„Ich glaube, daß zwar schon die Wissenschaft die staatswirth-schaftlichen Funktionen des rentirenden Eigcnthums zu ersetzenverstände, aber ich glaube nicht, daß der freie Wille der Gesell-schaft heute stark genug ist, um auch den Zwang zur Arbeit,den jene Institution außerdem noch übt, schon uunöthig zumachen. Und Arbeit ist das Prinzip des gesellschaftlichen Fort-schrittes, ist der Initialbuchstabe jeglichen Reichthums und jcg-licher Civilisation. Ich glaube also, um mich kurz auszudrücken,nicht, daß die Gesellschaft den Weg durch die Wüste schon be-endigt hat, daß ihre sittliche Kraft schon groß genug ist, um dasgelobte Land der Erlösung vom Grund- und Kapitaleigeuthumdurch freie Arbeit erwerben und behaupten zu können."Was aber die Wissenschaft in dieser Richtung zu leisten imStande ist, das hat gerade Rodbertus, der meines Trachtensvon sozialistischer Seite viel zu wenig gekannt und gewürdigtwird,*) durch seinen Aufsatz über die Einführung eines Normal-Werkgeldes bewiesen, welches im Stande wäre, selbst bei vor-läufig bestehenbleibendem Privateigenthum am Kapital und Grundund Boden, das Lohngesetz zu durchbrechen und der Arbeit einenconstant mitsteigenden Antheil am Gesammt- Arbeitsertrag zugewähren.Durch das vorstehend Gesagte ist auch die zweite Frage,„obder Staat die enorme Spezialbuchhaltung bewältigen und un-gleiche Arbeit auch richtig nach sozialen Arbeitszeit- Einheitenabzuschätzen vermöchte", eigentlich schon erledigt, da ich nachge-wiesen habe, daß eine Verthcilung nach Arbeitszeit- Einheitenwenigstens von Marx nicht gefordert wird.Denkt man sich aber die Sache in der Weise, daß für jedeeinzelne Produktionsbranche ein zeitlich genau bestimmter Arbeits-tag festgesetzt wird, der, so verschieden auch seine Zeitdauer seinmöchte, für Alle.einen gleich hohen Lohnsatz repräsentirte; denktman sich dann das heutige Stücklohnsystem, die Akkordarbeit inder Weise eingeführt, daß für jede Produktion die in einemNormalzeittage durchschnittlich zu leistende Arbeit festgestellt undder Lohn dann nach der in der festgesetzten Normalzeit gelei-steten Arbeit gezahlt werde, so fallen die mit Recht gegen denNormalzeittag erhobenen Bedenken in sich zusammen. Es mußja zugestanden werden, daß der fleißige und geschickte Arbeiterdurch den Normalzeit- Arbeitstag bei gleichem Lohn gegen denfaulen und ungeschickten Arbeiter zurückgesetzt, und daß dasStreben nach größerer Arbcitsgeschicklichkcit und der Trieb zurerhöhten Anspannung der materiellen Kräfte durch einen mate-riellen Erfolg am sichersten und besten geweckt und erhaltenwird.Würde dann also ein tüchtiger Arbeiter im achtstündigenNormaltage so viel Werk fertig stellen, als durchschnittlich inzehn Stunden geliefert wird, so würde er auch trotz der nurachtstündigen Arbeitszeit den Lohn für 1V Stunden erhalten;wer in den 8 Stunden nur für 6 Stunden Werk fertig gemacht,erhielte auch nur für 6 Stunden Lohn.Das würde jeden Einzelnen zu erhöhter Thätigkeit anspor-nen; für die Gesammtheit entstände wieder daraus der Vortheil,daß durch die so vermehrte Produktion der Werth und damit derPreis der Produkte fiele, so daß also Alle für den Lohn ihrerArbeitsleistung mehr Waare kaufen könnten, als früher.Man sieht also, daß selbst eine Vertheilung der Produkte nachArbeitszeit- Einheiten vollständig gerecht und zweckmäßig wäre,sobald man nur auch dem einzelnen Arbeiter gegenüber die soviel angefeindete Marx'sche Werththeorie in Anwendung bringt,und den Lohn nicht nach der zur Herstellung des Produkts wirk-lich aufgewendeten, sondern nach der, in den einzelnen Pro-duktionszweigen nach lokalen und sonsfigen Verhältnissen vor-her festgestellten„gesellschaftlich nothwendigen Arbeitszeit" be-rechnet.Die freilich nothwendig werdende, von Herrn Schäffle ihreskolossalen Umfangs halber für undurchführbar gehaltene So-zialbuchführung dürfte übrigens trotz ihres Umfangs noch be-deutend weniger Schreiber- und Buchhalterkräfte in Anspruchnehmen, als heutzutage in den bestehenden Geschäften gebrauchtwerden.Ich glaube bewiesen zu haben, daß die Einwendungen desHerrn Schäffle gegen die Marx'sche Werththeorie der sachlichenBegründung entbehren und nur erhoben worden sind, weil HerrSchäffle die Bedeutung des Ausdrucks„gesellschaftlich noth-wendige Arbeit" nicht richtig aufgefaßt hat; ich habe gezeigt,daß der dem Sozialismus imputirte Vertheilungsplan von Marxnicht aufgestellt worden ist; damit fallen die auf Grund einesungenauen Citats gezogenen Schlüsse in sich zusammen. Essind somit die wenigen, von Herrn Professor Schäffle nochgegen die Berechtigung und Durchführbarkeit des Sozialismus♦) Lassalle hat sich mehrfach auf Rodbertus bezogen.(Anm. d. R.)'erhobenen Bedenken und Einwendungen als widerlegt anzu-sehen.Wenn Herr Professor Schäffle also keine anderen Gründegegen den Sozialismus beizubringen hat, wird er, wohl oderübel, im Geheimen oder vor der Oeffentlichkeit, die Berechtigungund Durchführbarkeit des Sozialismus anerkennen müssen.Der sittliche Bankerott der Bourgeoisgesellschast.(Nr. 57 des„Vorwärts.)Wenn wir dem Verfasser des wie vorstehend überschriebenenArtikels auch darin vollkommen Recht geben können, daß der' betreffende Bericht der Petitionskommission eine volle Anerken-nung der, in der modernen Gesellschaft in krasser Weise um sichgreifenden Uufittlichkeit enthält, so können wir ihm doch nicht ingleicher Weise beistimmen, wenn er jene Petition der Schwe-riuer Aerzte selbst ein Kennzeichen der Unsittlichkeit nennt undsie verwirft.*)— Wir Sozialdemokraten haben ja stets aner-kannt, daß wir keiner auf dem Boden der heutigen Bourgeois-gesellschaft möglichen thatsächlicheu Reform, wofern sie aus auf-richtigen Motiven hervorgegangen ist, unsre Zustimmung versagendürfen. Die Errichtung resp. Wiedereinführung von öffentlichen,'unter strenger polizeilicher Kontrole stehenden Häusernist aber eine thatsächliche Verbesserung.— Die unüberwind-lichen Anforderungen der menschlichen Natur kann und darf man! nicht durch Zwangsmittel eindämmen wollen, das würde stetsnoch gröbere Ausschreitungen und unnatürliche Lasterzur Folge haben. So lange unsere heutigen Eheverhältnisseandauern und die Schwierigkeiten, welche der Ehe und dem dazunöthigen Erwerb entgegenstehen, wird eine Art von Prostitutionnicht zu vermeiden sein; dieser Prostitution selbst aber vermagman sehr wohl durch Paralysirung einen Zaum anzulegen, unddazu könnten jene öffentlichen Häuser dienen, wenn sie unterstrenger Aufsicht gehalten werden und wenn zu gleicher Zeitjede andere erwerbsmäßige Unzucht streng geahndet wird.Eine solche Maßregel dürfte außerdem auch dem allzuwcitenUmsichgreifen syphilitischer Krankheiten entgegenarbeiten unddaher doch nicht so ganz verwerflich erscheinen.— Diese Auffassung beeinträchtigt in Nichts die sozialdemokratische Anschauung,daß die Bourgeoisgesellschaft vor einem sittlichen Abgrunde stehtund daß nur eine radikale Umgestaltung zu helfen vermag, sieweist vielmehr auf ein Mittel hin, in praktischer Weise einenUebergang herbeizuführen, welcher der Unzucht, wenigstens der� erwerbsmäßigen, einen Damm setzt. L., Neustrelitz.**)Sozialpolitische Uebersicht.— Kein Zweifel, in gewissen Kreisen sucht man die öffent-liche Meinung auf einen Krieg mit Frankreich vorzubereiten.Man lese nur nachstehende Auslassung der„Post", deren„Krieg-in-Sicht"- Artikel noch nicht vergessen sind, und der die Famahartnäckig sehr nahe Beziehungen zum Fürsten-Reichskanzler zu-schreibt:„Wir enthalten uns", heißt es dort,„jeder Bermuthungüber den Ausgang betreffs der innern Lage Frankreichs, aberdie Verschwörung, welche die Arbeit begonnen hat, ist nicht nureine Verschwörung gegen die Republik, weit mehr noch gegenDeutschland. Dies ist das wahre Wort der Situation. Eswäre pflichtvergessen, das Wort nicht auszusprechen, es wäreaber auch übereilt, anzunehmen, daß die Verschwörung gelingenmuß. Welches sind die Fäden, deren die Verschwörer sich glaubenbemächtigen zu können? Die französischen Rüstungen sind aufden höchsten Stand gebracht, es ist nichts mehr zu thun übrig,als: die Maske abzuwerfen. Aber Frankreich will nicht alleinin den Krieg gehen, es sei denn im höchsten Notbfalle. Demklerikalen Staatsstreiche müßte ein eben solcher Streich in Wienund Rom folgen, um die Absicht der Verschwörung zu erfüllen.Daß man an solchen Streichen arbeitet, ist außer Zweifel; obsie gelingen, ist sehr zweifelhaft. Man möchte das antiklerikaleMinisterium zu Rom durch die Consorteria stürzen, der italienische Senat hat vorgearbeitet. Man möchte in Wien Andrassystürzen, am liebsten mittels einer Unbesonnenheit seiner eigenenLandsleute, um ein klerikales Ministerium einzusetzen, aber nichtzum 5kriege gegen Rußland. Rußland ist auf lange genug be-*) Dazu sei bemerkt, daß der Verfasser des betreffenden Artikelsnichts weiter gemeint und gejagt hat, als daß die Thatsachc der Schwe-nner Petition bereits die tiefe Unsittlichkeit unserer Zustände beweist.In einer sittlichen Gesellschaft gehörten derartige Anforderungen andie Gesetzgebung eben einfach zu den Unmöglichkeiten, während sie beiuns mit Nothwendigkeil aus den Verhältnissen hervorgehen. R. d B.'*) Es versteht sich, daß d e Redaktion des„Vorwärts", indem sieObiges veröffemlichte, damit nicht die Verantwortlichkeit für den In-halt übernommen hat. R. d. V.schästigt. Die deutsche Staatskunst hat zwar den Plan vereitelt,eine Coalition gegen Deutschland als Bundesgenossen Rußlandszusammenzubringen. Aber Deutschland steht doch allein, wennes gelingt, den Hebel des Ultramontanismus überall da zur er- 1folgreichen Wirkung zu bringen, wo der Ultramontanismus imStaude ist, die Hebel einzusetzen. Wir glauben nicht, daßdies gelingen wird, finden also auch heute keinen„Krieg in Sicht".Aber was unsere Feinde wollen, ist allerdings Krieggegen uns; sie arbeiten wieder einmal daran mit aller Rück-sichtslosigkeit, die ihnen die Leidenschaft gebietet, deren Unbe-zähmbarkeit durch die scheinbare Gunst des Moments gesteigertwird. Es ist ein empörendes Schauspiel, das wir in Frankreichwieder eininal aufführen sehen, das Schauspiel, wie rücksichts-loser Parteifanatismus dem Vaterlande die schwersten Wundenschlägt. Immer mehr befestigt sich der Charakter der Gegensätze,den wir schon mehrfach betont; in Frankreich bedeutet dieRepublik fortan den Frieden, die Monarchie, die nurnoch Dienerin des Klerikalismus sein kann, den Krieg,und zwar nur Einen Krieg.Wir wissen nicht, ob die monarchisch- klerikalen Ver-schwörer die Monarchie vor dem Kriege oder während des Kriegeseinsetzen wollen; der Hauptzweck ist ihnen die Einsetzung desPapstes in die weltliche Herrschaft, der Weg zum Königthumdes Papstes aber geht über das besiegte deutsche Reich. Sobitterer Ernst es den Feinden der Geistcscultur mit ihrem Vor-haben ist: der Plan ist allzu phantaftisch, als daß er fchwereBesorgniß einflößen könnte. Aber der Staatskunst, deren HändenDeutschlands Leitung anvertraut ist, haben wir mehr als je diePflicht treu und fest zur Seite zu stehen."Allerdings— sintemalen sie es ist, die uns in diese an-genehme Lage gebracht.Auf die Einzelnheiten des Artikels gehen wir nicht ein. Dasunvorsichtige Geständniß, daß die Republik in Frankreich denFrieden bedeutet, denunziren wir den Leitern des Reptilienfonds,die für geschicktere Handlanger sorgen mögen; und was dieübrigen Auslassungen betrifft, so enthalten sie eine solche Massevon Unsinn und Albernheiten, daß die Widerlegung uns mehrZeit und Raum kosten würde, als uns zur Verfügung steht.Wer kann im Ernst glauben, Frankreich wolle jetzt Deutschlandangreifen? Rußland, dessen Bundesgenossenschaft es zu diesemZweck bedürfte, ist ja der thatsächliche oder vertragsmäßigeBundesgenosse Deutschlands. Kein Zweifel, die Möglichkeitliegt vor, daß Frankreich sich im Lauf der dem russisch-türkischenKrieg entspringenden Verwicklungen gegen Deutschland wirdwenden müssen, allein nur in dem Fall, daß Preußifch-Deutschland offen für Rußland eintreten, und einRußland feindliches Einschreiten der vorläufig noch neutralenMächte„auf den Knauf des Schwerts gestützt" im Namen der„Neutralität" verbieten folltc.Dies ins Auge gefaßt, erscheint der Artikel der„Post" einfachals Hetzartikel und nichts weiter.In ähnlichem Sinne, nur vorsichtiger in der Sprache, drücktsich die amtliche„Provinzialcorrespondenz" über die„merk-würdige Wendung in Frankreich", über die„Krisis" aus, deren„weiterer Entwicklung" sie zum mindesten höchst überflüssigerWeise„die ernste Betrachtung von allen Seiten" in Aussichtstellt. Natürlich kann die biedere„Norddeutsche Allg. Zeitung"bei einem so hübschen Zeitvertreibe nicht fehlen. Und dasGlück ist ihr günstig gewesen: sie hat eine wunderbar passendeMordgeschichte von zwei deutschen Offizieren aufgegabelt, die inNancy von französischen Civilisten und Soldaten, unter morali-scher Mitwirkung französischer Offiziere entsetzlich mißhandeltmorden sind— oder sein sollen. Es wird ja wohl gelogen,oder doch stark übertrieben fein, aber seine Dienste thut's doch,und daß man in diesem Moment mit derartigen Mordgeschichtenaufwartet, ist ein„Zeichen der Zeit".Erwähnt sei noch, daß die europäische Börse, voran dieBerliner, den jüngsten Abstecher des Fürsten Bismarck nachBerlin mit einer an Panik streifenden Baisse(allgemeinemSinken der Werthpapiere) begrüßt hat. Es ist dies ein prak-tischer Commentar zu dem geflügelten Wort Bennigsen's von!der„bewährten friedlichen Politik" des deutschen Reichs- fkanzlers.In Constantinopel herrscht große Aufregung. Die Sofiassind wieder in Bewegung, um die Rückberufung MidhatPascha's, des fähigsten und energischsten der türkischen Staats-männer zu erwirken. Einer Depesche nach soll der Belagerungs-zustand in Constantinopel proklamirt fein— auf die Dauerwird aber die Bewegung durch derartige Gewaltniaßregeln nichtzurückzudrängen sein.— Die deutschen Militärbehörden haben Anordnungen fürJohn Osawatomie Brown, der Negerheiland.(Schluß.)Der Distrikt Pottawattomie wird nun der Schauplatz derHandlung. Ein gewisser Wilkinson, vom Prosklavereigouverne-ment als oberster Verwaltungsbeamter eingesetzt, beherrscht den-selben. Dieser war nach Missouri gegangen, um Truppen zurgewaltsamen Austreibung der Familie Brown zu holen. JohnBrown ging als Feldmesser in's Lager der Jnvasionsarmee underfuhr dort, daß es auf seine und seiner Angehörigen Ermor-dung abgesehen sei. Die auserlesenen Opfer bericthen in großerVersammlung, was zu thun sei, sie beschlossen, beim ersten An-zeichen des beabsichtigten Massenmordes die Anstifter aufzuhebenund zu lynchen. So geschah es, doch waren weder Brown nochseine Söhne bei dem Akte der Lynchjustiz anwesend gewesen.Auf der anderen Seite gelang es den Missouriern, zwei SöhneBrown's in ihren Niederlassungen zu überraschen� und gefangenzu nehmen; die jungen Männer wurden in Eisen geschlagen,John, der älteste Sohn, wurde bei der unmenMchen Behandlung, die er zu erdulden hatte, wahnsinnig. Die Missouner er-eilte rasch das Strafgericht, bei Black-Jack holte Brown die Ma-rodeure ein, welche sich in einer Wagenburg verschanzt hatten.Mit 24 Mann griff Brown die Gegner an, nach mehrstündigemKampfe ergrissen dieselben die Flucht, 20 Gefangene sielen indie Hände Brown's, außerdem eine Menge gestohlener Pferde,eine Masse Gut und Geld, die Wagenkarawanen mit Feldgeräth,Munition. Fourage und Provision für sechszig Mann und siebzigPferde.Kansas wurde von den Missouriern. die nun alle Kraft auf-boten, vollends unterjocht bis auf Topeka, das heldenmüthig ver-theidigt wurde und John Brown stets als Stütze diente. Aberauch Topeka fiel und Brown mußte in seine Heimat bei Osa-watomie zurückreisen. Es folgte eine Reihe glänzender Waffen-thaten, darunter der siegreiche Kampf bei Osawatomie und dieheldenmüthige Vertheidigung von Lawrence, das ihn bei seinerzufälligen Anwesenheit zum Vertheidiger wählt. Wir müssen esuns leider versagen, bei diesem spannenden Theile des Buchesnoch länger zu verweilen. Brown hat jetzt einen Wendepunktin seinem Leben erreicht; bis dahin hatte er sich noch immer aufstreng constitutionellem Boden bewegt, jetzt verließ er ihn undfaßte den Entschluß, eine Erhebung der südstaatlichen Sklavenherbeizuführen. Sein Plan war folgender: Mit einer Truppevon hundert gut berittenen und bewaffneten Leuten sollte dasUnternehmen ausgeführt werden, als nächstes Ziel war HarpersFerry in Aussicht genommen, wo sich ein Unions-Arseualbefand. Dies sollte mit Hilfe der ersten befreiten Sklaven so-fort in's Gebirge geschafft und sodann der Guerillakrieg inScene gesetzt werden— die virginischen Alleghanys waren alsSchauplatz desselben ausersehen worden. Der Krieg sollte lang-wierig und zäh geführt werden und Brown hoffte allmähligviele Hunderte, bald auch wohl Tausende von Sklaven in Vir-ginien zur Flucht oder Empörung zu reizen. Anfangs müßtedie Erhebung nur als ein vorübergehender, ganz lokal begrenzterAufftandsversuch erscheinen, der nach kurzer Gegenwehr zu er-sticken sein dürfte. Wenn aber nun selbst die betheiligtenPflanzer für sich allein nichts ausrichteten und dann auch dieMiliz des Staates in ihren Versuchen zum Einfangen der entronnenen oder gewaltsam befreiten Sklaven eine mehrfache Reihevon Fehlschlägen würde erfahren haben, alsdann mußte sich seinRuf als Befreier unzweifelhaft rasch durch alle südländischenPflanzungen längs der Alleghany Kette verbreiten und ein flüch-tiger Sklavenschwarm nach dem andern und eine arbeiterent-blößte Pflanzung nach der andern ihnen Schlag auf Schlag indie Hände fallen. Er rechnet weiter auf die Mitwirkung derkanadischen freien Neger, sie sollten ihm von den nordischenFreiheitsfreunden nachgesandt werden und binnen Monatsfristein Heer bilden. Der erste Schlag sollte, wie erwähnt, gegenHarpers-Ferry geführt werden. Als Zeitpunkt war das Früh-jähr 1859 in Aussicht genommen. Sobald sich mehr Flüchtlings-schwärme zu ihnen fänden, hatte er Postenketten durch die ganzenAlleghanyschluchten bis Tenessee und in die Sümpfe von Süd-Karolina in Aussicht genommen, um überall Anhalt zu Banden-und Cadres-Formirungen zu geben. Die erste Bewafsnung solltein Lanzen, alten Musketen und Sensen bestehen; die Offizieresollten mit Sharper-Rifles(Büchsen) ausgerüstetwerden. Endlich wareine provisorische Regierung in Aussicht genommen und Brownhoffte, daß die organisirte Insurrektion dem Süden die lähmendeAngst einjagen würde, der gesammte Norden sei im Begriff sichüber ihn herzustürzen, und andererseits erwartete er vom Nor-den, daß ihn entweder Scham oder Begeisterung zu energischemEintreten für die Sache der Sklavenbefreiung hinreißen würde.Brown's Auffassung war:„Gib einem Sklaven ein Bajonnetund er ist ein freier Mann", und in Betreff des Guerillakriegesstützte er sich sowohl auf seine eigenen Erfahrungen als auch aufdas Faktum, daß Rat Turner, der Negerhäuptling, ganz Vir-ginien fünf Wochen lang mit 90 Mann behauptet hatte. Ueberdie zukünftige Stellung der befreiten Sklaven war, wie wir schoneinmal erwähnten, seme Ansicht:„Das Land gehört demKnecht, der es reich gemacht hat und der Früchte seiner Ar-beit beraubt ist.�Harpes-'Ferry ist ein wichtiger Knotenpunkt auf der Grenzedreier Staaten und nahe dem vierten(Ohio). Jene drei sindMaryland, Birginien und Pennsylvanien. Die Stadt selbst mitungefähr 5000 Einwohnern gehört zur Grafschaft Jefferson inBirginien, sie liegt gerade da, wo die Ausläufer des Alleghany-Gebirges, die sog.„Blauen Berge" von den Flüssen Potomacund Shenandoah durchbrochen werden. Ihr Abhang ist hiernoch immer 1200 Fuß hoch und ziemlich steil.Wir übergehen alle die mühsamen und oft vereitelten Vor-bereitungen, welche John Brown für sein kühnes Unternehmentraf.— Der Stein kam rascher in's Rollen, als er selbst vor-ausgesehen. Ein Neger, Jim, der mit Weib und 2 Kindern undeinem andern Neger in ein oder zwei Tagen nach dem Südenverkauft werdcnsollte, bat umHilfe und in zwei kleinen Abtheilungen,von denen eine Brown selbst, die andere sein Genosse Kayeführte, ging es nach Missouri. Die Sklaven wurden auf demGehöfte befreit, dann ein anderes Gehöft besucht und hier gleich-falls fünf Sklaven, aber auch zwei Weiße mitgenommen. Dieändere Abtheilung befreite eine Sklavin und tödtete den Eigen-thümer, der sich widersetzte. Von den Gütern wurde absichtlichEigenthum genommen, das� eines einfachen Einwohners aber,das sich darunter befand, sofort zurückerstattet. Das mitgenom-mene Gut wurde zur Entschädigung der Sklaven verwendet.Es waren im Ganzen 4 Familien befreit, eilf Kövfe stark. DieFolge des Einfalls zeigte sich sofort. Eine wilde Panik liefdurch den Süden. Vor John Brown's Einfall zählten dieGrafschaften Bates und Vernon 500 Sklaven, zwei Wochen