf Kosten seiner Eltern. Schild, meinte er, hätte man auch auf diesem Gebiet anbringen zuführen suchen, um beurteilen zu können, ob er echt oder wesentlich Er lernt als verheirateter Mann, auf Kosten seiner Schwieger- sollen. Am schlimmsten sieht es wohl bei den Fetten aus. Wenn ist oder nicht. dazu eltern, solange sie ihn mit seiner Familie erhalten können. Wer den polnischen Juden so betrachtet, wird bei ihm vor allem Er lernt vom frühen Morgen bis spät in die Nacht. Einmal wöchent- man auch heute Butter nicht mehr zur Untersuchung bekommt ist sie wohl zu kostbar so hat schon zu Beginn des Krieges festeinen Hauptzug finden, worin er fich von allen anderen Menschen ich nimmt er fogar noch die ganze Nacht hinzu. In der kargen unterscheidet. Im allgemeinen pflegt sich das Leben der Völker auf Mußezeit, die er sich gönnt, beschäftigt er sich mit Erfindungen. Eine gestellt werden können, daß auch Butter sich durch reichlichen Wassergehalt einer sozialen, politischen oder ökonomischen Grundlage aufzubauen. feiner Lieblingsideen ist, ein Mittel zur Abschaffung des Schlafes zu auszeichnete, und sogar eine Margarine wies 18 Broz. Wasser auf. Hervorgehoben sei ein deutsches Salat- und Speiseöl aus ErdIn dem Leben des polnischen Juden aber ist das religiöse Moment erfinden, den er als feinen ärgsten Feind ansieht, weil er ihm soviel nuß, das ätherische Dele des Senfs enthielt. Es iſt nahezu unver einzig ausschlaggebend, während das politische, ökonomische und fo- von seiner tostbaren Beit raubt. Wenn ihn seine Schwiegereltern ziale nur eine sekundäre Rolle spielen. Das läßt sich aus der theo- nicht länger erhalten können, geht er hinaus und ergreift einen antwortlich, meinte Prof. Thoms, ein derartiges Del unter dieser Bezeichnung in den Verkehr zu bringen. Ein Backbutterersatz zeichnete fratischen Regierungsform erklären, die das Judentum von Anfang Nahrungszweig. Er macht ein Geschäft auf, geht haufteren oder sich dadurch aus, daß er etwa 4 Broz. Fett enthielt und im übrigen an hatte. Der Außenstehende wird sich kaum einen Begriff davon wird Lehrer. Über dies find alles für ihn nur Nebenbeschäftigungen, sich als eine Auftochung von Milch mit Stärke erwies. Schon der machen können, wie zahlreich und kompliziert die religiösen läftige Störungen, Unterbrechungen. Seine Hauptbeschäftigung ist Großhandel forderte für dieses eble Erzeugnis 2.40 W. Wie vors Pflichten des polnischen Juden sind, und mit welcher Opfer- und bleibt das Lernen. Wo er nur immer eine freie Stunde er- fichtig man bei der Prüfung von Vorschlägen für Fettgewinnung willigkeit und Selbstzucht er sie zu erfüllen bestrebt ist. haschen fann, am frühen Morgen, abends, am Sabbath , in den aus den neuen Quellen sein muß, beweisen neueste Untersuchungen, Es ist feine lebertreibung, wenn gefagt wird, die Geheimrat Thoms angestellt hat. Es wurde als Fettquelle auf in religiöser ober, ja dasselbe ist, in fittlicher Feiertagen, versenkt er sich in das Studium des Talmud . die sogenannten Fettbäume verwiesen, zu denen auch die Linde geBeziehung der disziplinierteste Mensch der Welt ist. Selbst der hören sollte. Es sollte im Frühjahr sich aus der Linde etwa 10 Proz. Japaner, deffen pflichtbewußte Selbstverleugnung so außerordentlich Fett gewinnen lassen. Eine Linde des Botanischen Gartens wurde start entwickelt ist, reicht an ihn nicht heran, Es gibt bei den für die Untersuchung geopfert, die Rinde und das frische Holz polnischen Juden feine noch so geringfügige Lebensäußerung, die analysiert und der Fettgehalt war im höchsten Falle 1,6 Proz. Dazu nicht mit einer langen Rette von Vorschriften belastet ist. Und kommit noch, daß sich diese geringen Mengen Del wegen ihrer er schleppt sie alle freudig und sucht womöglich immer schaffen. dünkt Wie schwer es deit neue modernen สิน Mit dieser Gesangsposse von D. Kalisch und A. Weihrauch als sonstigen Beschaffenheit nicht für Genußzwecke eignen. Von der Menschen, dem neu- testamentlichen Keuschheitsideale nachzu- Textverfassern und Rudolf Bial als Komponist wird ein Zeitbild großen Gruppe der Eiweißkörper, also vom Fleisch und den Fleischleben! Der polnische Jude, der im Grunde eine start erotische aus dem älteren Berliner Bolts- und Theaterleben, das auch noch waren ist nicht allzuviel zu sagen, denn meist war es die Sippe Natur ist, geht darüber weit hinaus. Er vermeidet es nicht nur, heute feine Reize hat, in aufgefrischter Gestalt vor uns hingestellt. der Würfte, die in der Kriegszeit entartete, und was sich alles schameine fremde Frau anzublicken, schon der bloße Gedanke an sie ist Die Poffe mit Gesang war dazumal typisch. Das Couplet war zu voll unter der Wursthülle berbarg, das verschwieg des Sängers volkstümlicher. Damals hat es höflichkeit. für ihn eine Sünde, ein Verbrechen. Selbst seiner eigenen Frau feiner Zeit sangbarer und gegenüber beobachtet er eine Zurückhaltung, die dem modernen eine gewisse lajjizität befesien. Es ist erstaunlich, jezt wieder zu Empfinden geradezu unfaßlich ist. Er ipeist mit ihr nicht an einem erfahren, wie viel von jenem Melodienschatz in die„ moderne" Operette Tisch, geht mit ihr nie aus, läßt sich mit ihr nicht in weitläufige unserer Tage hinübergenommen ist. An der Vialschen Musik ergött Unterhaltungen ein.„ Wer mit seiner Frau viel spricht, zieht sich die Originalität und humorvolle Frische. Jeder wird sich dies oder Unannehmlichkeiten zu, wird von seinen religiösen Pflichten ab- jenes herausnehmen fönnen: Marsch und Walzerrhythmen, oder gelenkt und kommt am Ende dadurch in die Hölle." Wie alt Couplets. Ihrer ist eine große Menge da. Ulfig wird beispielsweise biefer Bug ist, zeigt ein Blick auf die Patriarchengeschichte. der Inhalt einer Zeitung in Wufit gesetzt. Und ein Eligier hat diefe Sarah hält sich im Nebenzimmer auf, während Abraham bei sich altberliner Gesangspoffe der wienerischen voraus: von Sentis Gäste bewirtet. Der fromme Hiob sagt von sich:" Ich habe einen mentalität beinah keine Spur. Kleinbürgerliche Lebensführung ist Bund gemacht mit meinen Augen, daß ich auf eine Jungfrau Trumpf. Aber die Berliner Spottluft reibt sich zu gern an der ruhmredigen Winzigfeit provinglicher Strähwinfelet. Daß der Wit nicht achtete." noch zumeist im Wortspiel- allerdings stets schlagfertig zugespitzt sich äußert, gehört zu den Grundelementen des Berlinertums von einst und heute.
daß
er
( Schluß folgt.)
Kleines Feuilleton.
Volksbühne:„ Die Mottenburger".
Notizen.
- Das verbotene Esperanto. Die Schwierigkeiten, die sich dem Verkehr der Bevölkerungen der Alliierten untereinander infolge des Sprachgemifches und der geringen Kenntnis frember Sprachen namentlich in England entgegensetzen, wurden bisher wenigstens einigermaßen durch den Gebrauch des Esperanto ver mindert. Aber die französische Zensur ist erbarmungslos, und die Anhänger des Esperanto haben allen Grund zur Trauer: die fran zösischen Postbehörden haben nämlich jetzt auch jederlei Verkehr in Esperanto aufs strengste untersagt.
- Der weißrussische Sachsenspiegel. Wie die Eine viel spätere, wahrscheinlich durch die Berührung mit den Bersern erivorbene Eigentümlichkeit des polnischen Juden ist das Wilnaer fleinrussische Zeitschrift Homan" mitteilt, wurde in einer Bibliothek die Handschrift einer weißrussischen Uebersehung des Hinzielen auf das Jenseits. Er faßt das Leben als einen vor Man wird also Herrn Reinhardt schwerlich grollen, daß er Sachsenspiegels aus dem 15. Jahrhundert entdeckt. Im Jahre 1387 übergebenden Aufenthalt, als einen Markt auf, wo er sich die Die Mottenburger" wieder auf die Bühne gebracht hat( ob sie wurde Wilna das Magdeburger Recht verliehen und das deutsche für das Jenseits nötigen Dinge anzuschaffen hat. Dabei aber muß er sich jeden Augenblick in Acht nehmen, daß er nicht gerade ins Programm der Freien Volksbühnen und für deren Recht, wie es im Sachsenspiegel sich niedergeschlagen hatte, Und man eingeführt. etwas Nachteiliges einhandelt. Ungeheuer groß ist die Strafe, die Bildungszwecke passen, ist freilich eine andere Frage).
14]
Endrik Kraupatis.
Eine litauische Geschichte von Ernst Wichert .
Jegt erkannte auch die Müllerin ihren Mann. Heinrich ," rief fie ihm in fuchtbarer Seelenangst zu, laß es nicht geschehen nur das nicht! Bezeug es ihm, daß er unschuldig ist! Wenn Du Gott fürchtest, bezeuge es ihm! Herr Krause, hören Sie meinen Mann!"
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Der Gendarm war zu Ensikat eingestiegen und drückte den Alten auf den Strohsiz nieder, da er die Hand aufhob und fortwährend schrie:" Ich schwöre es, daß ich die reine Wahrheit gesagt habe ich schwöre es-"
" Fahr zu, Jurgis!"
Das Fuhrwert setzte sich in Bewegung. Man hörte bald nur noch die Beitsche knallen.
Kraupat stand noch immer am Baum. Er war freidebleich. Ihm schlotterten die Kniee. Man meinte, es geschehe aus Merger über seine Frau, und redete ihm zu, hineinzugehen, um fie zu beruhigen, damit sie nicht noch größeren Skandal mache. Ja, die Weiber! Bei dem Punkt verstehen sie keinen Spaß." Er suchte sich zu fassen, dankte grinsend und schritt auf das Häuschen zu. So geht's nicht weiter," murmelte er in sich hinein. Auf der Platte über den Stufen stand seine Mutter, die hinausgetreten war, um die Abführung Ensitats mit anzusehen. Da haben sie nun den richtigen Brandstifter," sagte sie. ,, Es kommt alles einmal zu Tage."
"
Er faßte ihren Arm und zog sie hinein. Somm mit,
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Er ging indeffen nach dem Fenster und schloß dasselbe. Die Müllerin schien gar nicht weiter auf ihn zu achten, sondern wendete sich der alten Frau zu und fragte scharf:„ Was willst Du? Hab' ich Dir nicht verboten, mein 8immer zu betreten?" Du hast hier nichts zu verbieten," schrie Kraupat sie an. Meine Mutter fann eintreten, wo sie will, und wenn ich sie auch meine Frau mitbringe, soll niemand sie hinausweisen nicht." „ So werde ich gehen," antwortete sie und machte ein paar Schritte nach der Tür. Er vertrat ihr den Weg. Du bleibst. Ich habe mit Dir zu reden und meine Mutter soll Zengin sein." Frau Berta hob drohend den Finger:" Daß Dich's nur nicht gereut!"
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Was soll mich gereuen? Es geht so nicht weiter. müssen ein Ende machen." Was heißt das?"
" Das heißt, wir müssen uns scheiden lassen." „ Klage doch gegen mich."
Wir
" Ich? Weshalb soll ich lagen? Ich habe keinen richtigen
Grund."
,, Was willst Du also?" ,, Du aber
1920-1920
,, Das geht Dich nichts an." " Das geht mich sehr viel an. Ich kann so nicht mit Dir leben. Du mußt flagen." „ Ich muß?"
med spout " Du hast guten Grund." " Aber ich hab' Dir's schon einmal gesagt: ich will mir die
Mutter," rief er ihr zu, Du sollst dabei sein, wenn ich ein Schande vor Gericht nicht machen. Wir sind gefchieden."
ernstes Wort mit ihr rede." Mit Deiner Frau?"
msa."
Raß mich. Sie leidet mich nicht bei sich, die Hochmütige." Er stieß die Stubentir auf und platte hinein. Mare war nicht zu Hause. Das gab ihm noch mehr Mut. Bist Du denn ganz irrfinnig geworden, Weib," schrie er, daß Du so verrückte Geschichten machst? Was soll man davon denken? Ich habe Dich hier wohnen laffen. Wenn Du's aber so treibst, daß ich mich Deiner schämen muß-"
Berta sah ihn mit einem Blick von oben an, der ihn berstummen machte. Du Dich meiner schämen-?"
Ich sage- wenn Du's so treibst" stotterte er, zwingst Du mich, Dir die Fenster zu vernageln oder die Tür zu zeigen - zwingst Du mich."
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"
Und ich soll mit der Jlsze gehen? Das macht Dir noch mehr Schande, wenn Du nicht flagst." „ Mir-?"
Leg's nicht so auf die Wage. Ich bin nun einmal in ihrer Macht." Weshalb bist Du's? Mutter Gegenwart sagen? Gericht ausgesagt hat." Berta- 1"
"
Soll ich das wirklich in Deiner Weil's nicht wahr ist, was sie vor
,, Weil sie einen falschen Gid geleistet hat." Die alte Kraupatene warf ihr einen giftigen Blick zu. ist unverschämt."
"
Das
Schweige Du," rief die Müllerin, auf Deine Anftiftung ist's geschehen."
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4
Die Alte wurde ganz blau im Gesicht. So- fo zischelte sie, weißt Du das, mein Schäfchen, weißt Du das?" Kraupat jah nicht von der Erde auf, fnurrte aber ärgerlich: Du wagst, meine Mutter zu beschuldigen?"
Du willst ja, daß sie Zeugin zwischen uns sein soll," antwortete die Müllerin verbiffen. Mag fie's denn wissen, weshalb ich sie berachte."
Höre, mein Täubchen," höhnte die Kraupatene, dicht an fie herantretend, wenn Du Recht hättest, wie stünd's dann? Endrik ist unschuldig ins Zuchthaus gebracht. Seine eigene Frau hat nicht den kleinen Finger gerührt, ich aber, seine Mutter, hab' ihn befreit! Wenn Du Recht hättest, mein Täubchen-"
Die Müllerin atmete aus schwerer Brust, feuchend und gegen einen Sustenanfall kämpfend. So wisse denn," sagte sie, ,, was ich so lange verschwiegen habe, was ich gemeint hatte, in mein Grab mitnehmen zu können: er hat doch die Mühle angesteckt."
„ Wer?"
„ Dieser hier."
„ Du lügft."
,, Mag er selbst mir's ins Gesicht sagen, daß ich lüge, wenn er fann." Sie wendete sich gegen ihn. Es ist nicht wahr, daß Du in jener Nacht außer dem Hause gewesen bist. Du meintest, ich schliefe, aber ich schlief nicht. Ich habe Dich aufstehen und die kleine Laterne anstecken gesehen. Und dann hast Du aus einem Versted hinter dem Ofen Lappen und Werg genommen, aus der Kanne Petroleum darauf gegossen, vom Raminsims die Zündhölzchen in die Tasche gesteckt, die Schuhe ausgezogen und die Laterne wieder ausgelöscht. Darauf hab' ich Dich hinausgehen gehört. Ich wunderte mich, aber ich dachte, es sei etwas an den Werken zu tun. Nach einer Viertelstunde bist Du wiedergekommen und hast Dich zu Bett gelegt. Aber es litt Dich nicht lange. Du bist wieder aufgestanden, hast Dich fertig angezogen und bist fortgegangen. Nun schlief ich ein. Ich fann nicht lange geschlafen haben der Feuerlärm wedte mich. un fage- daß ich lige nun flage mich der Herzlosigkeit an, daß ich Dich nicht aus dem Zuchthaus befreit habe, wie Deine Mutter-nun verlange, daß ich mich dieses Ehebruchs wegen scheiden lasse nun wirf mir vor, daß ich in Aengsten aufschreie, wenn ein Unschuldiger ins Gefängnis geschleppt und vielleicht verurteilt wird. Heinrich, Heinrich! Deine Sünde nährt sich von ihrem eigenen Fleisch und wächst höher und höher jeden Tag. Sie wächst Dir riesenhoch über den Kopf." ( Sorts. folgt.)
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