Nr. 269.- 1916.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Ueber Strahlenbehandlung.

Von Dr. 2. Reinhardt( Basel  ).

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Kleines Feuilleton.

Bußtags- Konzert des Berliner   Volkschors.

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Freitag, 24. November.

Jetzt kommt die Nachricht vom Tode dieses zwar etwas phantastisch beranlagten, aber doch verdienstvollen und eifrigen Beobachters. Lowell wurde 1855 geboren, studierte an der Harvard- Universität   und lebte später einige Zeit in Japan  . Bald nach seiner Rückkehr in die Ver. Staaten gründete er 1893 das Lowell- Observatorium   zu Flagstaff  , wo Wenn wir in diesem Jahre die zwanzigjährige Erinnerung Zwei Meisterwerke religiöser Musik: die Requien von Mozart   er seitdem unter ungewöhnlich günstigen astronomischen Bedingungen der Entdeckung der Röntgenstrahlen feiern, so dürfen wir auch einer anderen für die ärztliche Behandlung sehr wichtigen und Brahms   wurden am Mittwoch. mittags und abends, vom seine astronomischen Untersuchungen ausführte. Es war im Jahre 1877, als Schiaparelli zu Mailand   die Auf­Strahlenart nicht bergessen, welche zwar damals schon entdeckt war, Volkschor in Gemeinschaft mit dem Blüthner- Orchester und den aber eben damals 1896 in ihrer großen Bedeutung allgemeiner Solisten: Birgit Engell  ( Sopran), Hilde Ellger( Alt), Paul Papsdorf merksamkeit auf die sehr dünnen und kaum sichtbaren Linien, die die erfannt wurde. Es ist dies die Lichtbehandlung durch den Kopen-( Tenor) und Sidney Biden( Baß) unter Leitung des Herrn May ausgebreiteten dunklen Flächen auf der Marsoberfläche miteinander ver­hagener Arzt Nils Finsen  , der 1896 sein in der Folge berühmt Gichke in der Volksbühne zur Aufführung gebracht. So mühevoll binden, lenkte. Er gab diesen Linien den Namen Kanäle". Lowell nahm gewordenes Buch: Ueber die Anwendung von fonzentrierten und anstrengend diese gedoppelt dreistündige Leistung, so mächtig zu Flagstaff   sich die neue Entdeckung vor und baute sie nach allen Rich­chemischen Lichtstrahlen in der Medizin" herausgab. Gleich der war der Eindruck beider Werke auf die Hörer. Recht eigentlich er- tungen aus. Er verfertigte Zeichnungen und Photographien von den " Kanälen" und kam zu dem Schluß, daß sie fünstlich angelegt seien Entdeckung des damals in Würzburg   lehrenden Physikers Wilhelm gänzen sie sich in Bußtags- und Totensonntags- Stimmungen Röntgen tam auch Finsens Lebenswert völlig in sich abgeschlossen trotz ihrer Verschiedenheit. Es liegen nicht bloß an fünfundsiebzig und wahrscheinlich ein System von Bewässerungskanälen darstellten. zur Welt, gleich vielen anderen Großtaten der Wissenschaft; aber Jahre zwischen ihrer Entstehung; sondern die sie schufen, standen, Von einem natürlichen Ursprung dieser geraden, oft in bestimmten cs blieb noch genug des interessanten Stoffes zur weiteren Forschung übrig. der eine im 18. Jahrhundert, der andere inmitten des aufsteigenden Abständen gleichlaufenden Linien könne nicht die Rede sein. Lowell Man erstrebte in erster Linie, die zuerst vorzugsweise zur Be- Bürgertums eines modernen Zeitalters voller politischer und geistiger sprach die Vermutung aus, daß die Kanäle den Zweck hätten, das Mozart  , der freimaurerische Schmelzwasser der Eisdecken an den Marspolen( sobald es dort tämpfung des Lupus   oder der Hauttuberkulose verwendete Finsen- Kämpfe, auf festen Anschauungen. behandlung   wohlfeiler und schneller wirksam zu gestalten. Hierzu Statholit, verläßt nicht die Form der an Italiens   Sonne gereiften Sommer würde) abzuführen. Die dunklen Flächen dachte sich Lowell gehörte vor allem, daß größere Hautflächen auf einmal der Be- Musica sacra. Brahms  , der niederdeutsche Protestant, greift das als durch künstliche Bewässerung fruchtbar gemachte Zonen an den strahlung zugänglich wurden, was Finsen nicht vermocht hatte, da ähnliche Thema vom anderen Pol auf und führt es in seiner schwer Kanälen. Diese Hypothesen verteidigte er sehr ausführlich in zwei Büchern, die natürlich zu einem großen Gelehrtenstreit führten. er naturgemäß zur Erzielung größter Tiefenwirkung das Licht mög- gedanklichen Art zum Ende. den Während Lowells Beobachtungen in In der Religiosität ihres Künstlertums aber berühren sie sich letzten Jahren lichst konzentrierte. Auch die an Stelle des nicht überall und zu angegriffen wurden wie früher, jeder Zeit zu habenden Sonnenlichtes herangezogenen fünft- innig, und auch darin, wie sie zu ihrem Gegenstande kamen. Mozart nicht mehr so scharf die er darauf aufs lichen Lichtquellen suchte man billiger zu speisen und be- schrieb sein Requiem in Ahnungen eines frühen Todes, der es ihn begegnete man den Vermutungen, Es war also recht und schlecht sein baute, immer nur mit einem skeptischen Lächeln. Durch die diente sich fortan fast ausschließlich des elektrischen Bogen- nicht erst vollenden ließ. Brahms   schuf sein Requiem infolge des Todes Polemik um Lowells Bewässerungskanaltheorie wurde jedoch die lichts, das ja sehr reich ist an den furzwelligen chemischen" Sterbejang. hat Nicht ohne Berechtigung er es ein weitere wissenschaftliche Tätigkeit des amerikanischen Astronomen in Strahlen, den blau- bis ultravioletten Strahlen. Hatte seiner Mutter. genannt. Es sind Bibelworte in den Hintergrund gedrängt. Das ist jedoch unbillig, denn Lowell doch Finsen nachgewiesen, daß diese kurzwelligsten Strahlen des deutsches Requiem Sonnenspektrums die Träger der Heilwirkung waren. Man suchte deutscher Sprache, nicht wie bei Mozart   lateinischer Text, und es hat viele Beobachtungen von wissenschaftlicher Bedeutung gemacht: weiter nach besseren künstlichen Lichtquellen als die teure Koblen- ist neudeutsche Musik und innig deutsches Empfinden ohne kirchliche über zwei kleine Trabanten des Mars, über die Merkurflecke", bogenlampe als Ersatz für die unzuverlässige filtrierte Sonne und Zeremonic. Wenn wir bei Mozart Melodien aus aller Erdenschwere über Benus und über Saturn. fam schließlich zu glühenden Gasen als Strahlenspendern, entrückten Sphären zu hören vermeinen, so steht uns Brahms  ' Craiova  . vor allem den Duecksilberdampf. Läßt man diesen in einer Requiem doch näher, indem wir bei ihm all und jede konfessionelle Glasröhre vermittels durchfließenden elektrischen Stromes zum Schranke vergessen. Menschheitsliebe spricht aus diesen Gesängen. Der Name der ehemaligen Hauptstadt der Westlichen oder so­Die Aufführung beider Werke stand im Zeichen künstlerischer genannten Kleinen Walachei hat bei uns zu Lande erst durch die Glühen und Leuchten kommen, so entsteht ein grünlichblaues Licht, Die Einordnung des Orchesters in den letzten Generals stabsberichte Farbe gewonnen. Dennoch ist die Stadt, welches den allergrößten Reichtum an den furzwelligsten chemischen Kraft und Vollendung. ultravioletten oder abgefürzt Uviol"- Strahlen ent- Bolfschor mit den im erhöhten Hintergrund poſtierten Posaunen, der sich unsere Truppen jetzt nähern, feine der fleinsten in Rumänien  . die Männer- Craiova liegt am Jiu, einem der vier bedeutendsten walachischen hält. Auf diesem physikalischen Vorgang beruht die 1896 von denen links und rechts diese tiefer, jene höher stimmen forrespondierten, war zwedentsprechend. Die rechteckige, zu- Flüsse, und zählt 52 000 Einwohner, darunter viele Bulgaren  , H. Arons in Berlin   erfundene Quecksilberdampflampe. Aber die wissenschaftliche Ausbeute der wirksamen chemischen dem etwas bedrückende Schallwand schien aber die akustische Wirkung Serben, Ungarn   und Juden. Trotz dieser für rumänische Verhältnisse Strahlen der Aronsschen Lampe litt zunächst darunter, daß ihre eher zu hemmen, als verstärkend im Theaterraum zu verteilen. ek. ziemlich ansehnlichen Bevölkerungsziffer macht die Stadt auf den Be­fucher einen etwas toten Eindruc; man fann Straße um Straße Glashülle die meisten derselben verschluckte. Erst als man so hohe Temperaturen zu erzielen vermochte, um Bergkristall zu schmelzen durchwandern, ohne einer Menschenseele zu begegenen, nur die. und daraus durchsichtige Hüllen zu blasen, und als das berühmte Aus Dresden   wird geschrieben: In einer Sondervorstellung Strada Lipscani und die Strada Unirei, die beiden Haupt­Jenaer Glaswerk ſein für die ultravioletten Strahlen durchsichtiges des Albert- Theaters für die Literarische Gesellschaft   wurde ein Drama berkehrsadern der Stadt, machen einen etwas belebteren Ein­violglas herstellte, hatte die Quecksilberdampflampe größere Be- des sächsischen Romandichters Wilhelm von Polenz   aus der Ver­Dieser Umstand ist bei einem Ort mit so weit­deutung erlangt. Dies geschah im Jahre 1905. Damals gelangte gangenheit hervorgeholt. Der Dichter des Büttnerbauern" und des reichenden Handelsbeziehungen, wie Craiova   sie hat, immerhin man zur Verwendung des konzentrierten" Finsenlichtes. Als " Grabenhägers" hat zu feinen Lebzeiten als Dramatiker nicht viel auffallend; man kann sich die große Stille, die dort herrscht, nur mant dann vom Wunsche nach größerer Tiefenwirtung ge- Anerkennung gefunden. Die Literarische Gesellschaft   hatte sich des durch den Umstand erklären, daß die Stadtanlage mit so großer trieben die elektrische Stromstärke erhöhte, vertrugen dies Dichters letztes Drama Junker und Fröner"( 1901 ver- Ausdehnung und Raumverschwendung angelegt ist, daß sich die die Uviollampen nicht, da sie einen viel zu Architektonisch hat die niederen einzelnen Menschen darin verlieren. öffentlicht) aus seinen fünf Bühnenstücken auserwählt. Ein im Schmelzpunkt hatten. Da trat der Bergkristall endgültig an walachische Hauptstadt keine besonderen Schönheiten und Reize; Problem dem sozialen Kampf zwischen Gutsherr und die monumentalsten Gebäude sind außer dem Gericht und der Stelle des violglases, indem der Quarz, aus welchem ja der Bauern charakteristisches Wert des Dichters Polenz. Der Idee prächtigen Badeanstalt die den verschiedenen Bekenntnissen ge­Bergkristall besteht, bei einem Schmelzpunkt von mehreren Tausend Graden den höchsten Forderungen gewachsen ist, aber auch um so nach ganz aus der Zeit der sozialen Dichtung der neunziger hörenden Kirchen, deren Craiova   nicht weniger als 30 besigt. schwerer zu bearbeiten war. So entstand die heute noch so über- Jahre erwachsen, aber nicht im Geiſte dieſer Dichtung gestaltet. Eine ganze Anzahl von Fabriken dient der Induſtrie; vor allem aus geschägte Quarzlampe für ärztliche Zwecke der Firma Polenz, der am Anfang von allen Geistern des Naturalismus ans sind es landwirtschaftliche Maschinen, Defen und Ziegel, mit denen Daneben gibt es noch mehrere W. C. Heraus in Hanau   bei Frankfurt   a. M., welche in einem faum geregt und beeinflußt ſchien, wendete sich später mit Schärfe gegen Craiova   ganz Rumänien   versorgt. Im Roman fonnte er sich ganz aus eigener Kraft gegen die Gerbereien und größere Salzwerke. Alle diese Betriebe habent spannenlangen Leuchtrohr eine große Strahlenfülle zusammendrängt. Strömung der Zeit halten. Im Drama gelang ihm das nicht. Craiova   im Laufe der Jahre zu einer reichen Stadt gemacht, die Zugleich lieg der Duarz noch etwas mehr ultraviolette Strahlen Der Konflikt in" Junter und Fröner" ist ein theatralischer Konflikt über hundert Millionäre besitzt. Auch als Garnison ist Craiova   nicht als selbst das Uviolglas durchtreten. Wenn sich nun mit ihrer An­wurde gleichwohl nicht eine größere Tiefenwirkung erzielt, weil eben Jungen Bauern geschlossene Bündnis von dem Adelsstolz der Gutsherrin ständigen Sitz. In der Geschichte der Walachei   war Craiova   zwei wendung auch die einzelne Behandlung erheblich abkürzen ließ, so geworden. Daß das von dem freidenkenden Gutsherrn und einem phne Bedeutung. Dort hat das I. rumänische Armeekorps feinen und dem Haß eines Gerichtsbeamten zerstört wird, verschiebt die Idee mal der Schauplag erbitterter Kämpfe, das erste Mal im Jahre selbst intensiv gehäufte furzwellige Strahlen niemals ein erhebliches aus ihrer natürlichen Lage. Das im 18. Jahrhundert spielende 1897, als die walachischen Woiwoden über Sultan Bajefid siegten, Durchdringungsvermögen bejizen. Hier traten die Röntgenstrahlen als eine höchst intensive Stück endet mit Mord und Totschlag. Aber auch die Menschen­die Köpfe aneinander blutig rannten. Tiefenwirkung ausübend in die Lücke. Sie entstehen da, wo die gestaltung, die szenische Führung ist, in der Art veralteten Theaters, das zweite Mal am 31. Oktober 1853, als Russen und Türken sich Kathodenstrahlen auf feste Körper auftreffen. Die in sehr start äußerlich geblieben. So blieb als Gewinn der tüchtigen Aufführung luftverdünnten Glasröhren auftretenden harten Strahlen durch doch nur Pietät gegen das Gesellschaftsmitglied und den bedeutenden Romanschriftsteller Polenz. dringen selbst dicke Eisenplatten, während die aus nicht so stark aus­gepumpten Röhren ausgehenden weichen Strahlen faum durch die Fleischmasse der Hand hindurchgehen. Da mun beim Durchgang der Entladung die Röntgenröhre härter wird, werden die Strahlen immer durchdringender, so daß selbst die Knochen der Hand nicht mehr als Schatten auf dem Fluoreszenzschirm von Baryumplatin­shanür erscheinen. Um nun dauernd gleichmäßige Wirkung zu er balten, werden deshalb die Röntgenröhren mit einer Regenerier­vorrichtung versehen, die ermöglicht, den Luftdrud nach Belieben zu erhöhen. Dank dieser Einrichtung ist nun die moderne Röntgenröhre an die Spize der gesamten Lichtbehandlung getreten und zeitigt wunderbare Resultate.

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Ums Menschentum.

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Ein Drama von W. v. Polenz.

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Percival Lowell  .

A. G.

druck.

Notizen.

- Der Pariser Chirurg Doyen ist gestorben. Seine Operationen waren so berühmt wie feine Reklamesucht und Scharlatanerien. Er konnte es in der Kunst, von sich reden zu Unter den vier Planeten, die jedermann kennt, find Venus   und machen, mit der Sarah Bernhardt   aufnehmen. Die Erniedrigung Jupiter populär wegen ihres hellen Glanzes, Saturn wegen seiner der Wissenschaft zu einer mit allen Mitteln kapitalistisch arbeitenden tinge und Mars wegen der Legenden, Fabeln und Vermutungen, Unternehmung war seine Spezialität und sein Ruhm. Besonders die bis in die allerlegte Zeit über ihn verbreitet wurden. Ist Mars fraß zeigte sich diese Seite, als er sich weigerte, sein angebliches von lebenden Wesen bewohnt; hat er einen Dunstkreis? Leben auf Krebsheilmittel bekannt zu geben. dem Planeten denkende Geschöpfe, die schon früher als wir in die Ge­Berichtigung. Im Konzertreferat des Unterhaltungs­heimnisse der Natur und der Naturgeseze eingedrungen sind? Auf alle blattes Nr. 267 hat der Druckfehlerteufel aus Thuille, dem diese Fragen hat ein gelehrter Zeitgenosse, der amerikanische Astronom Namen des Komponisten, Shuilles", aus der Kniegeige sogar Percival Lowell   die Antwort gegeben, und zwar in bejahendem Sinne.leine Kriegsgeige" gemacht.

Sie rannten, mit klappernden Schulsäcken, quer durch die j Noch ist dort eure Mühe verloren, schöne Dame," breite Sastanienallee, deren beschnittene Aeste schon glänzende spottete der Herr und sprach leise und angelegentlich weiter, Knospenfäuste zur Höhe streckten. derweil sie, entschieden wider Willen, aber doch höchlich amü­Bescheiden und ehrerbietig fam auch der Frühling nach fiert, lachte. Ein Schiller- Roman von Walter von Molo  . Ludwigsburg  . Die servile Stadt roch von festlicher Farbe." Komm!" Hoven puffte heimlich seinen Freund, Sic Frizz Schiller saß in der zweiten Klasse der Ludwigs- Gestern war Sarl Eugen aus Venedig   heimgekehrt, animiert meinet ja dich! Der Elwert ist schon davongelaufen." burger Lateinschule und mühte sich redlich dem hohen Ziele des und zerstreut. Glücklich hatte er wieder ein Regiment ver- Blutübergossen stand Frizz Schiller; nun fühlte er den Landeramens zu. Er schritt nicht ohne Glück auf dem Wege fauft, das in fernen Weltteilen fechten mußte, für fremde Hohn in den Worten der aufgeputzten Dame. Uebermütig der Wissenschaften. Mit guten Gaben versehen, was ihn nicht Fahnen; das gab Luft bis auf Weiteres. Zwei neue Straßen blizten unter der seidenen Halbmaske ihre dunkeln Augen zu hinderte, manchen fräftigen Raushandel jiegreich zu Ende zu waren auf allerhöchsten Befehl gebaut und mit Häusern be- ihm herüber; sie bannten ihn wie Basiliskenblick. setzt worden. führen. Nur der strenge Vater durste nichts davon wissen. Die Mieter fehlten noch. Das Menschenpack Soll ich ihn embrassieren( umarmen) und ihm ein Küß­Der Weg von und zu der Schule wurde ihm zum Para- war eben doch am schwersten zu beschaffen. Aber die Stutt- gen geben auf den Rosenmund?" garter mußten firre und windelweich werden, die sollten Friz Schiller streckte den Kopf vor, die Augen lachten fühlen, was es hieß, dem Herzog zu widerstreben! Ludwigs­unternehmungslustig, und der Mund gebar vergnügliche burg mußte wachsen! Ob das im Interesse Württembergs Frechheit: ,, Netsch, Elwert, du bischt vorm Präzeptor g'stande war? Württemberg? Das war Er!

dies. Auch heute:

wie ein Gockel, der net Eier legen fann. Du hascht druckt Friz Schiller stand, auf den Zehenspizen hochgerect, vor und druckt und' s lateinische Wörtle ischt net' rausfomme. der Holzbude und äugte neugierig mit dem langen Halse. Du kannscht nir im Virgil und der Horaz   ischt dir ein Drinnen flimperte eine Harfe. Ringsum lachten die Herren. schwarzes Löchle..." Wie zwei abgehegte Jagdhunde feuchten Schillers Genossen an ,, Schiller  , ich hau' dir eine' runter, wenn d' mi räge seiner Seite." Was ist denn?" willscht." Es gab sonderbare Zerstreuungen in Karl Eugens Re­Hau' mich, wenn d' fannscht!" Fritz Schillers über sidenz: lange Beine rannten hurtig durch die Ludwigsburger Zeile" Sie singen ein Lied vom Sonnenwirtle", der seinen vor dem Schulfameraden davon. Noch aus der Ferne machte Rivalen massafrieret hat. Weißt, Hoven, der sich dann selbst er eine lange Nase und lachte. der weltlichen Macht geschtellt hat! Auch vom bayrischen Hiesel!" Um Himmelswillen höret zu's ischt zu wunder­schön."

Die Zwei gingen würdig weiter.

Der Schiller sieht aus wie ein junges Kälble, guc e' mal!" jagte Elwert, um sich zu rächen, zu Freund Hoven, der klein, dick und behäbig ihm zur Seite schritt. Der Zopf ischt wie sei Schwänzle."

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Die Harfe schwieg.

,, Gebt es mir; ich will es verzinfen," sagte wieder der Herr mit den feurigen Augen und brachte der Dame Angebot zu raschem Absatz. Sie freischte vergnüglich entsegt.- Sommet her, ihr Bengels," rief der Herr gut gelaunt über den Kreis der Umstehenden, die sich freuten. ,, Da habet ihr Waffels zu fressen; das ist euer Terrain." In komischer Eile bückte er sich zum Korb mit den Süßigkeiten und griff nach des Fräuleins hochbepuderter Chignon- Frisur, als wollte er sich darauf stüken. Herr Stadtorganist! schrie die Dame, diesmal wirklich entsetzt, und drängte sich, was eigentlich unnötig war, an ihn. Aufgeregt kontrollierten Sie sind ein schrecklicher Galant!" ihre Finger mit den blizenden Edelsteinen das kuustvolle Toupet, doch die Blicke forderten aufs neue heraus. Die Waffeln flogen über die Haarbeutel und die Chageaur der Herren.

Monsieur," sagte die junge Hofdame kokett, die galant Na also," sagte Hoven begütigt und begann bedächtig die allerlei Sturzweil feilbot, soll ich Ihm ein Couplet chantieren wasserziehende Bäckerei aufzusammeln. Sein Genosse zögerte. ,, Verschimpfier' ihn nicht! Er ist ohnehin selten genug( fingen), daß Ihm das Herz im schönen Leibe lacht? Soll So hilf doch, Schiller!" Iustig, weil ihn sein Papa so streng haltet. Immer muß er ich Ihm das bonheur( Glück) für die Zukunft voraussagen? Der stand hochaufgereckt und blinzelte mit den Augen. fizzen und studieren. Ihn kommt's, in der Klasse der Beste Wie Seine Herzallerliebste heißen wird?" Es wäre schön und wirkungsvoll gewesen, wenn er jetzt mit zu sein, nicht leicht an." Die Herren Sekretarii, Accessisten und Assessors in den der Geste des antiken Helden gesprochen hätte, den er " Du, vor sei'm Herrn Vater hab i Respekt; der hat mir seidenen Röcken lachten, daß ihre Galanteriedegen frech flirrten. gestern im Opernhause gesehen hatte: Ich lasse mir nichts a mol scho g'sagt, i soll den Frik net so viel abhole und Noch war Faschingszeit; der Karneval schwang sich zu Lud- schenken! Er hob den Kopf und schob die Unterlippe vor. selber auch arbeite. Seit der Zeit geh i nimmer hin." wigsburg in den Sommer hinein. Einer im bordierten Rock Seit wann füttern Sie, Herr Schubart, die Regenwürm'?" ,, Mein Papa meint, man müsse den Schiller- Bater ver- von flohfarbenem Atlas, mit einer fein geblümten Flügelweste schrie er. chren, er sei ein aufrechter Mann. Du," sagte Fritz von und zwei dicken Papilloten( Haarwickeln), die von angesehenem Im Zelte hörte man die schrille Bubenstimme nicht: Hoven plötzlich interessiert und nahm den Freund beim Arm. Range sprachen, drängte sich bedenklich nahe ans Fräulein, Der Organist erzählte gerade von des Herzogs Freigebigkeit ,, Schau, wo der Schiller stehet? Bei denen Buden gibt's was daß ihr hochgewölbter, hellblauer Rock einen Bug bekam. in Liebesdingen. Schmuziges Lachen ertiang. zu sehen! Somm! Laufen wir hin!"

Der finnliche Mund spitzte sich ihrem Dhre zu.

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Corts. folgt.)