und schon seit längerer Zeit das Vertrauen des Czaren �nnd seiner Rathzeber verloren habe. Wäre dies wirklich der Fall, so hätte der Krieg gar nicht ausbrechen können. Fürst Bismarck war außer Stande, die russische Diplomatie vor den Folgen ihrer eigenen Ungeschicklichkeit zu warnen, und konnte, als es zur Katastrophe kam, beim besten Willen nicht die so- fortige und direkte Hilfe gewähren, die Rußland in seiner Verlegenheit von ihm erwartete und zu der es sich berechtigt hielt. Dies hat unstreitig eine momentane Verstimmung erzeugt, aber man wird mittlerweile in Petersburg zur Erkenntniß ge- langt sein, daß die preußisch-deutsche„Neutralität" nützlicher ist als sofortige und direkte Hilfe.— In Frankreich plötzliche Scenenverschiebung: Mac Mahon hat sein„liberales" und„republikanisches" Ministerium zum Teufel gejagt, und ein monarchiftisch-klerikales eingesetzt. Die„Re- publikaner" schreienZeter, prophezeien einen„Staatsstreich" undthun natürlich nichts, um ihn zu verhüten. Wir können den französischen Republikanern diesen Fußtritt nur gönnen, und es ist uns höchst gleichgiltig, ob die französische Lügen-„Republik " bestehen bleibt oder nicht: die einzige Partei, die einzige Klasse, welche in Frankreich eine wahre Republik aufrichten kann: die Sozial- dcmokratie, das Proletariat, ist noch nicht aktionsfähig; und ist sie einmal aktionsfähig, dann wird sie mit der Reaktion unter monarchischer Firma ebenso gut fertig, wie mit der unter republikanischer. Ob und inwieweit die Haltung Frankreichs in der orientalischen Frage und zu Deutschland durch den Ministerwechsel verändert wird, läßt sich noch nicht berechnen— die deutsche Reptilienpresse beutet ihn natürlich im chauvinisti- schen Sinne aus.— Der Aufstand im Kaukasus nimmt mächtige Dimensionen an; der Vormarsch der russischen Armee, die sich der'kleinen türkischen Festung Ardahan bemächtigt hat, ivird dadurch ge- hemmt, und gelingt es den Russen nicht, in kürzester Zeit den Aufstand zu unterdrücken, so werden sie die Operationen gegen die asiatische Türkei vielleicht ganz einstellen müssen und � sich ihrer eigenen Haut zu wehren haben.— An der Donau „nichts Neues". — Aus Galizien schreibt man uns: Die Formirung pol- nischer Legionen läßt unsere klerikalen und aristokratischen Kreise nicht zur Ruhe kommen. Wieso rufen die Einen, sollten Christen im Verein mit Mohamedanern gegen Christen kämpfen? Verflucht sei das friedenstörende Rußland, aber dennoch dürfen wir seine Feinde, weil sie Mohamedaner sind, nicht unterstützen. Die Aristokratie, die ganze conservative Partei, eifert wider die Legionen aus anderen Gründen. Legionen bilden, heißt Revo- lution machen, und dann, wem hat die Türkei die Bildung der Legionen anvertraut? Wer von den Polen hat den Aufruf unter- fertigt? Kein Fürst, kein Graf, ja nicht einmal ein Edelmann. Wer ist denn Herr Brzozowski, wer Hr. Zimermann? Es sind Kaufleute; Herr Bohdanowicz ist ein ehemaliger russischer Offi- zier, Herr Holz ein Mechaniker. Zwar haben sie tapfer in Ungarn während der Revolution im Jahre 1848 und 1849 und in Polen ini Jahre 1363 und 1864 gekämpft, zwar sind es be- gabte und ehrliche Leute, welche sich von ihrer Hände Arbeit er- nähren, zwar kann man ihnen nichts vorwerfen, aber es sind Leute ohne Titel, ohne Wappen, ja es sind sogar unter diesen Polen , welche sich an der Formirung der Legionen betheiligen, etliche, die in den Reihen der Pariser Commune kämpften'. Daher wollen unsere„Herren" nichts von den Legionen wissen und ihr Krakauer Organ schreit sich heiser, um nur die Legionen, welche ohne Bewilligung der von ihm repräsentirten Kreise ge- bildet werden, zu discreditiren. Es wäre aber falsch, wenn man annehmen wollte, es handele sich in diesen Kreisen überhaupt allein darum, die Freiwilligen, welche nach Konstantinopel gehen wollten, zurückzuhalten. Von hier aus, wie überhaupt aus Polen , werden die Legionen keinen großen Zuzug erhalten können. Die Entfernung und die Kosten sind zu groß. Nur ärmere Leute möchten dahin eilen, um unter polnischer Fahne gegen den Czaren zu kämpfen, diese aber haben keine Mittel und dle Reise dahin kostet wenigstens 200 Gulden für eine Person! — Seelenverkäuferei. Der Staatsanwalt zu Posen erläßt in rheinischen Blättern eine Bekanntmachung, in welcher „vor den Betrügereien gewissenloser Agenten gewarnt wird, welche alljährlich Hunderte von Knechten und Mägden zum Dienst in den westlichen Provinzen anwerben, indem sie denselben falsche Vorspiegelungen über die Entfernung von Posen und die Arbeitsverhältnisse in den Bestimmungen und den An- miethern schwindelhafte Angaben über die Verwendbarkeit des gemietheten Personals machen."— Ganz gut! Schade nur, Wider eine alte Lüge! (Schluß.) Es sei mir im Interesse unserer Sache gestattet, bei dieser Gelegenheit und auf Grund jener meiner Erlebnisse gewisse An, gaben richtig zu stellen, die in einem erst kürzlich erschienenen Schriftchen:„Nachträgliche authentische Aufschlüsse über die ba- dische Revolution von 1849" enthalten sind. Es heißt dort xag. 57 nach der Schilderung des Treffens bei Dossenbach : „und nun ordnete der württembergische Commandant auf die Fliehenden, welche ihre Waffen weggeworfen hatten, eine wahre Hetzjagd an. Zu Dutzenden wurden sie unbarmherzig hingeschlachtet 2c." Dann weiter in einer Anmerkung:„Die Speisen mußten die Gefangenen mit den Fingern essen.-- Später ist Bornstedt in Folge der Behandlung im Gefängniß wahnsinnig geworden."— Das sind von der Parteileidenschaft eingegebene Uebertreibungen. Lassen wir diese Art der Geschichtsschreibung dem Oscar Jäger und Genossen. Man schadet damit nur der Sache, der man zu dienen glaubt. Die württembergischen Sol- baten waren allerdings in der höchsten Aufregung, da man sie, um sie in diese„gute Stimmung" zu versetzen, einige Tage vorher tüchtig umhergejagt hatte— und Jeder das auf Her- wegh ausgesetzte Fanggeld zu verdienen wünschte; sie haben uns mit Gewehrkolbenstößen traktirt, wie dies damals allgemein üb- lich war; aber zu Dutzenden Isind die Fliehenden nicht nieder- gemacht worden,(die Anklageschrift spricht ja nicht einmal von einem Dutzend Tobten!) sonst würden auch nicht so viele Ge- fangene von ihnen eingebracht worden sein.*) Was den Irr- sinn Bornstedt's anlangt, so hat sich dieser erst auf der An- klagebank vor dem Schwurgerichte eingestellt: Bornstedt nach der 9tägigen Verhandlung im höchsten Grade(wie leicht begreiflich) aufgeregt, rechnete, nachdem die Geschwornen zuvor Fickler und *) Es fällt mir nicht im Mindesten ein, die damalige rothe Re- aktion entschuldigen zu wollen; aber was nun einmal nicht wahr ist, ist und bleibt nicht wahr. Unsere Gegner haben der wahren Schänd- lichkeiten genug auf dem Gewissen! Auch Frau H erwegh sagt in ihrer Broschüre„Zur Geschichte der deutschen demokratischen Legion in Paris " v*g- 47:„Ob und wie viele aus der Legion später auf der Flucht von Feindeskugeln getroffen sind,— weiß ich nicht; habe aber bis heute noch keinen einzigen Todesfall constatiren hären." daß die Zahl der in Posen verhandelten Arbeiter eine ver- schwindend kleine ist gegenüber den Tausenden und Zehntausenden, die alljährlich aus Ostpreußen , Schlesien , Schweden und Italien an deutsche Arbeitgeber verhandelt werden, ohne daß die Behörden diesem schmachvollen Treiben zu steuern ver- suchten. — Arbeiterblut geflossen. Nach übereinstimmenden Mittheilungen ist die Lage der Arbeiter in Asch(Böhmen ) eine äußerst gedrückte. Selbst das„Leipziger Tageblatt "— und das will viel sagen— gesteht diese Thatsache ein, indem es sich aus.Asch berichten läßt:„Sehr viele der hiesigen Fabrik- arbeiter verdienen wöchentlich 2—3 Gulden, viele andere gar nichts, und doch sind die Preise der Lebensmittel, wie überall, sehr hoch." Trotzdem also die Arbeiter in Asch buchstäblich am Hungertuch nagen, wagte es doch ein Fabrikant, die Bitte seiner Arbeiter um eine geringe Lohnaufbesserung rundweg abzuschla- gen. Die Folge davon war, daß in der betreffenden Fabrik die Arbeit niedergelegt wurde. Wahrscheinlich nun, um mit dem Fabrikanten zu unterhandeln, zogen die Arbeiter am andern Tage(14. Mai) vor die Fabrik. Sofort war aber auch die Gcnsdarmerie zur Stelle und suchte die friedliche Absicht der Arbeiter zu vereiteln. Es entstand Tumult; die Gensdarmerie „sah sich genöthigt", wie es in arbeiterfeindlichen Blättern be- schönigcnd heißt, wiederholt Feuer zu geben— und ein Arbeiter blieb todt und sieben schwer verwundet auf dem Platze. Merkt's Euch, Arbeiter: im heutigen Klassenstaat seid Ihr verpflichtet zu hungern und unter Umständen auch zu ver- hungern; fordert Ihr aber Arbeit, oder gar eine menschenwürdige Existenz durch die Arbeit— so antwortet man Euch mit Flinten- schüssen. — Unsere Gegner. In einem Böhmert- Schuster'schen Bandwurm gegen die Sozialdemokratie(der sich zu unserem Er- staunen auch in den„Hamburgischen Correspondenten" verirrt hat) wird Liebknecht als Anwalt der„freien Liebe" im Sinne der Weibergemeinschaft ä la Unruh aufgeführt. Der be- treffende Passus des Böhmert-Schuster'schen Bandwurms lautet:„Und damit ja kein Zweifel über das Ziel, wohin er strebt, möglich sei, ruft Liebknecht in seiner Broschüre ,Zu Schutz und Trutz' aus:„Nun— die freie Liebe, ja wir wollen sie; wir wollen die Liebe befreien von den Fesseln, welche die heutige Gesellschaft ihr angelegt hat.--- Jede Bereinigung von Mann und Weib, die Liebe geschaffen hat, auch wenn vom Priester nicht gesegnet, ist eine wahrhafte Ehe."— Ganz recht! Das hat Liebknecht gesagt; aber zwischen den durch drei Striche getrennten Worten:„angelegt hat" und„Jede Vereinigung" befinden sich in der Broschüre„Zu Trutz und Schutz" dritt- halb cnggedruckte Seiten, in denen auf's Energischste gegen die Weibergemeinschaft und die Prostitution Front ge- macht und der Nachweis geliefert wird, daß Weibergemein- schaft und Prostitution nothwendige Auswüchse der Bourgeoisie- Gesellschaft sind, welche der Sozialismus beseitigen muß und auch allein beseitigen kann. Kurz man läßt Liebknecht , durch Verstümmlung des von ihm Gesagten, das Gegentheil dessen sagen, waS er gesagt hat. Sonst pflegte man das Fäl- schung zu nennen. Jetzt nennt man es„Kampf mit geistigen Waffen«. — Die Genossen Reinders und Bäthke wurden am 18. Mai von dem Polizeigericht in Breslau wegen„groben Un- fugs", begangen in einem Wahllokal, zu 3 resp. 8 Tagen Ge- fängniß verurtheilt. In der Urtheilsbegründung wurde als erschwerendes Moment hervorgehoben,„daß die beiden Ange- klagten sozialdemokratische Agitatoren seien, die sich zum Lebensprinzip gemacht haben, die heutige gesell- schaftliche Ordnung umzustoßen." Als Entlastung hob der Polizeirichter hervor, daß die Angeklagten gegen Erwarten in der heutigen Verhandlung sich anständig benommen hätten. Selbstredend hat der etwas sehr die antisozialistische Tendenz verrathende salomonische Spruch des Herrn Polizeirichters die Billigung der verurtheilten Genossen nicht gefunden— sie haben appellirt. — Wegen„Beleidigung der Geistlichkeit" in dem Wahlflugblatt für den 9. schleswig -holsteinischen Wahlkreis wurde Parteigenosse Gundelach am 12. d. M. in Kiel zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte 6 Monate beantragt! Steinmetz— und dann auch mich bezüglich der Dossenbacher Affaire freigesprochen, ebenfalls mit Sicherheit auf seine Frei- sprechung. Als der Obmann der Geschwornen das„Schuldig!" ertönen ließ— trat die plötzliche Umwandlung in seinem Geiste ein. Ich besitze noch ein an jenem Abend von dem Unglücklichen an mich geschriebenes Blatt Papier , das dem Verfasser der authentischen Aufschlüsse den authentischsten Aufschluß über diesen Vorgang zu geben vermag! Doch nach dieser Abschweifung wie- der zurück zur Sache. Es ist mir glücklicherweise eine in der„Mannheimer Abend- zeitung" vom Jahre 1848 erschienene Erklärung zur Hand, in welcher die Sache gleichfalls von Augenzeugen und zwar zuerst und aus frischer Erinkierung besprochen wird, und welcher um so mehr Glauben zugemessen werden darf, als sie damals sicher- lich nicht in Folge von Außen kommender Einflüsse abgegeben werden konnte. Dieselbe lautet: „Erklärung. Mit Bedauern erfahren Unterzeichnete erst heute in ihrem Kerker zu Bruchsal , daß man in mehreren deutschen und fran- zösischen Blättern Hrn. Georg Herwegh , ehemaligen Präsi - deuten der Pariser deutschen demokratischen Legion, ungerechter Weise beschuldigt, schon gleich Anfangs beim Gefechte zu Dossen- bach das Schlachtfeld verlassen zu haben.— Wissen denn diese Verläumder nicht, daß nach dem Abmärsche von Zell , den 26. April 11 Uhr Nachts, unser Weg über steile Felsenpfade ging und während dieser ganzen regnerischen Nacht Herwegh mit seiner Frau diese Tour zu Fuße machte, um unseren ermatteten Leuten Muth einzuflößen; erst Morgens 3 Uhr, den 27., wurde in einem Dorfe ein armseliger Bauernwagen requirirt, worauf Beide auf vieles Zureden von unserer Seite Platz nahmen! (Dieser Wagen aber war ohne Spritzleder!) Erst gegen Ende des Gefechtes, wo unsere Legion fast schon ganz zerstteut war, fanden wir die Herwegh 'schen Eheleute noch auf demselben Wagen, Patronen anfertigend; mitjMühe bewogen wir nun dieselben, die Flucht zu ergreifen, ihnen vorstellend, daß Alles verloren und längeres Bleiben sie unfehlbar in Gefangenschaft führen würde. Nach dieser Aufforderung erst verließen beide den Wagen und gelangten so glücklich auf Schweizergebiet. Kaum 5 Minuten nach ihrer Entfernung war schon der Wagen in den Händen des 6. württembergischen Infanterieregiments, der Fuhr- Innere Parteiangelegenheiten. Als Agenten des Vorstandes sind ernannt worden: Arnstadt :] Fr. Papst. Wege; Baden : Joh. Küsters, Wagner; Chemnitz : l C. A. Walther; Freiburg i. B.: F. Haug, M. Desker; Großen- Hain: R. Redam, A. Vatke; Großauheim : Ad. Kronenberger; Hamm u. Horn: H. Westphal; Heilbronn : G. Kittler, E. Schafferdt; I ohenfelde- Burgfelde: E. Breuel; Kappel: Albert Geihland; leinauheim: A. Kämerer, M. Kunkel; Mylau : F. E. Fischer; Neuhausen: E. Th. Zenker; Reutlingen : Chr. Walz, Carl Stark; Sonneberg : R. Heß, I. A. Ernst Bischoff; Stuttgart : H. Ber- linger, G. Grünwaldt; Ulm : L. Reißbach. Hamburg , den 17. Mai 1877. Mit sozialdemokratischem Gruß I. A.: C. Derossi. I. Auer. Pferdemarkt 37. Aus Großbritannien . Edinburgh , 13. Mai 1877. Während an der Donau und in Vorderasien der Krieg! zwischen Muselmann und Moskoviter sich noch im Einleitungs- siadium befinden, hat in England der Wortkampf zwischen den Türko- und Russofilen in Presse und Parlament, von der Kanzel und der Rednerbühne, in den Klubs und auf den Straßen so ziemlich seinen Höhepunkt erreicht. Während die Liberalen a la Gladstone in sektirerischer Scheinheiligkeit die Türken mit Sack und Pack aus Europa vertrieben sehen wollen und zu diesem! Zwecke so weit gehen, eine Allianz mit dem„hochherzigen Christenbefreier" anzuempfehlen, während die Tories es kaum erwarten können, daß England offen für die Türkei Partei er- greife und gegen Rußland losschlage, um sich den Seeweg nach Indien von seinem gefährlichsten Rivalen freizuhalten; während die Zahl derjenigen, welche der Türkei gerne einen Daumen auf's j Auge setzen, Rußland aber doch um keinen Preis nach Eon- stantinopel lassen wollen, zusehends wächst und die liberale Parlamentspartei zu zersplittern droht(Herr Gladstone war an- gesichts der Gefahr des Schismas im liberalen Lager gezwungen,; letzten Montag zwei seiner mit so vielem Pomp angekündigten: vier Resolutionen ihrer allzu russenermuthigenden Tendenz wegen fallen zu lassen), ist es erfreulich, im„Jndustrial Review"(vor- mals„Beehive") zur Abwechslung einmal vernünftige Politik gepredigt zu hören. Und zwar ist es Herr Prof. E. S. Beesly, I der die Arbeiter in dieser Frage von Conservativen sowohl als Liberalen zu trennen versucht. Er neigt allerdings mehr zu| den Conservativen, aber nur soweit, als diese den Eroberungs- gelüsten des russischen Kaisers Schranken setzen wollen. Er sucht den Ausspruch Lord Derby's, daß jeder Versuch, die Streitfrage zwischen Rußland und der Türkei auf diplomatischem Wege zu lösen, vergeblich und die englische Regierung sich dessen voll-! kommen bewußt gewesen sei, zu popularisiren. Rußland habe von vornherein Kriegsabsichten gehabt und sei entschlossen ge- wesen, von der Türkei gerade so viel zu nehmen, als das übrige> Europa erlauben würde. Englands Energie sei durch die i Agitation der christlich-liberalen Türkenfresser(der alte Knuten- freund und Galgenverehrer Carlyle obenan) im letzten Herbste| gelähmt worden und habe sich auf diplomatische Spiegelfechterei> beschränken müssen; Oesterreich , das am empfindlichsten bedrohte, habe sich nicht getraut, offen gegen Rußland Front zu machen, weil es wüßte, daß Fürst Bismarck die Absichten des Czaren begünstige. Man erinnere sich, daß im Mai 1875, als es Bis- marck beinahe gelungen war, Frankreich vor Vollendung seiner militärischen Reorganisation in einen Krieg zu verwickeln. Ruß- land vermittelnd eingeschritten sei. Deshalb habe Bismarck der Verwickelung Rußlands in einen Krieg mit der Türkei jeden Vorschub geleistet, um im Westen die Hände frei zu bekommen. Am selben Tage, als das Kriegsmanifest Alexanders in der Presse erschienen sei, habe man im deutschen Parlamente den großen Schweiger Mottle sich über drohende Militärbewegungcn auf französischer Seite beklagen und die deutsche Regierung mit Hilfe dieses Alarmschusses die Forderung nach„mehr Haupt- leuten" begründen hören. Die Etatserhöhung auf deutscher Seite werden ähnliche Maßregeln in Frankreich zur Folge haben; der Wolf habe dann das Lamm gefunden, das ihm das Wässer- lein getrübt und in kürzester Zeit könne Europa vor Thatsachen stehen, denen gegenüber die orientalische Verwickelung geringfügig erscheinen wird. Dort könne England jetzt nicht mehr viel ver- hindern. Eine näherliegende Sorge drückt uns: die Gefahr eines deutschen Angriffes auf Frankreich . „In einer solchen Krifis— schließt der Artikel— soll die englische Armee und Flotte nicht so sehr im Osten, als zu Hause sein um, wenn nöthig, für eine bessere Sache als die des Musel- mann und zwei Pferde fielen durchbohrt von den Kugeln dieses Regiments. Was Herwegh in Paris für die Deutschen gethan, wird Jedermann, der dort sein Wirken Gelegenheit hatte zu beobachten, dankbar anerkennen, selbst seine jetzigen dortigen Gegner. Herwegh nahm nie Antheil an militärischen Anordnungen, wollte auch niemals als Kriegsheld auftreten oder glänzen, er war rein nur politischer Chef der Legion. Im Interesse der Wahrheit und für alle Diejenigen, die so unverschämter Weise einem Manne die Ehre abzuschneiden suchen, finden wir uns zu dieser Erklärung veranlaßt. Alle Zeitungsredaktionen werden höflichst ersucht, dieser Er- klärung die möglichste Verbreitung angedeihcn zu lassen. Im Gefängniß zu Bruchsal , den 14. Juni 1848. Delaporte, Commandant des 3. Bataillons der Pariser deutschen Legion. Dr. Rods, Stabsarzt." Da ich Delaporte während seiner Gefangenschaft in Bruch- sal nicht gesehen— denn Bornstedt und ich, wir wurden ziemlich abgeschieden von den Andern gehalten—, so kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, wohl aber mit Grund vermuthen, daß er von dem Spritzleder-Märchen durch eine französische Zeitung Kenntniß erhalten hatte. Delaporte war Franzose, ich glaube von Amiens , er konnte kein Deutsch und die Construktion man- cher Sätze deutet darauf hin, daß die Erklärung ursprünglich in französischer Sprache geschrieben und erst nachher— wohl in Mannheim — übersetzt wurde. Jedenfalls ist sie authentisch und vollbeweisend. Zum Schlüsse will ich noch den Brävsten der Braven, den unvergeßlichen Theodor Mögling , den ehrlichsten und offensten aller Schriftsteller über jene Zeitepoche, reden lassen. Daß der, was das Kapitel Feigheit anbelangt, keinen Spaß verstand, da? wissen seine heut noch lebenden Freunde, das haben seine Feinde anerkannt; hat er ihnen doch, mit zerschmettertem Bein und au! Krücken sich in den Standgerichtssaal schleppend, dermaßen im- Sonirt, daß sie dem angeklagten Freischärler mehr Glaube» henkten, als dem fungirenden Staatsanwälte, dem nachherige» Justtzminister von Freydorf! Dieser Zeuge sagt in„Briete a» seine Freunde"(Solothurn 1858):
Ausgabe
2 (25.5.1877) 60
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