Schritte Berathung gepflogen hatten, noch in der Nacht nachMünchberg, wo ihnen am andern Tage glücklicherweise überbessere Zustände berichtet wurde. Ein Torf, näm ich Ahorn-bcrg(1149 Seelen), besuchten die Commisiäre auch in diesemDistrikte, weil sie nach den ihnen gemachten Mittheilungcn, diesie auch vollständig bestätigt fanden, hier ähnliche Zustände wiein Leopsldsgrün voraussetzen mußten."(„Oberfränkische Zeitung".)Genug! Das sind„gräuliche" Zustände, wird Jeder uns zu-geben. Und wohlgemerkt: es sind Zustände, die sich nicht blosauf die hier erwähnten Oertlichkeiten beschränken, es sind Zu-stände, die aus allgemein wirkenden Ursachen, aus unserm ge-sammten Wirthschaftssystem entspringen, und folgerichtig nurdurch Entfernung der Ursachen gehoben werden können.Wohlau— diese Ursachen entfernen, solch' gräulichen Zustän-den abhelfen wollen, das ist„verrückte Schwärmerei",„verbrecherische Thorheit".Lolk, urtheile! Volk, richte!Begreifliche Unbegreislichteitcn.Unter die mit diesen Worten bezeichnete Kategorie gehörtunter anderen die Salzsteuer. Schon vor mehr als dreißigJahren äußerte sich Liebig in seinen Chemischen Briefen folgen-dermaßen über dieselbe:„Die Salzsteuer ist die häßlichste, denVerstand des Menschen entehrende und unnatürlichste allerSteuern auf dem Continente; aus ihr sieht man, daß in demInstinkt eines Schafes oder Ochsen mehr Weisheit sich kund-gicbt, als in den Anordnungen desjenigen Geschöpfes, welchesseltsamer Weise häufig genug sich als das Ebenbild des Jnbe-griffs aller Güte und Vernunft betrachtet!"Wie Professor Kopp in Gießen den Studenten bei seinenVorlesungen über Krystallographie oft erklärte, daß er, durchErfahrung belehrt, gar keine Kenntnisse bei ihnen voraussetze,so scheint es seinem College» Liebig ähnlich gegangen zu sein,wenn er den Regierungen nicht einmal den Instinkt einesSchafes oder Ochsen zutraut.Fallen muß die Salzsteuer früher oder später, und es wirdauch hier wieder der deutlichste Beweis geliefert werden, daßeinerseits aller Fortschritt auf sozialem Gebiete den regierendenKlassen abgerungen werden muß, und andererseits, daß dasWesentliche einer guten Gesetzgebung nicht nur im Fabrizirenvon neuen Gesetzen besteht, sondern auch darin, anerkannten altenUnsinn zu beseitigen. Auch Robert Peel war einer der Letzten,die das Unheil der englischen Korngesetzc einsahen, ein Unheil,das längst jedem englischen Arbeiter klar war, und der dama-ligen regierenden Partei gebührt blos das zweifelhafte Verdienst,die Aufhebung der Korngesetzc hinausgeschoben zu haben, bis derHunger vor der Thür stand. Das Salz, das einzige minera-lische Produkt, das der Mensch zu seinem Unterhalt bedarf, liegtzu Millionen und aber Millionen Centnern oft in seltener Rein-heit in der Erde vergraben; das war natürlich eine Goldgrube,die sich die Regierungen nicht aus den Händen nehmen ließen,denn Salz muß das ganze Volk haben, dabei muß etwas heraus-kommen, und sämmtliche Salzbergwerke und Salzsoolen wurdenfür Eigenthum der einzelnen Regierungen erklärt, das Monopolwar damit eingeführt und ein Artikel, der— ich muß hier aufaltes Geld zurückgreifen— höchstens einen Werth von dreißigKreuzern per Centner hatte, wurde von den natürlich jederzeitum's Volkswohl besorgten Regierungen mit 4'/- bis 5 Guldenverkauft, und jetzt, nach Aufhebung des Salzmonopols, ist esum kein Jota besser geworden, denn den gleichen Betrag, umwelchen damals jede einzelne Regierung das Volk übervortheilte,erhebt das neue Reich unter einer etwas delikateren Form, dieman Steuer nennt. Man erhebt jetzt in Deutschland 6 Markvon jedem Centner Salz, der zum menschlichen Genüsse dient,so daß dieser Artikel dem Staate die Kleinigkeit von über 33Millionen Mark jährlich einbringt.Sehen wir nun nach, wer eigentlich die Zeche bezahlen muß.Physiologisch ist es längst erwiesen, daß pflanzenfressende Thierezu ihrer Nahrung ein gewisses Quantum�Salz bedürfen, welchesdie Fleischfresser meistens ganz entbehren können. Jeder weiß,wie begierig Kühe und Schafe an Allem lecken, was salzigschmeckt, und um dem Bauer die Haut nicht ganz über dem Kopfezusammenzuziehen, hat man das Viehsalz unbesteuert gelassen;aber auch das liebe Vieh muß wissen, daß es eine fürsorglicheAllmacht giebt, die ihm Wermuth in sein Lieblingsgewürz hin-einquacksalbert, da nach Vorschrift der Zollbehörde alles in denHandel kommende Viehsalz mit Wermuth und Eisenoxyd dena-turirt, auf gut deutsch besudelt werden muß. Wo diese Denatu-Herr v. Pnttkammer.ii.(Fortsetzung.)Noch eine Stelle!„Mit rabulistischer Spitzfindigkeit weißer den Wortlaut der Gesetze für sich zur Geltung zu bringenund hätte bei seiner völlig ausreichenden Gesetzeskenntniß undnach den ihm auf seine Beschwerden gewordenen Bescheiden sichgar nicht verhehlen können, daß seine alles Maß überschreitendenSchmähungen gegen Beamte unrichtig sind, wenn er eben imStande wäre, richtig zu denken. Vollends kennzeichnet sich seinZustand in seinen endlosen Eingaben und Beschwerden über denKreisrichter Friedet, über seine Jnternirung, über die Einziehungseiner Pension u. s. w. Der I)r. Jdeler hat als erfahrenerIrrenarzt ausgesprochen: Es genügt, nur seine Auslassungenüber den(jetzigen) Stadtrath Friede! zu hören, um sich von demBestehen ausgeprägter Wahnideen zu überzeugen."Dieser Dr. Jdeler stellt alle Autoritäten mit seinem Aus-spruche in den Schatten. Das will ein Arzt sein, der über denGeisteszustand eines Menschen zu urtheilen vermag! Wir regi-striren hier weiter nichts als die„rabulistische Spitzfindigkeit"und die„völlig ausreichende Gesetzeskenntniß."Jetzt noch eine kurze Schlußbetrachtung!Herr v. Puttkammer ist nach dem einstimmigen Urtheile allerAerzte ein gebildeter Mensch, dessen Scharssinn nach dem Er-kenntniß bis zu rabulistischer Spitzfindigkeit in Auslegung derihm wohlbekannten Gesetze entwickelt ist. Er ist weiter einMann, der die peinlichste Rücksicht auf sein Recht und seine Ehrefordert. Ihm sind, wie das Erkenntniß selbst zugestehen muß,zahlreiche Rechtskränkungen zugefügt. Seine Beschwerden, diebei seiner ausreichenden Gesetzeskenntniß und seinem Scharfsinnnicht gut ganz unbegründet sein können, schaffen ihm kein Recht.Vermögensschädigungen gesellen sich zu den gewöhnlichen Rechts-kränkungen, welche speziell seine Ehre berühren, er wird bittererin seinen Beschwerden, je weniger sie einen Erfolg erzielen, unddas Ende vom Dinge ist: der Wunderdoktor Friedet taucht auf,sammelt Material und bringt das Blödsinnigkeitsverfahren inGang. Eine so fein angelegte Natur wie Herr v. Puttkammermuß wohl ein solches Vorgehen auf das Tiefste empören, erleistet verzweifelten Widerstand, doch vergeblich ist sein Ringen,ohne jedes Recht wird er mehrfach internirt, bis es endlich ge-' rirung von den Zollbeamten gar zu gewissenhaft ausgeführt wird,da kommt es vor, daß das Vieh des bittern Geschmacks wegendas Salz nicht mehr frißt und die Bauern genöthigt sind, ihrenKühen versteuertes Salz zu geben, oder, wie es noch häufigerzu geschehen pflegt, fie lösen das Viehsalz in Wasser auf, lassenden zur Tenaturirung dienenden Schmutz absetzen und benutzenalsdann das reine Salzwasser nicht nur im Stall, sondern auchan Stelle des versteuerten Salzes in der Küche.Seitdeni die Fleischpreise eine für den Arbeiter unerschwing-liche Höhe erreicht haben, seitdem ist die vegetabilische Nahrungbei ihm weitaus in den Vordergrund getreten, und hier ist eSvor allem die Kartoffel, welche ihm an Quantum das ersetzenmuß, was ihm der Geldbeutel an Qualität versagt. Das niußder preußische Landtagsabgeordnete Herr v. Meyer aus Arns-walde ganz genau wissen, denn der sagte in der 5. Sitzung despreußischen Landtags, daß eine Familie mit jährlich 420 Markganz gut leben und auskommen könne. Sie edler Herr Bonmit zwei Dutzend Ahnen, probiren Sie es doch selbst einmal!Die Kartoffelnahrung bedingt iin Wesentlichen den Salz-consum. Ter Reichskanzler, der sehr für Beibehaltung derSalzsteuer wie aller indirekten Steuern schwärmt, da, wie ersagt, das Reich nicht verarmen darf, sollte einmal folgendes Er-periment an sich selbst anstellen. Er nehme eine gekochte Kar-toffel von etwa 100 Grammen und salze dieselbe mit 5 GrammKochsalz; hierauf nehme er ein gleiches Gewicht gekochtes Ochsen-fleisch, das er ebenfalls mit 5 Gramm Salz präparirt, und beimVerspeisen dieser beiden Portionen wird er finden, daß die Kar-toffel eher noch etwas mehr Salz ertragen könnte, während dasOchsenfleisch schon total versalzen ist. Nimmt er dann nochso eine Portion Ochscnfleisch, so wird er nahezu satt sein; aberbei der Kartoffel ruft der Magen: Immer mehr Kartoffeln her!immer mehr Salz her!Natürlich wird man entgegnen:„Ha, die Arbeiter lebennicht blos von Kartoffeln!" Nun, Ihr Herren vom Kapital,daS wäre Euer größtes Unglück; wenn dies der Fall wäre,dann hättet Ihr bald keine Arbeiter mehr. Sagt doch Liebigschon, wenn ein Arbeiter sich vierzehn Tage lang ausschließlichvon Kartoffeln nähren würde, so hätte er nach vierzehn Tagennicht mehr die Kraft, seine Kartoffeln zu verdienen!Es unterliegt daher keinem Zweifel mehr, daß das armeVolk weitaus den Löwenantheil zu diesen 33 Millionen herbei-schleppen muß, und hieraus allein wird auch das Unbegreiflicheeiner solchen Steuer begreiflich: die Herren am Ruder brauchenGeld, wollen aber die Zeche für ihren Reichslurus nicht selberbezahlen; sie besitzen die Macht und diktiren dem ganzen Volkdie Gesetze, wobei sie selbst am besten wegzukommen suchen.Bedanken werden wir uns nicht dafür, wenn einmal dieseSteuer zu Fall gebracht sein wird, dagegen werden wir mitHumboldt sagen:„In Deutschland braucht man hundert Jahre,um ein Unrecht zu erkennen, und abermals hundert Jahre, umes zu beseittgen."Sozialpolitische Uebersicht.— Unterstützungswohnsitz. Die„Nationalliberalc Correspondcnz" schreibt:„Die gesetzgeberischen Aufgaben, welche denneuen Reichstag beschäftigen werden, machen in der Presse schonviel von sich reden. Unter Anderem wird eine Revision deSUnterstützungswohnsitzgesetzes angekündigt. Dieselbe bildetbekanntlich einen Punkt des ProgrammeS der„Steuer- undWirthschaftsreformer", welches jetzt freilich fast verschollen ist, imvorigen Sommer aber gewaltigen Rumor machte. Und in derThat, wenn irgend eine der agrarischen Beschwerden eine ge-wisse Begründung hat, so ist es die hier in Rede stehende. DasUttterstützungswohnsitzgesetz in seiner gegenwärtigen Gestalt kannden ländlichen Gemeinden allerdings einigen Grund zur Be-schwerde geben. Nach seiner Bestimmung fällt der Untcrstützungs-bedürftige derjenigen Gemeinde zur Last, in welcher er nachvollendetem 24. Lebensjahre zuletzt zwei Jahre ununterbrochenseinen Wohnsitz hatte. Dies hat zunächst zur Folge, daß allejungen Leute bis zum Alter von 2L Jahren im Falle der Unter-stütznngsbedürstigkeit der Heimathsgemeinde zugeschoben werden.So kann es vorkommen, daß ein Arbeiter, der bereits als Knabevon 14 Jahren in die Stadt gewandert ist, noch 10 bis 12Jahre später ini Unterstützungsfalle seiner ländlichen Heimath»-gemeinde zugewiesen wird. Noch mehr aber: bei der Beweglich-keit der gewerblichen Arbeiterbevölkecung ereignet es sich nur zuhäufig, daß auch nach vollendetem 24. Lebensjahre ein Arbeiternicht zwei Jahre nnuitterbrochen an demselben Orte bleibt unddaß er dann, wenn etwa die Arbeit schlecht geht, sich in seinelingt, den Explorationstcrmin abzuhalten und ihn für blödsinnigzu erklären. Eine traurige Rolle spielen dabei im Allgemeinendie Sachverständigen. Nummer Eins: Herr Friedet, der medi-zinische Kreisrichter! Nummer Zwei: Dr. Rinck, der den ver-geblichen Versuch machte, Herrn v. Puttkammer zu sprechen,dann der Autorität Prof. Dr. Limann den Vortritt läßt, welcher,ohne den Provokatcn jemals gesehen zu haben, auf Grund dervorhandenen Schriftstücke krankhafte Störungen seiner Geistes-kräfte constatirt. Dr. Rinck geht jetzt muthig einen Schrittweiter und erklärt— der Auffassung seines Freundes Friedetentsprechend— ohne den Provokaten gesehen zu haben, aufGrund der„bekannten Schriftstücke", daß Herr v. Puttkammeram Querulanten- und Verfolgungswahn leide, und daß„die Ge-Meingefährlichkeit der Angriffe desselben evident sei", und daßeine Untersuchung des Gemüthszustandes desselben dringend ge-boten sei. Darauf erklärt Prof. Westphal Herrn v. Puttkammerfür unheilbar blödsinnig, aber nicht gemeingefährlich, währendder Chef des Herrn Westphal, Dr. Esse, Herrn v. Puttkammerfür gesund erklärte und aus der Charitö entließ. Darauf wirdHerr v. Puttkammer wieder(November 1873) von ProfessorWestphal für unheilbar blödsinnig erachtet, ihm schließt sichDr. Jdeler an. Darauf wird der Stadtphysikus Dr. Koblankaufgeboten, dieser— ohne Herrn v. Puttkammer je gesehen zuhaben— gab sein Urtheil dahin ab,„daß die Gemeingefährlich-keit zwar nicht in Ansehung des augenblicklichen Verhaltens,wohl aber der Möglichkeit bez. Wahrscheinlichkeit gemeinschäd-licher Aeußerungen der Wahnideen zu befürchten" sei. HerrDr. Höppner, der alte Hausarzt des Herrn v. Puttkammer, weistdie diesem nachgesagte Geisteskrankheit als unerwiesene Behaup-tung zurück und führt seinerseits aus, daß Herr v. Puttkammerdurchaus nicht au Wahnideen leide, sondern wirklich sein Rechtverfolge. Diesem bedenklichen Gutachten tritt wieder Dr. Lehnerdtgegenüber, er hat Herrn v. Puttkammer einmal gesehen. SeinGutachten gipfelt in der Ausführung, daß es nicht auf die Mengeder Prozesse, sondern auf den darin gegen die Beamten undBehörden angeschlagenen Ton ankomme. Das Medizinal-Col-legium tritt ihm bei und in beiden Instanzen wird Herr v. Putt-kammer als blödsinnig erklärt— trotz seines gerichtlich auer-kannten Scharfsinns, seiner ausreichenden Gesetzeskenntniß undseiner rabulistischen Spitzfindigkeit!— Erwähnen wir noch, daßauch der Direktor des Charlottenburger Krankenhauses, Dr. Alte,' alte Heimat zurückzieht, welche schließlich für ihn zu sorgen hat.Diesen Uebelständcn wird wesentlich abgeholfen werden, wennman die Aufenthaltsdauer für die Erwerbung des neuen Unter-stützungswohnsitzes von 2 Jahren auf 1 Jahr und den Termindes vollendeten 24. Lebensjahres übereinsttimnend mit dem Groß-jährigkeitsternnne auf das vollendete 21. Lebensjahr herabsetzt.Nach den gegenwärtig durch die Presse laufenden Nachrichtensteht nun allerdings eine Revisionsvorlage in Aussicht, doch heißtes, dieselbe werde sich auf die Verlegung des Termins vom vollendeten 24. auf das vollendete 21. Lebensjahr beschränken, vonder Reducirung der Aufenthaltsdauer aber absehen. Dies wäresehr zu bedauern. Von liberaler Seite wurde bereits bei derursprünglichen Berathung des Gesetzes die einjährige Aufent-Haltsdauer vertreten. Die Bestimmung von zwei Jahren istlediglich eine Concession an die Kleinstaaten, welche ihrerseitssogar drei Jahre verlangten."Nicht bloß auf dem Land, auch in den Städten zeigt sich dieAbsurdität, Ungerechtigkeit, ja Grausamkeit der heutigen Gesetzgebung betr. den Unterstützungswohnsitz. Es gibt nur ein radi-kales Mittel, um diesen Mißständen abzuhelfen, und das ist dieErklärung der Armenuuterstützung zur Staatssache und die Eiivfllhrung der im sozialistischen Programm geforderten EinenSteuer für Staat und Gemeinde. Damit fällt die ganzeFrage des Uuterstützungswohnsitzes weg; die Unterstützung istSache der Allgemeinheit, die Last vertheilt sich auf alle Steuer-ahler und es ist für dieselben völlig gleichailttg, wo der zulnterstützende sich aufhält. Keine Gemeinde braucht dann»ochzu fürchten, benachtheiligt zu werden. Jede andere„Lösung" isteitel Pfuscherei.— Ein wahres Wort ist dem Berliner Reptil erster Klasse,der„Post" entschlüpft. In einem Artikel über die Wahlen sagtesie neulich:,')Tie Führer unserer politischen Parteien kümmernsich zu wenig um das Volk und glauben das Höchste gethanzu haben, wenn sie einmal einen Vortrag halten, oder bei einerWahlversammlung einen Bericht erstatten."„Sehr richtig" bemerken dazu in komischer Zerknirschtheit dieuationalliberalen Blätter, welche die Aeußerung abgedruckt haben.Also,„die Führer unserer politischen Parteien", d. h. der Herr-schenden reaktionär-liberalen Parteien„kümmern sich zu wenigum das Volk". Ein schönes Geständniß. Jedoch nicht ganzwahr.„Zu wenig sollen sie sich um das Volk kümmern?"Wenn's gilt, das Volk auszusaugen und zu scheeren, dann kümmern sie sich nur zu viel um das Volk. Und wenn es gilt,etwas für das Volk zu thun, daun kümmern sie sich gar nichtum's Bolk.—— Heber das Elend im preußischen Lehrerstande istschon unsäglich viel geschrieben, gejammert und geschimpft worden;zur Besserung der jammervollen Verhältnisse hat man es, wiefolgende von der„Pädagogischen Zeitung" mitgetheilte Thatsachezeigt, immer noch nicht gebracht. Der 71jährige Lehrer Sch.in I. bei Luckenwalde wurde zum 1. Oktober v. I. kurz vordem Termine seines 50jährigen Ämtsjubiläums mit— 115 Thlr.20 Gr. jährlich pensionirt. In der Gemeinde I. hatte er 42Jahre hintereinander gewirkt. Die Bitte, noch kurze Zeit längerim Amte bleiben zu dürfen, um sein wohlverdientes Jubiläumfeiern zu können, wurde ihm im Kultusministerium mündlichgewährt, schriftlich aber bald darauf von der Regierung zuPotsdam abgeschlagen, ebenso seine Petition, das zum Lebenund zum Sterben nicht ausreichende Ruhegehalt um etwas zuerhöhen. Von dieser Pension, die der Amtsnachfolger zu tragenhat, hat nun der alte Mann bis heutigen Tages keinen Pfennigerhalten. Sein Amtsnachfolger will die erste Rate am 1. Juli c.,also dreiviertel Jahre nach seines Vorgängers Scheiden aus demAmte zahlen. Die Gemeinde I. lehnte die vorschußweise Zah-lung ab,„weil nichts in der Schulkasse sei", seine Eingabe andie Regierung zu Potsdam aber blieb ohne Antwort. Deralte Mann hat deshalb sein bischen Habe veräußern müssen undsucht jetzt hier in Berlin nach fünfzigjähriger Lehrerthätigkeitvergeblich nach einem andern Broterwerb.— Wenn der Mannnoch nicht verhungert ist, so ist die offizielle preußische Kulturund Humanität gewiß nicht schuld daran. Schlimmer als einenalten Haushund, dem jeder halbwegs fühlende Mensch für treueDienste das Gnadenbrod giebt, ist der treue Diener des Staatsjedenfalls behandelt worden. Wie dergleichen Fälle, welche dochsicherlich geeignet sind, das Gemüth auch des zahmsten Staats-bürgers in regierungsfeindliche Aufregung zu versetzen, immernoch möglich sind, obgleich ja doch— nach Bismarck— derHerrn v. Puttkammer als gesund erklärte, ebenso der IrrenarztDr. Ritterfeld. Dr. Höppner hatte geglaubt, seine Behauptung,v. Puttkammer befinde sich in seinem Rechte, würde zu einereingehenden juristtschen Untersuchung der v. Puttkammer'schenVorgeschichte führen, kein Gutachten bringt juristische Beweisevon der Schwachsinnigkeit v. Puttkammer's. Man hat sie wohlbehauptet, aber nirgends in überzeugender Weise bewiesen. DasGencht hat einen Berg von Material vor sich, man sollte meinen,die Last müßte Herrn v. Puttkammer erdrücken, aber der Berggebar nur eine winzige Maus. Je weiter der Richter in seinemErkenntnisse kam, um so haltloser wurde seine Stellung. Erkann den ehrenhaften Charakter v. Puttkammer's, ein hochwich-tiges Moment, nicht bestreiten, er muß seiner Geisteskraft—wenn auch wider Willen— hohes Lob zollen, das verübte Un-recht zugeben, und man gewinnt beim Lesen des Erkenntnissesden Eindruck, daß es dem Kammergericht doch nicht so ganzleicht geworden, Herrn v. Puttkammer als blödsinnig zu erklären.Das Material schwindet ihm unter der Hand, es muß denKöller'schen Brief und seine Zeitungsartikel citiren und den Kernder Sache— das ganze Verfahren charakterisirend— bloslegen:„Wer als Offizier so vollständig die Elementarbegriffe der Dis-ziplin vergessen kann, der kann nicht bei gesunden Sinnen sein!"Mit anderen Worten dasselbe, was wir früher im„Volksstaat"gesagt:.„Wer beim Militär auf die Verfolgung verfassungs-mäßiger Rechte bestehen kann, der gilt in den Augen des Volkesals verrückt!" Wie das Medizinal-Collegium verwerthet derRichter auch die Ehrfurchtsverletzung gegen den König!(Schluß folgt.)Ein Traum.Wenn man in der Kerkcrzelle' Auf das Lager nächtlich sinkt,Wenn nicht mehr des Tages HelleZu dem müden Auge dringt:Ach, dann werden die GedankenUnd die Wünsche alle laut,Und durchbrechen oft die Schranken,Die die Wirklichkeit gebaut!So sah ich auch jüngst im TraumeFreiheit, Gleichheit, FröhlichkeitAuf dem ganzen ErdenraumeBei den Menschen weit und breit.