nete. Sogar unsere preußischen consolidirten Anleihen, dieLiebingsanlagen der kleinen Sparer, die Grundfestenaller Sicherheiten gingen nicht nur um Pfennige und Bruch-theile, nein an einem Tage um 2—3 Prozent zurück. Wennman von Schwankungen der spekulativen Coursentwicklung sokühl und ohne Interesse sprechen kann, wie man eben überhauptvon Spiel und Spielern und ihren Gewinn- und Verlust-Chancen spricht, so kann man sicherlich beim Anblick der Ver-luste an den guten sicheren Kapitalsanlagepapiren ein schmerz-•liches Bedauern nicht unterdrücken, sind es doch ordentlicheLeute, deren Hab und Gut in so empfindlicher Weisegeschmälert worden."Also selbst die Sparpfennige der kleinen Leute fallen demBörsenspiel zum Opfer, dem Börsenspiel, welches sich vomHazardspiel nur durch größere Unmoralität auszeichnet, welchesaber nicht verboten und selbst nicht besteuert ist. So be-günstigt der heutige Staat die modernen Raubritter!— Aus Oesterreich. Am 17. d. M. fand eine Schwurgerichtsverhandlung vor dem Wiener Landesgerichte statt, inwelcher über eine Anklage gegen die Redaktion des klerikalen„Vaterland" entschieden wurde. Das genannte Blatt hatte zweiLeitartikel unter dem Titel:„Die Katholiken und der So-zialismus" gebracht, in welchen die Berechtigung der Be-schwerden der Sozialisten gegen das liberale System und gegendie kapitalistische Herrschaft ausdrücklich zugestanden und schwereBeschuldigungen gegen den Egoismus der herrschenden Klassenerhoben wurden. Darin sah der Staatsanwalt Aufteizung undverfügte die Confiscation der Nummer des„Vaterland", inwelcher der zweite Artikel erschien. Er begnügte sich nicht mitdem objektiven Verfahren, sondern ging an die Geschworenen,die jedoch mit acht gegen vier Stimmen entschieden, daß in deminkriminirten Artikel keine Aufreizung zu finden sei, in Folgedessen die Freisprechung erfolgte.— Das„Baterland" beschsf-tigte sich an demselben Tage mit dem von den sozialistischenAbgeordneten des deutschen Reichstags eingebrachten Arbeiter-schntzgesetze und weiß daran nicht genug die„Mäßigung" unddie praktische Seite der vorgeschlagenen Bestimmungen zu loben;es geht dem klerikalen Blatte in dieser Hinsicht ähnlich wie denliberalen Blättern, welche früher immer der Meinung warenoder wenigstens zu sein vorgaben, daß die Sozialisten sich blosmit der Ansammlung von Petroleum und mit der Brandlegungder„Metropolen der Civilisation" beschäftigen. Derlei„Poli-tiker" sind natürlich durch das Arbeiterschutzgesetz in die größteVerlegenheit versetzt und können nicht umhin, sich über die un-begreifliche„Mäßigung" und den richtigen Blick für die that-sächlichen Verhältnisse, wie sie sich angeblich in dem Gesetzent-Wurfe kundgeben, höchlich zu verwundern; diesem Umstände istwohl hauptsächlich die verhältnißmäßig günstige Kritik zuzu-schreiben, welche das Arbeiterschutzgesetz von mehreren Seiten erfuhr.— Der Congreß der Bäckergehilfen in Paris ist, wieunser Pariser Correspondent in voriger Nummer hervorhob, dererste Versuch französischer Arbeiter, sich gewerkschaftlich zu orga-nisiren. Ein Gesetz von 1791, welches jetzt noch zu Recht be-steht, verbietet den Arbeitern ein und derselben Profession zwar, sichzu vereinigen, und nur der„milden Praxis", mit welcher diegegenwärtige Regierung Frankreichs dieses Gesetz handhabt, habenes die französischen Bäckergehilfen zu danken, daß sie überhaupttagen durften— eine„Milde" freilich, die sofort in ihr Gegen-theil umschlagen wird, wenn die durch den Bäckercongreß ange-regte neue Bewegung der Regierung unbequem wird. Der Eon-greß tagte am 17. und 18. April; es wurde bestimmt, daß alledrei Jahre ein Congreß einberufen werden soll und ist alsnächster Congreßort Marseille in Aussicht genommen. ZurBesserstellung der materiellen Lage der Bäckergehilfen wurdenamentlich die Abschaffung der Nachtarbeit verlangt unddie Gründung von Genossenschaftsbäckereien empfohlen!;auch mit dem Unterstützungswesen beschäftigte sich der Congreß eingehend, und es wurde beschlossen, diesbezügliche Kassen insLeben zu rufen. Die geistige Ausbildung der Fachgenossensoll dadurch gefördert werden, daß sich die Syndikatskammernder Arbeiter und der Prinzipale behufs der wissenschaftlichenErmittelung aller Fragen der Chemie und Physik,_ die mit derBäckerei zusammenhängen, verständigen; sie sollen sich überhauptbeschäftigen mit allen Kenntnissen, die einem tüchtigen Bäckernothwendig sind. Alle diese Kenntnisse sollen in gewerblichenBorträgen gelehrt werden, welche die Syndikatskammern für dieLehrlinge und Arbeiter veranstalten. Nach mehreren sehr be-redten Ansprachen des Borsitzenden und verschiedener Delegirtenendete der Congreß am 18. April 6 Uhr Abends mit Hochrufenauf die sozialdemokratische Republik.3. Diese Gewerks-Behörden bilden integrirende Bestandtheiledes industriellen Departements des Staats.4. Die Gewerks-Behörden besorgen vierteljährliche Berichtemit statistischen Zusammenstellungen über den Betrag der aus-geführten Arbeit, die Zahl der beschäftigten Leute, die erforder-lichen Lehrlinge u. s. w.5. Die Gewerks-Behörden haben fortgesetzt Entwürfe zumachen betreffs der Methoden, wie Arbeit und Material erspartwerden, die Gefahr für Leib und Leben vermindert und dieverderblichen Einflüsse auf die Gesundheit, die mehr oder wenigermit jedem Gewerbe verknüpft sind, vermieden werden können.6. Jede Gewerks-Behörde sendet einen Delegirten in denRath des Jndustrie-Departements des Staates.(Schluß folgt.)— In einem Bergwerk« nahe Pontypridd in Süd-Waleswaren kürzlich fünf Bergleute durch den Zusammensturz in einem Schachtin eine kleine Kammer eingeschlossen, aus welcher kein Ausweg möglichschien. Mächtige Fluthen bedrohten die unglücklichen Bergleute, einWall von Kohlen schloß sie ein, und Rettung schien über alle mensch-liche Kräfte zu gehen. Zu der Gefahr des Wassers und der Dicke derKohlenwand gesellte sich die Gefahr des schädlichen Kohlengases, welchessich in dem Schacht entwickelte, und der selbst zu Zeiten die Sicherheits-lampen auslöschte. Und dennoch wagten es sieben Bergleute trotz deraugenscheinlichsten Lebensgesahr acht Tage und Nächte unablässig mitPule und Axt zu arbeiten, um ihren Gefährten Rettung zu bringen.Das� großartige Werk gelang. Die eingeschlossenen vier Männer undein Junge wurden in fast wunderbarer Weise gerettet. Sie waren schonlast ganz erschöpfte da sie während der ganzen Zeit nichts zu essen ge-habt hatten, als etwas Talg von ihren Lichtern, und um ihren Durstzu löschen, gab es nur das schmutzige Wasser der Mine. Hatten dieMänner, welche zu ihrer Rettung sich erboten, einen Heroismus sonderGleichen bewiesen, so muß man nicht minder die Zähigkeit der einge-sperrten Bergleute bewundern welche die ganze Zeit hindurch ihrenMuth nicht verloren, sondern durch ihre Ruhe die besten Mittel zu ihrerRettung angaben.— Patriotische Gehirnerweichung. Ein Wunder hat sich er-eigne:— in den Spalten der liberalen Presse: Die Elsaß- Lothringer— Eine Anzahl von englischen Parlamentsmitglie-dern grollt den Zeitungen, weil diese die herrlichen Reden jenerMänner im Unterhause nicht so ausführlich der Welt wieder-geben, wie sie dies für nöthig erachten. Die Herren brachtendaher den Antrag ein, es sollten in England nach dem Musteranderer Länder offizielle Berichte der Parlamentsreden veröffent-licht werden. Dadurch hoffen sie Unsterblichkeit zu erlangen.Es wurde eingewendet, daß erstens solche offizielle Berichte dochvon Niemand gelesen werden, dann, daß durch dieselben nur dieRedseligkeit der Mitglieder erhöht werden würde. Was wirklichwichtig und interessant sei, brächten die Zeitungen schon im In-teresse des Publikums, die Parlamentsmitglieder sollten den Zei-tungen nur danken, wenn nicht alle ihre läppischen Redenveröffentlicht würden, zudem sei das Unterhaus eine berathendeund nicht eine„Redehaltende" Versammlung, und die Zeitungen,die dem Verlangen des Publikums zu entsprechen haben, werdenewiß ausführlicher alle Reden veröffentlichen, wenn hierzu eineiothwendigkeit vorhanden wäre. Zur näheren Kenntniß dieserAngelegenheit ist noch mitzutheilen, daß eine offizielle Wieder-gäbe der Reden im Parlament gar nicht existirt und daß dieSammlung von Hansard, welche gewöhnlich als offiziell gilt,nur eine Privatveröffentlichung ist, allein sich so vollständig un-abhängig hält, daß der Redakteur keine Verbesserungen vonSeiten der Mitglieder gestattet. Und doch bringen die Jour-nale schon des Morgens die Berichte über Sitzungen, die viel-leicht bis 3 Uhr� früh gedauert haben. Der KriegsministerHardy erklärte, daß das Parlament ganz zufrieden mit den Be-richten der Zeitungen sein könne, und daß es für viele Rednerbesser sei, wenn die Zeitungen ihre Reden abgekürzt bringen,als wenn dieselben vollständig veröffentlicht würden. Der An-trag wurde auch abgelehnt.— Aus Tannnenberg(Sachsen) erhalten wir einen Brief,aus welchem wir Nachstehendes zum Abdruck bringen:„Ichfühle mich gedrungen, in Betreff des Artikels:„Wie soll der,Vorwärts( schreiben?" mich ganz und gar mit dem Inhaltedesselben einverstanden zu erklären, und wo möglich, wie schonder„Vorwärts" richtig betont, nach allen Seiten das„Wissen-schaftliche" noch weiter auszudehnen, denn der„Vorwärts" istja nicht für AÄC- Schüler, sondern für denkende Menschen.—Man kann Vieles, wenn man nur will. Das kann ich an mirerfahren: wenn ich etwas nicht begriffen habe, so lese ich eszwei oder drei Mal durch.— Wem der„Vorwärts" zuwissenschaftlich ist, kann ja einstweilen ein sozialistisches Lokalblatthalten; diese Blätter kann und soll mau etwas leichter ver-stehen."�--- Borstehende Sätze, einem länger» Schreibeneines einfachen, schlichten Arbeiters entnommen, thcilen wirdeshalb mit, weil sie zeigen, daß unsere Auffassung insoweit einerichtige war, daß angestrengtes Nachdenken manche Klippe ineiner Abhandlung überwinden kann. Unseren Parteigenossenempfehlen wir in ihrem eigenen Interesse obige Zeilen zur Be-herzigung.— Die Sonntagsnummer der„Bergischen Volksstimme" vom22. April ist confiszirt worden, und zwar noch während desDruckes, so daß nur der kleinste Theil der Auflage in die Händeder Leser gelangte. Nach der liberalen„Barmer Zeitung" sollder„Bergischen Volksstimme" auch noch eine Zeugnißzwangs-Affaire ä In Kantecki in Aussicht stehen, in welche unter Um-ständen das gesammte Druckereipersonal verwickelt werden könnte,da die Staatsanwaltschaft für den Verfasser des Artikels, welcherdie Beschlagnahme zur Folge hatte, ein größeres Jutercsse anden Tag legt, als sonst üblich ist.— Seit dem 1. März erscheint in Cincinnatt(Nordamerika)ein neues Parteiorgan:„Der Arbeiter von Ohio" in großemFormat wöchentlich einmal. Für Deutschland kostet das Blattjährlich 3 Dollars. Nach dem Inhalt der uns vorliegendenNummern des„Arbeiter von Ohio" zu urtheilen, kann sich dieamerikanische Parteipresse nur Glück wünschen zu dem neuenMitstreiter.u. Berlin, 24. April.In der heuttgen Morgensitzung beschäftigte sich der Reichs-tag zunächst mit der notorisch sehr mangelhaften und unprak-tischen Prägung der Reichs-Nickel- und Goldmünzen, mit dergeschmacklosen Ausstattung des Reichspapiergclds(Abhilfe versprochen) und ging dann zur zweiten Lesung des Richtcr'schenGesetzentwurfs aufÄbänderung des Jnvalidenfondsgesetzcs über. DerEntwurf bezweckt die Deckung eines TheileS des Defizits aus derReserve des Jnvalidenfonds, und wurde mit einigen von dersind über Nacht zur Reichsfreundlichkeit bekehrt worden. Ihr glaubt'snicht? Die liberale Presse bringt den Beweis in Gestalt folgenderCorrespondenz aus St. Johann, 4. 4. 14. April:„Ein hiesigerFabrikant, Hr. SB., machte gestern eine kleine Reise nach Lothringenund kam in ein Bauernhaus, in einem Dorfe hinter Spichern. DieseGegend war hier immer als fanatisch verrufen. Um so größer war dieUeberraschung des Hrn. W., als sein Blick auf eine Inschrift siel, dievon einem mit gemalten Blumen gebildeten Kranze umgeben, in einemRahmen prangte. Diese Inschrift, das eigene Geistesprodukt desLothringers, lautete:Ich war Franzos von ganzer SeeleUnd bin daheim bei Bitsch,Bin nun ganz kreuzfidele,Daß ich bin jetzt ein Dütsch.Die hier nicht wiedergegebene orthographische Unrichtigkeit machtedie Worte noch origineller. Rechts und links daneben hingen diePortraits des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karlinmitten von Heiligenbildern aller Slrt. Man ersieht hieraus,daß auch bei den zahlreichen Lothringern die bessere Einsicht zum Durch-bruche kommt."Klassisch! Ein Lochringer macht ein paar schlechte Knittelverse;-in denen er sich als„kreuzfideler"„Dütscher" hinstellt— ergo sind alleLothringer„kreuzfidele Dütsche". Und eine Frage: Wie viel Knittel-verse obigen Genre's und obiger Güte bekommt man wohl für einenReptilienthaler?Die wirklich« Stimmung in Elsaß-Lothringen betr. sei beiläufig er-wähnt, daß das gewiß reichsfreundliche„Frankfurter Journal" dieReise des Kaisers in die„Reichslande'' für nicht an der Zeit hält, weildie Bolksstimmung noch eine dem Reich zu feindliche sei.— Der Maler Louis David starb am 29. Dezember 1325 imExil und wurde in Brüssel beerdigt. Der Kunstkritiker Charles Clementerläßt jetzt im Journal des Debats einen Ausruf, die Asche des be-rühmten Malers,„des Lehrers von Girodet, Guerin, Gerard, LeopoldRobert und Ingres, dem Maler des Raubes der Sabinerinnen und desTodes von Sokrates", nach Paris zurückzuführen. Das Jahr 1373wird allerdings zu dieser Ueberführung die geeigneten Elemente bieten.David's Exil gab bekanntlich Beranger zu einem seiner gelungenstenChansons Gelegenheit. Noch ist zu bemerken, daß das bekannte Ge-mälde: Marat's Ermordung von ihm herrührt.Budgetcommission vorgeschlagenen Abänderungen fast einstimmigangenommen, nachdem die Herren Franken bürg er(Bericht-erstatter der Budgetcommission), Maltzahn-Gültz, Wehren-Pfennig, Lucius, Rickert, Richter, Lasker(wo dürfte derfehlen?) u. a. m. ihren rethsrischen Bedürfnissen Genüge gethanund von dem Bundescommissar Michaelis und dem Präsidentdes Reichskauzleramts Hofmann mit ausweichenden Erklärungenabgespeist worden. Die dritte Lesung wird wohl die nöthigeHarmonie zwischen Reichstag und Reichsregierung herstellen.Aus den weiteren Verhandlungen sind nur die über die„drei-zehnte Haupstmannsstelle"— jedes Regiment soll in Zu-kunft 13, statt wie bisher blos 12 Hauptleute haben— theilswegen der Wichtigkeit des Gegenstands, theils wegen der beidieser Gelegenheit gegebenen hochwichtigen Erklärungen des Hrn.Feldmarschalls v. Moltke hervorzuheben. Daß die Errichtungeiner neuen Hauptmannsstelle in jedem Regiment thatsächlicheine Vermehrung des Heeres bedeutet, daß dem neuen Haupt-mann mit der Zeit auch eine neue Compagnie nachfolgen wird,das ist mit Händen zu greifen und bedarf keiner künstlichen Be-weisführung. Das C e n t r u m, in dessen Namen Graf B a l l e st r e msprach, bekämpfte die Regierungsforderung, was aber nur zurFolge hatte, daß der„geniale Organisator der Siege", dergroße„Schweiger" Moltke sich mit der Wucht einer halbstün-digen Rede auf die bösen Reichsfeinde warf und die Nothwen-digkeit bis an die Zähne gerüstet zu sein— von den fünfzigJahren, die er uns früher prophezeit, schwieg er diesmal— de-monsttirte. Dem Erbfeinde sei nicht zu trauen; er hätte insehr verdächtiger Weise nicht blos ihre Armeecadres colossal aus-gedehnt, sondern auch in neuester Zeit„starke Truppenmassen inauffallendem Verhältniß zwischen Paris und die Grenze dislozirt,so daß Deutschland gezwungen sei,„ähnliche Vorkehrungen"zu treffen. Natürlich verfehlte der erbfeindliche Wauwau seineWirkung nicht, die 13. Hauptmannsstelle wurde mit großer Ma-jorität„freudigen und leichten Herzens" bewilligt—„derelende steuerzahlende Plebs" mag sehen, wie er das Geld auf-bringt.Ob der Wauwau, nachdem er seine Dienste gethan, wiederin die offizielle Rumpelkammer verwiesen wird? Es scheint kaumso. Die mit dem Preßbureau in direkten und indirekten Be-Ziehungen stehenden Zeitungen hetzen seit einiger Zeit systema-tisch und planmäßig gegen Frankreich. Und wenn wir die trau-rige Rolle bedenken, zu der uns die Blut- und Eisenpolitik inder orentalischeu Frage verurtheilt hat, so müssen wir allerdingsauf das Schlimmste gefaßt sein. We are drifting into war—wir treiben in den Krieg hinein, hieß es 1852 in England.Sollte sich Deutschland jetzt in derselben Lage befinden, wie da-mals England? Und nicht ein Abgeordneter, der den Muth ge-habt hätte, Aufschluß von der Regierung über die Situation zuverlangen! Wohl aber werden die Abgeordneten, von denen man be-fürchten mußte, daß sie das noli ms taogsre(Rühr mich nichtan) der auswärtigen Politik berühren würden, brutal valentinirt.Und das nennt sich„Voltsvertretung".Ueber die Abendsitzung in einem späteren Brief.—Correspondenzen.Aertin, 24. April.(Zur Neuwahl im 6. Wahlkreise.)Durch die Blätter der Fortschrittspartei geht folgende höchstbezeichnende Notiz:„Als der Abgeordnete Most neulich im Reichstage von seinerPartei emphatisch erklärte, sie sei„eine arme Partei", gab erein sozialdemokratisches Familiengeheimniß preis. In der Thatsoll der Wahlfond der Sozialdemokraten gänzlich er-schöpft sein, während der Ertrag der Sammlungen für dieAgitationsgelder weit hinter den Erwartungen der Führer zurück-blieb. Angesichts der Neuwahl im 6. Berliner Reichstagswahl-kreise gesteht man sich denn auch auf sozialdemokratischer Seiteinnerlich ein, daß die Aussichten für den bevorstehendenWahlkampf keineswegs so glänzend seien, als man behufsEinschüchterung der liberalen Gegner gern glauben machenmöchte. Man macht sich daher, wie verlautet, im sozialdemo-kratischen Wahlcomitö darauf gefaßt, den K. Berliner Wahlkreis endgiltig zu verlieren und rechnet im besten Falleauf eine imposante Minorität."Unsere Parteigenossen können nun zeigen, ob die fortschritt-lichen Behauptungen irgend welchen Grund haben. Eine„armePartei", wenn sie opferfreudig und begeistert ist, kann Großesvollbringen. Die Parteigenossen in ganz Deutschlandsind aber mitcngagirt durch die höhnischen Bemerkungen desFortschritts; auch sie müssen, besonders in Bezug auf rascheGeldsammlungen ihre Schuldigkeit voll und ganz tyun!Rerkin. Ein eigenthümliches Reptil ist die hier erscheinende„Berkehrszeitung". Mit dieser will eine gewisse Verwaltungs-behörde die von Emil König geschaffene und vom BuchdruckerHaberland in Berlin fortgesetzte„Deutsche Post" todtmachen.Emil König wirthschaftlich zu ruiniren ist gewissen Leuten leider,leider gelungen; aber was er geschaffen lebt fort, und es sei zurEhre seiner Nachfolger gesagt, sie sind keine Reptile. Jetzt hatman den Amtsvorsteheru von oben her, also amtlich, empfohlen,ja unter den Post- und Telegraphenbeamten:c. für Verbreitungdieser„Berkehrszeitung" zu wirken; sie soll sich doch mit derZeit bezahlt und die böse„Deutsche Post", die sich noch immer„erfrecht", hin und wieder eine sachgemäße Kritik über gewissegroße Männer zu üben, den Garaus machen. Ob's gelingenwird? Geld wird wenigstens nicht gespart.Naumburg a. S.,' 15. April. �(Einiges zur Illustrationder„göttlichen Weltordnung".)' Bor einiger Zeit Abends spätheimkehrend, komme ich am Rathhause vorüber und sehe dreimännliche Gestalten auf dem Straßcnpflaster liegen. Nicht weitdavon stände» zwei Wächter. Ich trete an diese heran undfrage, was dies zu bedeuten habe. Man erzählt mir, die Leutehätten kein Nachtquartter finden können und hätten eingesperrtsein wollen. In der christlichen Herberge„zur H-imath" hatteman sie ebenfalls abgewiesen, ja man hatte ihnen sogar einenStall, den sie zum Nächtigen verlangten, verweigert, und dieseLeute wollten keineswegs de» Stall etwa unentgeltlich benutzen,sie wollten sehr gern einige Pfennig, in deren Besitz sie noch waren,dafür bezahlen. Nachdem nun die Aermsten so stundenlang sichnach Quartier umgesehen hatten, kamen sie zu dem verzweifeltenEntschlüsse, sich einsperren zu lassen, und schleppten sich mühsamzu diesem Zwecke nach dem Rathhause. Dort ebenfalls abge-wiesen— man vergönnte ihnen nicht einmal ein Plätzchen inder Wachtstube— sanken sie erschöpft und todtmüde auf dasStraßenpflaster vor dem Rathhause nieder. Es gingen ver-schiedene Leute vorüber; die Wohlsituirten würdigten die Armenkeines Blickes, Aermere blieben aber auf einige Augenblicke stehen,um ein Wort des Mitleids oder der Enttüstung zu äußern.Damit war aber den Aermsten nicht geholfen. Ich entschloßmich daher kurz und frug die Leute, ob sie mit dem, was ichihnen bieten könnte, zufrieden sein wollten. Höchst erfreut be-jahten sie dies, erhoben sich und gingen mit mir meiner Woh-nung zu. Sie konnten sich für das Wenige, was ich ihnen bot,