ständen, die den gesellschaftsretterischen Beruf und die Familien-und Tugendschwärinerei des Herrn Duncker in einem höchstzweifelhaften Licht erscheinen lassen. Man muß wirklich an dasWalten der Nemesis glauben, wenn man sieht, wie Einer nachdem Andern dieser moraltriefenden Sozialistentödter entlarvt, anden Pranger gestellt, ins Zuchthaus geworfen wird— oder, vonden Furien des bösen Gewissens gepeitscht, in Wahnsinn verfällt.-- Für uns bedeutet die Mandatsniederlegung Duncker's—zwei Wahlkämpfe in Berlin anstatt eines. Die Fortschrittlcrfind konsternirt und möchten die Wahlen gern bis in den Herbsthinausschieben. Abgesehen davon, ob dies gesetzlich zulässig istoder nicht, will ich nur bemerken, daß wir jetzt bereit sind undim nächsten Herbst bereit sein werden.Von der gestrigen Sitzung selbst ist nichts, oder so gut wienichts zu sagen. Die Bänke des Reichstags sind geleert, unddie wenigen Anwesenden, die— mit Ausnahme der jeweiligenSprecher— sich während der Sitzung in die Beschäftigungendes Gähnens, Schlafens, Essens und Trinkens(letzteres Beidesnatürlich nicht im Saal) theilen, erinnern lebhaft an das klas-fische Kinderliedchen:Ach ich bin so müde, ach ich bin so matt u. s. w.Und die Tagesordnung war auch keine heitere. Seennfall-gesetz— ohne Debatte genehmigt. Lasker'sches Nothgesetzgegen Kanteckisirung— langweilige Debatte. Wird genehmigt,nachdem von den Antragstellern der§ 2, welcher direkt gegenden Kantecki-Fall gerichtet war und von den Behörden als einleises Mißtrauensvotum aufgefaßt werden konnte, freiwillig ab-geschlachtet worden war! Es geht doch nichts über parlamen-tarische Höflichkeit. Das Gesetz in seiner jetzigen Gestalt setztfest, daß die Bestimmung der Reichsgesetze, welche die Haft wegenZeugnißzwangs auf ein Maximum von sechs Monaten beschränkt,sofort und nicht erst im Jahre 1879 mit Einführung der Justiz-gesetze in Kraft trete. Da weder die Redaktcure der„Frank-furtcr Zeitung", noch Dr. Kantecki die Maximalzeit von sechsMonaten erreicht haben, und da kaum zu vermuthen war, daßdie Behörden in Zukunft grausamer gewesen sein würden, alsin diesen zwei Fällen, so dürften„die 43 Millionen Deutsche",für die Abgeordneter Lasker seiner Aeußerung nach das Gesetzgemacht hat, gerade nicht in der Lage sein, das Nothgesetz mitJubel zu begrüßen, und die unglücklichen Redakteure, die nun„erst recht" eingesteckt werden können, und zwar sechs Monatelang, werden eher Ursache haben, das Nothgesetz sammt seinenUrhebern dahin zu wünschen, wo der Pfeffer wächst.Dritter Gegenstand: Elsaß-Lothringen. Wieder die altenendlosen Reden! Wer den Reichstag unter der Zuchtruthe dieserElsäffer Reden stöhnen, ächzen, schnarchen— doch das könnenblos die glücklich Beanlagten— gehört, wird mir zugeben:Frankreich hat seine Revanche; furchtbare, tödtliche Re-vanche. Lieber einer Batterie Mitrailleusen gegenüberstehen, alsdiese endlosen, monotonen Elsäffer Reden der Guerber, Si-monis, Winterer— haben sicher schon Dutzende von Reichs-boten seufzend gedacht; und wahrhaftig, wenn das Haus 1871diese Reden vorausgeahnt hätte, ich glaube, die Annexion vonElsaß-Lothringen wäre nicht beschlossen worden. Doch, wozudiese Rückblicke? Die Annexion i st beschlossen und hat uns dieElsäffer Reden und die orientalische Frage gebracht. Da habenwir keine andere Wahl: wir müssen resignirt das Haupt ver-hüllen und, möglichst gute Miene zum bösen Spiel machend,uns in das Unvermeidliche fügen— mit türkischem, wollte sagendeutschem Fatalismus.Erst um halb 6 Uhr— die Sitzung hatte um 11 begonnen— wurden wir von den Elsäffer Debatten erlöst. Und wannwerden wir von der orientalischen Frage erlöst werden?Statt der heutigen Sitzung theile ich Ihnen blos die offi-zielle Tagesordnung mit:„Tagesordnung für die 34. Plenarsitzung des deutschen Reichs-tagcs, Dienstag, den 1. Mai 1877, Vormittags 11 Uhr.1. Erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffenddie Verwendung eines Theiles des Reingewinnes aus demvon dem großen Generalstabe redigirten Werke„Der deutsch-französische Krieg 1370/71— Nr. 177 der Drucksachen—.2. Zweite Berathung des Entwurfs eines Patentgesetzes aufGrund des Berichtes der Vit. Commission— Nr. 144 derDrucksachen—. Antrag Nr. 167, 181, 184, 185, 186,189, 194.3. Erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffenddie Erwerbung von zwei in Berlin gelegenen Grundstückenfür das Reich.— Nr. 139 der Drucksachen—.Mündlicher Bericht der Petitions-Eowmission über die Petitiongesetz erhoben werden könnte, das glauben wir allerdingsnicht; in dieser Beziehung könnten wir daher die Quakelei desLotalblättchens ganz unberücksichtigt lassen, dagegen wäre esimmerhin möglich, daß sich Dumme finden ließen, welche miteiner solchen Petision Leipzig zu einem Reichsschilda stempelnwürden.Wir können und wollen zwar Niemanden in seinem Privat-vergnügen stören, indessen die Augen zu öffnen oder vielmehrden wahren Kern einer mit finnentäuschendem Flitter ausgestattetenComödie zu enthüllen, das soll der Zweck der folgenden Aus-einandersetzung sein.Von vornherein sei nochmals betont, daß es sich heute durch-aus nicht darum handelt, die alte Geschichte, die ewig neubleiben wird, die Ansichten über Zulässigkeit der Prügelstrafeüberhaupt und dabei die eigene Meinung darüber zu entwickeln,vielmehr gilt es, die ausgesprochene leitende Tendenz der inAussicht gestellten Reichstagspetition und die eigenthümlichenAnsichten des„Leipziger Tageblatts" über soziale Klassenver-Hältnisse darzuthun.Die Tageblattrcdaktion hat in wenig mannhafter Weise zwarversucht, sich eine Hinterthür für die eigene Verantwortlichkeitoffen zu lassen durch Vorspiegelung der Form des„Eingesandt",indessen diese Rückzugslinie markirt sich zu offen— wie bewiesenwerden soll—, als daß hierauf irgend welche entschuldigendeRücksicht genommen werden kann.Der prügelbegehrende Tageblatt-Mitarbeiter giebt gleich inseinem zweiten Satze seiner Sache einen recht bedenklichen Hieb,mdem er wörtlich sagt:„Mißbrauche, die sich in bar-barischer Behandlung der amtlichen Autorität ein-gebürgert hatten, führten zu Humanitätsbestrcbungen, die imPrinzip richtig, für gebildete(?) Kreise zutreffend und demmenschlichen Gefühle(wovon der Prügelmessias wenig odergar nichts zuhaben scheint) sympathisch, für die Mittel derBucht aber nicht geeigenschaftet waren."Wenn hier also zugegeben wird, daß seiner Zeit zur Ab-Schaffung der Prügelstrafe Mißbrauch amtlicher Autoritätzu barbarischer Behandlung führte, wer giebt denn da heutedie Garantie, daß wir nicht wieder gleich traurigen Beispielenbegegnen würden? Daß eine so barbarische Strafe wie diePrügelstrafe dem menschlichen Gefühl Hohn spricht, muß freilichder begeisterte Prügelfreund zugeben, aber-- sagt er: es istdas einzige(?) Mittel der Zucht. Nun, da habt ihr's.„Derdes Vorstandes des deutschen Buchdruckerei- Vereins.—H. Nr. 466.— Nr. 197 der Drucksachen—.Berlin, den 30. April 1877.Präsident von Forckenbeck."Die Debatten waren so langweilig, das Schnarchen oderPlaudern der nicht redenden Mitglieder so laut, daß Niemand,Ihren Correspondcnten eingeschlossen, ein Wort verstehen konnte.Verloren ist nichts dabei. Zur Erklärung will ich nur er-wähnen, daß der Reingewinn des Generalstabswerks, von demPunkt 1 der Tagesordnung handelt, 300,000 Mark beträgt, unddaß diese Summe natürlich für militärische Zwecke verwandtwerden soll. Mit dem Patentschutzgesetz, das fast unverändertnach dem Commissionsentwurf angenommen wurde, wird sich der„Vorwärts" gelegentlich zu beschäftigen haben. Und was endlichden dritten Punkt betrisst, so ist das in Rede stehende Grundstückdie Decker'sche Druckerei, in der schon seit längerer Zeit dieoffiziellen Druckarbeiten besorgt wurden und die nun direkt inden Besitz des Reichs übergehen soll— zum großen Verdrußder Herren Druckereibesitzer, die wieder die alten Phrasen gegendie Staatsindustrie auspacken und nach Noten räsonniren.Wenn der Geldbeutel der Herren Bourgeois berührt wird, hat'smit der Loyalität, wie mit der Gemüthlichkeit ein Ende.2. Mai.Der Reichstag ist nicht blos müde, er liegt im Sterben. Un-möglich, noch die Aufmerksamkeit zu fesseln, der Todtkranke hatdas Empfindungsvermögen verloren, und kein rhetorischer Moschuswürde es ihm momentan zurückgeben. Und Moschus ist es janicht, was dem Patienten verabreicht wird, sondern Opium,das ihn seine Qualen vergessen und glücklich hinüberschlummcrnläßt. Die Frage des Decker'schen Grundstücks, die gesternnicht mehr erledigt werden konnte und heute als erster, ichfürchte als einziger Punkt— trotz der 26 Punkte, welche dieListe noch außerdem uns vorführt— auf der Tagesordnungsteht, ist freilich auch nicht darnach angethan, die obligatenRedner zu großen Leistungen anzuspornen. Wie dem nun sei:Eins müssen wir an den Rednern achten— den Muth; esgehört in der That Muth dazu, vor einer solchen Zuhörer-schaft oder Nichtzuhörerschaft zu sprechen. Drei Viertel derPlätze sind leer; sogar die elektrische Klingel des Bureaus, dievon Zeit zu Zeit verzweifelt durch das ganze Haus tönt, ver-mag den Saal nicht vorübergehend zu füllen, denn die„Schwänzer" sind meistens bereits abgereist, und nur der—allerdings etwas eigennützigen— Großmuth der Reichsfeindehat es das„hohe Haus" zu verdanken, daß nicht ausgezähltund die Beschlußunfähigkeit konstatirt wird. Niemand hört zu,ausgenommen die Zehn oder Zwölf, die selbst eine Rede zu redenbeabsichtigen und darum wenigstens nothdürftig Acht geben müssen.Die Einen(Richter und Genossen) wollen keine Reichsdruckereiund halten das Grundstück für zu theucr; Andere(Hohenlohe-Langenburg und Genossen) wollen das Grundstück kaufen, aberbehufs Errichtung eines Reichstagsgebäudes. Reichen-sperger macht in Aesthetik, Wehrcnpfennig, Schröder(Friedbcrg), Lasker u. s. w. bringen es glücklich zuwege, mitHilfe des Herrn Kanzleramtspräsidenten Hofmann, ein paarstunden todtzuschlagen. Schorlemer-Alst fragt boshaft, wodenn Fürst Bismarck noch spazieren gehen solle, wenn der Reichs-tag in die Wilhelmsstraße(wo das Decker'scheGrundstück liegt)komme. Schließlich wird die Regierungsvorlage mit der Modi-fikation angenommen, daß die Druckerei nur in dem bisherigenUmfang betrieben werde, und daß die endgiltige Bestimmungüber den Zweck des Grundstücks vorbehalten bleibe. So wärendenn 7'/» Millionen Mark für einen noch unbestimmten Zweck,also in's Blaue hinein votirt, was zwar thatsächlich oft vor-kommt, aber vorher wohl noch niemals so ossen eingestandenworden ist.Nach Erledigung des Rittinghausen'schen Antrags(be-treffend das Terrain der Kölner Festungswerke), der trotz nachdrücklichen Eintretens des Antragstellers höflich begraben wurde,kamen zahlreiche Berichte(171) der Wahlprüfungskommission zurVerhandlung. Von, tieferem Interesse war nur der über dieWahl Pseisser's im ersten sächsischen Wahlbezirk. Die Beein-flussung wurde dort auf's Schaamloseste und en xros betrieben:die Arbeiter zu Unterschriften für den Fabrikanten-Candidatengenöthigt, kolonnenweise von ihren Arbeitgebern beziehungsweisederen Beamten an die Wahlurne geführt, Wähler mit Speckund Brod traktirt, Arbeiter mit Entlassung aus der Arbeit be-droht u. s. w. u. s. w.Und was that die Commission?„Die Commission glaubte, der behaupteten Einwirkung vonStaat soll ein Zuchthaus werden" nach dem Rezept diesesPrügelsuppenkochs.Darauf nimmt der saubere Herr eine Zeitung in die Handund entsetzt sich ob der„Brutalitäten", die von„feuchtohrigenBuben" und„elenden Strolchen"—(man erkennt den„feinen"Herrn doch gewiß schon an seinen gewählten Worten heraus)—an ruhigen Bürgern und Damen verübt werden. Darauf wirfter sich nun die tiefsinnige Frage auf: Was ist die Strafe dieserStrolche?Er giebt uns hierauf den gewiß klassischen Bescheid:„DieAntwort verbirgt sich in der Gesetzgebung."Wollte der biedre Herr nur hübsch die Nase ins Straf-gesetzbuch stecken, statt solchen Unsinn zu schreiben, er würdegewiß finden, daß der Körperverletzung gebührende Strafe zu-gemessen ist.Indessen unserem Prügelpropheten ist's ja um das liebe Volkaar nicht zu thun, sein Heiliger ist—„der Schutzmann". Ersagt nämlich:„Jeder Strolch kann einen unschuldigenMenschen schlagen und sich an einem Schutzmann ver-sündigen." Mit seinem Grundsatz, daß man sich durch thät-liches Bergreifen am Schutzmann„versündigt", erweist der biedreunverzagte Prügelpetent indessen den richterlichen Instanzenkeinen besonderen Dienst, denn im Strafgesetzbuch finden sichwohl für Uebcrtretungen, Vergehen, Verbrechen Strafen, die„Sünde" dagegen überweist die menschliche Gerichtsbarkeit einersogenannten höheren Instanz, welche sich von keinem Reichstags-beschlusse leiten läßt— wir verweisen die„Sünde", die Un-moralität, vor das Forum der Vernunft und der Menschheitselbst.Damit sind wir allerdings dem Prügelpropheten vollständigaus der Schußlinie gekommen und wollen auch weiter mit ihmnichts zu thun haben.— Unfall-Statistik. Im Monat April er. wurden bei der Allge-meinen Unfall-Versicherungs'Bank in Leipzig 10 Todesfälle, 1 Unfall,der dem Betreffenden Lebensgesahr bereitete, 9 Unfälle, die ihrer Naturnach eine totale oder theilweise Invalidität der Verletzten erwartenlassen und 424 Unfälle, aus welchen sich für die Verletzten nur einevorübergehende Erwerbsunfähigkeit prognofticiren läßt, zusammen 444Unfälle angemeldet. Bon den 10 Todesfällen ereigneten sich 3 in Stei-kohlenwerken und je 1 in einer Brauerei, einer Papierfabrik, einer Holz-Handlung, einer Spinnerei und Weberei, einem Kalkwerke, auf einemArbeitgebern auf ihre Arbeiter zu Gunsten der Wahl des Abg.Dr. Pfeiffer, sei es durch kolonnenweises Führen derselben nachdem Wahllokale unter Einhändigung von Wahlzetteln, sei esdurch Bedrohung derselben mit Arbeitsentziehung oder dadurch,daß man sie einen Revers unterschreiben ließ, daß sie für Dr.Pfeiffer stimmen würden, nicht ein solches Gewicht beilegenzu können, daß dadurch, falls die angegebenen Thatsachen aucherwiesen werden könnten, die Wahl als eine nicht freie ange-sehen werden müßte; sie nahm vielmehr an, daß das allgemeinedirekte Wahlrecht eine lebhafte Agitation naturgemäß zur Folgehabe und daß diese, falls sie sich nur in den gesetzlichen Schran-ken halte, nicht mit gesetzlich unerlaubten Mitteln zu wirkensuche, und nicht auf Grund des Mißbrauchs amtlicher oderkirchlicher Gewalt geübt werde, einen Einfluß auf die Giltig-keit der Wahl nicht haben könne. Das Verhältniß zwischenArbeitgeber und Arbeiter beruhe auf freier Vereinbarung;der aus diesem Verhältnisse nach der Natur der Dinge hervor-gehenden Abhängigkeit des Arbeiters vom Arbeitgeber könnesich Ersterer entziehen, indem es von seinem freien Willenabhänge, dasselbe zu lösen, auch setze das allgemeine Wahl-recht Männer voraus, welche sich durch materielle Rück-sichten nicht beirren ließen.„In gleicher Weise erschien der Commission der behaupteteUmstand, daß Dr. Pfeiffer in seinem eigenen Wahlbezirke Brodund Speck vor der Wahl vertheilt habe, unerheblich, weilnicht behauptet worden, daß dies unter Entgegennahme des Ver-sprechens einer Gegenleistung seitens der Empfänger, nämlichder Wahl des Dr. Pfeiffer, geschehen sei."Ist das nicht unerhört? Es fällt schwer zu glauben, daßdies im Ernste geschrieben sei. Oder sollten die Herren derWahlprüfungskommission wirklich nicht wissen, daß die ökono-mische Gewalt, welche der Kapitalist über„seinen" Arbeiterausübt, weit mächtiger ist und weit leichter mißbraucht werdenkann, als die„amtliche" und„kirchliche" Gewalt? Und daß die„Freiheit" des Arbeiters, ihr Verhältniß zu dem Arbeitgeberzu lösen und sich als„Männer" zu zeigen, die durch materielleRücksichten nicht beirrt werden, auf oie Freiheit des Hunger-todcs hinausläuft?Wegen einiger anderen„Unregelmäßigkeiten", wie Stimmen-kauf, Verletzung des Wahlgeheimnisses u. s. w., wurde schließlichdoch beantragt, die Wahl— nicht zu kassiren, nein, nur zubeanstanden. Bebel wies kurz aber scharf auf das Skan-dalöse der betreffenden Wahlvorgänge und auf die monströseLogik des Commissionsbcrichts hin; Lasker mußte zugeben, daßdie in dem Bericht für unerheblich erklärten Beeinflussungenallerdings nicht zu billigen seien, und daß der Reichstag, wenner den Bericht annehme, damit keine Billigung dieser Beein-flussungen ausspreche. Warum der Reichstag, wenn er dieseBeeinflussungen mißbilligt, einen Bericht annehmen soll, dersie nicht mißbilligt, das vergaß Herr Lasker uns auseinander-zusetzen. Jndeß der Reichstag verstand ihn und stimmte fürden Commissionsantrag.Schluß der Sitzung 53U Uhr.— Morgen soll der Rest derparlamentarischen Geschäfte Hals über Kopf abgewickelt und dieSession zu Ende gebracht werden. Erforderlichen Falls willman eine Abendsitzung anberaumen. Der Reichstag tritt des-halb schon um 10 Uhr Vormittags zusammen. Die sozialisti-schen Anträge zum Schutz der Wahlfreiheit und gegen dieValentinerei sind richtig bei Seite geschoben. Nun— unsereAbgeordneten werden diese Anttäge gleich zu Beginn dernächsten Session wieder einbringen und dafür sorgen, daß demReichstag die Zweckmäßigkeit klar gemacht wird, den Vertreternder Sozialdemokratie das parlamentarische Bollbürgerrecht nichtlänger zu verweigern.Correspondenzeu.St. Louis, 28. März. Es ist wohl für jeden Parteigenossenermuthigend, zu hören, daß der Sozialismus hier in dem fernenWesten der amerikanischen Republik gute Fortschritte macht. DieArbeiter, welche früher dem Rufe der republikanischen oderdemokratischen Fachpolitiker folgten, treten mehr und mehr aufunsre Seite. Es ist aber auch eine tüchtige Organisation nothwendig,und hier besonders, wo diese politischen„Ringe" bestehen, umdurchzudringen. Die Arbeiterpartei der Vereinigten Staatenarbeitet denn auch wacker, um die Organisation zu befestigenund zu erweitern. Es ist auch die höchste Zeit, daß wir unsrühren, denn die Verhältnisse gestalten sich immer trüber, zudemsind ja unsre heutigen Regierungen Klaffen-Regierungen, einerleiGüterbahnhofe und beim Bauunternehmen. Die eine lebensgefährlicheBeschädigung kam in einer Steinkohlenhandlung vor, während von den9 Invaliden je 1 aus ein Eisenwalzwerk, ein Baugeschäft, ein Kalkwerk,eine Locomotivfabrik, eine Drahtfabrik, eine Waggonfabrik, eine Thon-röhrenfabrik, eine Eisenhütte und auf Brückenbau entfällt.— Unfall-Statistik. Bei der Magdeburger Allgemeinen Ver-sicherungs-Aktien-Gesellschaft— Abtheilung für Unfall-Versicherung—kamen im Monat März er. zur Anzeige: 15 Unfälle, welche den Todder Betroffenen zur Folge gehabt haben, 8 Unfälle, in Folge deren dieBeschädigten noch in Lebensgefahr schweben, 20 Unfälle, welche für dieVerletzten voraussichtlich lebenslängliche, theils totale, theils partielleInvalidität zur Folge haben werden, 347 Unfälle, mit voraussichtlichnur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit, zusammen 390 Unfälle. Bonden 15 Todesfällen treffen 3 auf Zuckerfabriken, 3 auf Kohlenbergwerke,2 auf Mahlmühlen, je 1 auf einen Steinbruch, Landwirthschaftsbetrieb,eine Ziegelei, Spinnerei, Schneidemühle, Brauerei und Mahlmühle;von den 8 lebensgefährlichen Beschädigungen 2 auf Bierbrauereien mitLandwirthschaftsbetrieb, 2 auf Papierfabriken. 2 auf Bierbrauereien undje 1 aus einen Steinbruch und eine Mahlmühle: von den 20 Jnvali-ditätsfällen 3 auf Papierfabriken, 2 auf Zuckerfabriken, 2 auf Eisen-Hütten, 2 auf Schneidemühlen und je 1 aus einen Schiffbaubetrieb, eineHolzschneiderei, Mahlmühle, Bierbrauerei, Gerberei, Metallwaarenfabrik,Papier- und Holzstofffabrik, Wollspinnerei, Blechwaarenfabrik, Engros-Weinhandlung und die Einzelvcrsicherung eines Kaufmanns.— Jüdisch-Deutfch. Mit diesem Ausdruck belegte Lassalle be-kanntlich das Zeitungsdeutsch des Volkszeitungs-Rabiners Bernstein undseiner Genossen. Der Nationalzcitung«- Rabiner Dernburg— derName schon mauschelt den Leser an— leistet nun auch in der„Ratio-nalzeitung" folgendes treffliche Jüdisch-Deutfch:„Der Unterzeichnete wird während der nächsten vier Wochenvon Berlin abwesend sein; Briefe, welche auf der Adresse den Vermerk„persönlich" wagen, werden mir jedoch nachgesendet werden.Berlin, den 28. April 1877.F. Dernburg, Chefredakteur der Nationalzeitung."Also der Chefredakteur deS leitenden Blattes der nationalliberalenPartei, der Reichstags abgeordnete Dr. und Rabbiner Dernburgkann nicht Deutsch schreiben! Jeder Quartaner weiß, daß es entwederzu Anfang der Notiz heißen muß:„Ich werde w. ic.", oder daß, wennder Anfang lautet:„Der Unterzeichnete wird jc. jc.", es in der drittenteile heißen muß:„werden ihm jedoch nachgesendet werden".— Undernburg ist ein großes Licht unter den Nationalliberalen und Sozia-listenfreffern!