— Eine treffliche Antwort. Die in Darmstadt be-stehende„Literarisch-artistische Anstalt" des VerlagsbuchhändlersAdolph Lange will eine„Arbeiterbibliothek"„gründen";diese Büchersammlung soll in einzeln verkäuflichen, billigenBäudchen ausgegeben werden. Die bewährtesten Volksschrist-steller werden zur Theilnahme aukgefordert; Privalleute, Fa-brikbesitzer, welchen die Bekämpfung der sozialdemokratischen Agi-tation am Herzen liegt, werden ersucht, Beiträge von30— 5 Mark für später zu empfangende, von denselben zu ver-breitende Schriften einzusenden; Personen, welche auf dieSchriften und deren Verbreitung verzichten, werden gebeten,S Mark für den guten Zweck an die Berlagshandlung zu schicken.In den Zuschriften, welche mit Hilfe der Adreßbücher an die„Rcichsfteunde" gesandt werden, soll der von uns betriebenenmassenhaften Verbreitung von Agitationsschriften entgegengear-beitet werden. Daß nun aber das Adreßbuch kein ganz getreuerRathgebcr bei solchen Spekulationen ist, beweist folgender Brief,der uns vom Oberrhein in Bezug auf obige„Arbeiterbiblio-thek" am 7. d. M. zugegangen ist:Herr Redakteur!Soeben empfing ich mitfolgende buchhändlerische Anzeige;bei derselben ist wenigstens das neu, daß man den Haß gegendie Sozialisten für seinen Privatsäckel auszubeuten sucht, undes würde sich wohl lohnen, solches Treiben im„Vorwärts" indas richtige Licht zu stellen. Als Antwort auf diesesBettelgesuch empfangen Sie einliegend 20 Mark, die ich Siein folgender Weise zu verwenden bitte:M. 5 für Wahlagitation in Berlin;M. 5 für gemaßregelte Krupp'sche Arbeiter;M. 2 für das in Mannheim zu gründende Lokalblatt.Für die übrigen 8 M. bitte ich, mir den Jahrgang 1876der„Neuen Welt" zu übersenden.AchtungsvollDr. Ph. P.Bravo! Wir glauben durch einfachen Abdruck des Briefesden Wunsch des Briefschreibers am besten zu erfüllen.— O, welche Lust:c. ic. In Schleswig wurde voreinigen Tagen ein Husar(Rekrut) der 4. Escadron des schles-wig-holsteinischen Husaren-Regiments Nr. 16 von einem Unter-offizier in so arger Weise mißhandelt, daß er in's Laza-reth geschafft werden mußte, wo er, den„Jtzehoer Nachrichten"zufolge, nach zweitägigem Krankenlager mit Tode abgegangen ist.— Und welche Strafe erhält der Unteroffizier?— Unsere Genossen Frohme und Schäfer sind am 3. Maivon der Anklage, das Jmpfgesetz durch erdichtete und entstellte„Thatsachen" verächtlich gemacht und zum Widerstand gegendasselbe„aufgereizt" zu haben, freigesprochen. StaatsanwaltKunitz hatte gegen Frohme 5 Monate, gegen Schäfer 4 WochenGefängniß beantragt. Derselbe hat die Appellation angemeldet.Bei seiner Anklagerede gebrauchte nach unserm FrankfurterParteiblatt der Staatsanwalt Kunitz folgende Worte:1)„Den Sozialisten ist jedes Mittel recht zur Aufreizung,so auch die Agitation gegen den Impfzwang."2)„Die Meinung des Angeklagten Frohme stützt sich nichtauf Autoritäten, sondern auf das Geschwätz einiger Charlataneund alter Weiber."3i„Der Staat darf dem„Unfug" der Agitatton gegenden Impfzwang nicht länger mehr ruhig zusehen."Die Redaftion des„Vorwärts" hat keine Stellung ein-genommen zu der Frage, ob das Impfen mehr schädlich odermehr nützlich ist, sie wird auch in dieser Frage so lange keineStellung nehmen, bis vor dem Forum der Wissenschaft die Fragezum völligen Austrag gelangt ist. Man mag nun aber zudieser Frage stehen wie man will, so muß man doch die Sprachedes Staatsanwalts Kunitz unbedingt verurtheilen. Viele Gegnerdes Jmpfens, unter ihnen Professor Germann in Leipzig, sindhöchst achwngswerthe und wissenschaftliche Männer, diese mit denAusdrücken„Charlatane" und„alte Weiber", wenn auch nurindirekt, zu bezeichnen, ist geradezu unerhört; die Agitatton gegenden Impfzwang aber„Unfug" zu nennen, das ist, gelindegesagt, eine Mißachtung eines Rechtes der Staatsangehörigen,die sich am allerwenigsten ein Rechtswächter zu Schulden kommenlassen dürfte— durch solche Reden gießt übrigens der HerrStaatsanwalt Oel ins Feuer, die Jmpfgegner werden an Zahlwachsen, und die Jmpffreunde können sich dieserhalb dann beiden Herren bedanken, die sich zwar wider Willen einer lebhastenAgitation gegen das Impfen, wie der Staatsanwalt Kunitz,somit schuldig gemacht haben.— Franz Zitz. Am letzten Apriltag starb zu Münchenim 73. Lebensjahre Dr. Franz Zitz. der neben Hecker einst ge-sein des Volkes die Ideale einer besseren, gerechteren Gesell-schaftseinrichtung zu übermitteln, oder was etwa davon schon inihnen keimt, weiter zu entwickeln, ihnen die Uebelstände ictzigerEinrichtungen zu zeigen, damit in Zukunft derselbe Fehler nichtbegangen werde. Die Zeit freilich, wann diese neue Aera be-ginnen wird, bestimmen wir nicht im voraus und können sieauch nicht voraussagen, da ihr Eintritt nicht von uns abhängt.Ich glaube, daß unsere Art der Propaganda nichts weniger ist-als eine Aufmunterung zum Aufruhr.Die Anklage sagt ferner, wir wollten die Klassen vernichten.Sie versteht dies so, als wollten wir alle Gutsbesitzer, Edel-leute, Beamte, Kaufleute, überhaupt alle Reichen niedermetzeln.Das ist wiederum ein grobes Mißverständniß. Wir wollen nurdie Privilegien beseitigen, welche die Eintheilung der Menschenin Klassen der Besitzenden und der Nichtbesitzenden hervorrufen,nicht aber wollen wir die Personen vernichten, welche dieseKlassen bilden. Es wäre wohl auch physisch unmöglich, einesolche Menge von Leuten abzuschlachten, wenn wir auch solchegrausame Neigungen hätten! Wir wollen auch kein Reich derArbeiter als Klasse bilden, welche ihrerseits die anderen Klassenunterdrücken würde, wie dies die Anklage auffaßt. Wir erstrebendas Wohl Aller, die Gleichheit Aller; natürlich wollen wir nichtetwa die Verschiedenheit der Individuen in Temperament, inGeschlecht, Alter u. s. w. aufheben. Dies Alles kann höchstensManchem als eine Chimäre erscheinen, keinesfalls aber liegtdarin etwas Grausames und Unsittliches. Im Westen vernimmtman die Stimme einer solchen Propaganda alltäglich, und Nie-mandem erscheint sie so gefährlich; sie verwirrt die Gemüther nicht, be-unruhigt auch die Gesellschaft nicht, vielleicht weil man dort schon langegewohnt ist, alle solche Fragen laut und öffentlich zu diskutiren.Die Anklage nennt uns serner politische Revoluttonäre. WennNur aber einen Staatsstreich planten, so würden wir andershandeln müssen, als wir es thun: wir würden nicht zum Volkegehen, welches man noch belehren und bilden muß, sondern wirwürden Vielmehr die unzufriedenen Elemente der„gebildeten"Klassen aufsuchen und vereinigen müssen. Dies würde vielzweckmäßiger sein; aber die Sache ist eben die, daß wir garkeinen solchen Staatsstreich planenfeierte Führer der Volksbewegung des Jahres 1348. Bei demAusbruch der Bewegung war er Abgeordneter für Mainz in derStändekammer, trat ins Vorparlament, später für Mainz in dieconftituirende Nattonal- Versammlung, bis ihn seinesbeiläufignichts weniger als heldenhafte) Theilnahme an dem Kampfe derbayerischen Pfalz zur Ausrechthaltung der Reichsverfassung, alsFührer des rheinhessischen Hilfscorps«das er, nebst seinem FreundBamberger, schnöde im Stich ließ, als die Sache gefährlichwurde), zur Flucht nach Amerika zwang.— Die Versailler Ordniyigswüthriche haben amSonnabend, den 28. April, einen Pariser Communekämpfer NamensMja rin zum vierten Male zum Tode verurtheilt. Angeklagt:den Befehl zur Inbrandsetzung der Mairie des 11. Arron-dissements gegeben, ja in eigner Person das zu diesem BeHufeerforderliche Petroleum herbeigeschafft zu haben, mußte dasTodesurtheil gegen Marin wegen begangener Formfehler drei-mal cassirt werden. Jetzt ist es zum vierten Male gefällt, trotz-dem Marin entschieden bestreitet, das ihm zur Last gelegte Ber-brechen begangen zu haben. Aber was thut's. Marin ist einFeind der heutigen„Ordnung", folglich gebührt ihm der Tod— von„Rechtswegen".— Sozialistencongreß in Portugal.„O Protesto",das Organ der Sozialisten Portugals, bringt einen Bericht überden ersten sozialistischen Arbeiter-Congreß in Portugal, welchervom 1. bis 4. Februar d. I. in Lissabon stattgefunden hat.Dieser Congreß begründete eine sozialistische Partei in Portugalauf der Basis wie die Partei in Deutschland. In Bezug aufden allgemeinen Sozialistencongreß, der dieses Jahr in Belgientagen soll, beschloß der Congreß, falls die portugiesischen Ar-bettervereine auch dazu eingeladen werden sollten, entweder durcheinen Delegirten oder durch ein Schreiben folgende Kundgebungan den Congreß gelangen zu lassen:„Die portugiesischen Sozialisten nehmen Abstand von Mit-teln revolutionärer Aktion, sie sind solidarisch in ihren Bestre-bungen mit den sozialistischen Arbeitern der ganzen Welt."„Abstand nehmen von Mitteln revolutionärer Aktion", heißtnatürlich nur, die portugiesischen Arbeiter verzichten' auf das„anarchistische" Agitationsmittel, mit„Flintenschüssen Propa-ganda" zu machen. Als Sozialisten sind sie selbstverständlichrevolutionär. Gegenüber der republikanischen Bewegung faßteder Congreß den Beschluß,„daß die sozialisttsche Partei ihreunabhängige Stellung allen andern Parteien gegenüber aufrechthält, nichtsdestoweniger aber zur Verwirklichung von Reformen,die in Uebereinstimmung mit ihrem Programm sind, ihren Bei-stand leisten wird." Der nächste Congreß soll im Februarnächsten Jahres in Porto stattfinden; ein Ccntralcomite in Lissa-bon besorgt die Leitung der Parteigeschäfte.— Vom„Kriegsschauplatz" nichts von Interesse; ent-scheidende Schläge sind überhaupt in den nächsten Tagen nochnicht zu erwarten. Als charakteristisches Moment sei erwähnt,daß die„civilisirteu" und„christlichen" Russen in brutalster Ver-letzung des Völkerrechts den Grenzfluß Pruth zwei Tage vorder Kriegserklärung zu überschreiten begannen, während die„barbarischen" und„heidnischen" Türken das Völkerrecht unddie Verträge auf's Gewissenhafteste innegehalten haben und inne-halten. Noch Eins: ein russisches Blatt, der„Golos", istunterdrückt worden, weil es sich des Verbrechens schuldig ge-macht hatte, für Rußland eine Constitution, wie die Türkei einehat, zu wünschen— beileibe nicht zu fordern. Die türkischeVerfassung dürste den russischen Diplomaten noch manche Ver-legenheit bereiten.— Der Erklärung der Frau Emma Herwegh fügt die„Frankfurter Zeitung" folgende Bemerkung hinzu:„Die alberneSpritzleder-Geschichte ist so oft und so gründlich widerlegt wor-den, daß die Verbreiter derselben sich nicht mit Unwissenheitentschuldigen können. Neuerdings sucht man, da man mit demabgethanen Märchen nicht mehr offen aufzutreten wagt, durchallerlei Andeutungen und Anspielungen die alte Verleumdungwieder aufzufrischen. Die Herren Verleumder erinnern wirwiederholt daran, daß es auch eine„Kutschbockgeschichte"giebt, die vor dem„Spritzleder-Märchen" den Borzug vor-aus hat, daß sie zu gleicher Zeit pikant und— wahr ist."Abfertigung.Das„Leipziger Tageblatt" vom 24. April enthält nach-stehendes„Eingesandt":„In einer der letzten Nummern des„Vorwärts" befindet sichfolgende Notiz:„Neue Gedichte von Georg Herwegh. Der 7. Kriminal-Nachdem ich nun alle Verbrechen, deren ich angeklagt bin,durchgegangen habe, komme ich zu der Ueberzeugung, daß ichkeines derselben schuldig bin. Aber wie es auch sei und welchesLaos mich auch treffen sollte, meine Herren Richter: ich bitteSie nicht um Gnade, ich will diese gar nicht! Sie mögen gegenuns Verfolgungen anstellen, wie Sie wollen: ich bin fest über-zeugt, daß eine so verbreitete Bewegung, welche schon mehrereJahre andauert und ohne Zweifel aus dem Geiste der Zeitheraus sich gebildet hat, durch keinerlei Gewaltmaßregeln ersticktwerden kann."(Hier unterbricht sie Senator Peters:„Wir brauchen nichtzu wissen, wovon.Sie dort' überzeugt sind!" Die Angeklagtefährt fort:)„Eine Zeitlang kann eine solche Bewegung wohl aufgehaltenwerden, aber desto heftiger wird sie dann hervortreten, wie diesja bei allen derarttgen Reaktionen der Fall ist; und sie wird solange andauern, bis unsere Ideen die Oberhand gewinnen. Ichbin auch davon überzeugt, daß unsere schläfrige und faule Ar-beiterwelt aufwacht und sich aufrafft, und dann wird sie sichschämen, daß sie sich so lange mit Füßen treten ließ, daß sieerlaubte, ihr ihre Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern zuentreißen, um sie zu vernichten, nur weil sie ihre Meinungenfrei äußerten: dann wird sie uns rächen.Verfolgen Sie uns, meine Herren, Sie haben derzeit nochdie materielle Gewalt in den Händen; auf unserer Seite aberist die Macht der Sittlichkeit, die treibende Gewalt eines sichvollziehenden historischen Prozesses, die Macht der Idee; aberdie Idee kann man nicht mit Gewaltmaßregeln vernichten."Hier haben wir augenscheinlich ein Weib vor uns, das mitUeberzeugung und mit völliger Klarheit eingreift in die revolu-tionäre Bewegung der Jetztzeit. Daß ein solches Eingreifenim Gegensatze zu Straßenkrawallen und Heugabelpusschen vonungemeiner Bedeutung ist, brauchen wir unseren Lesern wohlkaum zu versichern.— Wir bedauern nur, daß wiederum einefrische Menschenblüthe dem russischen, culturschänderischen Bar-barismus zum Opfer gefallen ist.Deputation des Berliner Stadtgerichts lagen am 12. Apridie„Neuen Gedichte von Herwegh", in Zürich erschienen, zurPrüfung auf deren strafbaren Inhalt vor. Es wurde in oenGedichten eine fortlaufende Kette von Majestätsbeleidigungen,Gotteslästerungen, Verhöhnungen der Staatseinrichtungen undanderen Vergehen gefunden und deshalb auf Unbrauchbar-machung der Brochure in allen vorfindlichen Exemplaren er-kannt.— Wir freuen uns dabei, daß man die„Neuen Ge-dichte von Freiligrath", in welchen die revolutionärsten An-klänge zu finden sind, bis jetzt noch nicht verboten hat— odersollte man mehr die Person auch nach dem Tode noch ver-folgen, als das Objekt, die Gedichte, selbst? Herwegh istbekanntlich als Revolutionär gestorben, Freiligrath aber, vonder herrschenden Gesellschaft mit 60,000 Thalern dotirt, hatteauch dieser Gesellschaft schließlich seine Leier geweiht."„Mit beiden Dichtern persönlich bekannt, mit Herlvegh sogarwährend meines ersten Aufenthaltes in der Schweiz(1841 bis1846) auf„Du und Du" gewesen, erlaube ich mir die Thatsachezu constatiren, daß Freiligrath im Jahre 1845, als er sich aufdas Feld der polittschen Bewegung begab, für welches sein reindichterisches Naturell übrigens gar nicht geschaffen war, SeinerMajestät dem König Friedrich Wilhelm IV. die Pension von300 Thalern, welche ihm der genannte Monarch bewilligt hatte,kündigte. Als der Dichter Freiligrath später in Roth geriethund in England, um sich und die Seinen zu ernähren, zumComptoirpult zurückkehrte, wurde allerdings eine Sammlungveranstaltet, an welcher sich aber alle Parteien ohne Ausnahmebetheiligten. Die Ziffer von„60,000 Thalern" dürfte bedenklichzu hoch gegriffen sein. Freiligrath kehrte zu seiner Ursprung-lichen Ansicht zurück, daßDer Dichter steht auf einer höhern Warte,Als auf der Zinne der Partei.„Seine Leier" hat, soviel ich weiß, Freiligrath nie„dieser Ge-sellschaft geweiht", man müßte denn die reizenden Gedichte, inwelchen er sein Familienglück schildert, als ein Verbrechen be-trachten.„Die wenigen politischen Gedichte Freiligrath's sind kaumnoch im Buchhandel zu haben, denn der Dichter fühlte selbst,daß er nicht zum Tyrtäus der Parteien geschaffen war.„Eben so falsch ist es. daß Herwegh„als Revolutionär ge-storben" sein soll. Herwegh ist als verbissener, nichtsthuenderPessimist gestorben. Leider! Die Beschlagnahme seiner Gedichteaus dieser Epoche halte auch ich für einen Mißgriff, aber mansoll Herwegh, so hoch er als Poet dasteht, nicht die unverdienteEhre anthun ihn für eine revolutionäre Arbeitskraft auszuposaunen, und man sollte noch weniger eine durch und durchdichterische Natur, wie Freiligrath, im Grabe verdächtigen. Mitdemselben Rechte könnte man Schiller für einen reattionärenPoeten ausgeben; mit demselben Rechte Georg Herwegh— aufs ozialdemokratischem Standpunkte wenigstens:Die Sehnsucht Deutschlands steht nach dir,Fest, wie nach Norden, blickt die Nadel,O Fürst, entfalte dein Panier,Noch ist es Zeit, noch folgen wir!Behüt uns vor dem FrankenkindUnd vor dem Czaren, deinem Schergen!(! Soll heißen:Schwager, Herr Marr!)Schon tagt ein neues Austerlitz,Mögst du in seiner Sonne siegen!(„An den König von Preußen."Herwegh, Gedichte eines Lebendigen.1. Theil. S. 83 ff.)Lapienti sat. W. Marr."So weit Herr Marr, in dem uns ein alter Bekannter ent-gegentritt. Es ist dies nämlich derselbe Herr Wilhelm Marr,der in den vierziger Jahren seine Erlebnisse in der Schweiz,namentlich die Kämpfe zwischen den„Communisten" und„Jung-deutschxn" mit einer solchen Deutlichkeit schilderte, daß diedeutsche— Polizei darüber entzückt war. Daß Herr WilhelmMarr, seine polittsche Vergangenheit nicht verleugnend, seitdem(in der„Nessel", die weiland in Hamburg erschien) abwechselndfür den angestammten Auaustenburger und die preußische Anuexionder Elbherzogthümer geschwärmt hat— andrer Genialitätendieser Art nicht zu erwähnen—, sei nur nebenbei bemerkt. Wenndieser Herr Marr Herwegh einen„verbissenen nichtsthuendenPessimist" nennt, so akzeptiren wir das gern als Complimentfür den tobten Freund, der allerdings kein zufriedener, reptilien-arbeitthuender Optimist war, wie Herr Wilhelm Marr. ObHerr Wilhelm Marr Herwegh wirklich persönlich gekannt hat,wissen wir nicht— mag sein; jedenfalls ist uns, die wir den Dichterpersönlichgckannthaben, noch sehr wohl erinnerlich, daß Herwegh in— Schullehrerloos. lieber das erbärmliche Loos der emeritirtenLehrer berichtet die Pädagogische Zeitung wie folgt:„Heut Vormittagbrachte mir meine Frau einen Zettel und sagte, ein Armer ständedraußen, ich solle nur lesen. Der Zettel war ein Attest der StettinerPolizei, worauf stand:„„Der wegen Taubheit emeritirte Lehrer Timmaus Daber hat die Genehmigung, seine Bilder zu verkaufen."" Ichwinkte dem Draußenstehenden einzutteten, und ein alter, kahlköpfigerMann erschien. Die Bilder, die er mir vorlegte, hatte er selbst ange-fertigt, wie er sagte. Ich kaufte ihm keins ab, fondern gab ihm einekleine Unterstützung. Wir konnten uns nicht viel verständtgen, da erganz taub schien. Ich fetzte voraus, daß ich es mit einem Boltsbildneraus dem Staate Preußen zu thun hatte und zeigte ihm eine Kartedieses Staates, indem ich das Wort„„Daber"" dem Alten ins Ohrschrie. Er holte eine große Lupe hervor, fand aber den Namen nichtauf der Karte, zeigte jedoch auf die Stadt Dramburg in Pommern undsagte....in der Gegend da liegt eS."" Er erzählte nun, daß feineFamilie in Stettin wohne und daß er monatlich 4 Thaler Pension er-halte; sein frühere? Lehrergehalt habe 150 Thaler jährlich betragen.Die Bilder müsse er mit Hilfe der Lupe anfertigen, da die Augen auchschon anfangen, den Dienst zu versagen. Die Augen thuen ihm heuteganz besonders weh, da er die vergangene Nacht nicht geschlafen, femNachbar ans dem Strohlager habe ihn fortwährend mit dem Ellenbogengestoßen, wahrscheinlich hatte der Mensch Läuse, sagte er. Beim Schei-den wünschte mir der Alte allen hinmilischen Segen und Gesundheit,damit ich nicht zu früh emerititt werde und ich vor dem LooS, das ihngetroffen, bewahrt bleiben möge, vor dem—„Bettelstab".— Zur Heiligkeit der Ehe. Nicht wenig Sensation erregte einvor Kurzem in Wilkowitz in Oesterreichisch- Schlesien stattgesundenerBorfall. Der Maschinensteiger Sch. hatte seit längerer Zeit den dor-tigen Bergverwalter K. in Verdacht, mit seiner Frau im ehebrecherischenBerhältniß zu verkehren. Am genannten Tage fand Sch. seine gerecht-fertigte Bermuthung durch plötzliche Ueberraschung bestätigt. Sch. konntewegen der Untreue seiner Frau sein zerstörtes Eheverhältniß nicht längerertragen und schrieb an die Generaldirektion nach Wien, daß er wegendieses Vorsalles seinem Leben ein Ende machen würde. Noch am selbenTage nahm er ein starkes Gift und starb. Der Bergverwalter wurdeaber auch sofort entlassen.— Auf derselben Grube fanden Tags vorher40 Arbeiter-Enilaffungen durch denselben Bergverwalter statt, darunterviele diesseitige Bergleute, die bereits 15—20 Jahre ununterbrochendort gearbeitet und'ihren vorschrittSmäßigen KnappschaftSbeNrag vonmonatlich bis 3 Gulden gezahlt haben. Durch die momentane Enttas ungdes betreffenden Beamten finden die Arbeiter eine theilweise Genugtuung.