Leute an der Schenke aufgehetzt, denn mit einem Male drängtensich einige durch die Menge und kamen auf mich zu mit den Worten:„Dat's wol en Hasenclever, denn' wölt wie uns mal keupen",und sofort fielen sie über mich her. Nicht allein, dafi sie mich mitmeinem eigenen Stock geprügelt haben, sondern sie schlugen mitallem, was ihnen in die Hand kam, auf mich los, warfen michzu Boden und traten mich mit Füßen.„Nachdem sie so ungefähr 5 Minuten ihr Müthchen gekühlthatten, kam ich wieder auf und erstaunt sah ich, daß der Gens-darm ganz ruhig sich den Spaß ansah; es fiel ihm durchausnicht ein, einzuschreiten, so daß ich ihn zu Hilfe rufen mußte;dann kam er aber auch und zwar mit den Worten:„Hinausmit ihm!" Ich bat, daß ich doch meinen Hut und Stock mit-nehmen dürfe.„Na! suchen Sie!" m?inte er. Ich suchte auch,konnte leider nichts finden.„Na!" meinte dann wieder der HerrGensdarm:„Hinaus mit ihm, ohne Hut und Stock." Und sowurde ich denn auf diese Art und Weise ins Genick gefaßt undohne Hut auf die Landstraße geworfen.„Das war aber nicht genug. Draußen wurde ich noch voneinigen Bauern verfolgt und mit Knüppeln derart geprügelt, daßich bewußtlos darniederlag. Wie ich wieder zu mir kam, binich nach Rugenbergen gegangen in bloßem Kopf; doch warich froh, nach den Schlägen dort noch die Stacht schlafen zukönnen. Die letzten Schläge waren eben die schlimmsten, dennsie waren derartig, daß ich noch am Kopfe Wunden habe, trotz-dem, daß 4 Wochen seit der Zeit verstrichen sind. Mein ganzerKörper war überhaupt blau und grün, welches die meistenParteigenossen in Ottensen bezeugen iverdeu. Ich habe jetzt nochWunden am Kopf. Zu einer so flegelhaften Behandlung, wieich sie habe in Hasselo seitens der Liberalen erdulden müssen,lassen sich jedoch die Sozialisten nicht hinreißen."Ganz recht. Die Sozialisten lassen sich zu solch„flegelhafterBehandlung" der Gegner nicht hinreißen, weil sie wissen, daßsie als Oppositionspartei sich von vornherein unmöglich machenwürden, wenn sie anders als unterrichtend und belehrend wirkenwollten. Den Knüppel zu schwingen, das überlassen ivir denGegnern; er ist das letzte Beweismittel, welches sie in Ermang-lung von besseren Gründen den sozialistischen„Irrlehren" ent-gegenzusetze» wissen. Dieser Umstand allein schon verbürgt denSieg des Sozialismus. Sperrt uns ein, mißhandelt uns, er-schießt uns— der Sozialismus siegt doch!— Zur Sittlichkeit unserer Gegner. Im Februar desvergangenen Jahres erschien in Leipzig ein sogenanntes„Car-nevalsblatt", das seines unfläthigen, zotigen Inhalts wegen vonder Polizei mit Beschlag belegt wurde und den Verfassern oderVerbreitern einen Prozeß eintrug. Wir hatten das ekelhafteMachwerk längst vergessen, als unS vor einigen Tagen(26. Jan.)im„Tageblatt" folgende Notiz in die Augen fiel:„Das vorjährige Carnevalsblatt„Fliegende Blätter", welchesseiner Zeit bei der Polizei denuncirt und in strafrechtliche Unter-suchung genommen wurde, wird auch Heuer wieder erscheinenund nach kürzlich erfolgtem Rechtsspruche in der Lage sein, dieArtikel mit Illustrationen, welche gewisse Leute„in ihrem sitt-lichen Gefühl" verletzt hatten, wieder buchstäblich abdruckenzu können. Daß noch weitere Erörterungen über den Handel,welcher ein ganzes Jahr in Anspruch genommen hat, in Aus-ficht stehen, ist sehr wahrscheinlich."Also der ganze Schmutz wird uns„buchstäblich" abgedruckt,wieder aufgetischt werden! Und das„Leipziger Tageblatt", dasfast in jeder Nummer ein Zetergeschrei über die Unjitttlichkeitder Sozialdemokraten erhebt, bringt eine redaktionelle Empfch-lung dieses Machwerkes, welches den Stempel des Unruh'schenGeistes so sichtbar an sich trägt, daß die Gerichte beinahe ein Jahrlang brauchten, ehe sie überzeugt werden konnten, daß das indieser Beziehung sehr„liberale" Reichsstrafgesetzbnch nicht di-rekt verletzt sei. Wir gratnliren dem„Tageblatt" zu dieserKraftleistung„im Interesse der öffentlichen Moral". Und wohlauch zu einem kleinen— Cadeaüchen, Herr Hüttner?— Blüthen des Militarismus. Unsere Leser werdensich noch erinnern, daß vor 1-/, Jahren bei einer militärischenUebung auf der„Mainspitze" Projektile und sonstige Schießge-säße in großer Anzahl in das gegenüberliegende Dorf Kostheimgeschleudert wurden und dort eine solche Verheerung anrichteten,daß dessen Bewohner sich plötzlich in ein von feindlichen Truppenattaquirtes Heerlager versetzt glaubten. Die von militärischerSeite eingeleitete Untersuchung nach der Ursache dieses„Bom-bardements im Frieden" hat, wie man hört, große Stöße vonAkten aber keine Schuldigen zu Tage gefördert, und man scheintsich sogar der Pflicht enthoben zu glauben, den Bewohnern vonKostheim eine Entschädigung leisten zu müssen. Daß die hes-sische Regierung zum Schutze der hessischen Unterthanen erfolg-reiche Schritte bei dem preußischen Militärfiskus unternommen,davon läßt sich gleichfalls nichts merken, und so bleibt den Geschädigten keine andere Wahl, als die Gerichte anzurufen. DiesenHerr v. Putttammer.ii.(Schluß.)Als wir diese Gründe fanden, da drängte sich uns ein leb-haster Protest gegen die Competenz„Königlicher" Behörden ineiner Angelegenheit auf, in der die beleidigte Majestät eine sogroße Rolle spielt! Wir fragten uns, würden demokratische Be-Hörden ebenso geurtheilt haben, würde das Bestehen auf Gesetzund Recht auch im demokratischen Volksheere als eine Unge-heuerlichkeit, als Geisteskrankheit aufgefaßt werden? Wir mußtendie Fragen verneinen und indem wir aus dem Material dasentfernten, was Tendenz als Felsblöcke hinzugewälzt, bliebvon dem ganzen Berge nur Geröll übrig, mit dem zu beschäf-tigen— höchstens der Jnjurien-Richter ein Interesse hätte.Das Gutachten Höppners wird zerpflückt; ein Unsinn sei es,so findet das Gericht, geisteskrank und doch nicht wieder geistes-krank zu sein! Aber kann man nicht den Spieß umkehren?Scharssinn bis zu rabulistischer Spitzfindigkeit, im Gesetze wohlbewandert und doch geisteskrank zu sein, das erscheint uns nochunnatürlicher— aber es ist gesetzlich! Freilich wird bei Herrnv. Puttkammer bei allem Scharfsinn auch Schwachsinn behauptet,aber, wie wir gezeigt, nur behauptet. Wenn ein Advokat, wiev. Puttkammer es gcthan, das Gesetz stets in seinem Sinne aus-legt, dann ist das kein Schwachsinn, sondern ein völlig erlaubtesVerfahren. Herr v. Puttkammer aber vertrat sich in seinemProzesse selbst. Kein Prozeß ist angeführt, in dem die behaup-tete Schwäche des Urtheils nachgewiesen worden, und so langedies nicht geschehen, sind wir wohl berechtigt, seine Beschwerdenin den Militär-Conflikten und in der Vermögens-Affaire sowieseine geharnischten Proteste gegen seine zweimalige Jnternirnngals begründet anzuerkennen und seine Erfolge in der Pensions-Affaire, die Abweisung des Kriegsministeriums mit seiner Klagewegen Führung falscher Titel, die nochmalige Ausfertigung einercontrasignirten Kabinets-Ordre, die schließliche Anerkennung dcsi Weg haben nun einige Personen betreten, darunter der Vatereines jungen Mädchens, das derartig verletzt wurde, daß manlange ein Wiederaufkommen bezweifeln mußte. Diese letztereKlage, die schon in nächster Zeit vor den Mainzer Gerichten zumAustraz kommt, dürfte dem Militärfiskus allerdinzs ziemlichtheuer zu stehen kommen, indem von den beeidigten Gerichts-ärzten ein Gutachten erstattet wurde, welches dahin sich aus-spricht, daß das junge Mädchen durch die erlittenen Verletzungendauernd seines Gehörs verlustig sei. Die von dem Kläger de-antragte Entschädigungssumme von 16,000 Mark erscheint nachLage der Dinge durchaus nicht zu hoch gegriffen, und es ist zuwünschen, daß die Gerichte in solchen Fällen die Entschädigungennicht zu knapp bemcffen. Freilich kann auch die höchste Ent-schädiguugssumme nicht wirklichen Ersatz für eine derartigeKörperschädigung bieten, und für die ausgestandene furchtbareAngst bei dem Friedensbombardement kann man die Betroffenenauch nicht schadlos halten. Zudem hat die resultatlose Unter-suchung wieder einmal zur Genüge bewiesen, daß der Militär-staat sich wenig um Gut und Blut seiner Angehörigenscheert und sie der Ungeschicklichkeit und frivolen Fahrlässigkeitseiner Werkzeuge schonungslos preisgiebt.— Soldatentod. Aus Brieg wird unter'm 5. Februargeschrieben:„Am Freitag früh stürzte sich ein Soldat des 51.Regiments in die Oder und fand bald den gesuchten Tod.Schwermuth scheint das Motiv zur That gewesen zu sein."Schwermuth— in den besten jugendfrischesten Lebensjahren—natürlich! Unsere Soldaten suchen den Tod aus Furcht vordemLeben demjenigen Leben, das ihnen das„Vaterland", dessen„Stütze und Stolz" sie sind» in den Kasernen und auf den Exerzierplätzen gönnt.— Beitrag zur Unfall-Statistik. Bei der Magde-burger Allgemeinen Vcrsichcrungs-Aktien-Gesellschaft— Abthci-lung für Unfall- Versicherung— kamen im Monat Dezemberv. I. zur Anzeige:27 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folgegehabt haben,5„ in Folge deren die Beschädigten noch in Le-bensgefahr schweben,24„ welche für die Verletzten voraussichtlich lebcus-längliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden,358„ mit voraussichtlich nur vorübergehender In-Validität.Sa. 414 Unfälle.'Von den 24 Todesfällen treffen 7 auf Zuckerfabriken, 3 aufMahlmühlen, 2 auf Oelfabriken, je einer auf eine Brauerei,Papierfabrik, Brennerei, Schneidemühle, Schwelerei, Brotfabrik,Maschinen-Reparatur-Anstalt, Destillation, Superphosphat- undChemikalienfabrik, Porzellanfabrik, einen Landwirthschaftsbetrieb,Dampfdreschmaschineubetrieb, Steinbruch, ein Baugewerk undeine Arbeiter»Vereinigung behufs Löschens und Entladens vonKohlenschiffeu; von den 5 lebensgefährlichen Beschädigungen jecipe auf ein Baugewerk, eine Mahlmühle, Schneidemühle, Ma-schinenfabrik und Preßhefen- und Spiritusfabrik; von den 24Jnvaliditätsfällen 6 auf Zuckerfabriken, 3 auf Brauereien, 2 aufein Puddel- und Walzwerk, je einer auf eine Blechwaaren-fabrik, Papierfabrik, Brennerei, Mahlmühle, Waggonfabrik,Weberei, Spinnerei, Oelfabrik, Maschinenfabrik, Holzrouleaux-fabrik, einen Steinbruch, Landwirthschaftsbetrieb und combinirtenMahl- und Schneidemühlcnbetrieb.— Von der Maffia in Sizilien werden unsere Leserschon gehört haben; dieselbe ist eine Verbindung von Leuten,die unaufhörlich mit der Regierung und den Gesetzen in blutigemKriege leben und deren die Behörden durchaus nicht Herr zuwerden vermochten. Nach den im Parlamente gegebenen Schil-derungen der italienischen Minister sollten die durch die Maffiaerzeugten Zustände auf der schönen Insel im Mittelmeere eineder korsischen Vendetta(Blutrache) ähnliche Erscheinung sein.In neuester Zeit gewinnt noch die Meinung an Gewicht, daßes sich hier um eine soziale Erhebung handelt. Das sizilianischeVolk wurde allmülig von den zu seinem Schutz und der För-derung seiner Interessen Berufenen, das heißt von seinen Regie-rungen, vom Genuß der Güter, mit dem die Natur ,cs beschenkt,hinweggedrängt. Das arme Volk hat in seiuem stetig überhandnehmenden Elend jedes Vertrauen in die, oder überhaupt ineine Regierung verloren; die jetzige, welche ein Licht im Ver-hältniß zur Finstcrniß der bourbonischen Wirthschaft darstellt,kommt verbessernd mit guten Absichten, die sich in Verbesserungder Gcrichtspflege, Wegebau:c. Luft machten, post festurn(zu spät).Ja man darf sagen, daß wenn die Regierung mit dem Zauberstabeiner Fee ausgestattet, augenblicklich zur Wirklichkeit machenkönnte, was sie verspricht, sie dennoch nichts erreichen würde;die Dolche und Kugeln der Maffia sind eine düstere, großartigePetitionsrechts an allerhöchster Stelle nicht als die Folgen seinesSchwachsinns, sondern als Triumphe seiner unbeugsamen Energieund seines juristischen Scharfsinns aufzufassen.Welcher Mensch vermag die Folgen seiner Handlungen stetszu überlegen. Er kann hundertmal falsche Schlüsse ziehen undbraucht doch nicht geisteskrank zu sein. Und hier siegt, wennwir das ganze Material sichten, thatsächlich nichts anderes vor,als daß v. Puttkammer in seinen Anklagen bitter geworden,vielleicht auch einmal irrthümlich eine falsche Adresse gewählt!Aber er soll ja auch an Selbstüberschätzung gelitten haben! Wi>-haben schon gezeigt, daß wir bei Herrn v. Puttkammcr nur einefalsche Vorstellung gefunden haben und zwar die Annahme, diegetrenen Räthe der Krone hätten Furcht vor einer Anklage wegenVerletzung verfassungsmäßiger Rechte und vor der Macht derPresse. Aber wenn Herr v. Puttkammer hier wirklich zu einerfalschen Annahme gelangt, darf sie als Beweis seines Blödsinnsgelten? Hat seine Affaire übrigens Europa noch nicht erschüttert,so ist sie doch schon weit über die Grenzen Deutschlands hinaus-gedrungen und wir können gerade nicht sagen, das Deutschlanddabei gewonnen hat.Wäre Herr v. Puttkainnier nicht aus dem Jrrenhause ent-flohen, er gehörte noch heute zu den Lebendia-Todten. Er lebtjetzt in Zürich und während die deutschen Behörden ihn noch alsblödsinnig betrachten, haben die schweizerischen ihn als einendurchaus gesunden Menschen erkannt.lieber sein Leben in Zürich haben wir die besten Nachrichtenempfangen. Jedermann rühmt seine Liebenswürdigkeit und seinbescheidenes Wesen, doch ist er auch jetzt noch nicht von derUeberzeugung zurückgekommen, daß ihm schmähliches Unrecht ge-schehen, daß man ihn widerrechtlich internirt, ihn im Vollbe-sitz des gesunden Menschenverstandes für blödsinnigerklärt und in ein Irrenhaus gesperrt chat. Er hatteeine Petition dem Reichstage unterbreitet, in der er seine Schick-sale geschildert und um eine Untersuchung gebeten. Sie hatkeine Gnade vor der Petitions-Commission gefunden, doch sind'Logik aus Geschehenem, vor welchem alles llebrige nunmehr in|Schweigen versinkt. Die Maffia als einen Cooperativverband ivon Banditen aufzufassen, wird sich demnach mehr und mehr 1als Jrrthum herausstellen. Die italienische Regierung erntet in ISizilien, was ihre Vorgänger und sie selber gesäet, und was!'der schließliche Lohn aller Regierenden sein muß, deren vor- 1nehmstes und eifrigstes Streben nicht auf die niaterielle Wohl- 1i fahrt und die wissenschaftliche Erziehung des Volkes gerichtet ist. I— Die Folgen der ganz unüberlegten und zweck- jlosen Demonstration in Kasan treten jetzt in dem am 30. 1v. Ms. begonnenen Processe zu Tage. Die Angeklagten bestä-|tigen nur das über den Vorgang schon früher bekannt Gewor- 1dene, ohne irgend etwas wesentlich Neues hinzuzufügen, nament-|sich, daß eine rothe Fahne mit der Inschrift„Land und Frei- 1heit" entfaltet und daß eine Anzahl von Polizeibeamten miß-handelt wurde. Nach der Entfaltung der Fahne zog eine Dame, leine Blondine, mit aufgelösten Haaren, der dicht gedrängten jSchaar voraus und rief: Vorwärts, folgt mir! Diese Dame war,die Kaufmannstochter, die Israelitin Felicia Jssakowa Scheftel. 1Außer ihr sind noch angeklagt die Edelmannstochter Barbara!Konstantinowa Jliaschenko, Hörerin der weiblichen medizinischen iKurses, die Beamtentochter Lydia Wassiliewa Nikolakaiewskaja Iund die Majorstochter Sofia Iwanowa, ferner die Studentender medizinisch-chirurgischen Akademie Gerwassi, Bibergall und 1Gurowitsch, der Student des Wegbau-Jnstituts Nadeshdin, derSchüler der kaiserlichen Akademie der Künste Popow, drei per- Isönliche Ehrenbürger, drei Kleinbürger und drei Bauern. Aus 1den Verhandlungen ist durchaus nicht zu erkennen, ob die De- imonstranten irgend einen groß angelegten Plan verfolgt haben, iDie meisten derselben behaupten, nur zufällig auf den Platz ge- lkommen zu sein und leugnen jede Gewaltthätigkeit gegen die IPolizei. Nach einigen Zeugenaussagen wußten selbst die An- lwesenden gar nicht, uni was es sich eigentlich handelte. So er- iklärte ein Zeuge, daß ihm ein anwesender Stadtwächter auf die iFrage, was los sei, geantwortet:„Die Studenten revoltiren."]„Sind sie betrunken?"„Siein."„Weshalb revoltiren sie?"„Ich]weiß nicht." Sehr bezeichnend ist die Aussage eines Zeugen, Idaß er unter den Demonstranten„polnische Typen" bemerkthabe; als man demselben die Angeklagten zeigte, behauptete der;Zeuge jedoch, daß diese„mehr russisch" seien. Das brutale Vrr-!fahren der Polizei charakterisirt am besten die Aussage einesZeugen mit Namen Rubalowsk. Auf die Frage eines Anwalts, iwelchen Eindruck es auf den Zeugen machte, als er die Verhaf- ihingen sah; ob man solche Personen festnahm, auf welche speziell-hingewiesen wurde, oder ob man dabei einfach nach dem Aus- 3sehen verfuhr, d. h. ob man solche nahm, die mehr dem Typusder studircnden Jugend entsprachen, antwortet der Zeuge:„Ja.nach dem Typus," Zeuge erinnert sich eines Vorfalls. Alseine Frau abgeführt wurde, versetzte ein junger Mensch demjenigen, welcher die Frau führte, einen Schlag. Alsbald wurde �auf den jungen Mann eingehauen und er fiel zur Erde. Manrichtete ihn bei den Haaren auf und führte ihn in's Polizei-Bureau ab. Das Schicksal der unglücklichen Leute ist natürlich,im Boraus bestimmt. Hoffentlich läßt sich die revolutionäreJugend in Rußland diese Affaire zum abschreckenden Beispieldienen.Correjpondenzen.Ottensen.(Verspätet.) Donnerstag den 25. Januar fandHierselbst eine außergewöhnlich stark besuchte Volksversammlungstatt mit der Tagesordnung:„Die engere Wahl zwischen Beselerund M. Stöhr." Als Referenten waren die Herren ProfessorBeseler, Max Stöhr, A. Geib und R. Praast aufgestellt. Herr-Professor Beseler hatte es aber für gut befunden, sich durcheinen Brief zu entschuldigen, in welchem denn auch verschiedeneGründe angegeben waren, weshalb er nicht in diejer Versamm-lung sprechen könne. Einer der Gründe war der, daß es ihm,so lauge die Arbeiter noch ihren„Führern" nachliefen, nichtmöglich sei, in derartigen Versammlungen aufzutreten. Weil aberStöhr an diesem Abend in einer Versammlung in Süllfeldtsprechen mußte und Geib durch Krankheit zu erscheinen verhindert war, blieb nur Praast als Referent übrig, der sich dennauch zur rechten Zeit eingefunden hatte und seine Aufgabe inzufriedenstellender Weise erledigte.Praast äußerte sich ungefähr folgendermaßen: Wenn die So-zialdemokratie in allen Orten so dastände, wie hier in Ottensen,so könnten wir zufrieden sein. Die sozialistische Idee werde sichBahn brechen, und die Zukunft gehöre ihr. Redner legte klar,wie eine jede Partei, nachdem sie anfing stark zu werden, allenmöglichen Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei. So war esfrüher mit der liberalen Partei ebenfalls. Man warf derselbenvor, sie wolle das Eigenthum abschaffen und sonstigen Unsinnmehr; nachdem sie aber das Heft in lue Hand bekommen,schleudert sie ihrerseits der Sozialdemokratie dieselben VorwürfeLiebknechts Vorstellungen nicht ohne Eindruck geblieben. Herrv. Puttkammer soll sich von competenten Aerzten untersuchenund seine Gesundheit constatircn lassen. Dann will man weitermit ihm verhandeln.— Faktisch existirt nun aber gar kein Cu-ratel, es ist kein Curator, kein Vormund bestellt, kann auch nichtbestellt werden, da sich Herr v. Puttkammer im Auslande be-findet. Was die„competenten Aerzte" betrifft, so lassen noto-risch die preußischen Gerichte Atteste von ausländischen Aerztennicht gelten. Atteste aus der Schweiz hätten somit keine Gül-tigkeit. Würde Herr v. Puttkammer wieder klagen, dann müßteer, was seineu Gegnern ganz recht wäre, wieder anerkennen,daß er blödsinnig gewesen. Ob sich das bisherige Verfahrenanfechten läßt? Die Competenz dcs Berliner Kreisgerichts läßtsich anfechten, Lehnert fungirte, da der Ehefrau die Bezeichnung eines Arztes nicht zustand, nicht competent, drittens wärenoch der Umstand zu beachten, daß die Gatttn des Herrn vonPuttkammer im ganzen Verfahren nicht gehört worden. Wirwagen indcß kein bestimmtes Urtheil abzugeben, bitten aberunsere juristtschen Freunde, mit ihrem Rathe nicht zurück zuhalten.Die Angelegenheit ist durch unsere Veröffentlichungen inFluß gekommen. Wir hoffen, daß es Herrn v. Putttammertrotz aller Schwierigkeiten nun doch gelingen wird, sein Rechtzu erlangen, das ihm so lange beharrlich verweigert worden.C. Lübeck.— Taut comme chez noua(Alles wie bei uns) dachten wir,als wir dieser Tage in einer nationalliberalen ZeiMng Folgendes lasen: i„Ein ftanzösisches Blatt übersetzt ein türkisches KriegSlied, das\einen Ulema, Firzi Efendi, zum Verfasser hat und ein Echo dcs Itürkischen Kriegsenthusiasmus sein soll. Es lautet in Prosa:.Glücklichdurch unsere Religion und durch unseren Staat ist unser Name in AllerMund, wir sind der Gegenstand jeder Unterhaltung. Wir, das krie- tgerische Volk mit dem stets blutigen Säbel; wir, die Söhne der Helden,selbst Helden.(Dieser letzte Satz wiederholt sich als Refrain nach jeder jStrophe.) Der Säbel des Krieges adelt tadelnswerthe Handlungen|