Nr. 216.- 1916.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Donnerstag, 14. September.
Hosen.
Von Emil Unger.
Und Sonntag würden sie ins Freie gehen und mal in ein Konzert, um was für's Gemüt zu haben.
sterblichkeit in den ersten fünf Kriegsmonaten, wo noch kein Milchmangel herrschte und auch die Frauenarbeit noch keine starke AusJette Lehmkes blasses, spiges Gesicht hatte sich tief gerötet vor breitung erfahren hatte, eine große Zunahme erfuhr, die als eine Erregung. Ihre Augen ruhten mit innigem Glanz auf einem un- Begleiterscheinung des Kriegszustandes betrachtet wird. In den bestimmten Punkt an der weißgetünchten Wand. Ihr Herz flopfte sieben Monaten vor dem Kriege betrug die Säuglingssterblichkeit beiß und rebelisch. Ach, wenn er jetzt zur Türe hereintäme, ihr in Charlottenburg im Mittel nur 12,68, in den fünf Kriegsmonaten Dicker, jovial lächelnd, und sagen würde:" Na, Jettchen, nu mach' dagegen 15,44 auf 100 Lebendgeborene und das Jahr bezogen. Die man Schluß, wir wollen in die Kaleiche jehn," nein, wenn er das Säuglingssterblichkeit blieb im Jahre 1914 in Charlottenburg mit sagen würde 14,02 auf 100 Lebendgeborene nur wenig hinter der 1911 beobachte ten Sterbeziffer( 14,24) zurüd. Und das Jahr 1911 hatte infolge des außergewöhnlich heißen Sommers eine besonders große Säug lingssterblichkeit zu verzeichnen.
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Die Nähmaschine ratterte vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Kaum daß ihr während der kurzen Pausen, in denen die Näherin ihre schnell bereiteten Speisen herrichten und einnehmen mußte, vorübergehend Ruhe gegönnt wurde. Nun ja, die Arbeit drängte, und zum Vergnügen radert sich wohl niemand ab, wenig. Sie merkte gar nicht, daß es rings um sie dunkler wurde. Erst stens nicht die Jette, die hier so emsig strampelte. Manchmal wurde als das Licht einige Male auf und niederzuckte und ganz zu eres ihr sogar sehr sauer, man war doch auch nur ein Mensch. Am löschen drohte, dachte sie daran, daß sie einen neuen Groschen in den Abend vorher hatten die Unterwohner an die Decke geklopit, da- Automaten stecken mußte. Der Glanz in ihren Augen erstarb langmit das Geratter aufhören sollte, es war bereits um die elfte Stunde. fam, die Röte auf ihren Wangen machte wieder einer frankhaften Jawohl, Jette konnte arbeiten. Von Kindesbeinen hatte sie es Blässe Blaz und ihre Seele kehrte aus den Gefilden des Glücks gelernt, und seit ihrer Schulzeit war jeder Bissen Brot, jedes müde in den grauen Alltag zurüd. Nachdem der Automat geKleidungsstück von ihren Händen verdient worden. Bis auf den speist war, nahm Jette ihre Arbeit wieder auf und nähte Hosen, heutigen Tag. Gott , wenn man doch wenigstens mal gewußt hätte, Hosen für was oder für wen man sich quälte, aber so... kein Kind und teine Maus... fein Mann...
Die rechte Hand griff nach
Jette Lehmke hielt mit Treten ein. dem Rädchen zur Seite und bremste. Wenn Jette soweit mit ihren Gedanken kam, dann mußte sie immer schnaufen. Keinen Mann zu haben!
auf einige Minuten berJettes Geficht schien noch spiker und fahler beim Sinnieren zu werden. Das grelle Licht der Gaslampe fiel schräg auf sie nieder und ließ ihr Profil scharf heraustreten. Sie blickte sich müde im Raume um, der eigentlich eine Küche war, aber zugleich als Wohnund Schlafftube und auch als Werkstatt dienen mußte. Wie lange hauste sie nun schon darinnen- ach, ja, sie entsann sich genau, es war an ihrem 21. Geburtstag, als sie diese Küche bezog. Es stand noch alles wie damals. Links das Bett, dicht am Fenster, rechts das Kleiderspind, und zwischen beiden die Maschine. Nicht viel und doch genug für eine bescheidene Seele.
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Lazarettbilder.
Von Karl Gast( 3. 8. im Lazarett). Beim Frühstück fündigt es uns der Arzt an: Ein Herr will heut um 6 Uhr einen Vortrag halten. Hm. Ich muß sagen, daß uns diese Aussicht fühl läßt. Nach der Zeit des Nervenzitterns draußen haben wir hier ein schier unheimliches Ruhebedürfnis; es wird mit Leidenschaft geangelt und in der Sonne gedöst. Das haben wir. Was uns der Herr Vortragende bringen will, weiß man nicht
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6 Uhr. Es fehlen doch nur wenige. Der Redner ist ein Professor aus Wilmersdorf . Aus dem Ort(" Bad" B.) sind einige Honoratioren erschienen Eine Karte wird entfaltet und an einem Baum befestigt.(„ Ich möchte Ihnen heute mal was über den Suezkanal erzählen.")- Ein großer Tag!
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Und
Nach den ersten fünf Monaten hat sich indes wieder eine starke Abnahme der Säuglingssterblichkeit gezeigt, weil, wie die Aerzte glauben, die Frauenarbeit in dieser Zeit noch eingeschränkt war und die Mütter Gelegenheit hatten, sich um ihre Kinder zu kümmern. Im Juli und August 1915 sant die Säuglingssterblichkeit sogar auf 8,95 resp. 9,18 von 100 Lebendgeborenen. In der Folge jedoch wurden die Frauen in immer größerem Umfange zur Arbeit als Ersatz für die fehlenden Männer herangezogen und es verschlechterten sich die Ernährungsverhältnisse, so daß ein ungünstigerer Einfluß auf die Säuglingsgesundheit zu erwarten ist. Inwieweit diese Einflüsse dauernde Nachwirkungen auf die am Leben gebliebenen Kinder hinterlassen haben, werden nähere Untersuchungen nach dem Striege feststellen müssen.
Radiumbeleuchtung.
Während des Krieges hat sich das leuchtende Radium zu einem ernsthaften Nebenbuhler der elektrischen Taschenlampe ausgewachsen, und zwar mit gutem Grunde: die Lebensdauer der Batterien, die elektrische Taschenlampen versorgen, ist recht begrenzt, außerdem aber kann das Licht der elektrischen Taschenlampe im Kriegsgebiete leicht zum Verräter werden. Die Uhren und andere Werkzeuge, die mit Das war's auch nicht, was Jette niederdrückte, immer so trübe Radiumbeleuchtung eingerichtet sind und danach bezeichnet werden, stimmte. Nein, das Alleinsein fraß an ihr. Alle ihre JugendKlingelzeichen. Der Professor:" Meine Herren!" enthalten nun, wie Professor G. Berndt im Prometheus " mitteilt, gespielinnen waren unter die Haube geschlüpft, hatten geheiratet, da fliegen auch schon ganz disziplinwidrig die Gedanken: Meine als Leuchtstoff meistens Mesothor. So sind z. B. Uhren, Kompasse, lebten in der Ehe glücklich oder unglücklich ganz gleich, aber Herren so hörte ich es mal in einer Versammlung in der Koppen- Manometer, Höhenmesser usw. mit leuchtenden Ziffernblättern usw. berheiratet waren fie. Wie die's nur fertig gekriegt hatten! Jette straße, genau diefelbe Stimme: der tote Jaurès.-Nachher versehen. Der Goerzsche Marschkompaß hat die Punkte Norden, sann so oft darüber nach. Sie selbst war doch immer fittiam, fleißig Tausende auf der Straße die trußigen Lieder und dann der Often und Westen mit einem Leuchtpunkt, Süden mit zwei und sparsam gewesen wie sich das so Leuchtpunkten bezeichnet, das Nordende ihr Sparkassenbuch zeugte dafür. Und doch Rhythmus im Marsch der Arbeiterbataillone der Magnetnadel fleine trägt eine der Leuchtscheibe, in einem war feiner an ihr hängen geblieben. Die anderen aber waren stolz ins Gehirn hämmern kann, daß man's nie wieder vergißt... Dreied in den Hafen der Ehe eingefahren. Waren die beffer? Durchaus Rrrrrt. Wie im Kientopp sause ich durch die Stadt: Spittel- endende Beiger, der die Marschrichtung angibt, ist mit einer Leucht - Tiergarten nicht. Auf manche von ihnen paẞte sogar das Sprichwort: außen martt Engelufer Philharmonie da bleibt scheibe versehen, und schließlich ist noch ein Deklinationsstrich leuch hui und innen pfui! Fast alle hatten ihre Wirtschaft auf Abzahlung mir ein Ton im Ohr, der sich hoch hinaufwirbelt, wie ein frisches, tend gemacht, so daß man bei Nacht die Himmelsrichtung genau be nehmen müssen, sie, Jette, hätte das nicht nötig gehabt. Angebissen sieghaftes Lachen, süß... füß... Und eine wilde Sehnsucht packt stimmen fann. Auf Stalen sind die Ziffern in Leuchtfarbe aus. hatte trotz allem keiner. Für Jette blieb das immer ein Rätsel. mich: nach Berlin ! Nach Berlin ! geführt, ebenso sind die Teilungsstriche mit Leuchtmarken versehen. Die Männer waren doch eine merkwürdige Sorte Menschen. Ich fasse den festen Vorsaz: Wenn ich wieder mal nach Berlin Die leuchtenden Stoffe, die dabei verarbeitet sind, geben gewöhnlich Und wie gut hätte es einer bei ihr gehabt, wie gut! Sie feufate tommen sollte, setze ich mich oben auf einen Autobus und rase erst ganz erhebliche Lichtmengen von sich, doch gibt es große Unterund fädelte aufs neue ein. Wenn doch nur einer gekommen wäre, fünf Stunden durch die Stadt-- wenn dann noch welche fahren. fchiede; je nach dem Gehalte an radioaktiven Stoffen schwankt der er hätte brauchen nicht hübsch zu sein, nicht fein, wenn's nur Preis diefer Leuchtfarben und beträgt bei der helften Leuchtmasse ein Mann gewesen wäre, ein Mann, ein ordentlicher Mann! Einer meiner Mitpatienten ist Maler, ein bekannter Sezessionist, das Zwei bis Dreihundertfache der schwächsten. Allen diesen Leucht Sie schob ein Hofenbein unter die Nadel und begann zu treten. deffen wildgenialische Bilder einstmals stille, mit herkömmlichen farbstoffen ist es gemeinsam, daß sie in der Dunkelheit nicht Summend setzte sich die Maschine in Bewegung. Keinen Mann Wahrheiten gefütterte Gemüter in friegerische Stimmurg bringen nur ihr Eigenlicht ausstrahlen, sondern das bei Tage aufgenommene fonnten, zu haben und immer Hosen nähen zu müssen, Männerhosen! als einmal noch Frieden war. Jetzt hat er auch schon Licht auch wieder abgeben. Die Folge davon ist, daß während der Wieviel mochte sie in all den Jahren schon fertiggestellt haben? eine längere Praris als Armierungssoldat hinter sich und liegt nun dunklen Stunden die Leuchtkraft zuerst abnimmt, bis schließlich nur Nun nähte sie schon zwei Jahre lang Militärhosen. Große, kleine, marode hier. noch das Eigenlicht tätig ist. Will man die Güte solcher Radiumweite und enge, wie sie tamen. Und bei dieser Arbeit kamen Jette Er malt wieder. Er malt den ganzen Tag, ausgenommen leuchtwerkzeuge prüfen, so darf man dies daher nicht tun, wenn sie allerlei Gedanken. Es interessierte sie, wer sie tragen und wie das die Mahlzeiten. Immer nur ein Motiv: ein sanft ansteigender längere Zeit dem Tageslichte ausgesetzt waren, sondern man muß Schicksal des Trägers sich gestalten würde. Ob sie ein Verheirateter Hügelrücken, lints eine Baumgruppe und eine weite Wiese davor. dafür sorgen, daß sie das aufgespeicherte Licht wieder von sich getragen würde oder ein Lediger, ein älterer oder jüngerer, ein gut- Bei Sonne, am Morgen, da sieht's aus wie das Auge eines geben haben. ( z) mütiger oder ein aufbrausender; solcherlei Fragen beschäftigten Jettens Mädchens, wenn sie den Liebsten geküßt hat. Bei trübem Wetter Herz angelegentlichst. Wie konnte es anders sein, wenn man Hosen glänzt das Auge feucht. nähte, Männerhosen immerzu!
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Hier, z. B. dieſe da, die sie gerade in Arbeit hatte, fie war für einen dicken, kurzen Mann berechnet. Jettes Phantasie war start genug, um sich ein Bild von dem voraussichtlichen Befizer zu entwerfen. Ein kurzer, dicker Mann, wahrscheinlich jovial und gutmütig das sind die Dicken immer, ein lustiger Spaßvogel, etwas locker, aber lenkbar o, sie würde schon fertig werden mit ihm, gut gepflegt und betreut, mußte er einen schäzenswerten Ehemann abgeben. Sie würde ihm abends das Essen - wohlschmeckend zubereitet borsezen, die Bantinen paßrecht hinstellen, die Pfeife bereitlegen und was sonst noch dergleichen Liebesdienste waren, die einen Ehemann an den häuslichen Herd zu fesseln geeignet sind. Ja, ja, Jette war überzeugt, daß die Frauen selbst schuld sind, wenn die Männer Seitensprünge machen, trinken, spielen, auf die Rennbahnen gehen hier, ihr Dicker Jettens Hände fuhren streichelnd und liebfosend über die Hose ihr Dicker würde fein Verlangen danach haben, er würde hübsch daheim bleiben, wo es so mollig, so traulich und wohnlich war Jawohl, und an jedem Sonnabend würde er pünktlich nach Hause kommen und sein Geld hinlegen, auf Heller und Pfennig. Da, Mutterken," würde er sagen," richt' Dich ein damit, und wenn id wat brauche, dann jibste mir wat." So würde er sicher sprechen.
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Jans Heimweh.
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Eine Geschichte aus dem Wärmland von Selma Lagerlöf In seiner Stube drinnen drängten sich die Leute, die gekommen waren, Klara Gulla Lebewohl zu sagen. Und Jan schämte sich geradezu, hineinzugehen und den Leuten zu zeigen, daß er weder weinte noch klagte. Da war es am besten, er ging gar nicht hinein, sondern blieb draußen.
war.
Jedenfalls war es ganz gut für ihn, daß es so gegangen Wenn alles wie früher gewesen wäre, so hätte er nicht gewußt, wie er mit dem Heimweh und dem Kummer fertig geworden wäre.
Als er vorhin am Fenster vorübergegangen war, hatte er gesehen, daß die Stube bekränzt war und auf dem Tisch Kaffeetassen standen, ganz genau wie an jenem Tag, an den er jetzt immerfort denken mußte. Katrine hatte wohl der Tochter, die in die Welt hinauszog, um die Heimat zu retten, noch eine fleine Abschiedsfeier veranstaltet.
Drinnen in der Stube weinten sie gewiß, sowohl die, die zum Abschiednehmen gekommen waren, als auch Mutter und Tochter. Er hörte Klara Gullas Weinen sogar bis auf den Hofplag heraus, aber es machte keinen Eindruck auf ihn.
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Notizen.
Vier Bilder hat er schon fertig. Immer der Hügel, die Bäume,- Das, Deutsche Theater in Belgien . Aus dem die Wiese. Und wenn er ein Bild vollendet hat, rückt er feine improvisierten Theaterspiel in Brüssel ist jetzt eine ständige EinStaffelei wieder zehn Schritte nach links und malt nun, den richtung geworden, nicht nur zur Freude der Feldgrauen, sondern Hügel, die Bäume, die Wiese! Ich weiß es. Aber in jedem neuen auch zu Nutz und Frommen unserer deutschen Kulturgüter. Das Bild hat er rührender und ergreifender eine tiefe Stille, einen Deutsche Theater in Belgien , das im Brüsseler Parktheater Thaliens feligen Frieden, so, daß die ganz unverbildeten Kameraden andächtig Kunst huldigt, geht jetzt in seinen dritten Kriegswinter und kann vor der Leinwand stehen. ein Programm veröffentlichen, das fünstlerische Umrisse erkennen Zwischen den Zweigen der Bäume hängt blau die Sehnsucht.( z) läßt. Hier werden u. a. Hebbels Nibelungen", Wallensteins Tod", Was ihr wollt" versprochen. Sehr verheißungsvoll flingt die Tafel der Gäste. So werden Tilla Durieur in Medea“ und„ Hedda Gabler", Ernst Bossart in Nathan" und Freund Friz", Friedrich und Helene Kayßler in Göz" und an einem Strindberg- Abend, Albert Bassermann in Traumulus" und Kollege Crampton" neben Irene Triesch und Paul Wegener erscheinen. Sinfoniekonzerte unter Friz Volbachs Leitung ergänzen das reichhaltige Programm dieses Kunstwinters.
Kleines Feuilleton.
Kriegskinder.
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Die ärztlichen Leiter der Säuglingsfürsorgestellen in Char Lottenburg baben, wie der eben erschienene Verwaltungsbericht der Stadt Charlottenburg für das Jahr 1914 mitteilt, vielfach die Die Humboldt Akademie Freie Hochschule Beobachtung gemacht, daß die Kriegsfinder, die Kinder von Frauen verlegt ihre Hauptgeschäftsstelle am 13. September von der Kur von Kriegsteilnehmern, die nach Kriegsausbruch geboren wurden, fürstenstr. 166 nach C. 2, Neue Friedrichstr. 53/56 II( im Anbau des zuweilen geringere Körpermaße und gewisse nervöse Störungen auf- Börsengebäudes) und ist wochentags von 10-12 und 1-5 Uhr ge weisen. Diese Erscheinung ist jedenfalls auf die große Aufregung der öffnet. Das Vorlesungsverzeichnis für das Lehrvierteljahr DktoberMütter zurückzuführen. Auffällig ist ja auch, daß die Säuglings- Dezember erscheint am 20. September.
legen hätten und eingeschlafen wären, ehe er die Schwelle überschritt.
Als dann sehr lange kein Geräusch mehr an sein Ohr gedrungen war, schlich er sich leise und vorsichtig wie ein Dieb nach dem Hause hin.
Aber die Frauen waren noch nicht zu Bett gegangen. Als er am Fenster vorbeikam, sah er Klara Gulla. Sie hatte die Arme auf die Tischplatte vor sich ausgestreckt und den Kopf darauf gelegt. Es sah aus, als weine sie.
Ratrine stand etwas weiter zurück im Zimmer und war eben dabei, Klara Gullas Kleiderpack in ein großes Tuch einzuschlagen.
Auf dem Landungssteg.
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Als das Dampfboot Anders Fryrell" von der Landzunge bei Borg mit Klara Gulla an Bord abfuhr, standen Jan und Statrine auf dem Landungssteg und starrten dem Dampfer nach, bis er mitsamt dem Mädchen ganz aus ihrem Gesichtsfreis verschwunden war. Alle anderen Leute, die etwas bei der Brücke zu tun gehabt hatten, gingen ihrer Wege. Der Aufseher nahm die Flagge herunter und schloß das Lagerhaus, aber die beiden Häuslersleute standen noch immer auf demselben Fled.
Das war ja auch ganz natürlich, solange fte das Boot noch zu sehen vermeinten. Aber warum sie sich nachher " Thr solltet es lieber sein lassen, Mutter", sagte das nicht auf den Heimweg machten, das wußten sie wohl selbst junge Mädchen, ohne den Kopf aufzuheben. Ihr seht doch, faum. daß Vater böse über mich ist, weil ich fortgehe." Möglicherweise fürchteten sie sich davor, heimzukommen „ Ach, er wird schon wieder gut werden", versetzte Katrine und miteinander in das leere Haus hineinzugehen.
ruhig.
" Ja, das sagt Ihr, weil Ihr Euch nichts aus ihm macht", fuhr Gulla unter heftigem Schluchzen fort. Ihr denkt nur an das Haus. Aber Mutter, Vater und ich, wir sind eins. Ich reise nicht von ihm weg."
" Und das Haus?" fragte Satrine.
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Jetzt hab ich nur noch für ihn zu kochen und auch nur noch auf ihn zu warten, dachte Katrine. Aber was mach ich mir aus ihm? Er hätt' ebensogut auch mit fortgehen fönnen. Das Mädchen war's, das sich auf ihn und sein törichtes Geschwätz verstand, ich nicht. Da wär's besser, man wär' allein.'
Mit dem Haus mag es gehen, wie es will, wenn nur Vater mich wieder lieb hat", schluchzte Klara Gulla. Ich würd leichter mit meinem Kummer nach Hause Meine guten Leute, es ist ja doch ganz wie es sein Da trat Jan von der Tür zurück und setzte sich auf die gehen, wenn ich dann nicht die alte verdrießliche Katrine in soll," murmelte er, während er draußen stand." Seht doch Hausschwelle. Er glaubte nicht, daß Klara Gulla daheim- der Stube fizen hätt,' dachte Jan. Das Mädchen verstand die jungen Vögel an! Sie werden aus dem Nest hinaus- bleiben würde. Nein, er wußte besser als irgend jemand sie so gut zu behandeln, daß sie froh und freundlich wurde. geworfen, wenn sie nicht gutwillig gehen. Und habt ihr schon anderes, daß sie in die Welt hinaus mußte. Und doch war Aber jetzt wird man wohl nie wieder ein freundliches Wort einmal einen jungen Ruckud gesehen? Es gibt wirklich nichts es Jan in diesem Augenblick, als würde ihm das weiche kleine von ihr zu hören bekommen.' Aergeres, als wenn man sehen muß, wie er did und fett im Bündel aufs neue in die Arme gelegt. Und sein Herz hatte Doch plötzlich fuhr Jan heftig zusammen. Er beugte sich Neste liegt und immerfort nach Futter schreit, während sich wieder zu schlagen angefangen. Es schlug so rasch, wie wenn vor und schlug sich vor Verwunderung auf die Knie. Neues die Pflegeeltern seinetwegen fast zu Tode quälen." es seit Jahren still gestanden hätte und nun die viele ver- Leben blitte in seinen Augen auf, und sein ganzes Gesicht Nein, es ist alles sehr gut, so wie es ist, dachte er lorene Zeit wieder hineinbringen müßte. strahlte und leuchtete. weiter. Die Jungen können nicht daheim bleiben und den Aber zugleich fühlte Jan noch eins: Ach, nun war er Er hielt den Blick fest aufs Wasser gerichtet, und Katrine Alten zur Last fallen. Sie müssen hinaus in die Welt, ja, selbst ohne Schutz und Wehr! konnte nichts anderes glauben, als daß er da etwas merkmeine guten Leute, das geht nicht anders.' Nun tam der Kummer und nun kam das Heimweh. Er würdiges sehe, obgleich sie selbst, die doch dicht neben ihm Schließlich wurde es ganz still in der Stube. Jekt sah sie schon drüben unter dem Brunnen wie schwarze Schatten stand, gar nichts wahrnehmen konnte. Nein, sie sah nichts waren gewiß die Nachbarn fort und er konnte sich hinein wagen. lauern. als die kleinen graugrünen Wellen, die einander über die Aber trotzdem machte er sich immer noch eine Weile an Und doch öffnete er seine Arme und breitete sie weit aus, Wasserfläche hinjagten, immerfort, ohne dem Spiel je ein Ende seinen Fischgeräten zu schaffen. Am liebsten wäre es ihm während zugleich ein glückliches Lächeln über sein Gesicht flog. zu machen. gewesen, wenn Klara Gulla und Katrine schon im Bett ge-| Willkommen, willkommen, willkommen!" sagte er.
( Sorti. folgt)