Rehe durch die höheren und anhaltender wirksamen Erregungen dahin zu benutzen sein, daß die Entstehung von gänzlich interesse- losen Lücken vermieden werde. Uebrigens wird es aber darauf ankommen, zu verhüten, daß die naturgemäß oder sonst im normalen Lauf des gesellschaftlichen Daseins entstehenden Span- nungen in willkührlicher Weise gehäuft, forcirt, oder, was die gegentheilige Verkehrtheit ist, schon bei der leisesten Regung be- friedigt und so an der Entwicklung eines genußfähigcn Bedürfens verhindert werden. Die Einhaltung des natürlichen Rhythmus ist hier wie anderwärts die Vorbedingung der ebenmäßigen und anmuthenden Bewegung. Auch darf man sich nicht die unlös- bare Aufgabe stellen, die Reize irgend einer Situation über die ihnen von der Natur oder den Verhältnissen zugemessne Frist ausdehnen zu wollen" u. s. w. Der Biedermann, der sich diese feierlichen Philister-Orakel einer über die fadesten Plattheiten spintisirenden Pedanterie zur Regel der„Lebenserprobung" dienen läßt, wird allerdings nicht über„gänzlich interesselose Lücken" zu klagen haben. Er wird alle seine Zeit nöthig haben zur regelrechten Vorbereitung und Anordnung der Genüsse, so daß ihm zum Genießen selbst kein freier Augenblick bleibt. Erproben sollen wir das Leben, das volle Leben. Nur zweierlei verbietet uns Herr Dühring: erstens„die Unsauber- reiten her Einlassung mit dem Tabak", und zweitens Getränke und Nahrungsmittel, welche„widerwärtig erregende oder über- Haupt für die feinere Empfindung verwerfliche Eigenschaften haben." Da nun Herr Dühring in dem Kursus der Oekonomie die Schnapsbrennerei so dithyrambisch feiert, so kann er unter diesen Getränken unmöglich den Branntwein verstehn; wir sind also zu dem Schluß gezwungen, daß sein Verbot sich blos auf Wein und Bier erstreckt. Er verbiete nun auch noch das Fleisch, und dann hat er die Wirklichkeitsphilosophie auf dieselbe Höhe gebracht, auf der weiland Gustav Struve sich mit soviel Erfolg bewegte— auf die Höhe der puren Kinderei. Uebrigens könnte Herr Dühring doch in Beziehung auf die geistigen Getränke etwas liberaler sein. Ein Mann, der ein- gestandener Maßen die Brücke vom Statischen zum Dynamischen noch immer nicht finden kann, hat doch sicher alle Ursache, gelmd zu urtheilen, wenn irgend ein armer Teufel einmal zu tief ins Glas guckt und in Folge dessen die Brücke vom Dynamischen zum Statischen ebenfalls vergebens sucht. Anstatt einer Brieskastennotiz. Von mehreren Seiten ist bei uns angefragt worden, weshalb wir am 11. April keine Notiz von dem Geburtstage Lassalle's genommen; die Fragesteller aber ließen durchblicken, als ob wir mit besonderer Absichtlichkeit, ja aus Antipathie gegen den großen Todten den Tag nicht erwähnt hätten. Wir weisen diese Anschauung weit von uns weg, indem wir unsererseits die Frage stellen, ob Diejenigen, welche am lautesten jubeln oder klagen, auch immer die besten Anhänger, die treuesten Verehrer sind? Die Bedeutung Lassalle's für die deutsche Arbeiterbewegung, ja für den Sozialismus überhaupt, ist über jeden Zweifel er- haben; wir haben dieselbe anerkannt und werden dieselbe immer anerkennen, und gern gedenken wir auch öffentlich in Schrift und Wort des großen Mannes. Aber wir glaubten zu solcher Erinnerung einen andern Tag wählen zu sollen und zwar den 31. August, den Todestag Lassalle's; die Erinnerung an den jähen Tod des mitten im Kampfe stehenden Streiters ist jedenfalls naheliegender, als die Erinnerung an die Geburt und rückblickend vom Grabe bis zur Wiege kann man dann die ein- zelnen Thaten des Gefeierten vor dem Auge des Lesers oder Hörers zum Gedächtniß besser vorüberziehen lassen. Kam es uns doch so vor, als ob einige Artikel, die unsere lokalen Partciblätter zum Geburtstage Lassalle's brachten, zur Erinnerung an seinen Todestag geschrieben seien! Die Feier des Todestags Lassalle's ist fast in ganz Deutsch- land bei unserer Partei Sitte geworden, laßt uns also diese jedes Jahr begehen, so ernst und feierlich wie möglich, aber laßt es auch damit genug sein. Die Bourgeoisie feiert die Geburtstage ihrer Größen meist nur alle 10, 25, 50 oder 100 Jahre; und wenn wir auch gern eingestehen, daß Lassalle uns mehr war, als jemals ein großer Geist der Bourgeoisie sein kann, so wollen wir doch nicht in den Fehler verfallen, den Kultus von Personen abgöttisch zu be- treiben. Lassalle selbst würde sich am ersten, wenn er noch lebte, der- gleichen verbitten. Lassalle war sich seines vollen ganzen Werthcs bewußt, aber er war nicht eitel, deshalb wollte er auch keine Ovationen, sondern nur, wo es der Sache galt, bedeutsame De- Ein Kapitel zum Zeugnijzzwang der Redakteure. Wie in den letzten Jahren in Preußen-Deutschland die Zeugniß- Pflicht der Redakteure zur Ermittelung von Post- und Tele- graphenbcamtcn ausgeübt wird, welche sich erkühnten, in der Presse nicht Alles gut zu heißen, was von Herrn Stephan oder ihm untergeordneten Organen kommt, dazu bietet die bisher wenig bekannt gewordene Leidensgeschichte des Begründers und langjährigen Leiters der Berliner Wochenschrift„Deutsche Post" neben dem Falle Kantecki eine so treffende Illustration, daß wir uns nicht versagen können, hier ein kurzes Bild der akten- mäßig festgestellten Thaisachen folgen zu lassen. Das oben angeführte Blatt hatte sich unter Anderm die Aufgabe gestellt, ein treuer Anwalt der Verkehrs-, inbesondcre der Post- und Telegraphenbeamten zu sein und öffnete seine Spalten willig so manchem Schmerzensschrei aus jenen Kreisen. Dadurch hatte es sich die Gunst eines viel von sich reden machenden und viel- belobten Verwaltnngschefs verscherzt, der seinerseits das Menschen- möglichste aufbot, dem Blatte seine Ungunst zu zeigen. Be- sonders waren jenem Verwaltungschef die alljährlich wieder- kehrenden Klagen über die eigenthümlichen Gratifikations-Ver- theilungen an Postbeamten zu Weihnachten ein Dorn im Auge. Dem Redakteur des genannten Blattes, E. König, machten die sich alljährlich wiederholenden zahlreichen Zuschriften über das genannte Thema nicht minder Kopfschmerzen; es gab da viel zu sichten und zu feilen, und doch mußte er den Lesern seines Blattes auch iu diesem Punkte Rechnung tragen. In der Weih- nachtsperiode von 1872 allein gingen einige siebenzig Zuschriften über das genannte Thema ein. Eine der besten der anonymen Arbeiten, die sich durch ihren Stil sowohl, als durch gewisse Zahlenangaben auszeichnete, verwandte Redakteur König, nachdem er Streichungen und Zusätze vorgenommen hatte, als Leitartikel in Nr. 4 des Jahrganges 1873 seines Blattes. Jener Arttkel blieb Polizeilich oder besser staatsanwaltlich völlig unbeanstandet, den Berwaltungschef Stephan dagegen versetzte er in große Aus- regung. Eine Erwiderung— freilich eine sehr matte— war die Folge, welche wiederum in einem Leitartikel(in Nr. 7 pro 1873 der„Deutschen Post") kritisirt wurde. Versuche von diversen Seiten, auf Schleichwegen beim Rc- datteur König, den Einsender jenes Arttkels zu ermitteln, wurden s monstrationen. So glauben wir, daß man uns, wenn wir am ! 11. April Lassalle's nur in der Stille gedachten und unsere � Erinnerungsworte auf den 31. August aufschoben, keinen Verstoß gegen die Pietät, die wir dem Verstorbenen zollen, zeihen kann. Der 31. August aber soll für die deutschen Arbeiter der jährliche Erinnerungstag an Lassalle sein— das Centralorgan der Sozialdemokratie Deutschlands wird desselbem jedesmal in angemessener Weise gedenken. Sozialpolitische Uebersicht. —„Die Lage ist sehr ernst und wenn nicht durch ein wahres Wunder ein Scenenwechsel eintritt, so stehen wir un- mtttelbar vor dem Ausbruch eines Krieges"— so schreibt die Wiener „Neue Freie Presse", die in den orientalischen Ange- legenheiten bis jetzt immer sehr gut unterrichtet war. Rußland ist in dem diplomatischen Spiel von der Türkei glänzend be- siegt worden, nun kann das kriegerische Spiel losgehen. Auch die„National- Zeitung" spricht von der Unvermeidlichkeit des �Krieges. Der geniale Staatsmann, ohne dessen Willen in Eu- ropa kein Kanonenschuß fällt, hat augenscheinlich seinen Zauber verloren— oder ist es sein Wille, daß der Kriegsbrand im Osten Europas sich entzündet?— Sei dem wie ihm wolle, das Kaiserbündniß ist vernichtet, der Krieg, im Osten angefacht, kann , sich sehr leicht über den Westen ausdehnen, den das mächtige, „friedfertige" Deutschland nicht verhindern kann. Wir stehen i somit vor einer recht rosigen Zukunft.— Nach einzelnen Nach- richten soll der Krieg schon erklärt und die Russen im Vormarsch begriffen sein. — Ueber die Regierungslosigkeit in Berlin macht die reichsfreundliche„Kölnische Zeitung " folgende interessante Bemerkungen:„Die Ernennung Hofmann's zum Vertreter des Fürsten Bismarck hat auf die Mehrheit der Abgeordneten einen ungünstigen Eindruck gemacht. Wir zweifeln nicht, daß Herr Hofmaan als Präsident des Reichskanzleramts seine Pflicht nach bestem Wissen und Können erfüllt; aber er ist nicht im Stande, Herrn Delbrück zu ersetzen. Im Reichskanzleramte herrscht jetzt, wie man klagt, eine gemüthliche Anarchie, und Jeder thut so ziemlich was er will. Wenn das nun geschah, während Fürst Bismarck noch zugegen war, was wird geschehen, wenn Herr Hofmann diese mächtige Stütze verloren hat? Auch fehlt es dem gegenwärtigen Stellvertreter des Reichskanzlers leider an jener Festigkeit der volkswirthschaftlichen Grundsätze, durch die sich Herr Delbrück auszeichnete."— Aus solchem Gejammer und Geklage ersieht man, daß das„deutsche Reich " noch lange auf keinen grünen Zweig angelangt ist— und dies sogar trotz Bismarck . — Ueber das Arbeiterschutzgesetz, welches die sozia listischen Abgeordneten entworfen haben, äußern sich jetzt sast alle Zeitungen. Bezeichnend ist das Urtheil der„National- Zeitung", die sich folgendermaßen vernehmen läßt:„Der von den Sozialdemokraten ausgearbeitete Entwurf eines Arbeiter- schutzgesetzes ist nunmehr beim Reichstage eingegangen, unterstützt durch die Abgeordneten Krüger, Rußwurm, vr. Reichensperger (Kreseld) und Holthoff. Es ist ein sehr umfangreiches Aktenstück und betrifft Abänderungen der Titel I, II. Vit, IX und X der Gewerbeordnung. Von der Tendenz, die Arbeit im Sinne des sozialistischen Zukunftsstaates zu organisiren, hält sich der Ge- setzcntwurf fern; es wird dem Arbeiter der Arbeitgeber gegen- übergestellt, dem letzteren auch ein gewisses Maß von Rechten eingeräumt. In dieser Beziehung stimmen daher die gestellten Anträge mit den Forderungen der für Wahlzwccke und sonst benutzten sozialistischen Parteiprogramme nicht überein. Abgesehen davon, ist in dem Gesetzentwurf allerdings anscheinend jsämmt- lichen in Deutschland ooer anderswo vertretenen Bestrebungen der Arbeiterpartei Rechnung getragen. Es befinden sich darunter solche, deren Berechtigung auch von andern Parteien anerkannt und zu deren Durchführung anderweit bereits die Initiative ergrissen ist. Ein weiterer Theil der Bestimmungen schießt über das unter Berücksichtigung der thatsächlichen Verhältnisse zur Zeit erreichbare Ziel mehr oder weniger weit hinaus, während eine dritte Kategorie mit der bestehenden Rechtsordnung offen bricht. Daß die erste Probe eines gesetzgeberischen Versuchs von sozialdemokratischer Seite die Rücksicht auf das Erreichbare nicht beobachten würde, kann nicht überraschen; es kam ja vor allem darauf an, die Wähler vom 10. Januar durch die Jnaussicht- stellung möglichst umfassender Verbesserungen zufrieden zu stellen. Eine verständige Einschränkung der Forderungen hätte unfehlbar sehr ernüchternd auf die Anhänger der Partei einwirken müssen. von Letzterem, der— beiläufig bemerkt— den Einsender selbst nicht kannte, glücklich abgeschlagen, und schon glaubte König, der Groll des von den nationalliberalen Blättern mit dem Beiwort „groß", auch wohl„genial" geschmückten Verwaltungschefs und Ehrendoktors sei verraucht und letzterer habe die Unmöglichkeit der Befriedigung seiner„Wißbegierde" eingesehen, als er im Frühjahr 1873 eine Vorladung vom Berliner Stadtgericht als „Zeuge in der Disziplinar-Untersuchungssache wider Unbe- kannt"(?!?) vor dem bekannten, auch im Prozesse Arnim mehrfach genannten Untersuchungsrichter Pescatore erhielt. Im ersten Termine wurde ihm eröffnet, daß seine Vernehmung lediglich auf Requisition des Generalpostdirektors erfolgt sei, welcher eine Disziplinaruntersuchung gegen den betreffenden Be- amten, welcher jenen Artikel, der dem Herrn Stephan nicht ge- fallen hatte, eingesandt, einleiten wolle. Dann forderte er Re- dakteur Köuig auf, den Namen dieses Beamten zu nennen(also denselben gewissermaßen treulos seinem mächtigen Feinde aus- zuliefern). Man hatte den Antrag damit motivirt, der Herrn Stephan mißfällige Artikel enthalte Angaben, Zahlen u. dergl., die nur von einem höheren Postbeamten herrühren könnten, — also eine Verletzung des Amtsgeheimnisses— außerdem sei die ganze Fassung des Aufsatzes für die Verwaltung, beziehungsweise deren Chef verletzend. Die sonst in solchen Punkten so feinfühlige Staatsanwaltschaft hatte Verletzendes allerdings nicht zu entdecken vermocht. Den ersten Punkt bestritt König und wies nach, daß in keiner Weise eine Verletzung des Amtsgeheimnisses vorläge, daß vielmehr die Zahlenangaben:c. Jedermann, in dem entsprechenden Reichstagsmaterial, als Postetat, Poststatistik-c. zugänglich seien. Das angeblich Verletzende der Fassung des Artikels dagegen nahm er auf sich. Damit war indessen dem Postchef wenig gedient; er ließ zwar das Motiv der Amtsgeheimnißverletzung fallen, legte da- Segen den Werth auf die verletzende Fassung des Arttkels. !önig versicherte, daß das Manuscript anonym gewesen sei und er die Arbeit ihres innern Werthes halber für die eines höheren Postbeamten gehalten habe, weigerte sich aber, seine Aussage zu beschwören, weil seine Vernehmung nur auf Requisition eines nichtrichterlichen, einfachen höheren Verwaltungsbeamten erfolgt Deshalb hat der vorliegende Antrag in unseren Augen auch nur einen Werth als Stimmungsbild und Zeichen der Takttk." — Also weit über das Ziel hinaus schießt jener Antrag, trotz- dem er sich von der sozialistischen Tendenz des Zukunftsstaates fern hält. Also doch noch zu freisinnig! Unsere Parteigenossen mögen daraus das endgiltige Schichal des Gesetzentwurfs, die Ablehnung, ersehen, aber zugleich erkennen, daß selbst die prak- tischesten Vorschläge, welche den Kapitalismus nur etwas be- schränken sollen, in den Augen der liberalen und conservativen Kapitalanbeter keine Gnade finden. — Die politische Satyre hat nur dann ihre volle Be- rechtigung, wenn sie sich gegen die Macht, gegen die Unterdrücker wendet; sie wird meistens schal, wenn sie gegen die Unterdrückten gerichtet ist. So lange der„Kladderadatsch" ein opposittonelles Blatt war, waren seine Witze schneidig, seitdem er aber servil geworden und der Macht dient, sind seine Witze flach. Sie werden aber oft genug unmoralisch, wie nachstehende Briefkastennotiz zur Genüge uns zeigt:„L. M.: In Nr. 71 des„Neuen Hei- delberger Anzeigers" finden wir die Einladung zu einer allge- meinen SchuhmachenVersammlung, auf deren Tagesordnung die „Besprechung betreffs einer Petition an den deutschen Reichstag über Abschaffung der Zuchthausstrafe" steht. Wir zweifeln nicht, daß diese Petition zahlreiche Unterschriften in den Kreisen Derer finden werde, deren Finger zu lang für ehrliche Arbeit sind."— Wenn im„Heidelberger Anzeiger" ein solcher Druckfehler gewesen ist(es soll selbstverständlich heißen: Ab-' schaffung der Zuchthausarbeit), so konnte der„Kladderadatsch" dem„Anzeiger" einen Hieb versetzen, doch in dieser Weise die i einladenden Schuhmachergesellen, die unter dem Drucke der Zucht- Hausarbeit leiden, zu verhöhnen, das ist mehr als frivol, das ist gemein.— Uebrigens würden, wenn eine Petttion auf Ab- schaffung der Zuchthausstrafe in Anregung gebracht würde, gerade die Gönner des„Kladderadatsch", verschiedene Gründer, Gummiwaaren- Anpreiser-c. zc., also alle Die, welche der ehr- lichen Arbeit abhold sind, ganz vorzugsweise Ursache haben, eine solche Petition zu unterzeichnen. — Die Einigung der österreichischen Arbeiter ist so gut wie vollzogen, da der„Agitator" und die„Gleichheit", die Organe der früher einander gegenüberstehenden Gruppen der � österreichischen Arbeiter, gleichzeitig das folgende Programm als| Grundlage der Einigung veröffentlichen: „Die Sozialdemokratie Oesterreichs verlangt: A. In politischer Beziehung: 1. Ertheilung des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechtes an alle Staatsbürger vom 21. Lebensjahre an für alle Vertretungskörper in Staat und Gemeinde, mit Diätenbezug für die Abgeordneten. 2. Vollständige Vereins-,! Bersammlungs- und Coalitionsfreiheit. 3. Preßfreiheit, ins-' besondere Aufhebung des objektiven Verfahrens und der Polizei- lichen Beschlagnahme, Abschaffung des Zeitungsstempels und der Kaution, Freigebung der Colportage. 4. Obligatorischen unent- geltlichen Volksschulunterricht. Unentgeltlichen Unterricht in allen öffentlichen Bildungsanstalten. 5. Trennung der Kirche von Staat und Schule durch Beseitigung jedes confessionellen Ein flusses auf Staat und Schule. 6. Abschaffung der stehenden Heere und Einführung der Volksmiliz. 7. Reform des Gerichts- wesens im Sinne der Mündlichkeit und Unentgeltlichkeit des Verfahrens und Wahl der Geschwornen durch das Volk. ö. In wirthschaftlicher Beziehung: 1. Revision der Gewerbeordnung, insbesondere im Sinne folgender Forderungen: a) Arbeiter- kammern, b) Beschränkung der Frauen- und Abschaffung der Arbeit der Kinder bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahre, o) Einführung eines zehnstündigen Normal-Arbeitstages für alle erwachsenen männlichen Arbeiter, ck) Regelung der Gcfängniß- arbeit. 2. Ein zweckentsprechendes Haftpflichtgesetz, überhaupt Schutzgesetze für alle Arbeiter unter Controle durch Fabriks- inspektoren. 3. Aufhebung der Gesindeordnung. 4. Einführung einer einzigen progressiven Einkommensteuer anstatt aller, ins- besondere der das Volk belastenden indirekten Steuen." Wir beglückwünschen die österreichischen Arbeiter zu dem' Siege, den sie über sich selbst errungen haben. — Die industrielle Krisis fängt an, sich auch in England allenthalben bemerkbar zu machen. Vor Allem liegt die Eisen- und Kohlenindustrie darnieder und die Fabriken stellen neue Lohnherabsetzungen in Aussicht. In Durham , Warwickshire , Jorkshire und Cleveland ist eine solche bereits angesagt. Nur die Erbauer eiserner Schiffe bilden eine Ausnahme. Etwas besser steht es in der Textilindustrie, doch feiern auch aus diesem Gebiete manche Fabriken. Im nördlichen Irland haben die sei, der ja selbst bereits die angebliche Verletzung des Amtsge- (jeimittsses als unbegründet habe fallen lassen müssen. Alsbald erfolgten Vorladungen auf Vorladungen, als ob es sich nicht einfach um gekränktes persönliches Selbstgefühl handle, sondern um Ermittelung des schwersten Verbrechens; selbst die Gerichtsferien unterbrachen das fortgesetzte Vernehmen nicht. Das ganze Sommersemester hindurch konnte man fast einen Tag um den andern den Redakteur König im Zimmer des Herrn Pescatore am Molkenmartt erblicken, selbst durch seine Beschwer- den über das nach seiner Meinung ungerechtfertigte und unge- schliche Verfahren beim Kammergericht und beim Obertribunal erlitten seine Vorladungen und Vernehmungen keine Unter- brechung. Auch die Vorhaltungen seitens des Gerichts wegen Verweige- rung des Zeugnißeides blieben nicht aus, ebensowenig die Straf- androhungen und Strafeinziehunaen. Zuerst zog man 10 Thlr. Strafe, dann 40 Thlr. wegen Verweigerung des Zeugnißeides von König ein und die höheren Instanzen,� Kammergericht und Obertribunal, billigten das Verfahren des Stadtgerichts, sodann drohte man eine Geldbuße von 100 Thlr. und endlich Gefäng- niß an. Jene Folterproben würden auch bestimmt eingetreten fern, hätte der Kummer über die vielen heimlichen und öffentlichen Verfolgungen seiner Gegner und deren Creaturen, sowie der Gram darüber, bei den Behörden keinerlei Schutz dagegen zu finden, den geniarterten Redakteur nicht auf's Krankenlager ge- warfen und hätte das ärztliche Attest nicht ausdrücklich weitere Vernehmungen— weil zu aufregend für den Kranken— auf 4 bis 6 Wochen untersagt. Man machte gerichtlicherseits zwar verschiedene Einwendungen gegen die Krankheit und begehrte ein Attest von einem gerichtlichen Physikus; es trat aber zuletzt doch eine Pause in den Vernehmungen bis Ende September ein. Die fortgesetzte Tortur war-Z inzwischen auch zu den Ohren des Einsenders des verhängnißvollen Artikels gedrungen. Dieser, ein ehrlicher Mann, suchte den Redakteur auf, und gab sich ihm als den Verfasser zu erkennen. Die Vermuthung, daß der Ver- fasser ein höherer Beamter gewesen sei, bestätigte sich jetzt; er bekleidete das Amt eines Postinspektors in Berlin . Kurz vor dem letzten Termin ging dem Redakteur König ein Brief jenes höheren Beamten etwa des Inhalts zu:„Euer Wohlgeboren er-!
Ausgabe
2 (18.4.1877) 45
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