Erscheint in Leipzig Mittwoch. Freitag. Sonntag. AbonncmcutSPreis sür ganz Deutichland t M. 60 PZ. pro Quartal. Monats- Abonnements werden bei allen deutjchen Postanstalten aus den 2. und 3. Monat, und aus den Z. Monat besonders angenommen: im ttönigr. Sachsen und Hcrzogth. Sachsen - Allenbnrg auch aus den tten Monat bei Quartals i 54 Psg. Inserate betr. Versammlungen pr. Petitzeile 10 Pf.. betr. Prioatangelegcnheiten und Feste pro Petitzeile 30 Pf. Vo rw ärl ZZcstclluilgtn nestmen an alle Postanstalten und Buch Handlungen des In- u. Austandes. Filial» Expeditionen. New-Uorl: Soz.-demolr Menosten- fchaftibllchdruckerel,>54 Qllleiiiipe tiin. Philadelphia : P. Hab, 630 Karlll z>u ltken.n I. Boll, 112« Charlott« Str Hoboken H. J.: F. A. Sorge, 2t5 Waoll- inpston Str. Chicago ; A. Lanserma: n, 74 c!I>Kollrne->e. San FranziSco: F.Entz,4l6 0't'arrvII Str. London Vf.; C. Henze, 8 Kew rrr. Golden Square. Eentrat Hrgan der Sozialdemokratie Deutschlands . Nr. 54. Mittwoch, 9. Mai. 1877. Pfui über solches Gesindel! Mit obigen Worten schließt unser Berliner Parteiorgan eine Notiz, die folgende Thatsachen enthält: In derBossischen Zeiwng" stand eine Annonce des In- Halts, daß eine arme Wittwe, die eine brustkranke Tochter hat, besser situirte Leute ersuchte, ihr, da sie gänzlich erwerbslos sei, 2b Thaler zur Anlegung eines Kleinhandels zu leihen. Es stellte sich auch schon am Donnerstag ein fein gekleideter Herr ein, der sich die Wohnung und die Verhältnisse der Hilfe suchenden Fam lie ansehen und nöthigenfalls auch helfen wollte. Die Frau war eben auf einem Ausgang begriffen, und ihre Tochter hatte für kurze Zeit das Bett verlassen. Die Tochter ersuchte den Herrn, sich einige Minuten zu setzen, da die Mutter sehr bald zurückkommen müsse. Dem Herrn schien jedoch am Zurückkehren der Letzteren wenig gelegen zu sein, er fing viel- mehr an, mit der Tochter zu unterhandeln. Diese Unterhandlung war allerdings für das kranke Mädchen sehr peinlich, denn jener feine Herr redete vongewissen" Bedingungen, unter denen er helfen wollte, und verließ erst nach mehrfach wieder- Holter sehr dringender Aufforderung, sich zu entfernen, die Woh- nung, jedoch nicht, ohne noch an der Thür einige höchst an- stößige Bemerkungen gethan zu haben. Am Freitag hatte die Witttve kaum wieoer die Wohnung verlassen, um etwas zu essen für sich und ihre Tochter zu beschaffen, als auch schon ein zweiter Herr, fein geschniegelt und gebügelt erschien. Derselbe fragte zunächst das überaus leidend aussehende Mädchen, was ihm fehle. Nach erhaltener Antwort erbot er sich, dasselbe auf seine ftosten kuriren zu lassen, unterließ jedoch dabei nicht, sich ihr wiederum in nicht mißzuverstehender Weise auf- dringlich zu machen. Auch hier gelang es der entrüsteten Prole- tarier-Tochter, den frechen Gast aus der Wohnung zu entfernen. Endlich am Sonnabend kam ein dritter alter, sehr ehrbar aus- sehender, ebenfalls eleganter Herr, sah sich in der Wohnung um und sagte zu der Mutter des Mädchens:Ja, liebe Frau, Ihnen werde ich die gewünschten 25 Thaler geben, Ihre Tochter werde ich mir kuriren lassen, die nehme ich aber mit auf mein Gut in die frische Luft, da soll sie es, wenn sie artig ist, recht gut haben. Die alte Frau hatte jedoch indessen schon den in der Ecke stehenden Besen ergriffen, was derMenschen- freund" nicht freundlich aufzufassen schien, indem er sich eiligst entfernte." Pfui über solches Gesindel! Der Abgeordnete Most hat in einer Reichstagsrede kürzlich gesagt, daß die sozialistische Presse nichtschimpfe"; die liberalen Blätter aber, welche obigen Entrüstungsausruf hören, rufen triumphirend aus:Die sozialistische Presse schimpft nicht Pfui!"" undGesindel"" sind wohl keine Schimpfworte?" Und mit diesem Rufe glaubt sie die Most'schen Worte ab- gethan zu haben. Ganz abgesehe« davon, daß es lächerlich ist, das Kind nicht bei dem rechten Namen zu nennen, daß ein Entrüstungsruf noch lange kein Geschimpfe ist, ganz abgesehen davon, bewirkt die liberale Presse dadurch, daß sie sich über dasSchimpfen" der Sozialisten bei solchen Vorkommnissen aufhält, daß die Aufmcrk- samkeit der Leser von den Thatsachen und von demGesindel" abgelenkt wird und sich den bösen Sozialisten zuwendet. Wenn irgend eine Schandthat in der heutigen Gesellschaft verübt wird und wir stellen die handelnden Personen an den Pranger sofort fällt die liberale Presse über uns her und sucht dadurch die Schandthat selbst und ihre Verüber zu decken. Und leider gelingt ihr dies allzuhäufig. Das Urtheil der Sozialisten, die von der herrschenden Presse als Raubmörder und Banditen hingestellt werden, kann ja nicht maßgebend sein, so kalkulirt der biedere Spießbürger und er empfindet vielleicht sogar noch Mitleiden mit demGesindel", welches sich die Krankheit eines hübschen Mädchens zu Nutze machen wollte, um seiner Wollust zu fröhnen, Mitleid deshalb,'weil die Ver- ächter derHeiligkeit der Ehe", die verruchten Sozialdemokraten sich nicht scheuen, das richtige Wort für solches menschen- fchänderische Beginnen anzuwenden. Die corrumpirte Presse trägt in solcher Weise die Corruption in die weitesten Kreise der Gesellschaft. Und selbst im Reichstage tritt uns eine ähnliche Erscheinung entgegen. Sobald die Sozialisten die gedrückte Lage der Unter- beamten schildern und Abhülfe fordern, springt irgend ein Mit- glied der Majorität auf und erklärt, daß dadurch, daß die Sozialdemokraten solche Forderungen stellten, der Reichstag so- wohl wie die Reichsregierung in die Lage gebracht würden, den nothleidenden Unterbeamten keine Hülfe zu bringen. Wir nennen in der Presse das Kind bei dem rechten Namen Geschimpfe"; wir fordern im Reichstage in eindringlicher Weise das Recht sür nothleidende BeamteGeschimpfe"; wir treten der Corruption in unverblümter Weise entgegen, so daß alle edel denkenden Menschen unsere Absichten billigen, und doch tönt es aus den Reihen derverdunckerten" Stimmführer unserer Gegner fortwährend heraus:Geschimpfe"! . /sun denn, indreiunddreißigtausend Teufels Namen", wenn oasGeschimpfe ist, so wollen wir schimpfen!--- Im Uebrigen müssen wir in Bezug auf obige Notiz noch be merien, daß durch die herrschende Presse, ferner durch die ru- n/x. Romanliteratur die Moralität in weiten Kreisen der Gezellichaft leider schon derart untergraben worden ist, daß viel- fach unser Entrüstungsruf: Pfui, über solches Gesindel!" kaum verstanden wird. Für Geld kann man Alles haben, man kann sogar«den Teufel tanzen sehen", weshalb soll man sich da entrüsten, wenn einige gemeine Burschen für Geld ein krankes unschuldiges Proletarierkind heilen lassen wollen, um nachher ihrer Wollust zu stöhnen? Weshalb soll man sich wundern oder gar darüber lamentiren, wenn einhervorragender Volksmann" statt einer Frau deren vier hat er hatte ja Geld und wäre ihm dieses nicht ausgegangen, es hätte kein Hahn und kein Huhn nach den vier Frauen gekräht; daß ihm das Geld ausging, das war unmoralisch, nicht daß er vier Frauen hatte. Und so lange der bekannte Leitartikelschreiber desOrgans für Jedermann" durch seinen Chef in leidlichen Vermögensverhältnissen gehalten wer- den konnte, genirten ihn die überzähligen sieben lebendigen Leitartikel gar nicht, aber als das leidige Geld ausging, da trat auch die lebendige Leitartikelschande zu Tage. Doch was noch weiter über etwas zu reden, was sonnenklar ist,Geld regiert die Welt", für Geld kann man sogar kranke Proletariertöchter haben welcher Sinnenkitzel! Daß in beregtem Falle die Moralität und der Besenstiel siegten, dies gereicht der Proletarierfrau und dem Proletariermädchen ganz gewiß zur Ehre; wir aber müssen mit Energie weiter- arbeiten, daß solche Siege nicht mehr erfochten zu werden brau- chen, daß solche Versuchungen nicht mehr an die Menschen her- antreten können, ja wir müssen es bald soweit bringen, daß unter dem Einfluß des Sozialismus Jedermann den Muth hat, das Kind bei dem richtigen Namen zu nennen: Pfui, über solches Gesindel!" Sozialpolitische Uebersicht. In Berlin cirkuliren die beunruhigendsten Ge- rüchte. Man glaubt allgemein an eine baldige Mobilmachung. Der Reichstag sei blos deshalb so rasch heimgeschickt worden, um sich unangenehme Frager, die doch nicht ausgeblieben wären, vom Halse zu schaffen. Gewiß scheint, daß diemilitärischen Ausgleichmaßrcgeln", von denen Moltke gesprochen, bereits im Vollzuge sind, und daß, während die Ostgrenze, so weit nicht die Lage Polens Ueberwachung erheischt, von Truppen ent- blößt wird, nach der Westgrenze zu dagegen enssprechendeDis- lokationen"(Truppenversctzungen) stattfinden. Natürlich ist das kein Krieg, aber, wie einer unserer Abgeordneten neulich in einer Berliner Wählerversammlung sagte, so fangen alle Kriege an. Von Truppenzusammenzichungen an der östrcichischen Grenze verlautet noch nichts. Man zweifelt aber nicht, daß sollte Oestrcich sich beikommen lassen, dem russischen Mord- Kulturkämpfer in den Weg treten zu wollen, das deutsche Reich im Namen derNeutralität" Halt zurufen würde.Rußland ' hat uns 1870/71 den Rücken gedeckt; jetzt ist an uns die Reihe, Rußland den Rücken zu decken; wir sind moralisch dazu ver- pflichtet" ist eine häufig gehörte Redensart, die einem von oben ausgegebenen Stichwort ähnlich sieht, wie ein Ei dem an- dern, und uns den Weg aus dem lokalisirten in den all- gemeinen europäischen Krieg zeigt. Ein bezeichnender Polizeibericht. Das Polizei­präsidium von Berlin hat eine statistische Zusammenstellung der im Jahre 1875 ausgeübten Thätigkeit herausgegeben. Darnach betrug die Zahl der in's Polizeigcwahrsam eingelieferten Per- sonen 23,588, nämlich 11,L23 Männer, 11,648 Frauen und 117 Kinder, und zwar 1560 Männer, 70 Frauen und 8 Kinder wegen Bettels, 10,944 Frauen und 6 Kinder wegen Unsittlich- keit, 8 Männer und 2 Frauen wegen versuchten Selbstmordes, 6744 Männer, 209 Frauen und 9? Kinder wegen Obdachlosig- keit, 341 Männer, 73 Frauen wegen Trunkenheit, 8 Männer wegen unerlaubten Handelns, 501 Männer, 31 Frauen wegen Auflaufs und Straßenunfugs, 28 Männer, 10 Frauen wegen Geistesstörung , 78 Männer und 1 Frau wegen Widersetzlichkeit gegen Beamte und 253 Männer, 27 Frauen auf dem Durch- transport. Zur Jsolirhaft wurden wegen der verschiedensten Verbrechen und Veraehen 4954 Personen, nämlich 4313 Män- ner, 613 Frauen und 23 Kinder gebracht. Die Zahl der unter Polizeiaufsicht stehenden Personen bcläuft sich auf 1361. Wie wenig die Zahl der Verbrechen und Vergehen, deren Thäter er- griffen sind, die vorgekommenen Fälle erschöpft, ergiebt sich dar- aus, daß nach den Revier- Anzeigen in 6086 Fällen der Thäter nicht ermittelt worden ist. Es befanden sich hierunter 20 Bauern- fängereien. 15 Hazardspiele, die übrigen waren Diebstähle. Beim Leichen-Commissariat des königlichen Polizei-Präsidiums wurden 2206 Unfälle und ähnliche Vorkommnisse angezeigt, darunter 800 mit tödtlichem Ausgange. Am zahlreichsten sind vertreten die inneren und äußeren Verletzungen mit 174 Fällen, dazu kommen 96 Erhängte, 78 durch Kohlendunst Gestorbene, 62 Er- tränkte, 46 aufgefundene Leichen neugeborener Kinder, 44 Ver- giftete, 37 an Schußwunden Verstorbene ic. Unter sittenpolizei- licher Controle standen am Schlüsse des Jahres 2241 Personen; die Zahl der beaufsichtigten Frauenzimmer hat sich hiernach im Laufe des Jahres um 14'/, pCt. vermehrt, während die Be- völkerung Berlins um 3'/, pCt. zugenommen hat. Sistirt wur- den im Ganzen 16,587 Frauenspersonen, von denen im Wege administrativer Exekution 5854 zum Gefängniß gebracht wurden. Diese nackten Zahlen sind gewaltige Anklägerinnen gegen die heutige sogenannte Weltordnung, sie stempeln dieselbe zu einer Weltunordnung, an welche die bessernde Hand schleunigst gelegt werden muß, wenn nicht die Menschheit darüber zu Grunde gehen soll. Man schreibt uns aus Berlin :Gott behüte mich vor meinen Freunden", hat gewiß diebeurlaubte" Sphynx falls sie in der Lage ist, Zeitungen zu lesen in letzter Zeit manchmal innerlich ausgerufen. Bismarck hat in der That schreckliche Freunde, und der schrecklichste der Schrecken ist natür- lich das Schreckenskind Hans Blum derselbe, der mich pesche eingerührt hat. Sein jetziger Geniestreich ist aber noch viel compromittirender. Er hat nämlich in denGrenzboten" über den reichskanzlerischen Urlaub einen Skandalartikel ver- ösfentlicht, der an schlechtem Geschmack und Taktlosigkeit Alles übertrifft, was bisher auf diesem Gebiete geleistet worden ist. DieReichsglocke" war nichts dagegen. Eine Sammlung des widerlichsten Klatsches überdcnHof und einehoheFrau", welche als der Mittelpunkt allerJntriguen" gegen dengenialen" Mann hingestellt wird. Und zwar gerirt der Anfertigcr dieser Klatsch- und Schmutzsammlung sich derartig, daß in dem Leser der Glaube erweckt werden kann, der Mann handle im Auftrag des Fürsten Reichskanzlers. Das ist die colossale Dummheit des Machwerks, und die Gegner desgroßen Staatsmanns" verfehlen nicht, sie auszubeuten. Es sollte mich nicht wundern, wenn die bisher landesüblicbcn Bismarckbeleidigungen ein uncr- wartetes Gegenstück finden, oder richtiger: einmal umgekehrt werden sollten. So viel steht fest, der Bär, welcher seinem Herrn die Fliege abwehren wollte und ihm den Schädel zerschmetterte, hat in unserem Hans einen gelehrigen Nachahmer gesunden." Die Fortschrittler von Berlin wünschen, und sie sollen auch schon dieserhalb petitionirt haben, daß die Nachwahlen im 6. und 5. Wahlkreise bis zum Herbst hinausgeschoben werden, wahrscheinlich, damit inzwischen über die Affaire Dunckcr Gras wachse. Der Z 34 des Wahlreglements aber heißt:Im Falle der Ablehnung oder wenn der Reichstag die Wahl für un- giltig erklärt, hat die zuständige Behörde sofort eine neue Wahl zu veranlassen." Im§ 31 heißt es, daß bei engeren Wahlen die Wahlbezirke, Wahllokale und Wahlvorsteher un- verändert bleiben; bei Nachwahlen kommt dieser Paragraph auch in Betracht, nur mit der Maßgabe, daß bei den Bekannt- machungen die in§ 8 vorgeschriebene achttägige Frist innezu- halten, deren Jnnehciltung bei engeren Wahlen nicht erforderlich ist. Die zuständige Behörde ist die Regierung zu Potsdam ; wir wollen nun abwarten, ob dieselbe dem Gesetz gemäß oder der Fortschrittspartei und dem Herrn Duncker zu Liebe ihre Anordnung treffen wird. Herr Schmidt. Bon glaubwürdiger Seite wird uns mitgetheilt, daß die interessante Persönlichkeit, welche den lang- gesuchten Postagenten in der Kantecki- Affaire ausfindig gemacht hat, ein Postbeamter ist, der auf den Namen Schmidt hört, und ein Sohn des Casseler Postmeisters gleichen Namens und Faktotum bei Herrn Stephan sein soll. Es ist nicht das erste Mal, daß der Name Schmidt bei derlei Gelegenheiten auftaucht. Vom schutzlosen Schutzmann. In der Tuchler Haide (Westpreußen ) hat vor einigen Tagen der als Forstschutzge- Hilfe sungirende Amtsdiener und Käthner Krzeminski einen zehnjährigen Knaben erschossen. Er betraf denselben beim Einsammeln von Raff- und Leseholz. Als der Knabe die Flucht ergriff, rief K. ihm nach:Bleib stehen oder ich schieße!" und schoß, als der Junge der Aufforderung keine Folge leistete, wirklich. Sechszehn Schrotkörner drangen dem Getroffenen in den Unterleib, und nach drei Tagen war er todt. Der arme schutzlose Schutzgehilfe! In dem von uns schon erwähnten Ministerbeleidigungs- Prozesse gegen die Herren Ed. Sack und Ludwig Pfau ver- kündete das Appellationsgericht in Frankfurt a. M. am 4. Mai das Urtheil. Herr Sack, welchen die erste Instanz in diesem Falle vollständig freigesprochen, jedoch wegen eines auf die Bis- marck'schen Verdächtigungen durch die Reichsglocke zc. bezüglichen Berliner Correspondenz-Artikels zu 3 Monaten Gefängniß ver- urtheilt hatte, wurde im Ganzen zu vier Monaten, Herr Ludwig Pfau , der in erster Instanz mit 100 Mrk. Geldbuße davongekommen war, zu drei Monaten Gefängniß ver- urtheilt. Eine würdige Demonstration der französischen Jugend. Der reaktionäre Professor St. Renä-Taillandier hielt in Paris vor Kurzem Vorlesungenüber die Redner und Schrift- steller der französischen Revolution". Die Vorlesungen waren ungemein besucht; dieKölnische Zeitung " läßt sich, natürlich von einem reaktionären Literaten, darüber Folgendes schreiben: In der letzten Vorlesung hatte St. Renö- Taillandier ange- fangen, über Robespierre und Danton zu sprechen, und nach einer Charakteristik derselben bemerkte er, daß er mit diesen Männern der Schreckenszeit beginne, die beklagenswerthe Zeit, diedas Herz des Franzosen mit Trauer und Scham erfülle", weil sie die große und segensreiche französische Revolutionmit Schande bedecke" und die große That dieser politischen Refor- mation im Auslande, wo man ungerechter Weisedie Verbrechen der zweiten Periode" von den Verdiensten der ersten nicht immer trenne, in Mißachtung gebracht habe. Er nannte jene Männer und damit schloß er die VorlesungAbtrünnige von den Prinzipien der großen französischen Revolution" und Renegaten des Jahres 1789. Wie immer zum Schluß wurde Beifall ge- klatscht, und als zwei junge Leute ein Zischen vernehmen ließen, erfolgte ein sehr kräftiger und unendlich lange anhaltender Bei- fall. Ties sollte aber eine bedeutende Demonstration hervorrufen. Als ich am 1. Mai vor 1 klhr(die Vorlesung beginnt um IVz Uhr) in den Saal trat, bewies mir der erste Blick, daß das Publikum zum größten Theil ein anderes als das gewöhnliche war. Einige Ihrer Leser wissen vielleicht nicht, daß die öffent- lichen und unentgeltlichen Vorlesungen von allgemeinerem In- teresse sowohl an der Sorbonne wie am College de France mehr von Damen jeden Alters und alten, zum Theil sehr kahlscheite- seinem Patron die Geschichte mit der berüchtigten Emser De- ligen Herren(darunter Habituös, die fast in keiner Vorlesung